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Ausgabe:

1926 Nr. 21

Spalte:

518-520

Autor/Hrsg.:

Donini, Ambrogio

Titel/Untertitel:

Ippolito di Roma 1926

Rezensent:

Koch, Hugo

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Theologische Literaturzeitung 1926 Nr. 21.

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satz, die Briefe zunächst einmal für sich auszulegen. Aber da Wendt
die Möglichkeit der Bedeutung „Uranfang" für an agxqs nicht bestreiten
kann (3,81), so erledigen sich doch wohl alle diese Erwägungen
durch den Widerstand des einfachen Stilgefühls. 1,1 ff.
ist — auch falls ursprünglich noch eine Begrüßung voranging — das
feierliche Eingangswort, und wer es als solches laut griechisch liest,
wird nur an den Uranfang denken können. Jesus ist für den I. Johs-
brief eben doch in noch anderem Sinne einzigartig, als Wendt es
zugibt. Eigentlich würde es in der Konsequenz der Wendischen Auffassung
liegen, wenn auch für Vers 5,20 c die Möglichkeit erwogen
würde, ob er über Christus hinaus auf andere Oottcskinder angewendet
werden kann („dieser ist der echte Gott und ewiges Leben")
Diese Konsequenz wird jedoch nicht gezogen.

Als gewagte Auslegung anderer — weniger theologischer —
Art sei noch das Verständnis von xaefia 3,10 b—21 als „natürliches
Gewissen" genannt (das gegebenenfalls einen gesunden Haß gegen
den Bruder fordert und damit an dem christlichen Liebesgebot Kritik
übt — (xaTcxyifMoxey). Auch die Textherstellung in Kap. 1,7
ist anfechtbar, ich kann nicht einsehen, daß hier ursprünglicher Text
sein soll, was gewöhnlich als Erleichterungsvariante gilt und umgekehrt
. — Dagegen in der Untersuchung über die Adressaten des
I. Briefes (Einzclgemeinde) und über das Verhältnis der Briefe zu
einander (zuerst II — I, 2, 14 erwähnt! —, dann an ein Glied derselben
Gemeinde III, dann an dieselbe Gemeinde I) und in vielen
einzelnen exegetischen Gedanken muß auch der Wendt ferner stehende
Theologe eine wertvolle Vermehrung der Verständnismöglichkeiten anerkennen
.

Die Quellcnscheidung am vierten Evangelium hält ■ich
auf der Linie der früheren Werke Wendts; seine These, daß im Ev.
durchgängig zwei verschiedene Theologien einander gegenüberstehen,
gewinnt nur für den eine neue Bestätigung, der der Exegese der
Briefe durchaus gefolgt ist. Auf die Heranziehung außerchristlicher
Parallelen verzichtet W., obschon eine Auseinandersetzung mit ihnen
gerade hier schwer entbehrlich ist. Wendt beizupflichten, ist mir also
nicht möglich, obwohl ich ihm für manche Belehrung auf dem Gebiet
der johanneischen Einleitungsfragen zu Dank verpflichtet bin.

Wendt erkennt als echt johanneische Frömmigkeit
eben nur eine Komponente aus dem Komplex an, der
den meisten Theologen als johanneische Frömmigkeit
gilt. Was nicht zu ihr gehört, glaubt er aus den Briefen
durch sorgfältige Exegese, aus dem Ev. durch Ablösung
der späteren Erzählungs- und Rahmenschicht entfernen
zu können. Deshalb erscheint das Oesamtbild dem, der
der Exegese an wichtigen Stellen widersprechen muß,
als einseitig verzeichnet. Auch für die Vergleichung mit
den anderen Formen urchristlicher Frömmigkeit (s.o.)
gilt das. Aber solche Einseitigkeit wirkt trotz allem befruchtend
, wenn sie nur kraftvoll durchgeführt ist, und
das ist sie.

Auf einen Satz möchte ich noch besonders hinweisen
. Von jener „Tatsache, daß sich in dem geschichtlichen
Jesus auf Erden der Oottesgeist in einer den
Ohren- und Augenzeugen sinnlich wahrnehmbaren Weise
wirksam gezeigt hat (1, 1—3; 4, 14)----geht ein glaubenerweckendes
testimonium spiritus saneti internum auf
diejenigen aus, die dieser Tatsache gegenüberstehen":,
auch dann, wenn sie als spätere Generationen „nur
mittels der Verkündigung der Älteren von ihr erfahren".
Auch in diesem Fall ist es „nicht das autoritative Zeugnis
der über Jesus berichtenden Menschen, sondern die Tatsache
selbst, über die sie berichten, was als Gotteszeugnis
überzeugend auf das Innere der Hörer einwirkt und sie
zum Glauben an die Gottessohnschaft Jesu bringt"
(S. 84). Es ist offenbar kein weiter Abstand zwischen
dem, was Johannes hier seinen Lesern sagt, und dem,
was Wendt uns Heutigen, auch speziell den historischkritischen
Theologen, zu sagen hat. Zu den entscheidenden
Tatsachen aber gehören die Jordantaufe (Wasser
) und der Kreuzestod (Blut). Also Ereignisse, die
neben ihrer Funktion als Quelle des testimonium zugleich
in vollem Sinne Gegenstand wissenschaftlicher
Forschung sein müssen. Wie verhält sich beides zu
einander? Kann das testimonium durch negative Forschungsergebnisse
beeinflußt werden? Und umgekehrt?
Es scheint mir nach dem vorliegenden Buch, als wenn
Wendts Antwort auf diese Frage heute nicht mehr ganz
dieselbe ist, wie vor sechs Jahren im System der christlichen
Lehre. In diesem Falle wäre eine eingehendere

Erklärung darüber gewiß weitesten theologischen Kreisen
willkommen.

