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Ausgabe: | 1926 |
Spalte: | 45-46 |
Autor/Hrsg.: | Smend, Julius |
Titel/Untertitel: | Handagende zu dem Kirchenbuche für evangelische Gemeinden. Predigtgottesdienst - Handlungen - Krankenbesuch. 3., verm. u. verb. Aufl 1926 |
Rezensent: | Graff, Paul |
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ich lieber von einer gewissen nüchternen Verständigkeit
reden, die soweit geht, daß bei diesem Kantianer
von der „Wolke des Geheimnisvollen", die das strenge
Denken des großen Vernünftlers Kant umlagert, auch
schon bei seiner Deduktion des Ethischen aus dem
Vernunftwesen des Menschen nichts mehr zu spüren ist.
Herrnliut. Th. Steinmann.
Smend, Julius: Kirchenbuch für evangelische Gemeinden.
I. Bd.: Gottesdienste. 3., sorgf. durchges. u. Überarb. Aufl. II. Bd.:
Handlungen. 2., völlig umgearb. Aufl. Gütersloh: C. Bertelsmann
1924 u. 1925. (LH, 212 u. IV, XL, 208 S.) 4°.
I: Leinen geb. Rm. 10—; Leder 16—;
II: Leinen geb. Rm. 11—; Leder 17.50.
Ders.: Handagende zu dem Kirchenbuche für evangelische
Gemeinden. Predigtgottesdienst — Handlungen —• Krankenbesuch.
3., verm. u. verb. Aufl. Ebd. 1925. (220 S.) 8°.
Leinen geb. Rm. b—; Leder 10—.
