Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1926 Nr. 6

Spalte:

126-129

Autor/Hrsg.:

Buonaiuti, Ernesto

Titel/Untertitel:

Ricerche Religiose. Vol. I, 1 - 3 1926

Rezensent:

Koch, Hugo

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2, Seite 3

Download Scan:

PDF

125

Theologische Literaturzeitung 1926 Nr. 6.

126

wann, die ihm anhangen aus dem Tod zu befreien. Für
Israel war dieser Weg abgeschnitten; es gibt keinen
Mythos vom auferstandenen Jahve und kein Mysterium,
das den Israeliten in seine Auferstehung hineinzieht. Das
ist das Entscheidende: Israel hat Teil an dem Todesschrecken
des Orients, aber es befreit sich von ihm nicht
auf dem Wege des Mythos, sondern auf dem Wege
persönlich gewonnenen Glaubens an Jahves
Macht und — was hätte ausgeführt werden können —
durch den tiefen Gedanken, daß nicht nur das Geschöpf
nach Gemeinschaft mit dem Schöpfer, sondern auch der
Schöpfer nach Gemeinschaft mit dem Geschöpf verlangt
(Hi. 14, 13 ff.).

Auf einige Einzelheilen sei noch verwiesen:

Daß die Scheo! - Vorstellung die Bestattung grundsätzlich entwerte
, ist unrichtig; gerade Jes. 14,18 ff. zeigt deutlich den Unterschied
im Untcrweltsschicksal Begrabener und Unbegrabener!

Ob wirklich mit Mackenzie in dem menschengestaltigen Krug aus
Grab 7 von Ain ShemS eine Oottesdarstcllung gesehen werden darf?
Bei den Kleinfiguren aus Orab 5 würde ich (nach Analogie der
von Quell nicht be«gezogenen Astartfigur aus Grab t; R. E. F. Ann. II
Taf. XXIII) in der Tat eine solche Deutung für gegeben halten,
bei dein libation vase aber mich doch fragen, ob wir es nicht —
wie bei entsprechenden früh- und mittelminorischen Keramiken (vgl.
Bogeerl - Nr. 99. 1()<)) — mit einer rein dekorativen Ausgestaltung zu
tun haben. Kretisch-mykenweh« Einflüsse sind ja nicht nur durch
die Goldmasken der jüngsten Grabungen in Bethsean (R. B. 1923,
436 Fig. 9) erneut belegt, sondern gerade für Ain Shems schon von
Mackenzie seihst betont.

Es muß aber zum Schluß noch deutlich ausgeh
spiochen werden, daß die Heranziehung des archäologischen
neben dem literarischen Material einen wesentlichen
methodischen Fortschritt der jungen frömmigkeitsgeschichtlichen
Arbeitsweise bedeutet.
Greifswald. Job. Hcmpcl.

Refer, Karl: Der Heiland. Das Wort und Werk Jesu nach den
drei ersten Evangelien dargestellt. Berlin: Furche-Verlag 1924.
(263 S.) gr. 8°. Rm. 4—.

Ein neuer, eigenartiger Versuch, den Inhalt der drei ersten
Evangelien zu verdeutschen und vergegenwärtigen. R. gibt die Reden
und Taten Jesu nach der synoptischen Überlieferung in eigener Übersetzung
wieder und begleitet den biblischen Text mit kurzen zusammenhängenden
Erläuterungen für den heutigen Bibelleser. Aber
um das Überlieferungsgut au Sprüchen und Geschichte, das die
synoptischen Evangelien enthalten, in seiner urkundlichen Ursprünglichkeit
wirken zu lassen, zerschneidet er den Faden, an dem Matthäus
, Markus und Lukas den Stoff aufreihen, und fügt aus dem
Mosaik von Erzählungsstücken, Spruchgruppen und Einzelworten ein
neues Bild von Wort und Werk Jesu zusammen, „soweit es möglich
ist — besonders am Anfang und am Ende in chronologischer, im
übrigen in sachlicher Ordnung" (S. 3). So verdienstlich allemal das
Beginnen genannt werden muß, auch Laien an die Quellen unseres
Wissens von Jesus zu führen und ihnen das Rohmaterial der synoptischen
Tradition aufzudecken, die Zusammenordnung des Stoffes ist
hier doch wieder beherrscht von einem Pragmatismus, der den Quellen
Gewalt antut. Die Überschriften, nach denen der Stoff gruppiert ist
„Morgenröte", „Sonnenaufgang", „Der junge Tag", „Aufstieg",
„Mittagshöhe", „Schatten", „Stille", „Sturm", „Niedergang", „Morgenglanz
der Ewigkeit" — stehen im Widerspruch mit dem Grundsatz
, daß die Auffassung der einzelnen Evangelisten nicht interessieren
(vgl. S. 4). Sie verraten ein ungebrochenes Zutrauen zu dem synoptischen
Aufriß der öffentlichen Wirksamkeit Jesu, das mit traditionsgeschichtlicher
Würdigung der Quellen nicht zu vereinen ist. In der
Auswahl der Texte aus den ersten drei Evangelien vermeidet R.
durchweg problematische Harmonisierungskünste. Um so mehr fällt
bei den Seligprcisungen die unglückliche Mischung der Matthäus- und
Lukas-Form auf. Ob die Wahl von 1. Kor. 15, 3—8 anstelle der
synoptischen Auferstehungsgeschichten und die Heranziehung einiger
johanneischer Perikopen noch dem Rahmen des Buches entspricht
oder gar ein Geständnis der Unzulänglichkeit seiner synoptischen
Orientierung bedeutet? Die Übersetzung schließt sich weithin eng an
Luther an, auch in Ausdrücken wie „ärgern", die nicht mehr lebendiges
Deutsch sind. Wo sie eigene Wege einschlägt, begegnet neben
treffenden Formeln auch Verbesserungsbedürftiges, so Mark. 1,16:
„im Meer auswerfen", Matth. 7,6: „Klauen", 16,23: „gehe hinter
mich, Satan", Luk. 22,32: , wenn du dann wieder zurückgekehrt bist",
16,2: „liefere die Verwalrungsakten ab". In der Erklärung schlägt
mit methodischem Geschick und großem Emst die Brücke von
notorisch-wissenschaftlichem Verständnis zu religiöser Gegenwarts-
ueutung. Auch ohne die reichlichen Zitate aus Goethe und Nietzsche

