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Ausgabe:

1926

Spalte:

166

Autor/Hrsg.:

Strong, Thomas B.

Titel/Untertitel:

Eucharistic doctrine 1926

Rezensent:

Goertz, H.

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 1926 Nr. 0.

166

einfach übergangen werden sollen. Es sei erinnert etwa an
Steinmeyer, Eucharistie und Kultus 1877: Herold, Liturgie und Predigt
1878; Meuß, das Recht der Predigt im ev. Gottesdienst 1879. Insbesondere
in den letzten beiden Arbeiten sind die Gedanken,
die dann Smend und Spitta weiter ausführen, durchaus schon da.
Von der Literatur der Gegenwart hätte Holl, Was
können wir für die Neugestaltung unseres Gottesdienstes
von Luther lernen? keinesfalls unberücksichtigt
bleiben dürfen. Durch eine Auseinandersetzung mit dieser
Schrift hätte auch die 2. Hälfte der dem Verf. gestellten
Aufgabe, die grundsätzliche Kritik, vielleicht eine
befriedigendere Lösung gefunden. Und das wäre das
Wichtigste an der Arbeit gewesen. Hierzu ist aber vor
allem noch ein Doppeltes zu sagen: der vom Verf.
durch Rückgang auf Luther in Kap. I und durch die
grundsätzlichen Erwägungen in K. III und VII herausgearbeitete
kritische Maßstab hätte bei Besprechung der
einzelnen Reformvorschläge in viel wirksamerer Weise
sich geltend machen müssen. Sodann — und hier liegt
der eigentliche Fehler der Arbeit — der Maßstab selbst
ist anfechtbar. Denn was Verf. über das Wesen des
Kultus und des „Wortes Gottes" sagt, entspricht nicht
dem Sachverhalt. Die dogmatische Unklarheit, die schon
seine Arbeit über die Probleme der Kultpredigt (s.
S. VI) beeinträchtigt, ist geblieben. Der Sinn des Gottesdienstes
(des Gottesdienstes, nicht der Predigt) ist nicht
vollständig beschrieben mit „Gegenwartwerdung Gottes".
Er ist voll erfaßt nur in jener auch von Holl in der genannten
Arbeit zitierten Doppelformel Luthers, daß hier
„Gott mit uns redet durch sein Wort, und wir dann wieder
mit ihm reden durch Gebet und Lobgesang". Aus
dieser Formel wächst dann die Frage heraus, warum
für uns Gott gegenwärtig ist nicht anders, denn in
seinem Wort. Diese Frage hat Vf., statt sie scharf zu
stellen und deutlich zu beantworten, kaum berührt (S.
88), man wird sogar sagen müssen, nicht klar gesehen.
Sonst hätte er nicht auf den Gedanken kommen können,
der Begriff der Möglichkeit im oben dargelegten Sinn
bezeichne am treffendsten das Wesen des ev. Kultus. I
So hätte ja das Abenteuer im Gottesdienst eine Stätte:
vielleicht habe ichs mit Gott zu tun, wenn ich sein
Wort höre! Damit ist aber das Wesen des Wortes
Gottes und damit Gottes selbst tief verkannt. Das
Wort Gottes (und zwar das äußere) ist entwertet, wenn
es zur bloßen „Möglichkeit" der Gegenwartwerdung
Gottes wird, und Gott selbst ist damit weder seine I
majestas noch seine Güte ganz gegeben. Im äußeren
Wort kommt Gott wirklich zu uns. Es entspringt der
Einsicht in die Sache, nicht nur der zeitgeschichtlichen
Kampfstellung, wenn Luther und die Bekenntnisse immer
wieder unterstreichen: durch das „äußerliche Wort" j
handle Gott mit dem Menschen. Dies Wort ist nicht !
bloße Möglichkeit für Gott (S. 91), so wenig die Willens- j
erklämng eines Menschen in Wort oder Schrift einem |
dritten gegenüber nur die Möglichkeit des Handelns mit
diesem, vielmehr das wirkliche Handeln selbst ist. Und j
es wäre keine völlige Erfassung der Sache, wollte man,
mit Rücksicht auf die doppelte Möglichkeit des Erfolges
solchen Handelns Gottes mit den Menschen, sagen: er
handle durch sein Wort nur mit denen, die es im Glauben
ergreifen; er handelt durch sein Wort auch mit denen,
denen dies Wort, wenn sie es hören, „nichts mehr zu
sagen hat". Die Bibel ist wenigstens dieser Ansicht, im
A. T. wie im N. T. Wo aber Gott mit uns handelt, da ist
er gegenwärtig. Von hier, vom richtig erfaßten Wesen
des Wortes Gottes aus ist es allein möglich, einen
sicheren Weg zu finden durch die verwirrende Fülle
liturgischen Probierens der Gegenwart. Auch wird es
gewiß nicht bloß reformatorische Ängstlichkeit, sondern
in der Sache begründet sein: Ncc tutum est in
ecclesia cultus instituere sine auetoritate scripttirae
(Müller, Symb. B. 269, 92).

