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Ausgabe:

1926

Spalte:

97-103

Autor/Hrsg.:

Tillich, Paul

Titel/Untertitel:

Religionsphilosophie 1926

Rezensent:

Hirsch, Emanuel

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Seite 1, Seite 2, Seite 3, Seite 4

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Theologische Literaturzeitung

Begründet von Emil Schürer und Adolf von Harnack
Herausgegeben von Professor D. Emanuel Hirsch unter Mitwirkung von
Prof. D. Dr. G. Hölscher, Prof. D. Hans Lietzmann, Prof. D. Arthur Tltius, Prof. D. Dr. G. Wobbermln

Mit Bibliographischem Beiblatt in Vierteljahrsheften, bearbeitet von Priv.-Doz. Lic. theol. Kurt Dietrich Schmidt, Göttingen
Jährlich 26 Nrn. — Bezugspreis: vierteljährlich Rm. 9.—. — Verlag: J. C. Hinrichs'sche Buchhandlung, Leipzig.

51 Iah«» IV.. C Manuskripte und gelehrte Mitteilungen sind ausschließlich an Professor D. Hirsch in Oöttlngen, f. \nr7 1076

öl. Janrg. Pir. ö. Bauratgerberstr. 19, zu senden, Rezensionsexemplare ausschließlich an den Verlag. «• nla" iftu.

Spaltei Spalte! Spalte

Mitteilung . ... .....97 Glorieux, La lithfrature quo.llibetique de jBrentano, DieLehre Jesu und ihre bleibende

Tillich, Religionsphilosophie (Hirsch) . . 07) 1260 ä 1320 (Seeberg)..........1081 Bedeutung (Mulert) . . . 112

Dictionnaire d'Archeologie chretienne et de ! ^"ipf, Die Hauptform mittelalterlicherWelt- fezer Das Wort Gottes und d.e Pred.gt

Liturgie (Hennecke)............103 anschauung (hcker)............110| ("ecket) . . . . ............. 3

Smith , Ante-Nicene Exegesis ol the Gospels IHeckel, Die evangelischen Dom- und iSchwarz, Ethik (Adolph).........

(Loofs)...................106| Kollegiatstifter Preußens (Ders.)......111 [Verwahrung (v. Harnack)...........119

Mitteilung.

Herr Professor Haas-Leipzig hat sich entschlossen, auf die Fortführung der in den Veröffentlichungen des
Forschungsinstituts für vergleichende Religionsgeschichte an der Universität Leipzig von 1917 bis 1925 in fünf Heften
erschienenen, von Herrn Professor Clemen-Bonn herausgegebenen Religionsgeschichtlichen Bibliographie zugunsten des
Bibliographischen Beiblatts der Theologischen Literaturzeitung zu verzichten. Wir sprechen ihm für den Verzicht unseren
aufrichtigen Dank aus und werden uns bemühen, den religionsgeschichtlichen Teil der Bibliographie (A., B., D. VII u. VIII,
E. VI 2b) ausführlicher und vollständiger als bisher zu gestalten, sodaß er den Arbeitern auf dem Gebiete der Religionsgeschichte
alles bietet, was sie bisher an ihrer Sonderbibliographie besaßen.

J. C. Hinrichs'sche Professor D. E. Hirsch.

Buchhandlung. Privatdozent Lic. K. Schmidt.

>

Tillieh, Prof. D. Dr. Paul: Religionsphilosophie. (Sonderdruck | wendigkeit, das Sinnwidrige, das Zerstörende als eine
aus: Lehrbuch der Philosophie, hrsg. von Max Dessoir II: ; die Synthesis verneinende Macht in sein Denken aufzu-
Die Philosophie in ihren Einzelgebieten, S. 763 835.) j nehmen, womit ihm verloren geht die idealistische Über-

