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Ausgabe:

1926 Nr. 24

Spalte:

589-590

Autor/Hrsg.:

Wißmann, Erwin

Titel/Untertitel:

Das Verhältnis von PISTIS und Christusfrömmigkeit bei Paulus 1926

Rezensent:

Oepke, Albrecht

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689

Theologische Literaturzeitung 1926 Nr. 24.

590

Bodhisattva soll mit satta = Skr. sakta „hängend"
gebildet sein (I, 775). Wie wäre, von allem Sonstigen
ganz abgesehen, dann das Aequivalent Mahäsatta zu
erklären? Die Anmerkungen zeugen ebensowenig wie
die Übersetzungen von der Sorge, die Texte wirklich verständlich
zu machen. Der Herr Herausgeber, der sein
Vorwort aus Wien datiert und als E. R. unterzeichnet
und offenbar guten Glauben, aber wenig Einblick in den
Stoff hat, stellt uns noch einen Band voll N.'scher Anmerkungen
in Aussicht. Möchte er sich dieses Vorhaben,
wenn der Rat nicht schon zu spät kommt, doch noch
recht gründlich überlegen!

Königsberg. R. Otto Franke.

Wißmann, Lic theol. Erwin: Das Verhältnis von IITZTTX
und Christiisfrömmigkeit bei Paulus. Mit e. Namen-Verzeichnis
. Oöttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1926. (VI, 130 S)
gr. 8°. = Forschungen z. Religion u. Literatur d. A. u. N. T.
N. F., Heft 23. Rm. 6.60.

Die Frage nach der Bedeutung der ,iionc für das
Verhältnis des Gläubigen zum erhöhten Christus nach
der Anschauung des Paulus hat in der Forschung bereits
ihre Geschichte (S. 1—29 gewissenhaft und lehrreich
dargestellt), wird aber hier zum ersten Mal monographisch
untersucht. Hinter ihr taucht die Frage nach
der inneren Einheit der paulinischen Gedankenwelt und
Frömmigkeit auf. Zwei Stränge scheinen auseinander^
zufallen: die nlatig Korrelat der Propaganda, (anti-)
jüdisch-eschatologisch-juridisch eingestellt, Geschichts-,
unniestische Gottesreligion, die Christusfrömmigkeit jubelnde
Verehrung des gegenwärtigen Kyrios-Pneuma
nach hellenistischen Mustern.

Was über die letztere ausgeführt wird, entspricht
ziemlich dem, was wir sonst darüber zu lesen gewohnt
sind. Ob es hier nicht der „mystischen Glut", der
„Schauer kultischen Ergriffenseins" und „stofflicher Vereinigung
mit dem Erhöhten", kurz des Naturalismus
etwas viel wird, bleibe zunächst dahingestellt. Von
einem „Hineingetauchtwerden in den Namen Christi"
sollte man nicht mehr reden, seit eis r<> ovofMt als
Kunstausdruck des Giroverkehrs erkannt ist. Indessen
daß das tv Xoioxm ehntt für Paulus eine Flut von
Empfindungen umschloß, bezweifelt niemand.

Die Entscheidung fällt im ersten Hauptteil, rttaxiq
ist dem nächsten Wortsinn nach zustimmende Annahme
eines kundgegebenen Inhalts. Der Heimatboden der
?rlaxig ist die Mission. Inhalt der Missionspredigt sind
die „Heilstatsachen", die das Verhältnis zu Gott regeln.
„Glaube an Christus" heißt daher Anerkennung dieser
Tatsachen, Anerkennung der geschichtlichen Heilsbe-
deutung Christi. Der Ausdruck ist eine Abbreviatur,
die in die objektiven Zusammenhänge der paulinischen
Frömmigkeit hineingehört. Er tritt gerade da, wo von
der persönlichen Gemeinschaft mit Christus, paulinisch
ausgedrückt vom Pneuma, die Rede ist, durchweg nicht
auf. In der Tat hat also das paulinische Empfinden
und Denken zwei Kammern, und man mag sagen, daß
die eine mehr jüdisch, die andere mehr hellenistisch
stilisiert ist.

Nur ist damit die andere Frage keineswegs entschieden
, ob zwei getrennte Gebäude nebeneinander
oder zwei fest verbundene Stockwerke übereinander.
Hier muß ich widersprechen. Die Verbindungstür, auf
die W. selbst S. 95 aufmerksam macht, die Überzeugung
von Christi Auferstehung, ist, wie sich bald (z. B. schon
S. 98 o.) zeigt, zu eng. Eine eingehende Erörterung
des Problems hätte vom Begriff der xttivr) xxlatg auszugehen
, der von seinen jüdischen Voraussetzungen aus
weit umfassender als üblich zu verstehen wäre. In
Christus ist die neue Schöpfung eingeleitet. Die Gläubigen
sind, aus den Todeszusammenhängen der verderbten
ersten Schöpfung befreit, der neuen Schöpfung
angeschlossen. Nachdem das Hindernis der Sünde beseitigt
ist, ist das Leben da. In völligem Ernst führt
darum Paulus 2. Kor. 5, 17 ff. alles zurück auf den