Des Verf.'s kleinere Schrift will nach einer ausführlichen
Darstellung der Idee des Heiligen, die in genauer
Anlehnung an R. Otto gegeben ist, nachweisen, wie, in- |
folge der dem Wesen des Heiligen selbst nahe gelege- I

nen Tendenz des Absinkens ins Profane, jenes eigentümliche
Gefährdetsein, von dem oben rücksichtlich des
Kultus die Rede war, sich durchgängig beobachten läßt,
wo es sich um ein Erfülltsein des Lebens vom Heiligen
handelt, und wie trotzdem der Tendenz des Heiligen,
auf das ganze Leben Einfluß zu gewinnen, von uns entsprochen
werden kann und soll. — Hier wird es noch
deutlicher als in der größeren Arbeit, daß Verf. in der
grundsätzlichen Frage, was es heißt, wenn Gott mit uns
handelt durch sein Wort, dem wirklichen Sachverhalt
nicht gerecht geworden ist.

Tübingen. K. Fezer.

Strong, Bishop Thomas B.: Eucharistie doctrine. London:
Oxford University Press 1924. (16 S.) kl. 8°.

Einige Artikel des Verfassers über die Abendmahlslehre, im
Sommer 1924 in der Times veröffentlicht, bilden die Grundlage für
diese etwas erweiterten Ausführungen, die darin gipfeln, daß unsre
Verflochtenheit mit der äußeren materiellen Welt auch für geistige
Gaben sichtbare Vermittelungen erforderlich mache. Der Versuch der
Mystik, in unmittelbare Berührung mit Gott zu kommen, löst die
Religion los vom Alltagsleben und nimmt diesem alle Hoffnung,
heilig werden zu können. So wie wir zur gegenseitigen Verständigung
der Töne und Gesten bedürfen, so bedarf auch unsre Religion
der Sakramente als „äußerer und sichtbarer Zeichen für eine
innerliche und geistige Gnade". So ist das Abendmahl Träger und
Unterpfand unsrer seelischen Vereinigung mit Christus und durch ihn
mit Gott.

Dortmund. H. Goetz.

Torhorst, Pfarrer Arnold: Die „Ernsten Bibelforscher" als
Propheten des nahen Weltendes. Potsdam: Stiftungsverlag.
(12 S.) gr. 8°. , Rm. —30.

Eine populäre Auseinandersetzung mit den „ernsten Bibelforschern
" über ihre Methode der Schriftauslegung. Harte Kämpfe
haben den Verfasser wohl zur Feder greifen lassen, um die Gemeinden
über diesen Trug aufzuklären, haben ihn aber selbst immer mehr
mit den Irrtümern dieser Sekte vertraut gemacht. Sind aber nicht
gegenwärtig bei derselben schon Zersetzungserscheinungen wahrnehmbar
, wie besonders die letzten Verhandlungen in München zeigen?
Gerade aus den Flugblättern der einzelnen Richtungen sind wohl die
besten Waffen zum Kampfe zu entnehmen. (Korrespondenzblatt für die
ev. luth. Geistlichen in Bayern 1925 S. 234.)

Roth. Karl Schorn bäum.

Mitteilung.

Anläßlich der Besprechung von O. Ritsehl, „Die doppelte
Wahrheit in der Philosophie des Als-Ob" durch F. Schumann
Th.L.Z. 1925 Sp. 618 sind der Schriftleitung eine „Entgegnung"
von O. Ritsehl und eine „Erwiderung" von F. Schumann zugegangen
. G. Ritsehl beanstandet den Ausdruck „ausgeführte Randbemerkungen
" als Charakteristik seiner Schrift und weist hin auf
seinen leitenden Gesichtspunkt, den sämtlichen konkreten Wissenschaften
unveräußerlichen Realismus im Gegensatz, zur Iinmanenzphiio-
sophie und zur weitverbreiteten Methode der sog. Selbstbesinnung zu
Ritsehl nach seinem Urteil in seinem Buche das Verfahren der begleitender
" und „systematischer" Kritik und legt dar, inwiefern O.
Ritsehl nach seinem Urteil in seinem Buche das Verfahren der begleitenden
Kritik, nicht das der systematischen Kritik angewandt
habe. In diesem Sinne will er seinen Ausdruck „ausgeführte Randbemerkungen
" verstanden wissen.

E.H.

Mitteilung zur Auflösung der Hutten-Legende.

In der Besprechung von „Huttens Vagantenzeit" (1925, Sp. 301 f.)
hat nun auch O. deinen anerkannt, daß Hutten und Sickingen nicht
mehr für „religiöse und nationale Helden gelten können"; es ist auch
bereits erwiesen, daß Hutten selbst in einer bloß antikurialen Bewegung
seine Aufgabe nicht folgerichtig durchgeführt haben würde. In der
ZKG 44, 315 gibt Cl. auch zu, daß es mir „heiliger Ernst" damit
war, Luther von dem Verdacht der Verbindung mit jenen beiden zu befreien
und das Reformationswerk in seiner Größe und Reinheit herzustellen
. Es ist das um so wertvoller, als er noch 1913 das Strauß'sche
Werk als „wohlfundamentiert und gegen die Kritik gefeit" neu
herausgegeben und in der D. Lit. Z. 1922, Sp. 130ff. das „herkömmliche
Bild des „ritterlichen Reformators" verteidigt hatte. Nebenbei ist
wohl auch nicht zu bestreiten, daß Hutten auch als Pensionär des
Mainzer Domkapitels der haltlose, zu andauernder Arbeit unbrauchbare
„Vagant" geblieben ist. Zu seinem Schweigen über die skandalösen
Verhältnisse in seiner engeren Heimat und zu seiner „Vergeßlich-