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Ausgabe:

1926 Nr. 23

Spalte:

555

Autor/Hrsg.:

Reichelt, Karl Ludwig

Titel/Untertitel:

Der chinesische Buddhismus 1926

Rezensent:

Haas, Hans

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555

Theologische Literaturzeitung 1926 Nr. 23.

556

Reichelt, Karl Ludwig: Der chinesische Buddhismus. F.in Bild
vom relig. Leben d. Ostens. Aus d. Norwegischen übers, von W.
Oehler. Basel: Basler Missionsbuchh. 1926. (230 S. m. e. Abb.)
gr. 8°. geb. Rm. 7.50.

Ein Buch, in dem jeder Buddhologe und jeder
Sinologe, wie ich selbst, vieles durchhin wird zurechtzurücken
haben, und doch auch ganz gewiß ein
Buch, das jedem Buddhologen und jedem Sinologen
ebenso vieles Neue zu sagen hat, darum denn ein
dankbarst zu begrüßender Zuwachs zu unserer religionswissenschaftlichen
Literatur über den chinesischen Buddhismus
. Zugleich ein Missionsbuch auch von nicht
bloß Durchschnittswert. 1922 in dänisch-norwegischer
Sprache von der Olaus Petri-Sriftung der Universität
Upsala herausgegeben, ward es von Lic. Dr. W. Oehler,
der selbst lange Jahre als Missionar in China gelebt hat,
ins Deutsche übertragen, wie es auch in einer englischen,
von Mrs. Hodgkins besorgten Ausgabe erscheinen soll,
möglicherweise zur Stunde bereits erschienen ist. Erwachsen
ist das Werk aus Vorträgen, die sein Verfasser
, K. L. Reichelt, im Jahre 1921 an den
skandinavischen Universitäten gehalten hat, Vorträge,
die ich so selbst gehalten haben möchte. Sie haben,
wie es nun auch das gedruckte Buch tut, in freundwilliger
, gerechter Würdigung fremder Religion und
Religiosität viel wieder gut gemacht, was Christenunverstand
in törlicher Verlästerung nichtchristlichen
Glaubens je und je gesündigt. Von meinem Leipziger
Kollegen Hans Driesch ließ ich mir neulich sagen, daß
unser deutscher Botschafter in Tokyo sich dahin ausgesprochen
, es müsse an den deutschen Universitäten die
Schaffung von Lehrstühlen speziell für den Mahayäna-
Buddhismus angestrebt werden. So weit die Spezialisierung
der Religionswissenschaft und Philosophie zu
treiben ist natürlich ein Unding. Richtig aber ist, daß die
mahäyänistische Ausprägung der Buddha-Doktrin vor
dem seit Oldenberg bei uns mehr und mehr studierten
Pali-Buddhismus Beachtung verdient. Aus vielen Gründen
das, über die ich mich hier nicht auslassen kann.
Daß aber, wenn Wesen und Wirksamkeit des Mahäyäna-
Buddhismus untersucht werden soll, China eine (nicht
die!) Hauptrolle spielt, ist selbstverständlich. Die
Hauptrolle spielt da doch ohne Frage Japan, wo
vieles sich perpetuiert hat, was, von China einst hierher
verpflanzt, dort längst erstorben ist. Nicht richtig
ist, was S. 11 unter Berufung auf Soederblom gesagt
wird, die Bezeichnung „höherer Buddhismus" sei von den
chinesischen Buddhisten ausgegangen. Nicht statthaft
auch, was eben da zu lesen steht, die reinste Form des
höheren Buddhismus sei zu erblicken in der Form, die
in so hohem Grade an das Christentum erinnert, im
Sukhavati-Buddhismus. Immerhin verdient dieser wirklich
lebende Buddhismus, die Religion von vielen, vielen
Millionen in Ostasien, ganz besondere Beachtung. Es ist
der Buddhismus, auf den ich in meinem Bande „Amida
Buddha unsere Zuflucht" die Aufmerksamkeit gelenkt
und den ganz neuerdings H. Hackmanns jüngstes Buch
„Laienbuddhismus in China" uns vorgeführt. Eben ihm
vor allem gilt auch das Buch von Reichelt. Was er mit
ihm anstrebt, ist dasselbe, was ich lange vor ihm schon
mit einer langen Reihe von Publikationen angestrebt
habe: zu erweisen, daß die christliche Mission nicht
darauf auszugehen hat, den Mahäyäna-Buddhismus zu
verdrängen, um an seine Stelle ein ganz anderes zu
setzen. Mir ist für die Anzeige des Reicheltschen Buches
in dieser Zeitung Kürze befohlen. Was ich zu seinem
Preise gesagt habe, wird nicht, soll jedenfalls nicht aufgehoben
werden durch das, was ich an anderem Orte,
dort ergänzend, zu bekritteln haben werde. Nur soviel
noch: der orientalistisch-philologischen shortcomings
in dem Buch sind viele. Wie weit sie auf das Konto des
Autors, wie weit auf das des Übersetzers zu setzen sind,
vermag ich — die norwegische Urausgabe liegt mir
nicht vor — nicht zu sagen.

Leipzig- H. Haas.