dient dieser Teil des Buches gut der Absicht des Ganzen, durch die
Kenntnis Jesu der Erkenntnis Christi den Weg zu bereiten.
Göttingen. j. Behm.

Ricerche religiöse dirette da Ernesto Buonaiuti. Vol. I
Nr. 1—3. Rom (37) [Via Giulio Alberoni, 7]: E. Buonaiuti 1925.
(304 S.) gr. 8». je L. 6-,

Diese neue Zeitschrift, die Ernesto Buonaiuti
herausgibt, erscheint alle zwei Monate und dient der
Förderung der religionsgeschichtlichen und religionsphilosophischen
Studien durch Veröffentlichung von Abhandlungen
und von Übersichten über einschlägige Erscheinungen
. Sie wird eröffnet mit einem Aufsatz von
L a z z a r i n i über das ,problema della salvezza nell'
apologetica dell' Azione' (S. 1 — 13). L. ist in Italien
ein Hauptvertreter der von dem Franzosen Blondel
begründeten Philosophie und Apologetik der ,Action', die
im Unterschied von der objektivistischen und transzendentalen
Betrachtungsweise der Scholastik auf den erkenntnistheoretischen
und psychologischen Wegen der
Gegenwart zur Idee Gottes vorzudringen sucht. So erörtert
er hier in kurzen Zügen die alten Fragen, die sich
um Sünde und übel und deren Überwindung, um Freiheit
und Gnade, Heil und Untergang bewegen. In
einem Nachwort erklärt der Herausgeber Buonaiuti, daß
dieser Aufsatz bezeichnend sein solle für die Methoden,
nach denen in dieser Zeitschrift religiöse Fragen philosophisch
behandelt werden sollen. Er macht aber seinerseits
zu den Ausführungen L.'s doch Bemerkungen,
die von den immanentistischen und subjektivistischen
Pfaden der ,Azione' etwas abbiegen und zu den Unterständen
der alten Apologetik zurücklenken. — In seinem
Aufsatz ,Paulus und Apollos' (S. 14—34) erblickt
Buonaiuti den ddixt]0-eig von II. Cor. 7,12 mit
Bousset in Paulus selbst, den ddmßug aber — in Apollos
. Er nimmt — trotz E. Golla (Zwischenreise und
Zwischenbrief 1922), dessen Beweise ihn nicht überzeugt
hätten — eine Zwischenreise und einen Zwischenbrief
an, dessen Überreste in II. Cor. 10, 1 —13, 10 vorlägen
. Apollos sei nach Korinth zurückgekehrt und habe
dort gegen Paulus Stellung genommen. Darauf sei
auch Paulus rasch dahin gereist und nach offenkundigem
Mißerfolg nach Ephesus zurückgekehrt. Nachträglich
seien ihm dann Erfolg und Genugtuung zuteil
geworden. In II. Cor. 10—13 bekämpfe Paulus nicht
Judaisten, sondern den Apollos, der den echten Begriff
des Christentums für sich in Anspruch genommen habe.
— Pincherle behandelt (S. 35—55) den ,Kirchen-
begriff im Donatistenstreit' aufgrund der Schrift des
Optatus von Mileve gegen Parmenian und der von
Augustin im 3. Buche der Doctrina christiana besprochenen
sieben Regeln des Tychonius. Dort, bei Parmenian
und Optatus, steht der Kirchenbegriff im engsten
Zusammenhang mit der Bußlehre (was von Pincherle
allerdings mehr behauptet als nachgewiesen wird). Mit
Recht wird auf die Abhängigkeit beider von Cyprian
hingewiesen. Sie geht sogar noch weiter als P. aufzeigt.
Auch die .cathedra Petri' hätte etwas näher beleuchtet
werden sollen. Und wenn die Kirche bei Tychonius
.bipertita', bei Augustin ein ,corpus permixtum' ist, so
reichen auch dafür die Ansätze weiter zurück, auf Cyprian
, ja schon auf Kallist. Richtig aber ist, daß jetzt
die Auserwählung in den Vordergrund tritt. Zum Schluß
kommt P. auf die Abhängigkeit Augtistins und des
Tychonius vom Ambrosiaster und den Quaestiones V.
et N.T. zu sprechen, und er verweist bezüglich Augustins
auf die Untersuchung von Buonaiuti, La genesi della
dottrina agostiniana intorno al peccato originale, Roma
1916. — Mit seinem Aufsatz ,L'editto di Agrippino'
(S. 56—78) greift Ambrogio D o n i n i in die in jüngster
Zeit in Deutschland, Frankreich und Italien wieder
lebhaft erörterte Frage nach dem Urheber des von
Tertullian in De pud. bekämpften .Ediktes' ein, und
er kommt zum Ergebnis, daß es vor den Tagen Kallists
von dem karthagischen Bischof Agrippinus (etwa 215/