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Ausgabe:

1926

Spalte:

33-34

Autor/Hrsg.:

Stohr, Albert

Titel/Untertitel:

Trinitätslehre des heil. Bonaventura. 1. Teil: Die wissenschaftliche Trinitätslehre 1926

Rezensent:

Seeberg, Reinhold

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spiele, Zitate aus den drei Jahrhunderten, um die es
sich da handelt, kunterbunt durcheinandergeschüttelt als

tanto fccundius et aliorum principium. Wenn nun Bonaventura
das auf den innergöttlichen Lebensprozeß über-

sonst bekannte Entwicklung des Ordens in dieser Zeit
halten und dann aus England spezielles Material beibringen
und nachweisen, wie sie dadurch bestätigt oder
widerlegt wird; aber so, wie sie vorliegt, trägt diese
Arbeit wenig zur Erkenntnis der Geschichte bei.
Stuttgart. Ed. Lempp.

Geschichte vorzutragen. Wenn der Verfasser über die j trägt, so überzeugen seine Ausführungen doch in keiner
Dürftigkeit der Quellen klagt, so mußte er sich an die Weise von der Fruchtbarkeit des Gedankens für die

Trinität.

Ich nehme von dem fleißigen Buch Abschied in der
Hoffnung, bald dem Verf. als Interpreten der Mystik
Bonaventuras zu begegnen, ist doch dies Buch offenbar
nur als eine Vorstudie hierzu entstanden. Vielleicht hätte
der Verfasser besser getan, den Inhalt des vorliegenden
Werkes in das zu erwartende hinein zu arbeiten. Letzteres
wird m. E. nicht nur die Aufgabe haben, die innere
Beziehung der Seele zu den triadischen Personen oder
das Aufsteigen von der einen zu der anderen nachzuweisen
, sondern auch, soweit das möglich ist, den religiösen
Erfahrungsgrund für die theoretische Formulierung
der Trinität aufzuzeigen. Mit dem bloßen
Nachweis des neuplatonischen Aufstieges zu der primitas
ist diese psychologisch äußerst interessante Aufgabe natürlich
nicht gelöst. War die Trinitätslehre wirklich nur
eine aus einer komplizierten Tradition ausgeklügelte
Theorie oder war es etwas Anderes und Tieferes, was
die Gemüter an sie fesselte? Ein Teil wenigstens dieser
Fragen wird vielleicht Antwort finden in dem in
Aussicht gestellten Buche des Verfassers.

Berlin-Halensee. R. Seeberg.

Stohr, Dr. Albert: Trinitätslehre des heil. Bonaventura

1. Teil: Die wissenschaftliche Trinitätslehre. Miinsiter i. V/.: Aschen-
dorffsche Verlagsbuchhandlung 1923. (VII U. 199 S) gr. S°.
Seit dem großen Werke von Th. de Regnon (La
sainte Trinite, 4 Bde., Paris 1892 ff.) ist m. W. eine
eingehendere Spezialuntersuchung über die scholastische
Trinitätslehre nicht erschienen. Die zusammenfassende
Darstellung in meiner Dogmengeschichte III, 370—377
kommt in diesem Zusammenhang nicht in Betracht. Der
Verf. der vorliegenden Arbeit ist besonders angezogen
worden von den „zarten Blümlein frommer Andacht und
sinniger Betrachtung" bei Bonaventura. Man merkt ihm
die Liebe und Begeisterung für den seraphischen Doktor
immer wieder an. Statt nun aber sofort eine Studie über
die Verwendung des trinitarischen Gedankens in der
Mystik des Heiligen, die sehr lehrreich werden kann, zu
schreiben, hat er uns zunächst mit der theoretischen Auffassung
der Trinität bei Bonaventura bekannt machen
wollen. Dem Verf. selbst ist nicht entgangen, daß auf
diesem Wege nicht eben viel Neues zu finden war.
Regnon hat darauf aufmerksam gemacht, daß sich in der
Trinitätslehre der Scholastik zwei Linien bemerkbar
machen, deren eine auf Augustin, die andere auf den
Areopagiten zurückführt. Hieran ist zweifellos etwas
Richtiges, wenn es auch nicht übertrieben werden darf,
wie auch Stohr erkennt. Im übrigen bedeutete die Aufnahme
gewisser griechischer Gedanken m. E. keinen
Fortschritt über das augustinische Erbe hinaus, wenn
auch diese Gedanken die dialektische Problematik, da
die augustinische Grundlage gewahrt werden mußte,
erweiterten. Viel Originelles kommt hierbei, soweit ich
sehen kann, auch bei Bonaventura nicht heraus. Da man
nicht von der Sache auszugehen wagte, sondern sich in
einem Labyrinth von überlieferten Formeln bewegte, war
dies auch nicht zu erwarten. Die Differenzen der Lehre
auf diesem Gebiete sind daher auch meist weniger belangreich
als in anderen Teilen der scholastischen Systeme,

Ritter, Gerhard: Luther. Gestalt und Symbol. München: F.
Bruckmann 1925. (lGöS.m.e. Bild.) gr.S0. kart. Rm.4 —; geb. 5—.

