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Ausgabe: | 1926 |
Spalte: | 176-178 |
Autor/Hrsg.: | Heiler, Friedrich |
Titel/Untertitel: | Die Mystik in den Upanishaden 1926 |
Rezensent: | Franke, R. Otto |
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Schwörenden darauf ankam, seine Worte mit der höchstmöglichen
Wirklichkeit zu füllen, griff er an den Speer oder den heiligen Ring.
So knüpfte er eine Verbindung mit der Urseele, wie wir sie nennen,
und das Wort wurde infolgedessen eine Offenbarung des Willens, der
dem Manne innewohnte, und folglich wahrer und wirkungsvoller____
Der eigentliche Quellpunkt für das Leben lag indessen außerhalb des
Hauses an der heiligen Stätte, die den geistigen Mittelpunkt für das
Eigentum des Geschlechtes bildete. Es konnte ein Fels oder ein Stein
sein, ein Hain oder ein Baum, ein Wasserfall oder eine Quelle, ein
größeres Gebiet oder ein isoliertes Naturobjekt. Die Form ist ohne
Bedeutung; das Entscheidende ist, daß der größere oder kleinere
Fleck von der Seele, die sich in der Haltung und im Betragen des
Menschen zu erkennen gibt, durchdrungen ist." Auch die Deutung
von ans oder ass als „der heiligen Stütze, durch die man immer den
Gott als eine wollende und handelnde Persönlichkeit bezeichnet"
(S. 580) ist vielleicht zu modern; wenigstens nach Helm (Altgerm.
Religionsgeschichte 1, 227) bezeichnet das Wort einfach den Balken,
der kultisch verehrt wurde, dann das aus ihm geschnitzte Götterbild
. Nicht recht verständlich ist mir namentlich d'e Bemerkung
S. 587f.: „es sind zahlreiche Versuche gemacht worden, Odin und
Thor unter den römischen Namen bei den klassischen Geschichtsschreibern
wiederzufinden, vor allem unter Tacitus' Mercur und
Hercules, aber alle Vergleiche scheitern daran, daß siekeinen realen Hintergrund
an den Erzählungen der alten Mythen und dem Glauben
des Volkes haben. Was die Nordländer von ihrem Odin und Thor
erzählen, hat für die übrigen Germanen keine Gültigkeit, und da wir
nichts von den Gedanken und Legenden wissen, die in den ersten
Jahrhunderten an die Götter geknüpft wurden, — selbst Tacitus' Bemerkungen
sind ja nur farblose Allgemeinheiten — fällt jede Grundlage
für die Identifikation fort. Daß die kirchlichen Schriftsteller
späterer Zeiten Odin als Mercur deuten, hat seine (keine?) Beweiskraft
für frühere Perioden, da die Vergleichung in anderen Verhältnissen
ihren Ursprung hat oder, wie das wohl am häufigsten der
Fall ist, durch zufällige klassische Reminiszenzen veranlaßt ist. Auch
die volkstümliche Anpassung der Wochentage kann nur ein Fingerzeig
in das Unbekannte hinein sein; die Übertragung ist eine Tatsache
, die Deutung verlangt statt Deutung zu bringen, weil wir nicht
wissen, wo und tmter welchen sozialen Verhältnissen die Übertragung
gemacht wurde." Aber sind in der Göttertrias, die auf Inschriften
erscheint, nicht doch (trotz Haug, Germania 1018, 108 ff.) unter
Hercules und Merkur Donar und Wodan zu verstehen? Daß der
Freyskult „ein Erzeugnis der bekannten Kulte in den Mittelmeerländern
" sei (S. 588), glaube ich deshalb nicht, weil wenigstens
die Form, die er nach Flateyejarbok I, 400ff. hatte, dort keine
Parallele hat; von dem Baidermythus, der neuerdings manchmal so erklärt
wird, nimmt es Gr. gerade nicht an. Endlich auf seine Auffassung
von dem Verhältnis der germanischen Religion zum Christentum
im Mittelalter gehe ich nicht mehr ein, zumal sie ja strenggenommen
nicht hierlter gehört.
Die in meiner früheren Anzeige aufgeworfene Frage,
weshalb scheinbar auch in der neuen Auflage die keltische
Religion nur einen Anhang zu der germanischen
bilden solle, hat sich dadurch beantwortet, daß
ihre Behandlung doch einem besondern Referenten übertragen
worden ist, Mac Culloch, der schon für die
Enc. of Rel. and Eth. den Artikel Celts und andere,
denselben Gegenstand betreffende Artikel verfaßt, dann
aus ersterem ein Buch: The Religion of the Ancient
Celts (1011) gemacht und endlich in Mythology of all
Races (1910fr.) die keltische Mythologie und Religion
behandelt hatte, also wohl wieder dem besten Spezialisten
, den man finden konnte.
Allerdings schenkt er auch hier den keltischen Epen mehr
Glauben, als berechtigt ist, nämlich selbst dort, wo sie nicht mit
andern, alten Nachrichten übereinstimmen; aber meist hält er sich
an diese. Nur wird dabei ein aus Massilia berichteter Gebrauch als
keltisch angesehen, der wohl griechisch ist (vgl. Nilsson, Griech.
