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Ausgabe:

1927 Nr. 9

Spalte:

202-207

Autor/Hrsg.:

Ritschl, Otto

Titel/Untertitel:

Dogmengeschichte des Protestantismus. III. Bd. Die reformierte Theologie des 16. u. des 17. Jahrhunderts in ihrer Entstehung u. Entwicklung 1927

Rezensent:

Kattenbusch, Ferdinand

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Theologische Literaturzeitung 1927 Nr. 9.

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denen Evangelien zu vereinigen. Solche Grundsätze wer- Ritsehl, Otto: Die reformierte Theologie des 16. u. des

den knapp und klar in der Einleitung entwickelt und | 17 Jahrhunderts in Ihrer Entstehung u En wickhmg.

., r, . 1 ! , , , , ,___..,•„j •„ „i„ „~r.,,„a ,,nrl Güttingen: Vandenhoeck u. Ruprecht 1926. (VII, 4a8 b.) gr. 8U. =

mit Beispielen belegt, lind man Wird SIC als gesund Und ■ Dogmengcsch. d! Protestantismus, Bd. 3. Um. 19 -: geb. 21.50.

umsichtig anerkennen müssen. Zu erwähnen bleibt noch, > .

daß der Anhang p. 159-177 die Zitate in Augustins : ■ Lang, lang ist , 8 her, seit «ch in dieser Zeitschrift

Schrift de consfnsu evangelistarum zusammenstellt, die den vorigen Band dieses großen, gelegenen Werts be-

nicht mit der Vulgata übereinstimmen; die mit der Vul- sprechen konnte Es war 1914 in Nr 22/23 Der

gata zusammenstimmenden Zitate sind ein ausgezeich- mals von mir beleuchtete Band war beziffert als IVL

netes frühes Zeugnis für den Vulgatatext. ; In Aussicht genommen war ein dritter, der als 11,2 be-

Die Arbeit verdankt ihre Entstehung einer An- ^.chnet werden sollte. Inzwischen hat sich aber der

regung von Professor Souter, und schon dadurch ist ihr Stoff, den zur Darstellung zu bringen unvermeidlich ist

Wert verbürgt. Die Ausstattung ist ausgezeichnet. als so weitschichtig erwiesen daß dieses 11,2 nochmal

5 & GFcker m zer'e&en und als 2 a und 2 b zu berechnen gewesen

Kiel-___10 er' j wäre. Da hat der Verfasser sich vielmehr entschlossen,

En gel mann, Dr. Geza: Der esoterische Sinn der Bibel, das Ganze einfach als 1, 2 3 4 zu zählen. Das ist sehr

Berlin: Rvramidenverlag Dr. Schwarz & Co. 1925. (V, 77 S.) verstandig. Um das sogleich anzufügen! Rltschl hat

gr 8o Rm. 3—. ! die Bände als Gesamt werk in Form von „Büchern"

„Die Bibel gleicht einem Palimpsest. Unter den i und „Kapiteln" abgeteilt und diese durchgezählt,

offensichtlichen Historien, Lehren und Satzungen sind | Jeder Band hat zwei Bücher. Bd. I bringt Kap. I

die Überlieferungen, die Poesie und das Ritual eines bis XXV, Bd. II ist eingeteilt in A und B (also nicht

überwundenen Kultes aufbewahrt. Ein esoterischer Bibel- dem Ausdrucke nach in „Bücher"; verschämt ist hinter

kommentar müßte den ganzen verborgenen Sinn auf- ! A nur eingeklammert „3. Buch" und hinter B „4.

decken." So reiht sich die kleine Schrift den umfang- j Buch"), er zählt auch die Kapitel (variatio delectat)

reicheren Werken etwa von Drews und Raschke an, die
ebenfalls einen esoterischen Sinn — wohlgemerkt: nicht

in deutschen Ziffern (die auch nur den Überschriften
klammermäßig beigefügt sind: „Kap. 26" bis „Kap. 40").

