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Ausgabe:

1926

Spalte:

603

Autor/Hrsg.:

Chisda-Goldberg, Levi

Titel/Untertitel:

Der Osirisname „Roi“ 1926

Rezensent:

Wilke, C.

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603

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samtnengehalten wurde. Im Übrigen aber ordnet „Kamm
" die Streitigkeiten der Kolonisten selbständig. Nur
wenn es zu Reibungen assyrischer Kolonisten und der
Einheimischen kam, griff etwa der einheimische Potentat
vermittelnd ein.

Bonn. J. M e i n hol d.

Chisda-Goldberg, Levi: Der Osirlsname „Roi". Ein Osiris-
name in der Bibel. Leningrad (Leipzig: O. Harrassowitz, in
Komm.) 1925. (23 S.) 8°. Rm. 1-25.

Daß im El Roi OfrTl ?r0 der dunklen Genesisstelle
16, 13—14 eine ägyptische Bezeichnung des Osiris
vorliege, will Verfasser mit großem Aufwand an linguistischem
und religionsgeschichtlichem Material, doch bei
offenbar mangelhafter Kenntnis der neueren ägypto-
logischen und insbesondere der neueren Osiris-Literatur
(Frazer, Legge, Farina, Greßmann: 1907—1923) beweisen
, eine These, deren Unnahbarkeit für den Nicht-
ägyptologen nicht ohne weiteres erkennbar sein dürfte.
An obiger Genesisstelle betet Hagar am Wüstenquell zu
einer ihr dort sichtbar gewordenen Erscheinungsform
Jahves, — ich zitiere die Verse, deren Text in Unordnung
ist, im wesentlichen nach dem neuesten von Goldberg
nicht benutzten Genesiskommentar von Procksch (1924)
p. 112: „Sie aber rief den Namen des Jahve, der zu ihr
redete, an: Du bist El Roi [was heißen könnte: Gott des
Sehens == allsehender Gott]. Denn sie meinte: Habe ich
auch wirklich Gott sehen können (Goldberg p. 5: „sollte
ich denn auch hier den Roi gesehen haben?") und bin
lebendig geblieben, nachdem ich ihn sah? Drum nennt
man den Brunnen Born von Lachai Roi . . ." Hagar als
Ägypterin, so will Goldberg das Rätsel lösen, sei überrascht
, „auch hier" am fremden Wüstenquell ihren heimischen
Gott zu schauen; das könne nur Osiris sein,
„der Quellengott" (eine ganz einseitige Wesenserklärung
ad hoc), eben der Roi, der im Ägyptischen in dem theo-
phoren Personennamen R3j, in den Ortsnamen Meroe
und Seth/'oftischer Nomos zur Bezeichnung des Osiris
vorkomme. Ja für diesen Roi-Wortstamm führt er auch
arab. r¥ |zu diesem Stamme s. O. L. Z. 26, 6], ("»';,
Sanskrit raya „Strömen eines Flusses" neben vielen anderen
phantastischen Beispielen aus dem Semitischen
und Indogermanischen an. In Wirklichkeit kommt im
Ägyptischen eine an Roi anklingende Benennung weder
jemals als Beiwort zu Osiris noch selbständig als Umschreibung
für ihn oder einen anderen Gott vor, zwei
Punkte, die Goldberg bezeichnenderweise gar nicht berührt
, noch begegnet sie in diesem Sinne implizite in
solchen Bildungen wie Verfasser sie als grundlegend
geltend macht: Obiger Name R§j wird vielmehr zu den
Zeitschr. f. äg. Sprache Bd. 44, 87 ff. u. 105 ff. behandelten
Kurznamensformen nach dem Muster von Hwj =
Imn-htp gehören; den Sethroi'tischen Nomos wollte Go-

lenischaff 1. c. Bd. 40, 105 auf äg. Sdhrt zurückführen.
Jedenfalls steckt darin so wenig wie in Meroe eine
Namensform des Osiris. — Ob der El Roi, den unsere
zur Ismaelsage gehörige Genesisstelle offenbar als eine
Erscheinungsform Jahves denkt, ursprünglich ein is-
maelitischer Gott war, und jene Worte etwa nur erklären
sollen, wie die Ismaeliter zu Jahveverehrern geworden
sind (so Menes in Z.At. W. 1925, 53), mögen die Alt-
testamentler entscheiden. — Schade um den unleugbaren
Eifer und Fleiß des Verfassers, dessen Arbeit dem Religionswissenschaftler
immerhin hier und da durch ein
entlegenes Zitat nützen mag.

Leipzig. C. Wilke.

Feld mann, Prof. Dr. Eranz: Das Buch der Weisheit. Übers,
u. erklärt. Mit erzbischöfl. Druckerlaubnis. 1.—3. Tsd. Bonn:
P. Hansteüt 1926. (VIII, 131 S.) 4°. = Die Heilige Schrift des
A.T., VI. Bd., 4. Abt. Rm. 4.20; geb. 5.80.