Von den genannten Kirchenbüchern erscheinen das 1. und 3. bereits
in 3., das 2. in 2. Auflage. Die Veränderungen, Vermehrungen
und Verbesserungen sind nicht derart, daß wir ganz neue Werke vor
uns haben. Anlage, Form und Hauptbestand sind die gleichen. Die
Abweichungen der 2. Auflage des 1. Bd. von seiner 1. sind größer
als die der 3. von der 2. Man könnte sich auf eine kürzere Anzeige
der längst bekannten, in der ganzen evangelischen Welt verbreiteten
Kirchenbücher beschränken. Man könnte dabei auch noch seiner
Freude und dem Dank Ausdruck geben, daß der Verfasser trotz seiner
großen Arbeitslast sich der Mühe einer so dringend notwendigen
Neuausgabe der längst vergriffenen, uns heute so unentbehrlichen
Kirchenbücher, darauf auch alle später erschienenen ähnlichen Arbeiten
sich mehr oder weniger gründen, unterzog, und daß an Stelle
der verschwundenen Straßburger Firma E. von Hauten der Verlag
C. Bertelsmann-Gücrtsloh, so gut es in dieser schweren Zeit ging,
Druck und Verlag übernahm und sie uns nun darbietet, entweder in
einfacherem üanzband für unsere Studien oder seltenere kirchliche Verwendung
oder in dauerhaftem Ganzleder für häufigeren Gebrauch, freilich
nicht ohne daß wir einen wehmütigen Vor deich zwischen einst und
jetzt ziehen, einst ein prachtvoll feierlich wirkender deutlicher Druck,
jetzt enger zusammen gedrängt, so daß bei fast gleichem Stoff der
1. Bd. statt 274 in der 1. und 283 in der 2. jetzt nur 212, der 2. Bd.
bei vermehrtem Inhalt nur 208 statt 248 Seiten umfaßt. Doch haben
vir das feste Vertrauen, daß bei einer abermaligen Neuausgabe, die
sicher nicht lange auf sich wird warten lassen, auch diese doch ge-
unserer Zeit erfüllen oder besser gesagt, vollenden, denn ein gut Teil
davon ist bereits geschehen. Keine Neuordnung des Gottesdienstes kann
mehr vor sich gehen ohne Smends Kirchenbuch. Was ein Werk wie
die Löhe'sche Sammlung für die Agendenerneuerung der 2. Hälfte des
19. Jahrh. war, ist Smend für die Gegenwart geworden.
II. Der zweite Band enthaltend die „Handlungen
" hat, wie erwähnt, größere Veränderungen erfahren, immer
aber im bewußten Zusammenhang mit den Ordnungen der Väter und
nach der bewährten Regel: Zuerst klopfe bei den Alten an! Neu ist
z. B. die Haustaufe und der Kindergottesdienst mit Tauffeier in
liturgisch-katechetischer Form. Fortgefallen ist der Einzug der Kinder
mit Pastor hei der Konfirmandenprüfung, geblieben aber bei der
Konfirmation. Wichtige Veränderungen enthalten die Ordnungen für
Konfiimatten, Beichte und Abendmahl. Ober des Verfassers nunmehrigen
Standpunkt gegenüber den sehr schwierigen Fragen der
Kon f ir m a t ionsf ei e r hatten uns ja jetzt seine Beiträge (S. 81)
unterrichtet. Dementsprechend finden wir verschiedene Formulare und
Fiagcngruppen zur Auswahl, auch eine „Handlung ohne Bekenntnis
und Gelübde", aber auch diese ein Beweis, daß es
fast unmöglich ist, gänzlich von dem, was irgendwie nach Bekenntnis
und Gelübde aussieht, abzusehen. Denn die hier vorgeschlagenen von
den Kindern im Wechsel aufgesagten Sprüche wie Joh. 6, 68 oder Gesangverse
wie: Such wer da will Nothelfer viel, sind schließlich doch
auch Bekenntnis und Gelübde. Es mag hier gleich hinzugefügt werden,
daß sich die Form einer Privatkonfirmation in der „Handagende"
findet. Ausgezeichnet ist die für den Palmsonntag und durchaus den
Gedanken des Tages als Beginn der Karwoche berücksichtigende
liturgische Andacht am Konfirinationsnachmittage. Glücklich die Gemeinden
, wo das möglich ist!
Für Beichte und Abendmahl gibt es jetzt drei Formen: 1) Beichte
ohne Abendmahl, 2) Beichte als Vorbereitung s-
gottesdienst und 3) was besonders zu beachten ist, Abend-
mahlsfcier ohne besondere Vorbereitung als Abschluß
eines zusammengesetzten Predigt-oder, was vielleicht noch häufiger der
Fall sein kann, eines liturgischen Gottesdienstes. Denn es ist doch tatsächlich
so, wenn eine solche liturgische Feier, an einem Tage wie
Schluß des Kirchenjahres oder Sylvester die Gäste nicht hat vorbereiten
können, wird es eine nachfolgende Beichte auch nicht tun.
Neu ist auch die liturgische Abendmahlsfeier am Gründonnerstag,
desgleichen die Privat- und Krankenkommunion.
Auch die übrigen Handlungen sind verschiedentlich vermehrt.
Hinzugekommen sind: die Trauung im Angesicht des Todes oder der
Todesgefahr, Begräbnis eines Kindes, das nicht betrauert wird und
Feuerbestattung. Daß der gemeinsame Gesang beim Begräbnis leider
so selten ist, wird doch zu sehr als unabänderliche Tatsache hingenommen
. M. E. dürfte es gar nicht so schwer sein, eine Gelegen-
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wiß nur aus der Not der Zeit herrührende Einschränkung wird fallen hcit zu finde ;„„ doch dort wo cr nicht nestcht cin. bezw. wieder
können. Im übrigen ist der Druck auf gutem Papier cinwandsfrei
und übersichtlich. Ich nehme an, daß in Bd. I S. 71 Nr. 100 kein
übersehen vorliegt, denn es gibt ja auch deutsche evangelische Gemeinden
unter andern staatlichen Verhältnissen.