einer Sage oder Legende, sondern gleich des ganzen | Bd. III kejirt zur Form von _ I jurück^und bringt als
Alten oder Neuen Testaments erschließen wollen. Beim
Alten Testament, um das es unserem Verf. zumeist geht,
wäre noch mehr als beim Neuen eine Vorbedingung
solcher Auslegung zu erfüllen: es wäre zu zeigen, daß
eine Büchersammlung, an der die verschiedensten Zeiten

Fünftes Buch" die Kapitel XLI—XLIX, sowie als
„Sechstes" Kap. L LV-

Ich darf wohl darauf verzichten, nochmals den Gedanken, den
Ritsehl in seinem Titel andeutet, genauer zu kennzeichnen. Bei Besprechung
des 1. Bands (der 1908 erschien) in dieser Zeitschrift

j "u«'"«"""'u"Si J"-* ~~ . _ . Ü Ü,. . 1910, Nr. 1, habe ich das Befremdliche daran, nämlich daß Ritsehl
und Menschen gearbeitet haben, einen einheitlichen ge- ; den Begriff der >iUogmcnsjeschichtcu ausdehnt auf die Lehrentwickheimen
Sinn mit aller Konsequenz vertritt, der allen ,Uing in den evangciischen Kirchen, in das Lichf gerückt, in welchem
späteren Geschlechtern bis auf den Verfasser der je- Cs nach seinem Willen verstanden werden soll. Ich trat ihm in der
weiligen Auslegung verloren gegangen ist. Die Deutung ; Sache zur Seite. Ritschl denkt nicht daran, „autoritative" evange-
E.S geht teils auf Anthropophagie — die verbotene j lische Theologumena zu statuieren, hat aber recht, daß unser neuzeit-
Paradiesesfriicht ist die Frucht des Weibes, also der i licher Sprachgebrauch (selbst bei Harnack, Loofs, Seeberg) zu
Mensch, der nicht gegessen werden soll' vom Moloch- „katholisch" orientiert ist und historisch keineswegs in dieser Weise
dienst über das Abrahamopfer führt eine Linie zu dem j dnnellif m;nann , wefTd,n ,musso • ™asJb™ ^lbst ,|m f:"nc 'iegt'

c,™k„i;^l,„„ /i___„v, , r .. i ai i 1.1 i. -i "St m der Kurze der Gedanke, daß das Wort „Dogma" auf das Bezug

„symbolmchen Menschenopfer" des Abendmahls-,teils , hab w„ dic ,citcflde„, das Denken irgendwie in. seiner „Oanz-

aut das Geschlechtsleben — Joseph ist Zeuger und Tod I hcit„ tragenden ,deen odcr „Instanzen" erkennen lasse. - Die evan-

'Piner ' erson- kein Getreideverkailfer, sondern der „Er- I ge!ische Theologie hat feste Zusammenhänge mit dem altkirchlichen

Öffner des Muttermundes", der Auszug aus Ägypten Dogma, das auch ihr in eigentümlicher Neudeutung ein Stern ist

der Exodus aus dem Mutterschoß, die Eroberung Jeri- und bleibt. Die Neudeutung desselben ist keine beliebige, sondern

chos das Wunder der Geburt, bei dem Posaunenblasen ' e'ne im letzten Fundament wohl begründete, „notwendige": der

Und Feldgeschrei die Schreie der Kreißenden Und des : Protestantismus „durchschaut" den Sinn , der im altkirchlichen Dogma

Neugeborenen darstellen. Das bevorzugte technische i sLcinen Ausdruck sucht und.anerkennt ihn liest ihn aus den Formeln

»a;+a„i ____u a- k „i„____:„a _„i.."._i:„ir j„„ u -u v heraus. Dies ja nun treiben in vielerlei Unsicherheit und zum Teil

Mittel auch dieser Auslegung ist natürlich das bewahrte ,zLzl „. i ....... _,. . .... . .. .

