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Ausgabe:

1926

Spalte:

123-124

Autor/Hrsg.:

Allgeier, Arthur

Titel/Untertitel:

Das Buch des Predigers oder Koheleth 1926

Rezensent:

Kuhl, Curt

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Seite 1

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123

Theologische Literaturzeitung 1Q26 Nr. 6.

L24

Lesenswertes, auch Neues, Eigenes bieten die Ausführungen
über Eckehart. Ihm sind unter den Kapitelüberschriften
: 1. Leben und Werk, 2. Die gotische Seele,
3. Eckehart der Ootiker 54 Seiten gewidmet, während
auf Laotse (1. Leben und Werk, 2. Die chinesische
Seele, 3. Laotse der Chinese) nur 21 entfallen. Die 26
letzten Seiten zeigen das Übereinstimmende bei beiden
auf.

Leipzig. H. Haas.

Allgeier, Prof. Dr. Arthur: Das Buch des Predigers oder

Koheleth. Uebers. u. erkl. 1.-3. Tsd. Bonn: P. Hanstein 1925.
(VIII, 56 S.) gr. 8°. = Die Hl. Schrift des A.T., VI. Bd., 2. Abt.

Rm. 1.80.

Durch die Anlage des Oesamtunternehmens sind
dem Herrn Verf. für seine Arbeit die Grenzen äußerst
eng gezogen gewesen. Das ist sehr zu bedauern. Denn
dadurch ist A. genötigt, in seinem Kommentar gewissermaßen
nur den Extrakt seiner mehrjährigen und umfangreichen
Vorarbeiten zu dem schwierigen Buch Koh
wiederzugeben, auf griechische und semitische Zitate
fast ganz zu verzichten, obwohl sie gerade bei Koh besonders
erwünscht' sind, und die Auseinandersetzung
mit von anderen vorgetragenen Auffassungen auf das
Allernotwendigste zu beschränken. Aber trotz dieser erzwungenen
Kürze gibt die Einleitung (S. 1/19), wenn
oft auch nur andeutungsweise, eine gute Einführung in
die Probleme. Auf die innere Verwandtschaft mit Jes.
Sir., Dt. 23, Hiob und der griechischen Philosophie
wird hingewiesen und auf die schriftstellerische Form,
welche Prov., Sap., Sir. und vor allem den Diatriben der
kynischen und stoischen Popularphilosophie nahe steht.
Die Verbindungslinien nach Ägypten und Babylonien
fehlen; 3,21: Idee vom Steigen der Menschenseele
nach oben, der Tierseele zur Erde; 9,7—9 ist, worauf
Grimme in OLZ. VIII Sp. 432 f. hingewiesen hat,
zum Teil sogar wörtlich aus dem Gilgamesch-
Epos (Altbabyl. Fragm. III) entlehnt. Koh ist anzusehen
als ein „literarisches , Dokument aus dem
Kampf des jüdischen Volkes mit dem Hellenismus".
Über Zahlenmystik, Textbeschaffenheit, Übersetzungen
und Sprache folgt eine knappe Orientierung; die Geschichte
der Auslegung wird kurz überblickt. Ausführlicher
ist das Problem der Einheitlichkeit behandelt.
Bickells und Siegfrieds Auffassung werden gewertet und
Podechards literarkritische Lösung besprochen und
widerlegt, indem Verf. in seiner Analyse des Buches den
einheitlichen Gedankengang betont. Trotz des befremdlichen
Wechsels von Philosophieren und praktischen
Ratschlägen ist es „zum mindesten möglich, die ausgesprochenen
Erfahrungen, Sätze und Lehren auf einen
Faden zu reihen und also einen Plan zu erkennen, wenn
er auch nicht modernen Kompositionsgesetzen entspricht
". Die Gedankenwelt Kohs besteht aus drei Ideenreihen
: es enthält nicht nur Pessimismus, sondern „diesen
bitteren Worten folgen andere, welche von einer
ebenso lebens- und weltfreudigen Stimmung zeugen".
Die Summe der Meinungen und Lehren faßt 12, 13 (vgl.
auch 5, 6 und 7, 18) zusammen: „Fürchte Gott!". Die
Möglichkeit späterer dogmatischer Korrektur wird nicht
erörtert.

Da noch immer von einer guten Übersetzung gilt,
daß sie der kürzeste und beste Kommentar ist, hat Verf.
auf die Textwiedergabe, die nicht nach metrischen Gesichtspunkten
angeordnet ist, sondern zunächst einfache
Sinnzeilen geben will, sehr viel Sorgfalt verwandt. Freilich
bleibt auch so noch Vieles dunkel und unerklärt;
aber A. ist sich dessen wohl bewußt und setzt selber
mehr als ein Fragezeichen.