Feste 10Q). Irreführend ist auch die mit Bezug auf die von Mannhardt
, Wald- und Feldkulte I, 525 ff. ausführlich untersuchten Gebräuche
gestellte Frage (S. 619): „hat man es in diesen Brandopfern
mit Erweiterungen älterer Riten zu tun, indem die Opfer durch
das Element umkamen, in welchem sich der Sonnengott offenbart?"
sowie die von Mac Culloch auch sonst vorgetragene Deutung von
Casars plurima simulacra des von ihm Merkur gleichgesetzten
Gottes auf „Grenzsteine oder vorkeltischc Megalithen" (S. 622). In
den Angaben über die Fundstelle jener Nachrichten, die an sich einen
Vorzug des Mac Culloch'sehen Beitrags vor andern bilden, finden sich
doch einige Irrtümer, die in diesem Falle einmal verbessert werden
mögen. S. 618,2 muß das Zitat aus Dionysios (nicht Dionysos)
Periegetes nicht V, 570, sondern V. 570 lauten, S. 620, Ii" das
aus Diodor nicht VI, 12, sondern V, 32 (an der dann folgenden Stelle
aus Pausanias handelt es sich nicht um galatische Kelten, sondern
Galater, d.h. Kelten, die in Griechenland einfielen, hei Livius
XXIII, 24 nicht um Kannibalismus), S. 621, 2 das aus Diodor nicht
V, 284, sondern V, 28,4, S. 621,3 das aus Justin nicht XXXIII,3
sondern XXXI1.3.
Im übrigen sind mir in den beiden Bänden nur
sehr wenig Druckfehler aufgestoßen (einige im 1. stehen
gebliebene werden im 2. verbessert), und auch stilistische
Unebenheiten finden sich selbst bei den nichtdeutschen
Mitarbeitern nur ganz selten; das Buch liest sich vielmehr
durchweg sehr angenehm. In dem Gebrauch
der Cursiv-Typen, der Kapitellchen bei Eigennamen
oder der großen Buchstaben in fremdsprachlichen Titeln
ein Prinzip oder in der Anführung der Literatur Ordnung
zu vermissen, wäre Pedanterie; auf solche Dinge
l haben offenbar die ineisten Mitarbeiter nicht zu achten
zu brauchen geglaubt. Besonderer Dank gebührt noch
■ dem ersten Herausgeber dafür, daß er selbst dem Werk
j ein 97 enggedruckte Seiten füllendes Register beige-
j geben hat, mit dessen Hilfe jeder alles, was in den bei-
; den Bänden steht, auch leicht finden kann. So schließe
j ich meine Anzeige, die der Bedeutung des Werks entsprechend
naturgemäß etwas ausführlich geworden ist,
| mit dem in dieser Zeitung wohl besonders naheliegen-
I den Wunsch, daß es von Theologen, bei denen ja wenigstens
auf evangelischer Seite das Interesse an der Religionsgeschichte
vielfach, ja im allgemeinen immer noch
gering ist, nun auch recht fleißig studiert werden möge.
Bonn Carl C lernen.
; Heller, Friedrich: Die Mystik In den Upanishaden. (Sonderdr.
a. d. „Zeitschrift für Buddhismus".) München-Neubiberg: O. Schloß
1625. (46 S.) gr. 8°. Untersuchen, z. Gesch. d. Buddhism u
verw. Gebiete, 14. Rm. —80.
Über den hier zu besprechenden Aufsatz, einen
Sonderdruck aus Zschr. für Buddh. VI, 104 ff. und
205 ff., ist schon in einer Rezension von Z. f. B. IV, V,
VI, 1. Hälfte in der Th. Lzg. 50, Nr. lb, Sp.
! 368 eine kurze Bemerkung veröffentlicht worden. Ich
! habe dort meiner leisen Verwunderung Ausdruck gegeben
, warum die philosophischen Gedanken der Upani-
saden (so ist zu schreiben, wenn man nicht nach deutscher
Orthographie Upanischaden schreiben mag; jedenfalls
ist die Schreibung nach der englischen, Upanishaden
, nicht am Platze) jetzt als Mystik gelten sollen.
; Heiler hat sich, was das anbetrifft, durch Oldenbergs
' Bemerkungen in dessen „Lehre der Upanishaden ... ,
195 ff. dazu anregen lassen, diese an sich ja berechtigte
| Untersuchung der Upanisaden - Lehren auf eventu-
! eilen mystischen Sinn hin anzustellen. Verdienen aber
jene Bemerkungen O.'s, daß man ihnen solchen Ein-
| fluß einräumt? Es handelt sich an jener Stelle für
I O. darum, ob man die Upantsad-Gedanken „in der
j Nachbarschaft Kants" zu suchen habe (was er verneint
), oder ob man sie als Mystik zu betrachten habe.
Die erstere, negative, Entscheidung hat schon genug Unheil
gestiftet. Es ist Heiler hoch anzurechnen, daß er
sich in dieser Beziehung sein eigenes Urteil wenig-
! stens in gewissen Grenzen gewahrt hat: „Hier droht
j die Beurteilung der Upanishaden dem entgegengesetzten
Extrem zu verfallen" (8 = 107). Was hat Osenberg
a. a. O. 197 aus jenem großen Worte Yajnaval-
kyas Brh. Up. ii, 4,5 gemacht: „Fürwahr, nicht um
i des Gatten willen ist der Gatte lieb, sondern um des
Selbstes willen ist der Gatte lieb" usw., indem er das
Selbst, von dem da die Rede ist, nicht für das ganz
selbstverständlich gemeinte universale Welt-Selbst, sondern
für das individuelle Einzel-Selbst hält und von
dem „in der Tat deutlich genug ausgesprochenen Bekenntnis
zur Selbstliebe" redet! Wer philosophischen
Dingen so gegenübersteht, von dem wollen wir uns,
unbeschadet der Hochachtung für das, was wir ihm
sonst zu danken haben, in philosophicis lieber nicht
führen lassen. Heiler hat, ich muß ihm auch diese Anerkennung
aussprechen, auch hier sein richtiges Urteil
durch O. nicht beirren lassen, denn er versteht die
Stelle dahin: „erst durch das Göttliche erlangen alle