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Ausgabe:

1926 Nr. 21

Spalte:

524-525

Autor/Hrsg.:

Schellhaß, Karl

Titel/Untertitel:

Gegenreformation im Bistum Konstanz im Pontifikat Gregors XIII (1572-1585) 1926

Rezensent:

Schornbaum, Karl

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Theologische Literaturzeitung 1926 Nr. 21.

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echter Sorge um das Geschick der Kirche und Italiens.
Die Gründe, die Piur für seine Anschauung ins Feld
führt, sind m. E. in der Hauptsache überzeugend.
Daß man Petrarca wird völlig von dem Vorwurf
egoistischer Motive reinwaschen können, glaube
ich indes nicht. Die Einleitung ist weiterhin wertvoll
dadurch, daß sie nachweist, daß die Weltwiedergeburtshoffnung
, von der Petrarca beherrscht
ist, ihre Wurzeln hat in minoritischen und letztlich
joachimischen Prophezeiungen. Indem der Verf. diesen
Zusammenhang unterstreicht, erhärtet er am Beispiel
Petrarcas die vor allem von Burdach verfochtene allr
gemeine These, daß Frührenaissance und Kirchenreformation
durch tausend Fäden verbunden sind, daß also
christlich-religiöse Motive an der Entstehung der Renaissance
entscheidenden Anteil haben.

Königsberg Pr. Fritz Blanke.

Nestler, Prof. Dr. Hermann. Die Wiedertäuferbewegung in
Regensburg. Ein Ausschnitt aus der Regensburger Reformationsgeschichte
. Regensburg: J. Habbel 1926. (VIII, 148 S. m. Abb.) 8°.

Rm. 5—; geb. 7—,

Von vorneherein war anzunehmen, daß die Bewegung
, die sich an den Namen „Wiedertäufer" knüpft,
auch in Regensburg Eingang gefunden hat. Lag es
doch an einer bedeutsamen Verkehrsader, die zum Zufluchtsort
sovieler Verfolgter, nach Mähren führte.
Glücklicherweise hat sich nun daselbst im städt. Archiv
eine Reihe von Akten über diese Bewegung erhalten, die
uns von Nestler in dankenswerter Weise fast immer ver-
botenus nun zugänglich gemacht worden sind. Dazu hat
er den Verlauf der Bewegung und die Anschauungen der
Regensburger Täufer in politischer und religiöser Hinsicht
kurz skizziert. So reichhaltig das mitgeteilte Material
ist, so reicht es doch noch nicht hin, um die Bewegung
vollkommen aufzuklären. Es handelt sich nicht
um bodenständige Erscheinungen, sondern von auswärts
kam der Anstoß. Die Bedeutung Regensburgs als Verkehrsmittelpunkt
spiegelt sich da wieder. Der Annahme
Nestlers, daß sich erst 1527 eine Wiedertäufergemeinde
daselbst gebildet hat, ist wohl zuzustimmen. Ob sie
von Ludwig Haetzer (R. E.3 VII, 325) gegründet wurde,
dürfte aber doch fraglich sein; sein Aufenthalt kann
nur kurze Zeit gedauert haben. Die bedeutsamste Persönlichkeit
in diesem Kreis war jedenfalls der Schulmeister
Augustin Würzlburger, der auf Betreiben
Bayerns am 10. Okt. 1528 hingerichtet wurde. Ungefähr
10 Jahre später flammte die Bewegung von neuem
auf. Der Buchführer Gabriel Weinperger von Beyrot
(Bayreuth?) und der Schuster Hans Umblauf von Reifenberg
in Mähren scheinen eine Gemeinde von etlichen
Hundert Seelen gegründet zu haben. Offenbar hielten
sich viele Evangelisch-Gesinnte zu ihr. Die Annahme
der ev. Lehre von Seite der Stadt und die Vertreibung
der beiden Führer ließen ja bald dies Häuflein zusammenschrumpfen
, sodaß der Rat keinen Anlaß mehr
hatte, sich mit ihr viel zu beschäftigen. Bei dieser
Sachlage wird man zu einem abschließenden Urteil
über die Lehre dieser Leute erst dann kommen können,
wenn auch die andern fränkischen und schwäbischen
Territorien ihre Akten ans Tageslicht gebracht haben.
Die hier genannten Persönlichkeiten treten ja überall
auf; manchmal scheinen auch Namen angenommen worden
zu sein; denn Hans Umblauf, der lateinisch mit dem
Prediger Erasmus Zollner korrespondierte, scheint mehr
als ein Schuster gewesen zu sein. Dann wird sich auch
entscheiden lassen, ob Hans Denck (nicht aus Kötzting
S. 15, sondern Habach in Oberbayern. A. M. Schwindt,
Hans Denck 1925. S. 4) ihr geistiger Vater war.

