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Ausgabe:

1926 Nr. 2

Spalte:

606-609

Autor/Hrsg.:

Ehrhard, Albert

Titel/Untertitel:

Urchristentum und Katholizismus 1926

Rezensent:

Koch, Hugo

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Theologische Literaturzeitung 1926 Nr. 25/26.

606

steht sich auf Kunstformen der Rede und Lösung von
Rätseln" (8, 8). Doch das sind Kleinigkeiten. Aufs
Ganze gesehen, hat F. in aller Kürze und Knappheit ein
brauchbares, gut und schnell über die Probleme orientierendes
Werk geschrieben.

Suhl (Thür.). Curt Kühl.

Schellenberg, Ernst Ludwig: Das Alte Testament und wir.

Köslin: Volksdeutsche Verlagsanstalt 1025. (VIII, 28 S.) gr. 8°. =
Bücher der ,,Sonne". Km. 1—.

Zur Charakterisierung dieser Streitschrift genügt es, einige
Sätze aus ihr herauszuheben. Ober den Oott des A.T.: „Dennoch'
wird El Schaddai, dessen Name an Satan gemahnt, von der christlichen
Kirche aufgenommen!" Ober die Religion des A.T.: „Nur bei
den Juden — und dieser Fall ist einzigartig unter zivilisierten Völkern
-- bildet Religion lediglich Qcsctz, Materialismus, Zwang und
Aussicht auf irdischen Lohn": dies angesichts von Oesetzesstellen
wie Deut. 6, 5. Über die Psalmen: „Abgesehen davon, daß die
Wissenschaft dargelegt hat, wie stark die assyrischen, sumerischen,
ägyptischen, iranischen und indischen Einflüsse auch hier gewirkt
haben, werden gewiß auch manche der Lieder von der unterjochten
Urbevölkerung herrühren und durch die fantasieärmen Juden gleichfalls
für sich überarbeitet worden sein. Und ferner: ein aufmerksames
Lauschen tut sogleich die bekannte Tatsache kund, daß auch hier
alle Hoffnung allein auf irdische Glückseligkeit gerichtet ist." Dem
aufmerksamen Lauscher scheinen Töne wie Ps. 73, 25. 63, 4. 16, 2
entgangen zu sein. Über die Propheten: „Als die Juden im Exil
lebten, erstanden ihnen jene Männer, denen man die Bezeichnung
.Propheten' verliehen hat." „Über eine hohe, edle Aloral erheben sich
auch diese Propheten nicht; bei keinem die reine Schau ins Unendliche
, bei keinem losgelöste Ehrfurcht vor dem Letzten, Unergründlichen
" — dies angesichts eines Mannes wie Jeremia. Aus den Propheten
werden eine Reihe von Worten zitiert, die zeigen sollen, „wie
verächtlich und roh das .auserwählte' Volk dahinvegetierte". Der
notwendige Schluß, daß das A. T. selbst den deutlichen Unterschied
zwischen dem Gottesgeist und der menschlichen Sünde macht, bleibt
dem Verf. verborgen. Religion ist dem Verf. Mythos und Mystik; es
ist ihm tröstlich, daß alle die deutschen Prediger inniger Frömmigkeit
von Jesus unmittelbar herkommen, nicht von den fremden semitischen
Überlieferungen". Warum er aber Jesus, der doch seine Abkunft aus
dem Volk des A. T. nie verleugnet, als etwas vom A.T. völlig Geschiedenes
ansieht, ist durch nichts angedeutet und begründet. Man
muß sich wundern, daß eine solche unwissenschaftliche Schrift einem
wissenschaftlichen Blatt zur Besprechung zugeschickt wird. Warum
beschränkt der hochgesinnte Deutsche seinen gewiß weithin berechtigten
Haß gegen das heutige deutschfeindliche Judentum nicht auf
dieses Judentum, das mit dem Alten Testament selbst so gut wie
nichts gemein hat?

Tübingen. P. Volz.

Welch, Adam C, D.D.: The Psalter in Life, Worship and
History. Oxford: Clarendon Press 1926. (122 S.) 8°.

Das Büchlein enthält 4 auf einem Ferienkursus für
Nichtfachleute gehaltene Vorträge in etwas erweiterter
Form. Die beiden ersten stellen in großen Zügen die
Weltanschauung der Psalmen dar, in geschickter Anknüpfung
an die Analyse einzelner Psalmen: the
psalter and nature (Ps. 29. 8. 104) und the psalter
and history (universalgeschichtliche und nationalgeschichtliche
Anschauungen: Ps. 93. 97. 82; 105. 106.
135. 136). Der dritte, the psalter and worship, will die
Psalmen als Lieder verständlich machen, die kultische
Akte begleiten (Ps. 116. 107. 114). Diese ersten drei
Vorträge, die manche feine Beobachtung enthalten und
teilweise auch neue Anregungen geben, führen auf das
Problem, das dem Verf. besonders am Herzen zu liegen
scheint, und das den Gegenstand des vierten Vortrages
bildet, the psalter and the inner life: wie ist es zu erklären
, daß die Psalmen einer so stark nationalen Religion
weitere Verbreitung gefunden haben, zumal da sie
für liturgische Zwecke gedichtet waren, der jüdische
Kultus aber sein Ende gefunden hat? Die Lösung liegt
nach dem Verf. darin, daß die Psalmen das Interesse
nicht auf die Kulthandlung lenkten, sondern auf Gott,
sein Werk und seine Forderung ethisch-frommer Gesinnung
oder auf das innere Leben mit Gott. Die
Psalmen sind ein Kompromiß zwischen pfiesterlicher
Kultfrömmigkeit und prophetischer Geistesreligion. Das
setzt aber die Entstehung des Psalters im prophetischen

