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Ausgabe:

1926 Nr. 7

Spalte:

178-179

Autor/Hrsg.:

Rosenberg, Otto

Titel/Untertitel:

Die Probleme der buddhistischen Philosophie 1926

Rezensent:

Franke, R. Otto

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Theologische Literaturzeitung 1926 Nr. 7.

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konkreten Werte ihre Werthaftigkeit" (34 = 224). Auch j steckt". Nach Brh. Up. i, 4, 7 war die Welt „damals

sonst ist manches in den Up. für ihn nicht Mystik, son- j nicht entfaltet" (und also gab es noch keine Einzel-

dern Philosoph. Spekulation, was seinem Urteil zwar ! Seelen).,. [n siCj die Weit) jst jener Ätman eingegan-

wiederum alle Ehre macht, womit er aber gleichzeitig gen big in die Nagelspitzen hinein (S. auch z. B. 1,41).

die Überzeugungskraft seiner These schwächt.. . Man Es bedarf aber keiner weiteren Beweisführung aus den

sieht nicht ein, warum das Eine für Wissen und Denk- | Upanisadcn. Der Sachverhalt ist deutlich. Also auch

Produkt, das Andere, keineswegs davon abweichend ; hier njcht cin mystisches Werden der Einzelseele zur

Gekennzeichnete, als Mystik genommen werden soll. universalen! — Das Nirvana deutet H. (41 --=231) zu

Freilich stellt er solche P^w^ ! Unrecht ais „,überbewußte' Seligkeit"; und etymolo-

■1s die Frucht mystischen Erlebens und dei Ekstase , , hpdp..+A'' „ njch| Ausblasen" (42 2311 son

(so 31 =221- 35 - 225- 38 - 228; 42 232). Aber £iscn bedeutet es nitnt ,Ausblasen , (4Z-Zj ) son-

;„ a t- 7 ' • 7 • il 1 a . u„~„„nu,v,,,,4 ,v„ dein „Ausgehen" (des Feuers, von va „gehen"), was

in den Texten ist nichts, was als dazu berechtigend ge- »« , . R , ' • t "& ;'

deutet werden könnte gesagt. Er spricht allerdings die hier X?h> Tu- 0h5? «w»1; . ...

vveiueu hoiiiue, gesagt. yi i iTr.anichari«n Die Redaktion dieser Zschr. wolle mir die Lange

Überzeugung aus: Sobald w^W^?^"™ dieser Rezension eines wenig umfangreichen Aufsatzes
die grolle Geschichte der Mystik hineinstellen tritt r),)ti„s(. VPr7PihPn Ich hielt sie Her Sache weo-en für
die mystische Eigenart... ihrer Gedanken ins hellste j güt gst xcrzcihcn. ich weit sie der Sache wegen tui
Licht" (9 107). Das ist aber eine Petitio prineipii. nötig. Aber auch H. wolle daraus ersehen, wie wich-

Heilers Definition von Mystik erscheint mir —
ich bin freilich ein armer Nichtphilosoph — als zu allgemein
gehalten. Gerade was Mystik zu M>stik und Ekstase
zu Ekstase macht, scheint mir darin zu fehlen:
.,Die Mystik ist jene Form der Religion, d .h. des
Gottesumganges, in der die volle Gotteinigung der
Seele als höchstes Heilsgut ersehnt und erstrebt wird."
(9 108). Vom Wissen, Denken und Erkennen, also
von philosophischer Betätigung, reden die Upanisadcn,
aber nicht vom mystischen Erleben, jenem unmittelbaren
, des Denkens überhobenen, Vorgange. „Wer solches
weiß" heißt es immer wieder, aber nicht „Wer
solches in sich erlebt". Wie wäre es /.'. B. auch denkbar
, daß die von Yajnavalkya in Brh. Up. ii, 4, 12 ff. gelehrte
Nichtbewußtheit nach dem Tode als bedingt
durch das Fehlen der zur Bewußtheit nötigen Zwei-
heit, von Subjekt und Objekt, veranlaßt sein könnte
durch „ekstatische Erfahrung" . .: „Subjekt und Objekt
sind in unauflöslicher Einheit zusammengeflossen" (40
230). Upanisaden-Spekulation und Mystik oder Ekstase
stehen gelegentlich auch im Widerspruch. H.
sagt p. 32=222 zu den negativen Schilderungen „der
Unbegreiflichkeit Gottes" in der Kena-Up.: „In der
Schilderung der ekstatischen Erfahrung überwiegen die
positiven Aussagen über die göttliche Realität, die in
ihr unmittelbar erfaßt wird. In der .. Spekulation hingegen
stehen die Negationen im Vordergrunde", und 34
(224): „Die göttliche Wirklichkeit, die den Inhalt der
ekstatischen Erfahrung ausmacht, ist ja viel zu reich
und herrlich, als daß sie das bloße ,nicht so, nicht so'

genügend beschreiben könnte." sächlich beruhen (Abhidharmakosa „Schatzkammer"

tig mir seine Arbeiten auch da erscheinen, wo ich
widersprechen muß.

Königsberg i- Pr. K. Otto Franke.