Jirku, Prof. D. Dr. Anton: Das Alte Testament im Rahmen
der altorientalischen Kulturen. Leipzig: Quelle & Meyer 1926.
(103 S.) kl. 8°. = Wissenschaft und Bildung, 219. geb. Rm. 1.80.
Nach zwei kürzeren Kapiteln über „Die moderne Wissenschaft
und das A.T." und über „Die Erschließung des alten Orients"
wird in einem ersten größeren Hauptteil über „Israels Geschichte im
Lichte des Alten Orients" und in einem zweiten kleineren über
„Die Religion des A.T. und die altoriental. Religionen" gehandelt; ein
ganz kurzer „Schluß" hebt die Bedeutung der israelitischen Propheten
als einer einzigartigen Erscheinung heraus. Nach dem Titel des
Büchleins sollte man eigentlich erwarten, daß der Verf. die Beziehungen
zwischen den altorientalischen Kulturen und der isr.-jüd.
nachdrücklicher in den Mittelpunkt gestellt und auf eine so breite Erörterung
der politischen Geschichte verzichtet hätte. Aber von kulturellen
Zusammenhängen ist nur ganz wenig die Rede. An den Kapitel-
Überschriften von Meissner's „Babylonien und Assyrien" mag man
sich etwa klar machen, was da zu sagen gewesen wäre. Auch die
Behandlung der Religion des A.T. in ihrem Verhältnis zu den altorientalischen
erstreckt sich nur auf die Würdigung bestimmter hier
inbetracht kommender Urkunden, nämlich der biblischen Urgeschichte
samt ihren altorientalischen Parallelen (Schöpfungs-, Gilgamesch-Epos
u. a.) und der biblischen Psalmen 2; 15; 20; 104; 19 mit den
ihnen entsprechenden altorientalischen Stücken.

Läßt man die vom Verf. getroffene Auswahl des Stoffes gelten,
so ist zu sagen, daß der Verf. mit dem zweiten Hauptteil seinen
Zweck, das von der Wissenschaft Erarbeitete in populärer Form
weiteren Kreisen zugänglich zu machen, erreicht hat; hier ist es ihm
gelungen, dem Leser eine lebendige Anschauung davon zu geben, in
wie hohem Grade die von der Wissenschaft jetzt allgemein geübte
Nebcnoinanderstellung biblischer und altorientalischer Religions-Urkunden
das Verständnis der erstcren zu fördern vermag. Anders muß
ich über den ersten Hauptteil urteilen, der vielfach nicht „von der
Wissenschaft", sondern nur von dem Verf. Erarbeitefes popularisiert
Die Art, wie hier die Patriarchen-Erzählungen mit den keilschriftlichen
Nachrichten über die chabiru und den ägyptischen über die
'priw kombiniert werden, entspricht, obwohl der Verf. selbst sie auch
schon an anderen Stellen vertreten hat, keineswegs dem, was sich als
allgemeiner Stand der Wissenschaft bezeichnen ließe, und ist daher ungeeignet
zur Popularisierung.

Halle (Saale). Otto Eißfeldt.

Geldncr, Prof. Karl F.: Die zoroastrische Religion (Das Avesta)
Tübingen: J. C. B. Mohr 1926. (IV, 54 S.) gr. 8°. — Religionsgeschichtliches
Lesebuch, 1. Rm. 2.50; Subskr.-Pr. 2.25

Wozu mau bei der Zurückhaltung, mit der die Mehrzahl
unserer Theologen noch immer der Welt der außerchristlichen
Religionen gegenübersteht, doch eigentlich

— ich selbst bin, ist gleich der Schein wider mich,
unschuldig daran — den Luxus zweier religionsgeschichtlicher
Textbücher sich geleistet? Es wäre am
Ende an einem einstweilen genug gewesen. Erfreulich

| ist es nun doch, daß beide, die wir von länger her
nun schon haben, eine 2. Auflage haben erleben dürfen
i bzw. erleben: nach dem jüngeren von Lehmann und
j Haas, dem eine solche schon nach zehn Jahren nötig
| geworden ist, jetzt auch das ältere, von B e r t h o 1 e 1
herausgegebene. Der Mohrsche Verlag läßt es diesmal

— manchem wohl zu Dank — von vorn herein in
Einzelheften, deren jedes einer einzelnen Religion oder

I einem geschlossenen Religionskreis gewidmet und für
sich erhältlich ist, ausgehen, als erstes das zur avesti-
schen Religion. Seine Bearbeitung ist in der alten
Hand geblieben. Sie hat, soviel ich sehe, von dem erstmalig
1908 Dargebotenen 1926 nichts von Belang fallen
lassen — die damals getroffene Auswahl war ja auch
gleich eine sehr wohlüberlegte gewesen —, aber sie hat
Einzelnes an anderem Orte eingereiht und sie hat ein nicht
unbeträchtliches zugegeben. Der Beitrag von Geldner
nahm in der 1. Aufl. 36 S. in Anspruch, jetzt füllt
er ein halbhundert Seiten. Es ist vorauszusehen, daß
auch die Bearbeiter der anderen Hefte nicht nur Erhalter
, sondern Mehrer ihrer Reiche werden wollen,
und läßt nun der Herr Herausgeber, wie er das plant,
dem Beispiel von Lehmann-Haas folgend weiterhin der
1. Aufl. gegenüber auch die Religionen der Japaner, der
Babylonier, der Griechen, der Römer, der Germanen
usw. zu Wort kommen, so wird sein Werk das im
A. Deichertschen Verlag erschienene schlagen, das dann
freilich in seiner 3. Auflage alles aufbieten wird, neben
ihm weiter mit Ehren sich sehen lassen zu können.