Zeitalter voraus und fordert die Preisgabe der letztlich
auf Hegel zurückgehenden scharfen Entgegensetzung
von Priesterreligion und Prophetismus. Dieser letzte
Vortrag befriedigt am wenigsten. Die Bindung des
Psalters an den Kultus scheint mir hier stark übertrieben
zu sein. Der Verfasser arbeitet mit zu groben Kate-
gorieen, wenn er der Kultreligion nur den Prophetismus
gegenüberstellt (Chokhma-Frömmigkeit, Religiosität der
„Stillen im Lande"!). Und wenn er den Kompromiß der
Kultfrömmigkeit mit der prophetischen nur in der Zeit
vor dem Exil für möglich hält, so verkennt er, daß der
Prophetismus (auch abgesehen von jenen anderen Richtungen
, in denen er nachwirkt) auch nach dem Exil eine
stets wirksame Größe blieb (Prophetenkanon!). Bei
seiner Auffassung wird die Nichtberücksichtigung des
Psalmengesanges und der Tempelsänger im Priesterkodex
ein schier unlösliches Problem.

Breslau. C. Steuernagel.

Sbath, P. Paul: Al-Machra (arabisch). Cairo (8 nie el-
Kassed): Selbstverlag. (210 S.) gr. 8°.

Ungeheuer stark ist die gegenwärtige, wohl durch die christlichen
Missionen angeregte Missionstätigkeit des Islam, die, bisher in
Afrika und im indischen Archipel mit der christlichen Mission in
harter Konkurrenz stehend, sich neuerdings auch auf Europa erstreckt.
Die beiden Moscheen in Berlin sollen nicht nur als Gotteshaus für
die islamische Gemeinde, sondern — nach den Flugschriften — auch
zur Verbreitung des Islam in Deutschland dienen. Daneben geht auch
| eine starke literarische Propaganda- und Missionstätigkeit einher. In
Kairo sind in den letzten Jahren etwa drei Dutzend Bücher erschienen,
teils Erwiderungsschriften auf christliche Missionsliteratur, teils Propaganda
- und Kampfesschriften.

Das vorliegende Buch des syrisch-kathol. Oeistlichen entstand
aus Predigten über die Einzigartigkeit und Vollkommenheit des Christentums
und ist im allgemeinen frei von Polemik, sucht vielmehr die
Gegensätze auszugleichen. Der erste Teil bringt die Apologie des
Christentums dem Islam gegenüber nach der Methode der christl.-
arabischen Apologetik, während der zweite Teil die Dogmatik gibt.
Wer den Inhalt derartiger Schriften kennt, wird auch hier nicht viel
Unbekanntes finden. Sehr geeignet scheint mir das Buch für unsere
Missionare, um in die arabische Ausdnicksweise christlicher Glau-
bcnsvorstelhingen einzuführen.

Das Buch behandelt: 1. Die Christen als Monotheisten nach
dem Zeugnis des Qoran. 2. Die Trinitätslehre. 3. Die Echtheit der
Bibel. 4. Die Christologic. 5. Die Bereitschaft der Welt zur Annahme
des Christentums. 6. Das Christusbild nach den Evangelien.
7. Christlicher Liebesdienst.

Bonn. O. Spies.

Ehrhard, Prof. Dr. Albert: Urchristentum und Katholizismus.

3 Vorträge. Luzern: Räber ft Cie. 1926. (153 S.) 8° = Schriften d.
Gesellsch. f. christl. Kultur in Luzern, Bd. 1. Fr. 3.90; geb. 5.50.

Der Bonner katholische Kirchenhistoriker veröffentlicht
hier drei Vorträge, die er im Oktober 1922 in
Luzern vor den Mitgliedern der dortigen Gesellschaft für
christliche Kultur gehalten hat, und sie eröffnen die
Schriftenreihe, die diese Gesellschaft herauszugeben entschlossen
ist. Der Zweck der drei Vorträge ist, die
katholische Kirche „als echte Frucht des Urchristentums
gemeinverständlich zu erweisen" (Vorw.), also
das in gedrängter Kürze darzutun, was Batiffol in seinem
Buche „L'eglise naissante et le catholicisme" und vor
j 25 Jahren der italienische Barnabit Semeria in seinem
! Werke „Dogma, Gerarchia e Culto nella Chiesa primi-
tiva" in breiteren Ausführungen und in weiter gespanntem
zeitlichen Rahmen nachzuweisen versucht haben
. E. faßt Urchristentum im engsten Sinne und versteht
darunter die rund 70 Jahre von der Entstehung der
Urgemeinde in Jerusalem bis zum Ende des ersten
Jahrhunderts, und diese Grenze hält er so strenge ein,
daß er z. B. Ignatius von Antiochien und seine Briefe,
die doch wahrlich in der vorliegenden Frage von großer
I Bedeutung sind, gar nicht erwähnt, wie er denn auch
bei Abschluß seiner Betrachtungen noch nicht beim
monarchischen Episkopat angekommen ist. Einleitend
schickt E. nach einem kurzen Überblick auf die verschiedenen
Versuche, die Frage nach der Entstehung des
Katholizismus und seinem Verhältnis zum Urchristentum