Außerdem notiere ich 3,5b; 14 f.; 6,9; 10,1 („Fliegen des
Todes vernichtet"?); 12,13. Auch 2,12 bleibt problematisch; 12a
gehört doch sicherlich mit V. 13 zusammen, wahrend V. 12b inhaltlich
auf gleicher Linie zu suchen ist wie 2,18 und mit seinem Sorgen
um die Zukunft zusammenklingt mit Stellen wie 3,22; 6,12; 9,3;
10,14. 7,22 ist wohl wie 12,8 zu lesen; zu 9,1 und 10,23 vgl.
Delitzsch 13 d bzw. 63 a. Ungenaue Obersetzungen finden sich 2,8

) (fehlt: „ich schaffte mir"); 2,13 (fehlt: „etwas voraus hat"); 6,6
(zweimal tausend); 9,13 (fehlt: „unter der Sonne"); 12,1: „Jahre"
statt „Tage" und 8,16 („auf Erden" statt „unter der Sonne").
Der Parallelisnuis hätte im Deutschen hier und da besser zum Ausdruck
gebracht werden können; z. B. 1,4 „Geschlechter gehen, Geschlechter
kommen"; 1,8: „würde kein Auge sich satt sehen und
kein Ohr sich satt hören; 2,9: „ich bin größer geworden....
als alle meine Vorfahren" (vgl. 1, 16; 2,7); 1, 13. 17 und
8,16 steht „Sinn", während es sonst immer mit „Herz" wiedergegeben
ist; ganz davon abweichend in 9,1 . Der Ausdruck ist mitunter
schwerfällig; z.B.: „was anbetrifft" 1,11 (besser wiederzu-
zugeben: „noch an die Zukunft") 3,18 u. öfter; „entsprechend dem,
daß" 11,8; „in der Richtung auf" 9,4; auch nicht immer glücklich
gewählt, wie 7,4 „Freudenhaus"; 7,7 „Bedrückung" ist doch wohl
in seiner Parallele zu „Gabe" aufzufassen als „Erpressung" bzw.
„Bestechung", vgl. Lev. 5, 23; Ps. 62,11; das ,,ken" (8,10) ist
sicherlich als Nomen aufzufassen wie Ex. 10,29, dadurch erhalten
wir die gleiche Antithese wie in V. 12 f. In der Erklärung wären
mehr Hinweise erwünscht gewesen, z.B.: 5,14 = Hiob 1,21; 6,3 =
Hiob 3,16; 7,14 = Hiob 2,10; 7,18 = Luc. 11,42; 5,5 (Bote)
= Mal. 2, 7.

Der Kommentar tritt nicht mit dem Anspruch auf,
schon eine definitive Lösung gefunden zu haben, son-

i dem will allein den augenblicklichen Stand der Arbeit
des Verf.s am Buch Koh wiedergeben. Die Arbeit zeugt
von guter Kenntnis und Verarbeitung der Spezialliterafur
und erfreut durch Sachlichkeit und Vorsicht im Urteilen.
Besonders hervorzuheben ist, daß es A. in nicht wenigen.
Fällen (ich nenne als Beispiele: 4, 12. 14. 15 in Ana-

j logie von 9, 9; 4, 16 in Analogie von 4, 8; 8, 12; 9, 1.
17; 10, 4. 10) gelungen ist, durch seine Übersetzung

! eine neue Auffassung mancher dunklen Stelle vermittelt

J zu haben und dadurch beizutragen zur Förderung des

| Verständnisses des schwierigen Buches.

Suhl (Thür ). Curl Kuh l.

Quell, Priv.-Doz. Lic. Gottfried: Die Auffassung des Todes in
Israel. Leipzig: A. Deichert 1925. (43 S.) gr. 8°. Rm. 1.50.
Für einen Zweig der altisraelitischen Vorstellungen
vom Schicksal der Toten ist der Abgeschiedene
Elohim, von den Seinen in dem als Wohnhaus gedachten
Grabe, am besten dem Familiengrabe, durch
Beigaben und fortdauernde Opfer verehrt; für den anderen
sind die Toten die Refaim, die „Schlaffen" in
der Scheol. So verlangt es der Jahvismus, der keinen
Elohim neben Jahve duldet, aber zunächst keine Lösung
für das Verhältnis von Jahve zur Scheol findet. Auch der
Tod selbst, von Gen. 2, 17 als Sündenstrafe gedacht,
bleibt in seinem Verhältnis zu Jahve lange dunkel. Nur
das „irrationale Vertrauen zur Größe Jahve's" vermag
schrittweise bis zu dem Glauben vorzudringen, daß
schließlich Jahve auch den Tod vernichten wird (Jes.
25, 8) und daß den Frommen „persönliche Unsterblichkeit
im Sinne der schlechthin dauernden Gottesgemeinschaft"
zuteil zu werden vermag.

Dies sind die Grundgedanken der exegetisch und
archäologisch sorgfältig gearbeiteten Erstlingsarbeit
Quells. Man wird innen in den wesentlichen Zügen gern
zustimmen. Mir will nur scheinen, daß die große Leistung
des israelitischen Glaubens noch deutlicher geworden
wäre, wenn der Verf. kräftiger als es geschehen
ist, das vorderorientalische Material herangezogen hätte;
es ist so, daß der religionsgeschichtliche Vergleich eines
unsrer besten Hilfsmittel für frömmigkeitsgeschichtliche
Untersuchungen ist. Es hätte sich zeigen lassen, wie die
Sehnsucht nach der Todesüberwindung und die V e i -
zweiflung an ihrer Möglichkeit zu den erschütterndsten
Zügen des altorient. Fühlens gehört. Nicht werden
zu müssen wie Engidu, dieser Gedanke treibt Gilga-
mes zu Utnapistim — vergeblich! Der den Schlaf nicht
bezwingt, kann dem Tod nicht entgehen. Vor Adapa lag
Lebensbrot und Lebenswasser; betrogen hat er sie verschmäht
' Die gleiche Verzweiflung in Gen. 3. Nahe war
der Lebensbaum; jetzt steht zwischen ihm und dem Men-
I sehen der Cherub! Wie aber überwindet der Orient
I den Todesschrecken? Durch den Mythos und das Drama
I von dem Gott, der vom Tod erstand und so Macht ge-