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Ausgabe:

1926 Nr. 6

Spalte:

153-155

Autor/Hrsg.:

Fasulo, Aristarco

Titel/Untertitel:

Alle Fonti della Fede Cristiana, dottrina e polemica 1926

Rezensent:

Koch, Hugo

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Theologische Literaturzeitung 1926 Nr. 6.

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deutsamen Auseinandersetzungen mit der Barth'schen
Schule. K., der durchaus ein Vertreter lebendiger Unmittelbarkeit
gegenüber allen Abstraktionen und künstlichen
Begriffsgespinsten ist, hat an der „Neuen Theologie
" verschiedenes zu beanstanden: daß sie zwischen
Gott und den Menschen den dialektischen Ja-Nein-
Apparat dazwischenschiebe: daß sie die Gottesoffenbarung
auf bestimmte Bezirke: Christus, Kanon beschränke
, statt sie in ihrer vollen Breite zu erkennen,
daß sie eine äußerliche Autorität, das hypostasierte
„Wort", an die Stelle der direkten Gottesmitteilung
im Innern setze. Dabei will K. die Barth'sche Theologie
gerade in ihrem Kerngedanken, daß der Mensch nichts
und Gott alles bedeutet, auf eigenartige Weise überbieten
. So gewichtig diese z.T. mit Lutherzitaten belegten
Einwendungen sind, so kann doch wohl nicht bezweifelt
weiden, daß K. selbst insofern von der Neuen
Theologie beeinflußt ist, als das Problem Schuld-Erlösung
wesentlich entschiedener im Mittelpunkt seines
Denkens steht als in früheren Werken, in denen mehr
von „Leben", „Persönlichkeit", „Rhythmus" die Rede
war. Allerdings sind seine heutigen Anschauungen organisch
aus den früheren herausgewachsen — ein Zeichen
für die Echtheit seiner Entwicklung.

Man könnte K.'s Weltanschauungstyp ohne Schwierigkeit
als „Alleinheitslehre" bezeichnen, weil die hinter
allem Leben stehende Schöpferkraft Gottes — die selbst
im Satan wirksam ist — von innen her das All durchpulst
und weil alle platonischen Dualismen weit abgelehnt
werden. Doch zieht K. selbst sehr scharf die Grenze
gegenüber dem die Unterschiede der Schöpfung verwischenden
Monismus. Auch mit Mystik und Pantheismus
, in denen er Vergottungen menschlicher Selbsttätigkeit
sieht, will er nicht verwechselt sein. So haben
wir es mit einer zwar aus vielen Quellen gespeisten,
aber im Kern doch durchaus persönlich bedingten Ge-
staltungsform protestantischer Frömmigkeit zu tun. —
Alles in allem ein Werk, das zwar keine gelehrten
Einzeluntersuchungen über den Begriff „Schicksal" im
engeren Sinn anstellt, dafür jedoen einen großzügigen
Weltanschauungsentwurf vor uns entrollt und uns einen
Blick tun läßt in die Werkstatt eines lebensnahen und
gestaltkräftigen Geistes.
Gießen. H. Adolph.

Fasulo, Dr. Aristarco: Alle Fonti della Fede Cristiana, dott-
rina e polemica. Prefazione del D. G. Whittinghill. Goper-
tina, disegni e fregi di P. Paschetto. Rom: Casa Editrice
„Bilychnis" 1925. (XX, 323 U. 16 S.) 8°. = Biblioteca di
studi rcligiosi, N. 18. L, 12—.