Das Lutherblich des bisherigen Hamburger, jetzt
Freiburger Historikers verdient in dieser Zeitschrift eine
eingehende Würdigung. Es ist ein Sympton der
Renaissance Luthers, die wir in der Gegenwart erleben,
doppelt wertvoll, weil nicht von einem Theologen, sondern
von einem Profanhistoriker stammend. In einer
Einführung betont der Verf., worum es ihm mit seinem
Buche zu tun ist. Es soll keine kritische Arbeit sein,
auch nicht dazu anleiten, sich aus der dunklen Gegenwart
in die gläubige Verehrung Luthers zu flüchten; es
ist vielmehr geschrieben in der Absicht „in Luther die
Geschichte unseres Volkes und uns selber besser zu verstehen
". Denn in Luther ist zum erstenmal der typische
Charakter des Deutschtums klar herausgetreten. Dies wird
vom Verf. gezeigt an einem Überblick über den Gang der
deutschen Geistesgeschichte. Daran ist vor allem wertvoll
die (durchaus nicht allen Profanhistorikern gemeinsame
) Erkenntnis, daß zwar Luther einerseits den Abschluß
einer langen Entwicklung bedeutet, daß aber das
etwa in der allgemeinen Gotteslehre. Stohr versucht den Entscheidende an Luthers Tat „völlig neu völlig unvorgeschichtlichen
Zusammenhang der Lehrentwicklung dar- bY/rci Ld' .vol'f J^Tn , t Efv S u Sch>lderl,n.g beizulegen
, um dadurch die Stellung seines Helden in ihm Werdejahre (1. Kapitel) hat der Verf . sich naturgemäß im
zu veranschaulichen. Aber er bringt es dabei nur zu f.°?cn und-£anzen die von Schecd herausgearbeiteten
kurzen Wiedergaben der Lehren vor Bonaventura. Von j L!Ti JL^ -Den"octragt Ritters B.ld
seinen Nachfolgern kommt nur Duns Scotus zu Worte. lZ<tnlii^Vu selbs andl^er g""*"

Was der Verf. hierbei zu allen einzelnen trinitarischen ; Beba»dlung ,v0" Lu.tbers See.

Begriffen aus der Geschichte der Theologie beibringt, ! "-Xvll rh^ »Bekehrung" liegt es ihm vor allem

ist übrigens durchweg HP„ rwiion ho-leat „nd biete daran-i eindrücklich zu machen, daß man das Abgrundige

ist übrigens durchweg aus den Quellen belegt und bietet
eine bequeme Übersicht. Daß man dabei an vielen
funkten, so etwa in der Schätzung der griechischen
Trinitätslehre, anderer Meinung sein kann, ist ja selbstverständlich
. Wichtiger ist, daß bei dieser Darstellungs-

der Prädestinationsangst Luthers nicht erfaßt hat, so
lange man sie sich in der theologisch-rationalen Sphäre
abspielen sieht. Worum es sich vielmehr handelt, macht
Ritter kurzerhand deutlich durch wörtliche Mitteilung

"ÄÄ^Si^^ ! Anfechtung erlitten habe." Hier erlebe Luther Gott als

liehe Stelbmo- zu ri^l i!!u a t -tt- u • „das schauerliche Geheimnis", vor dessen Majestät seine

Slkh wiS Dahef €m eSnr T"; Gebei"e verschmachten. Daß es Luther in immer neuer

Daher versteht man auch mcht die fast Qiaubenstat wagte> diesen Gott dcs Schreckens unseren

lieben Vater zu nennen, ist nach Ritter das Neue an
seiner religiösen Erkenntnis. Ritters Darlegungen gehen
an diesem Punkte sehr in die Tiefe und befriedigen
auch den theologisch denkenden Leser.

Ob es allerdings in Luthers Sinn gesprochen ist, wenn der Verf.
dieser Überwindung der Anfechtungsfurcht einen kühnen und heroischen
Zug zuspricht? Der junge Luther jedenfalls hat hier gerade entgegengesetzt
gedacht. Er hat den Rat, sich angesichts des göttlichen Verwerf
ungsurtcils an die Verheißung zu klammern, als einen Rat an

zu häufig wiederkehrende Verherrlichung der Genialität
Bonaventuras, wiewohl der Verf. gelegentlich selbst den
: h u An Einheitlichkeit" bei ihm beklagt. So kann
? a,u-c!,dle imi"er wiederkehrende Bewunderung eines
aer ueblingsgedanken Bonaventuras, nämlich der göttlichen
primitas, nicht einsehen. Ihm liegt der Gedanke
des Areopagiten von der göttlichen plenitudo zu Grunde,
der durch Richards v. St. Viktor Trinitätslehre in die
Diskussion geworfen war. Quanto aliquid prius est,