Ob die Richtung der Wiedertäufer mit der evangelischen' Bewegung
auf eine Stufe gestellt werden kann, ist mehr als fraglich (S.
10). Es kommen doch in ihr ganz andre Elemente zum Vorschein,
die wesensverschieden vom ev. Geist sind. Hubmeyer wirkte wohl gar
nicht in diesem Sinne (S. 12); sein Aufenthalt in Regensburg 1526
war zu kurz. S. 30: die jakobe Püchelin war wohl gar keine
Wiedertäuferin. Die Predigt des Erasmus Zollner (S. 29) hätte wohl

mit genauem Titel angeführt werden dürfen. Zum Brief Nürnbergs an
Regensburg 18. 3. 1527 s. K. Schornbaum, die Stellung des Markgrafen
Kasimir. Nürnberg 1900 S. 245. S. 49: todta = Taufpate S. 59
Z. 6 v. u. ist wohl zu lesen: hans Prothans. Auf den S. 86 abgedruckten
, allerdings schon längst bekannten Brief Luthers an den
Regensburger Rat 30. 6. 1534, sowie auf die gut gelungenen Reproduktionen
sei besonders aufmerksam gemacht. Das ruhige und
besonnene Urteil des Herausgebers hätte durch Weglassung der Zitate
aus Schiller, Schönherr, Keller (S. 22. 27. 40) nichts verloren. Ob
die von dem Verfasser 1922 miterlebte Versammlung auf den Winzerer
Höhen (S. 41) mit der hier geschilderten Bewegung auf eine Stufe
zu stellen ist, bleibe dahingestellt. Es sollte sich doch eruieren lassen,
um was es sich dabei gehandelt hat.

Roth. Karl Schornbaum.

Schellhaß, Karl: Gegenreformation im Bistum Konstanz
im Pontifikat Gregors XIII (1572—1585). Personalunion von
Beiershausen u. St. Georgen zu Stein a. Rh. Die Absetzung der
Äbte Christoph Funck u. Martin Oyger. Der Konstanzische Statthalter
Stephan Wolgmhuett. Karlsruhe: G. Braun 1925. (XXI,
359 S.) 8«. Rm. 2-.

Diese Arbeit konnte nur unter erschwerten Umständen
zum Abschlüsse gelangen; auch dem Drucke
merkt man die Schwierigkeiten, die der Weltkrieg mit
sich brachte, an; finanzielle Nöte zwangen, beim letzten
Kapitel von der Drucklegung der Anmerkungen abzusehen
. Um so dankbarer wird man sie begrüßen
dürfen. Verbreitet sie doch zunächst schon über eine
gänzlich unbekannte Epoche aus dem kirchl. Leben
Süddeutschlands helles Licht. Allerdings der Titel des
Werkes möchte zunächst den Inhalt nicht ganz richtig
zum Ausdruck bringen. Von der Gegenreformation im
Bistum Konstanz erfahren wir eigentlich recht wenig.
Nur die Wirksamkeit des päpstlichen Nuntius Felician
Ninguarda, Bischofs von Scala, in der bischöflichen Residenzstadt
Konstanz selbst wird am Anfang beleuchtet
. Es handelt sich vor allem um die Reformation
der beiden Klöster Petershausen und St. Georgen zu
St. a. Rhein. Und es war gut, daß dies in einem Untertitel
auch zum Ausdruck kam. Aber, wenn es sich auch
nur um die Schicksale dieser beiden Klöster und ihrer
Äbte Christoph Funck, Freiherr von Buchenberg und
Martin Gyger handelt, nicht nur, daß hier typische Beispiele
vor Augen treten, die zeigen, mit welchen Schwierigkeiten
die Gegenreformation zu kämpfen hatte, die
verschiedensten Stände des Reiches und außerhalb des
Reiches wurden in diese Verhandlungen hinein gezogen,
daß es ein hohes Maß von diplomatischer Weisheit
und Geschicklichkeit verrät, wenn die Verhandlungen
durch den weltlichen Statthalter des Kardinalbischofs
Stefan Wolgmhuett, Obervogt von Meersburg und Markdorf
, endlich doch noch zu einem ersprießlichen Abschluß
gebracht werden konnten. Nuntius Felizian Ninguarda
, der persönlich zur Milde neigte, erkannte bald,
daß jede Wirksamkeit der Nuntien in der Diözese Konstanz
umsonst sein müsse, wenn nicht am Bistumssitz
selbst durchgreifende Maßnahmen ergriffen würden. Die
religiöse und sittliche Haltung der geistlichen Personen
war eine denkbar traurige; das kirchliche Leben in tiefem
Verfall. Nicht nur daß man überall den Konkubinat traf,
auch sonst viele Schäden in jeder Hinsicht. Aber ihm
blieb nicht verborgen, daß alle Maßnahmen umsonst sein
müßten, wenn es nicht gelänge, die Bestimmungen des
Tridentiner Konzils auch hier durchzuführen und vor
allem einen neuen Klerus heranzuziehen. Das legte den
Gedanken an die Überlassung des Klosters Petershausen
an die Jesuiten zu Gründung eines Kollegs nahe. Schon
schienen die beiden Nuntien Ninguarda und Bonhomini
ihr Ziel schnell erreicht zu haben, da Abt Funck der
Aufforderung nachkam und resignierte. Aber er besann
sich bald eines andern und hätte wohl seine Wiedereinsetzung
beim Kardinal bischof Marx Sittich von
Hohenems wieder erreicht, wenn er nicht voreilig in die
Kartause Idingen geflohen wäre. Seine Absetzung und
die Wahl seines Priors Oechsli zu seinem Nachfolger
war die Folge. Viel Einfluß hatte auf ihn der Abt
Martin Gyger von Stein a. Rhein. Er übertraf Funck