• r-. , . ... . , 6 , .< . .„. V- innerer Gebundenheit durch die Stimmung der führenden Manner.

der Etvmologie: Mizraim kommt von Mazor, heißt Eng- i _ . 0 , _., . . , , , , „, , n., ..

und Finsterland und bedeutet sowohl Mutterleib wie j Der erste Band Ritschis hat den Nebenütel „Bibli-

Totenreich. Moses ist der Herauszieher, der Produktor, j c i s m u s und T r a d . 11 o n a 11 s m u s in der altnrotestan

der Gottesname heißt ursprünglich nicht JaH, sondern
JaK, wobei Jod wie Kaph, ausgestreckte und hohle Hand
darstellend, in Wahrheit die Vereinigung der Geschlechtsteile
symbolisieren.

Alles das wird in der Art kurzer Essais vorgetragen,
dieser auf strengen Beweis verzichtenden und gerade für
solche Einfälle sehr bequemen Art. Wenn ich auf Widertischen
Theologie". In ihm ist ausgesprochen, was
Ritsehl als die beiden obersten, allgemeinsten Leitideen
oder „Instanzen" der Reformation und des zunächst aus
ihr entstandenen Kirchentums, in diesem Sinn als historische
Dogmen des Protestantismus erkennt. Man
wird nicht widersprechen wollen, wenn er seine Darstellung
der protestantischen „Dogmengeschichte" Belegung
solange verzichte, als sich der Autor nicht die I ginnen laßt (Bd I) mit der Entwicklung der Gedanken

Mühe des Beweisens macht, möchte ich nicht so ver- ! oder Theorien über die inspirierte « heilige Schrift und

standen werden, als ob sich unter diesen Einfällen nicht i t'6,06,1/,11^ ^'£w£*u? a ub€rJieferung Demnächst

auch einmal ein richtiger oder mindestens zur Deutung I (Bd-. ") verfolgt Ritsehl dann den, Gedanken vom

einer einzelnen Sage brauchbarer befinden könnte. Daß ' rechtfertigenden Glauben" und die „Entwickeiner
einmal ein Körnlein findet, ist noch kein Gegenbeweis
gegen die Diagnose Blindheit.

Heidelberg. Martin Dibeli

Brinktrine, Dr. theo!. Johannes: Die feierliche Papstmesse
und die Zeremonien bei Selig- und Heiligsprechungen.

Freiburg i. Br.: Herder & Co. ig25. fy|| 56 s.) kl. 8°. Rm. 1—.

D:e Anzeige dieses eigentlich für Rompilger bestimmten Büchleins
at auch in der Th.L.Z. Sinn, denn es bildet bislang die einzige kurze ganz die „II. Hälfte" bilden. Bd. III gilt der „ref or
Qeutsehsprachliche Darlegung der Panstmrs«- und der Kanonisatinnsfi.ipr ! m 1 „ r t p n TUnlnirlp rlpc 1 fi und 17 i-,i,,.|i.,„,i....... :

lung der lutherischen Orthodoxie in den philippisti-
schen Streitigkeiten". Aber der Nebentitel dieses Bandes
lautet: „Orthodoxie und Synkretismus in
der altprotestantischen Theologie." Und ihn hält R.
auch in dem neuen, jetzt als III. bezeichneten, Bande
fest, indem er dem „L Hälfte" bei Bd. II hier doch nicht
ein „IL Hälfte" hinzusetzt, sondern nur „Fortsetzung".
Also der noch ausstehende letzte Band (IV) wird erst

^^prachiiche Darlegung deri'apstmesse und der Kanonisatkmsfeier. mierten Theologie des 16. und 17. Jahrhunderts in
deutsch fineH ?^dcr !3apstT^'..!f UCT °rdo missae lateinisch und ihrer Entstehung und E n t w i c k 1 u n g". Das „Dog-
Götii gen üb£rsetzung P- BMneym) beigegeta, „ odcr die GruBndinstanz für diese Theologe ift
-^1_ Kurt Dietnch Schmidt. nach Rits h., rfP „präde s tin at io n s 1 e h r e". Ihrer