P. Tillichs „System der Wissenschaften nach Gegen- zeugung, daß die Antithesis nur als in der geformten
ständen und Methoden" (Göttingen 1923) — eine der j Synthesis „aufgehoben" gedacht werden sollte. So wan-
reifsten Leistungen neuerer deutscher systematischer Phi- delt sich ihm die Philosophie des Geistes in die Philo-
losophie — ist in dieser Zeitschrift nicht besprochen 1 sophie des Sinns, und die kritisch-dialektische Me-
worden. Ohne meine Schuld —- zwei von mir nachein- I thode zur metalogischen. Sinn und metalogische
ander betraute Rezensenten sind an der Schwierigkeit der Methode sind beide von der Innern Bindung an die Syn-
Aufgabe zu schänden geworden. Auch T.s Abriß der [ thesis gelöst. Sie stehn zu ihr dialektisch. D. h. sie be-
Religionsphilosophic ist kein leicht zugängliches Buch. jähen sie als das Sinnhafte, das nur über dem Sinnab-
So krystallklar und sauber T.s Gedankenentwicklung j gründe schwebend sich vollzieht und von ihm wieder
ist, sie liegt doch im Elemente allerhöchster Abstrakt- | verschlungen wird, um sich in neuer Gestalt aus ihm zu
heit, in der die Unmittelbarkeit des Lebens so gut wie erheben. Ist das nicht aber paradox? Ja, und das soll
verloschen ist. Das Sichwiedererkennen des Lebens im I es sein. .Eben im Paradox allein steht nach T. Leben wie
Begriffe, d.h. das Verstehn ist nicht eben leicht. Nicht Denken. Wo der Durchbruch durch die Form, in
ungestraft hat er das systematische Ergebnis fast zwan- der allein wir den Sinn besitzen, nicht mehr erfahren
zigjähriger Arbeit auf engen Raum zusammengedrängt. wird, da geht — der Sinn verloren. Der Sinn ist das
So hab ich mich, trotz der da bestehenden und von mir ! Überschwengliche, das wir nur als Gestaltetes besitzen
geteilten Bedenken, entschlossen, die Arbeit des Jugend- j können; wo wir darum über dem Gestalteten das Überschwengliche
vergessen, ist das am Gestalteten verloren
, das allein es des Ringens dämm und des Besitzes
wert macht. Es entspricht dieser Philosophie
des Paradox, daß ihr der Gedanke der Wahrheit nicht
mehr der umfassendste und höchste ist. Die Wahrheit
ist nur eine besondere Sphäre des Sinns.

Diese Gedanken sind mitgetragen von dem Schicksal des deutschen
Geistes, im letzten Jahrzehnt die ganze häßliche Blöße der
„Menschheitskultur" wider sich offenbart erfahren zu haben. Sie
formen philosophisch durch, was in tausend einander widersprechenden
Stimmen, innerhalb und außerhalb der Theologie, bei uns zum
Ausdruck drängt. Wir glauben der Menschheit die Werthaftigkeit
ihres Daseins nicht mehr, seitdem 1918/19 unter Billigung des
Weltgewissens die Lüge und der Mord an einem ganzen Volke sich
versündigt haben und der Mord noch weitergeht, ja man versucht,
an dieser Lüge und diesem Morde vorbeiblickend die Christenheit zu einigen
; und dennoch wissen wir, daß alles Erkennen und Handeln eines
Menschen und eines Volks nur in der Beziehung auf diese Menschheitskultur
einen Sinn hat. Das ist, nur furchtbar erfahren, eben
das, was T. als Dialektik des Sinns philosophisch zu beschwören
sucht. Dabei ists für diese abstrakte Betrachtung hier ganz gleich,
daß man aus seinen andern Schriften weiß, daß er wohl dies Schick-

dr .18

1 * I 98

freundes selbst zu besprechen. Der nahezu totale sach
liehe Gegensatz, in dem ich mich zu ihr befinde, bürgt
ü berreichlich dafür, daß ich des (/ÜTätrj r] akrj-
■tftrr nicht vergesse.

T. steht in der zwiefachen idealistischen Voraussetzung
, daß alles geistige Leben der Menschheit eine
innere Einheit bilde (weswegen ihm die Synthesis der
Synthesen das letzte und höchste Ziel alles geistigen
Schaffens bleibt), und daß dieses geistige Leben im
Ganzen wie in jedem Gliede nur zu verstehen sei aus
seiner religiösen Wurzel. Er hält's aber für nötig, diese
Voraussetzung über den erkenntnistheoretischen Idea-
^srmls l>nd die ihm entsprechende kritisch-dialektische
Methode hinauszuheben. Denn einmal bleibt er sich
(nicht nur wie der frühe Fichte auf dem Gebiete des
praktischen Handelns, sondern auch auf dem des theoretischen
Erkennens) der Spannung bewußt zwischen
jeder vollzogenen Synthesis, auch der höchsten, und
Sv?1J!m 111 gemeinten Absoluten. Sodann (was nur
reale Kehrseite des ersten ist) empfindet er die Not-