einzuführen. Berichten wir ferner noch, daß sich jetzt auch Ordnungen
für die Aufnahme von Konvertiten und Ausgetretenen finden,
und fügen noch ausdrücklich hinzu, daß es fast alles, im Gegensatz
zu Bd. I, ausgeführte Ordnungen sind, so darf der Verfasser den
Man könnte sich also auf eine kürzere Anzeige beschränken, | Bd. II wohl als „völlig" umgearbeitete Auflage bezeichnen. Man merkt
eben überall, daß die Neuausgabe 17 Jahre hat auf sich warten
lassen! Es war dies nicht die Absicht des Verfassers. Und doch
war es in gewisser Hinsicht gut. Denn mit Recht spricht er es aus,
wie gerade diese letzten Jahre uns so eindringlich gelehrt haben,
daß in der Religion wie auf allen Lebensgebieten der Subjektivismus
aber sowohl die besondere Eigenart dieses Kirchenbuchs unter allen
übrigen, die Persönlichkeit des Verfassers wie auch die Wichtigkeit
aller liturgischen Fragen verlangen eine ausführlichere Anzeige, zumal
Inzwischen — die 2. Auflage des 1. Bd. trägt das Druckjahr 1910 —
des Verfassers „Neue Beiträge zur Reform unserer Agenden, insbesondere
der preußischen, Gießen 1913" sowie verschiedene Aufsätze i im Sinne der Eigenwilligkeit und Einbildung zum Verderben führt
hauptsächtlich in der „Monatsschrift für Gottesdienst und kirchliche
Kunst" erschienen, deren Ertrag nunmehr auch in agendarischer
Form uns vorliegt, namentlich im 2. Bd.
I. Der erste die Gottesdienste umfassende Band
enthält zunächst in einer sehr genauen Vervollständigung der einschlägigen
Literatur bis 1924 eine wahre Fundgrube der gegenwärtigen
liturgischen und kirchenmusikalischen Arbeit. Im übrigen
scheint der Band auf den ersten Blick unverändert zu sein, abgesehen
Die Vormacht der Gemeinschaft wird uns täglich ins Bewußtsein gerufen
. Alle religiöse Gemeinschaft gründet sich auf gemeinsamen
Gottesdienst. Dies gilt in erhöhtem Maße von den Veranstaltungen,
die ohne Inanspruchnahme des geordneten Kirchenamtes vor sich gehen
So sei auch diese Sammlung zu verstehen, immer aber als ein
„Kirchenbuch", „dessen Hauptvorzug darin bestehe, daß für Streichung
, Änderung, Zusatz volle Freiheit gewährt oder vielmehr
dringend angeraten wird".
von notwendigen Veränderungen oder kurzen Bemerkungen, daß man i III. Die Neuausgabc der „Taschenausgabe" in der Haupt-
o6'.!-**1 Walar;o,tesaiensten überhaupt kein Buch gebrauchen solle, Sache bestimmt, dem Pfarrer außerhalb des Kirchenraums zu dienen,
daß die schon immer bei Smend fehlende Salutatio an der üblichen
Stelle — bekanntlich in einseitiger Form auch altstraßburgisch —
jetzt ausdrücklich abgelehnt wird (vergl. a. d. Beiträge S. 24ff.).
Aber man studiere das Werk selbst, und dann wird man eben an den
kleinen unmerklichen Einschüben der Einführung finden, wie so
manche Anregung beachtet wurde, wie aus allem die reichere Erfahrung
, die überlegene abgeklärte Beherrschung spricht. Z. B. lassen
gerade die geringen Veränderungen und Auslassungen etwa in den Eingangsworten
den Meister erkennen.
Vielleicht hätte mancher eine größere Umarbeitung gewünscht,
etwa ui der Art ähnlicher Werke. Unbeirrt hat dies Werk den alten
erprobten Weg weiter verfolgt. Es blieb, was es war, ein „Kirchenbuch
. Das ist das Gute. Nur so wird es seine wichtige Aufgabe in
heißt jetzt „H a n d age n de". Der vermehrte Inhalt rechtfertigt den
neuen Namen „Agende", der so ausdrücklich für die beiden andern
Bände abgelehnt wurde. Sie ist nicht nur ein handlicher Auszug
jener, sondern darf selbständige Bedeutung beanspruchen, auch dort,
wo sie die einzelnen Handlungen des 2. Bandes übernimmt, jetzt ebenfalls
in erneuter Gestalt. Sie hat jetzt auch, was gewiß manchem
Wunsch entspricht, die Zusammenfassung von je 4 Bestandteilen für
die einzelnen Sonntags-, Festtags- und Wochengottesdienste: Eingangswort
, Eingangsgebet, Spruch nach der Schriftlesung, Schlußgebet.
So wird sich auch diese seit Jahren vergriffene Handagende nach des
Verfassers Wunsch gewiß überall als nützlich und gesegnet erweisen.
Kleinfreden. Paul Gr äff.