Das hübsch ausgestattete Buch ist, wie schon das
Vorwort des Herausgebers und die Einleitung des Verfassers
erkennen lassen und dann namentlich die Ausführungen
über die Bedeutung der hl. Schrift, die urchristliche
Gemeindeverfassung und die Taufe zeigen,
von baptistischem Standpunkt aus geschrieben. Es behandelt
im ersten Teil ,die Quellen' des christlichen
Glaubens, nämlich den Kanon des A. und des N. T.s,
mit scharfer Ablehnung jeder sonstigen Überlieferung,
und ,die fortdauernde Autorität Christi', der im A. T. seit
dem Protevangelium vorher verkündigt wurde und dessen
Autobiographie' in den Evangelien, das des Johannes
eingeschlossen, vorliegt. F. ist überzeugt, daß nicht bloß
der johanneische, sondern auch der synoptische Jesus
sein Vordasein bezeuge und daß die Gestalt des Messias,
was sein Vordasein und seine bis zur Ineinssetzung
gehende Verbindung mit der Gottheit betreffe, im A. und
N.T. wesentlich dieselbe sei. Der zweite Teil ,Kirche und
Dienst' handelt im 1. Kap. von ,Kirche und Kirchen',
,Einheit in der Selbständigkeit', im 2. Kap. von den
kirchlichen Ämtern. Neutestamentlich zulässig, sagt F.,
sei nur die Bezeichnung ,Kirche' und ,Kirchen' für die
Gesamtheit der Christen einerseits, die Ortskirchen anderseits
, nicht aber die Bezeichnung ,Kirche' für die kirchlichen
Körperschaften, weil dies notwendig zu Abirrungen
vom ursprünglichen Gedanken, zu Überhebung
und Ausschließlichkeit führe, wie sie namentlich in der
Papstkirche zu Tage träten. Kirchliche Ämter aber seien
Apostel, Älteste ( Aufseher) und Diakonen. Daß
Apostel' im N.T. bald in engerem, bald in weiterem
Sinne vorkommen und neben ihnen auch ,Lehrer' und
,Propheten' auftreten, wird übersehen. Der dritte Teil
,Tu es Petrus...' zeigt zunächst (Kap. 1), in welchem
Sinne Petrus der Felsengrund der Kirche ist und in welchem
Sinne er es nicht ist. Im Anschluß an Augustin
wird betont, daß Jesus nicht auf den niv^os sondern
auf die ntxqa seine Kirche gründet d. h. auf den von
Petrus bezeugten Glauben an die Gottessohnschaft
Jesu. (Nebenbei bemerkt, rennt der Kampf gegen Petrus
als angeblichen ,fondatore della chiesa' offene Türen
ein, da dies ja auch römischerseits nicht behauptet wird.)
Hierauf wird (in Kap. 2) der römische Aufenthalt
Petri an der Hand des N. T.s und der dafür vorgebrachten
späteren Zeugnisse untersucht und mit einem starken
Fragezeichen versehen. Lietzmanns Forschungen und
Ergebnisse sind dabei nicht berücksichtigt. Das Grab
Petri mit Cajus am Vatikan, d. h. an einem Mittelpunkt
heidnischen Lebens und Treibens, zu suchen, hält F. für
widersinnig, und er kann sich dafür auf eine i. J. 1809
dem Papst Pius VII. gewidmete Schrift berufen, worin
freilich das vatikanische Grab nur zu Gunsten des
Janiculus abgelehnt wird. Als möglich wird schließlich
die Ankunft Petri in Rom im Herbst 63 zugegeben, bei
Annahme einer Befreiung Pauli aus seiner ersten Gefangenschaft
: in diesem Falle wäre Petrus nach einem
Aufenthalt von einem Jahr oder weniger vor der Rückkehr
Pauli in der neronischen Verfolgung als Märtyrer
gestorben. Sicher ist ja, daß Petrus höchstens ganz kurze
Zeit in Rom gewesen sein kann — auch der Heide bei
Macarius von Magnesia spricht von wenigen Monaten
— und daß er weder Gründer der römischen Kirche noch
ihr ,erster Bischof war. Der 4. Teil behandelt die ,Riten',
Taufe und Abendmahl. F. will nämlich die Bezeichnung
.Sakramente' vermeiden, weil sich damit die .magischen'
Vorstellungen verbänden, die später hineingetragen worden
seien, während im N. T. nur eine geistige Auffassung
herrsche. In Wirklichkeit treten schon im N.T. .sakramentale
', d.h. ,magische'Vorstellungen oder wenigstens
starke Ansätze dazu hervor, wenn es auch bis zur ,Trans-
substantiation' noch ein weiter Weg ist. Bei der Taufe
kommt der Baptist ergiebig zum Wort, und er beweist
in umständlicher Breite, was eigentlich niemand ernstlich
bestreiten wird, nämlich daß ßajcii'Cttv eintauchen
bedeutet und die Taufe im apostolischen Zeitalter ausschließlich
und noch lange fast ausschließlich durch
Untertauchen gespendet wurde. Der Verf. hätte hinzufügen
können, daß anfangs gerade in der römischen
Kirche Zweifel an der Gültigkeit der durch Begießung
gespendeten Krankentaufe laut wurden (Euseb. hist. eccl.
VI, 43, 14). Sicher hat F. auch damit recht, daß mau
ursprünglich keine Kindertaufe kannte, jedenfalls keinerlei
sichere Belege dafür da sind. Anderseits geht ihm
aber das Verständnis dafür ab, daß eine Zeit, die mit
christlichen Familien zu rechnen hatte, hierin anders
dachte und handelte, als die Urkirche, die nur aus
Judentum und Heidentum ihre Mitglieder gewann und
zudem das baldige Ende erwartete. Bei aller Bekämpfung
der Kindertaufe ist natürlich auch F. für
christliche Erziehung der Kinder. Wie aber da dann ein
itexavoelv, eine durch die Taufe besiegelte wirkliche
.Bekehrung' statthaben soll, ist nicht einzusehen. Freilich
ist Kindertaufe .Magie'. Aber was war denn die
von Paulus nicht getadelte Totentaufe? Bemerkenswert
j ist, daß F. mit Francesco de Sanctis vom ,Opus operatum'
: der Sakramente ,1'ultimo pervertimento del carattere
nazionale' seiner Landsleute, ihr .decadimento religioso
j e morale' herleitet (S. 205 f.). Es ist allerdings ein
starkes Stück, wenn es in einem mit kirchlicher Genehmigung
veröffentlichten Werk heißt, der Priester
könne mit dem ewigen Vater zum sakramentalen