Es entspricht dem Gesamtcharakter des Bonner
Kommentarwerkes (vgl. die Besprechungen in ThLZ
1926 Nr. 6 und 15), daß die textkritischen Fragen;

fast ganz zurücktreten und das Hauptaugenmerk auf die
Übersetzung des Textes und seine fortlaufende Erklärung
gelegt wird. So bedeutete es eine Tat der Selbstverleugnung
für den Herrn Verfasser, der gerade zum Buch der
Weisheit textkritische Materialien veröffentlicht und die
Vorarbeiten für den unvollendet gebliebenen Wiener
Kommentar unternommen hatte, sich der allertunlichsten
Kürze zu befleißigen. Das ist, so geboten es für das Gesamtunternehmen
auch sein mag, zu bedauern. Denn
einmal leidet unter dieser Beschränkung naturgemäß die
Übersetzung des Textes. Sie muß, um die Erklärung
weitgehend entlasten zu können, so eindeutig und prägnant
wie nur möglich gestaltet sein. Aber dadurch bekommt
sie sehr leicht etwas Schwerfälliges (wie z. B.:
2, 3; 13, 3. 16) und wird oft zu einer erklärenden Umschreibung
(wie 2, 17; 5, 6. 8). Trotzdem verdient die
Genauigkeit und Sorgfalt der Übersetzung unbedingte
Anerkennung; überall fühlt man, wie der Verf. um den
besten und treffendsten Ausdruck gerungen hat, und au
nicht wenigen Stellen ist es ihm auch bestens gelungen.
Aber auch die laufende Erklärung unter dem Text wird
durch dieses Streben nach Kürze des öfteren eingeengt.
Nur so ist es wohl zu erklären, daß im Vergleich zu
Siegfrieds Arbeit (in Kautzsch, Apokryphen) eine ganze
Reihe dort vermerkter alttestamentlicher Parallelstellen
hier nicht mit aufgeführt worden sind. Um so erfreulicher
ist zu begrüßen, daß im Gegensatz zum Text die
Einleitungsfragen recht eingehend behandelt werden.
Die Probleme der Ursprache und Quellen sind ausführlich
besprochen in sorgfältiger Auseinandersetzung mit
Focke und Peters, die für cap. 1—5 und cap. 9 hebräische
Quellen annehmen; ebenso findet sich eine Erörterung
der von Kohler und Gärtner vertretenen Thesen, die in
cap. 10—19 Reste einer alexandrinischen Passahhaggada
bzw. in cap. 11. 12. 16—19 einen Midrasch dazu vermuten
. Demgegenüber vertritt und begründet Feldmann
i die Ansicht, daß wahrscheinlich alle Teile des Buches
von vornherein griechisch verfaßt sind; allerdings habe
1 sich der Verf. der Sap für den ersten Teil (cap. 1—5)
stark an die hebräische Darstellungsweise gebunden gefühlt
. Gegen Weber und Focke hält F. daran fest, daß
' Sap „ein einheitliches, von einem Autor verfaßtes
Werk" ist. Als Ort der Abfassung ist wohl Ägypten
I anzunehmen infolge der öfteren Bezugnahme auf den
I ägypt. Tierdienst und der ausführlichen Behandlung der
' ägypt Plagen; vielleicht wegen der besonderen Ver-
! trautheit mit griechischer Anschauung und Bildung der
j hellenistische Kulturkreis Ägyptens, speziell Alexandrien.

Auch die Bildersprache von Sap, worauf F. nicht einge-
j gangen ist, scheint mir zum Teil dahin zu deuten; der
, Vergleich mit dem Schiff (5, 10), das Bild vom Tropfen
! (11, 22) und besonders die „Funken im Rohrgestrüpp"
(3, 7) weisen nach Ägypten. Sap ist nach F. entstanden
in der hell. Kulturepoche unter der Regierung der
Ptolemäer; verfaßt von einem gläubigen ägypt. oder
alexandrinischen Juden, der sich mit seiner Schrift an
seine jüdischen Volksgenossen wendet. Auch cap. 6—9
sind nicht etwa als ein „Fürstenspiegel" aufzufassen;
sondern „überall leuchtet durch (7, 3 ff. 27; 8), daß der
Verf. nicht bloß an die Könige denkt". Das Verhältnis
von Sap zu Exod wird behandelt, die Bekanntschaft mit
der griech. Philosophie und die Einstellung gegen die
hell. Mysterienreligionen erörtert. Die Schlußparagraphen
besprechen die Textüberlieferung, Integrität und Ka-
nonizität, wobei im Anschluß an Heinisch eine enge
Beziehung zwischen Sap und den neutestamentlichen
Schriftstellern angenommen wird. Erwähnung hätten
m. E. noch verdient die Anklänge 3, 5: 2. Kor. 4, 17;
4, 2; 1. Kor. 9, 25; 5, 17ff.: Eph. 6, 13ff.; 14, 25;
Gal. 5, 19ff.; 17, 1: Rom. 11, 33. Bei dem Kettenschluß
6, 17—20 war zu erinnern an Rom. 5, 3 ff.; 2.
Petr. 1, 5 und Herrn M. V 2, 4. Erwünscht wäre noch
gewesen eine Charakteristik der literarischen und stilistischen
Eigentümlichkeiten der Sap, besonders für das
i Gebet in cap. 9; heißt es doch von der Weisheit: Sie ver-