Rosenberg, f Prof. Dr. Otto: Die Probleme der buddhistischen
Philosophie. Aus dem Russischen übers, v. Frau

E. Rosen be rg. 1. u. 2. Hälfte. Leipzig: O. Harrassowitz in
Komm. 1024. (XVI, 287 S.) 4°. - Materialien ztü Kunde d. Buddhismus
, Heft 7 u. 8. zus. Rm. 12 --.

Prof. Rosenberg ist 1919 im Alter von nur 31
Jahren, allzufrüh für die Wissenschaft, in Reval gestorben
. Er hat sich mit seinem hier zur Besprechung kommenden
Werke ein ehrendes Denkmal gesetzt, und seine
Gattin hat, indem sie es auch deutschen Forschern durch
Übersetzung zugänglich machte, das Beste getan, was
treue Pietät erdenken konnte. Das Buch, der Gewinn
aus einem vierjährigen Aufenthalt in Japan, ist eine bedeutende
Leistung und, soweit sie in aufklärendem
Überblick über die chines. und japan. Buddhismus-Literatur
(auch in tabellarischer Übersicht p. 270 ff.), in einer
Darlegung des Buddhismus, wie er in seinen Vertretern
in Japan noch lebt (p. XV), und in einer Erörterung der
buddhistischen Sekten (bes. p. 231ff. und in Kap. XIX)
besteht, hohen Lobes wert, ja, es ist zu bewundern, daß
ein so jugendlicher Autor schon solch einen weiten
Überblick gewinnen konnte. Sein Buch hat aber noch
andere Ziele, und diese fordern die Kritik heraus, da die
Kritik auch das Interesse der Lebenden zu bedenken
hat. R.'s Deutung der buddhistischen Termini in den
sanskrit-buddhistischen Werken, auf denen die chines.
und japanischen Ausgestaltungen des Buddhismus haupt-

Wenn wir betrachten, was in der indischen Philosophie
der Ausgangspunkt ist, das Reden über das
universale Selbst, die Wellseele, oder über das individuelle
Selbst, dann gewinnen wir entscheidende Gesichtspunkte
für die Beurteilung der von H. aufgeworfenen
Frage. Man hat es immer als selbstverständlich
behandelt, daß in der ind. Philos. das kleine individuelle
Selbst zum göttlichen Weltselbst ausgeweitet
worden sei. Die literarischen Tatsachen widersprechen,
dieser Annahme. Schon in Rigveda, also vor den Up.,
heißt es vom Gott Sürya (Sonne, Sonnenlicht) in i,
113,1: er sei das Selbst (atmä) von dem, was sich
bewegt und feststeht, wofür es offenbar nur eine etwas
abgeänderte andere Ausdrucksweise ist, daß in Gott
Parjanya sich das Selbst (atmä) des sich Bewegenden
und Feststehenden befindet (vii, 101,6). Gott Hiran-
yagarbha-Prajäpati, „dessen Schatten nur Unstcrblich-

ioi oTd Tod sind"> ist Atman-Gcber (ä'tma-dä x,
h?J-, Das göttliche Selbst als solches ist also bzw.
enthalt in sich alle Einzel-Selbste, ist also von Alters her
n>1Ci,al,-ln,IF Hauptsache und der Ursprung; und die
Einheitlichkeit des persönlichen Selbstes und des universalen
kommt sonach nicht durch einen mystischen
Akt zustande. Auch nach Käth. Up. iii, 12 weilt, was
auch H. selbst hervorhebt (36 - 226) der Weltgeist
Porusa als Atman in allen Wesen unsichtbar ver-

d. h. Sammlung, der „philosophischen Lehren früherer
Traktate über den Abhidharma" | p. 91; über sein unsicheres
Datum p. 34 Anm. 1 ] und Vijnänamätrasid-
dhisästra [ s. p. 76 f. ] sind in Japan bis auf die Gegenwart
die grundlegenden Traktate geblieben, p. 41; 53
Anm. 10; 76; s. auch p. XV) ist an sich und in philosophischer
Beziehung vielfach mit Skepsis aufzunehmen,
ebenso seine Erwartung (p. XV), daß die vollständige
Analyse des Abhidharmakosa „den Beginn einer neuen
Epoche, nicht nur im Interesse des Buddhismus, sondern
der indischen Philosophie und Religion überhaupt,
bilden" werde. Zweitens: Es ist ein methodischer Mißgriff
, den deutlicherweise spätesten, scholastischen, der
drei Teile des buddhistischen Kanons, den als Abhidharma
bezeichneten ,nicht nur mit Bevorzugung zu benutzen
, sondern sogar zur Hauptgrundlage der Exegese
zu machen, indem R. (p. 91) freilich „die Metaphysik
der Erlösung" für dessen Inhalt erklärt. Auch was die
Echtheitsfrage und Altersfrage anbetrifft, ist seine teilweise
Überschätzung der nordbuddhistisch-scholastischeni
1 raktat-Literatur und ihres Inhaltes gegenüber den alten
Predigt-Texten (p. 43) unberechtigt. „Zweifellos" müsse,
sagt er p. 44, „der Schlüssel zum frühesten Buddhismus
in den sastra" (d. h. den nördlichen Traktaten) „gesucht
werden", obgleich er ebd. zugibt, daß „die Mehrzahl
der erhaltenen sastra aus einer späteren Periode
herrührt als die Mehrzahl der siltra". Was Wunder, daß