Greifswald. . Otto Bauernfeind.

Donini, Ambrogio: Ippolito di Roma. Polemiche teologiche
e controversie diseiplinari nella Chiesa di Roma agli inizi del III
secolo. Rom: Libreria di Cultura 1925. (203 S.) 8° = Collezione
.TPA&H' N. 5. L. 10—.

Nach einer Einleitung über die Gestalt Hippolyts
in der Geschichte und in der Legende zeichnet D. in
Kap. I die heidnische Umwelt bei Beginn des 3. Jahrhunderts
: Rom unter den Severern, namentlich den Einfluß
der bekannten vier syrischen Frauen und ihrer
Kreise, die Religionsmischüng dieser Zeit mit monotheistischer
Zuspitzung. In Kap. II die christliche Umwelt
: die römische Gemeinde, wie sie sich unter den
Bischöfen Viktor, Zephyrin und Kallist und zwar, wie
D. glaubt, unter ausschlaggebendem Einfluß der afrikanischen
Siedlung in Rom aus einer wesentlich griechischen
in eine wesentlich lateinische umwandelt, ein
Vorgang, der. dann — nach einem kurzen Rückschlag
unter Anterius — unter Papst Fabian zum Abschluß
kommt. Gut ist die Beobachtung, daß die kirchlichen
Streitigkeiten dieser Zeit, wie überhaupt in den ersten
Jahrhunderten, von der Eschatologie ausgehen, sich dann
in theologische oder besser soteriologische Begriffe umsetzen
und in sittlich-disziplinäre Fragen auslaufen (S.
61. 117. 155 f.). Demgemäß behandelt D. zuerst in
Kp. III die eschatologischen Kämpfe und er zeigt, wie
hierin Hippolyts Anschauungen von ihrem .eschatologischen
Integralismus', ihrer Hochspannung und schroff
römerfeindlichen Haltung im Buche über den Antichrist
allmählich bis zu den Philosophumena zusehends ablassen
und dem Chiliasmus entsagen. Den Grund dafür
findet er mit Recht in der veränderten Lage der Kirche
unter Alexander Severus und Julia Mammäa gegenüber
der unter Septimius. Daß Hippolyt ursprünglich dem
Chiliasmus huldigte, wird von Atzberger und Barden-
hewer mit Unrecht bestritten. Man wird aber wohl auch
sagen dürfen, daß er anfangs dem Montanismus gewogen
war, wie sein Lehrmeister Irenäus. (Eine Absage
an den Chiliasmus kann ich in c. 61 der Ecidei^ig
des Irenäus ebensowenig finden, wie Loisy, S. 116*).
Vor der Darlegung der christologischen Kämpfe handelt
D. in K. IV von den Philosophumena und dem Syntag-
ma und ihren Nachwirkungen im Westen und im Osten.
Dabei vermutet er auch in einer dem Papst Kallist zugeschobenen
Dekretale Ps.Isidors einen Nachklang der
Philosophumena (S. 136 ff.). Die Darstellung der theologischen
Streitigkeiten in Kap. V befriedigt wenig. D.
kennt wohl das Buch von Bardy über Paul von Samo-
sata, aber nicht das von Loofs und die von ihm gezogenen
Entwicklungslinien. Zephyrins merkwürdige Erklärung
wird kaum gestreift (S. 159). Auch Kallists
Vermittlungsformel und Auffassung vom Logos kommt
nicht recht zur Geltung. Eingehender sind dagegen in
Kap. VI die Streitigkeiten wegen der Kirchcnzucht erörtert
. Wie schon in seinem Aufsatz in den ,Ricerche
religiöse' 1925, H. 1, S. 56—78 (vgl. diese Ztg. 1926,
Sp. 126f.), so erblickt er auch hier mit Adam und
Bardy in dem von Tertullian bekämpften ,Edikt' eine
Kundgebung des karthagischen Bischofs Agrippin, und
er schließt aus den Vorwürfen Hippolyts, daß Kallist,
wohl veranlaßt durch den Vorgang Agrippins, die Sün-
dennachlassung noch weiter ausgedehnt habe. Meine
Schrift ,Kallist und Tertullian' führt er jetzt an, er kennt
sie aber offenbar nur dem Titel nach und ist nicht in
der Lage, auf ihre Beweisführung einzugehen. Daß
nun Agrippin der in Frage stehende Bischof sein kann,
mag zugegeben werden. D. versteht es auch, seine Auffassung
, namentlich S. 187 ff., gefällig zu machen.
Manche seiner Gedanken sind aber sehr zweifelhaft, andere
geradezu hinfällig. Falsch ist schon seine Behauptung
, daß die kirchliche Wiederaufnahme aller
Todsünder durch Hermas und Tertullians De paen.