Gott, der Versöhnung und Missionspredigt gab, stellt er in
dem klassischen Pneuma-Kapitel zuletzt noch einmal
alles auf die „Heilstatsachen" (Rom. 8, 31 ff., vgl. auch
v. 3 itegl niiaQTLac. „Sündopfer" LXX), leitet er den
Geist besitz aus der Glaubens predigt ab (Gal
3, 2—5 vgl. 5, 5). Rom. 6 und Kol. 2, 10—12 klaffen in
keiner Weise auseinander, der Gegensatz: Tod und
Leben läßt sich nicht spalten. Durch die vorhin aufgewiesene
Zweiheit wird also nicht nur „die Lebenseinheit
" des Paulus nicht „gefährdet" (S. 116), sondern
die Einheit des Ganzen ist im Denken des Paulus sachlich
begründet, itioxig und „Christusfrömmigkeit" —
der Gegensatz ist in Wahrheit schief — verhalten sich
zueinander wie Gewinnen und Haben, wobei das Gewinnen
zu keiner Zeit lediglich überwundene Voraussetzung
ist.

Ob Paulus nun auch das Verhältnis des Gläubigen
zum Erhöhten gelegentlich einmal direkt unter den Ausdruck
icloxig stellen kann, ist dem gegenüber eine verhältnismäßig
nebensächliche Frage. Der Nachweis, daß
nlaxig kein Vertrauensverhältnis zu einer Person bezeichne
, wird nachträglich stark eingeschränkt, für das Juden-

i tum (S. 78 f.), aber auch für Paulus (z. B. S. 90, 94 o.
„Burgebauen"). Ist es wirklich wahrscheinlich, daß der

' Apostel der Heilsgewißheit für die fidueia, die er auch
nach W. „als selbstverständlich voraussetzt", nicht einmal
einen Ausdruck besessen hat? Auch an 1. Kor. 13, 2

j und den synoptischen Gebrauch von nloxlg darf erinnert
werden. Tatsache ist, daß 2. Kor. 5, 7 das ganze
Christenleben auf Erden unter den Begriff ;ctaxig sub-
sumrniert. Eph. 3, 17 scheint mir nicht unpaulinisch zu
sein. Und Gal. 2, 20 empfehle ich — um nicht für

j gänzlich verstockt zu gelten — einmal mit der Anmerkung
zu lesen: „Im Glauben an den Sohn Gottes,
d. h. an den Gekreuzigten und Auferstandenen, aber

| nicht an den Lebendigen."

W. hat einem Beyschlag und O. Pfleiderer gegenüber
mit Lüdemann u. a. weithin recht, Paulus selbst
gegenüber aber m. E. weithin unrecht. Wertvolle Arbeit
hat er trotzdem geleistet. In seinem Buch steckt eine für
eine Erstlingsschrift erstaunliche Beherrschung des
weitschichtigen Materials und viel eindringende Einzeluntersuchung
. Die Auseinandersetzung ist nicht leicht,
aber lohnend.

Daß bei Josephuszitaten die Biuhzahlen mit einer gewissen
. Regelmäßigkeit (vgl. S. 76, 80, 84) fehlen oder daß Zahn und
j Wohlenberg auf einer Seite (59) nebeneinander als Bearbeiter des
' Römerbriefes „in Zahns Kommentar" figurieren, verzeiht man gern
Als wertvollstes sachliches Ergebnis springt heraus, daß das un-
mystische, juridische Verständnis der rc/orrc-Frömniigkeit, der iustitia
evtra mos posita, gegen alle Trübungen neu gesichert ist. Daraus heißt
es nun nach dem obigen für die sog. Christusmystik des Paulus die
Konsequenzen ziehen, womit zugleich die anfangs offen gelassene Frage
nach dem Naturalismus bei Paulus erledigt wird. Es bleibt dabei, daß
die „Mystik" des Paulus Geschichts- und Glaubensmystik, also im
landläufigen Sinn keine Mystik ist. Die zünftige Auslegung von
2. Kor. 5, 16 bedarf dringend der Revision.

Leipzig. Albrecht Oepke.

Klein, Pfarrer Ernst Ferdinand. Gewaltmenschen in Jesu Umwelt.

Zeitbilder aus den Tagen der ersten Makkabäcr bis zur Zerstörung
Jerusalems. Berlin: Deutsche Evang. Buch- und Traktat-
Gesellschaft 1925. (294 S. m. einem Bildnis d. Verf. und
2 Karten) 8°. geb. Rm. 4.50.

Der bereits durch seine „Zeitbilder aus der Kirchengeschichte für
die christliche Gemeinde" bekannte Verfasser schildert hier in Bildern,
die sich um mancherlei „Gewaltmenschen" gruppieren, zu denen
übrigens auch mehrere elende Schwächlinge gehören, die profane Umwelt
Jesu, von der sich Jesu Gestalt, sein Evangelium und seine Gemeinde
abheben. In der Tat, man muß sie kennen, von Leidenschaften
und Gezänk zerrissen, treulos, sinnentoll, unbeschreiblich
blutig, um Jesum und die Seinen recht zu würdigen. Die Andeutungen
des N.T. genügen nicht. Es ist freilich, wie einschränkend bemerkt
werden muß — und auch Klein hätte dies mehr hervortreten
lassen sollen — nicht die Welt der kleinen Leute, in der Jesus zu
Hause ist, sondern die der Fürstenhöfe. Die Darstellung Kleins beruht
nicht auf gelehrter Forschung, aber sie schließt sich den anerkannten
, großen die Zeit behandelnden Geschichtswerken an und