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Ausgabe:

1926 Nr. 1

Spalte:

17-18

Autor/Hrsg.:

Wilms, Hieronymus

Titel/Untertitel:

P. Paulus von Loë O. P. und seine Verdienste um die Geschichte des Dominikanerordens 1926

Rezensent:

Ficker, Gerhard

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Seite 1

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17

Theologische Literaturzeitung 1926 Nr. 1.

LS

Verkürzung erfahren, während er in den Ausführungen
über die Kirche (S. 321-327; vgl. 1. Aufl. S. 289,
Z. 3 u. 4, aber auch S. 323—328) etwas erweitert worden
ist. Übrigens ist dieser Schlußabschnitt wesentlich
derselbe geblieben. Auch seine Ausführungen über die
„drei großen Gefahren" für die Zukunftsentwicklung
(vgl. Jahrgang 1918, Sp. 182) sind nur in geringem
Maße erweitert und verändert, vornehmlich in Rücksicht
auf das Einsetzen der Rumänisierung (S. 337) und
die ihr dienende „Agrarreform" (S. 341—343). Neu
ist der Abschluß des elften Abschnitts und der ganze
zwölfte. Kein Freund der Siebenbürger Sachsen wird
dieses Neue ohne Bewegung lesen. Denn man sieht, die
Bewahrung ihrer Nationalität wird den Sachsen in Großrumänien
nicht leichter werden, als es seit 1868 in Ungarn
war. Ja, manches erschwert in dem Staate, dem sie
nun angehören, ihre Lage; und der Gedanke des nationalen
Einheitsstaates hat heute mehr Durchschlagskraft
, als vor 50 Jahren. Daß die alten Zustände der
Zeit vor 1868 endgültig als unwiederherstellbar anzusehen
sind, wissen die Sachsen selbst zum mindesten
seit 1890 (vgl. S. 266 ff.). Kein Verständiger unter ihnen
träumt auch noch von einer „östlichen Schweiz". Die
drei Nationalitäten in der Schweiz nehmen örtlich geschlossene
Gebiete ein. Nur die amerikanischen Verhältnisse
sind vergleichbar und — lehrreich. Wenn die
Sachsen, anstatt Auswandrer abzugeben an Deutschland
und Amerika, in dem Staats ganzen sich einrichten
, dem sie (235 000 an Zahl) samt den 1' 2 Millionen
Rumänen des alten, nicht ganz 24/s Millionen Einwohner
zählenden Siebenbürgen (vgl. S. 365) jetzt eingefügt
sind, und wenn sie, in möglichst weitem Umfange
zweisprachig werdend, diesem Staatsganzen auch mit
ihrer Bildung dienen, ohne an Treue gegen ihr Volkstum
und ihre Kirche etwas zu verlieren, dann, so
scheint es mir, ist die Zukunft doch nicht aussichtslos.
Denn die Rumänen können ja nicht verkennen, daß die
Deutschen, die im alten Siebenbürgen mannigfach mit
den dortigen Rumänen einen Strang gezogen haben, in
ihrem Staate ganz anders stehen, als die Deutschen, die
in den von Deutschland und Deutschösterreich losgerissenen
Gebieten noch heute vorhanden sind. Eine
feindliche Spannung hat zwischen diesen Siebenbürger
Deutschen und den Rumänen, von kurzen Zeiten des
langen Weltkriegs abgesehen, früher nicht bestanden;
und politisch gefährlich ist kein Entgegenkommen gegenüber
den nationalen Wünschen dieses leistungsfähigen
und zuverlässigen Völkchens.

Anhangsweise bemerke ich, daß Friedrich
Teutsch in Anknüpfung an meine Anzeige seiner
„Geschichte der ev. Kirche in Siebenbürgen" (Jahrgang
1924, Sp. 217ff.) über die Hermannstadter Probstei und
über den Bischofstitel des ersten Geistlichen der sieben-
bürgisch-sächsischen Kirche im „Korrespondenzblatt des
Vereins für siebenbürgische Landeskunde" (1925, S. 3 ff.
und 31 ff.) wertvolle Mitteilungen gemacht hat.
Halle a. S. Friedrich Loofs.

Wilms, ij. Hieronymus, O. P.: P. Paulus von Loe O. P. und
seine Verdienste um die Geschichte des Dominikanerordens.

Leipzig: O. Harrassowitz 1923. (VII, 72 S.) gr. 8°. = Quellen
u. Forschungen z. Gesch. d. Dominikanerordens in Deutschland,
Heft 18. Rm. 1.50.

Ludwig von Loe, als Dominikaner genannt P. Paulus
, t 19. Juni 1919, ist als Thomasforscher und als
Gründer und Leiter der „Quellen und Forschungen zur
Geschichte des Dominikanerordens in Deutschland"
(Leipzig, Harrassowitz, seit 1907) weiteren Kreisen bekannt
geworden. In der vorliegenden mit aufrichtiger
>l, Seschriebenen kleinen Biographie erfahren wir
etwas Näheres über seine Persönlichkeit, deren Grundzug
eine grfJ')C Herzensgüte gewesen sein muß. Man wird
das Lebensbild als typisch für die Frömmigkeit eines
eiles des niederrheinischen katholischen Adels nehmen
dürfen und auch der Lebens- und Bildungsgang, der
hier erzahlt wird, weist eine Reihe typischer Züge auf,

über die unterrichtet zu werden auch dem Protestanten
höchst lehrreich ist. Es ist alles rein katholisch, und wir
Protestanten finden Manches, was wir nicht als rein
christlich ansehen können, aber an v. Loes Eifer um
wissenschaftliche Erforschung der Geschichte des Thomas
von Aquino und des Dominikanerordens in Deutschland
, für die er bahnbrechend gewirkt hat, an seiner
Freude, eine Bibliothek in Düsseldorf zusammenzubringen
, die die Hilfsmittel für dahin gehende Studien
abgeben konnte, an seiner nie versagenden Hilfsbereitschaft
nicht bloß in wissenschaftlichen Fragen werden
auch wir uns ein Vorbild nehmen können. Wer aber
möchte solche Sätze für richtig halten (S. 31): Unser
modernes Leben — eine einzige große Lüge: das ist das
Fazit der letzten Ereignisse. Und ihr steht gegenüber in
leuchtender Klarheit die ewige Wahrheit und die ewige
Liebe, deren vollkommenste Offenbarung nach den
Büchern des neuen Testamentes in den Schriften des
heiligen Thomas niedergelegt ist.

Stilistisch wäre an dem Schriftchen manches auszusetzen
. Hühne für Hüne S. 17 ist wohl nur Druckfehler.
Kiel. G. Ficker.

F leb ig, Paul: Die Bibelauslegung der „Internationalen Vereinigung
Ernster Bibelforscher" geprüft. Berlin-Dahlem:
Wxchcrn-Verlag. (32 S.) 8°. Rm. —35.

Der Verfasser des Buches über „Die Gleichnisreden Jesu im
Lichte der rabbinischen Gleichnisse des neutestamentlichen Zeitalters
" (vgl. Jahrgang 1912 dieser Zeitung, Sp. 620ff.), jetzt
Pfarrer an der Peterskirche in Leipzig und Pnivatdozent an der
dortigen Universität, ist gewiß, wie wenige, befähigt, die Bibel-
auslegung deT sog. „Ernsten Bibelforscher" (im Folgenden: EB)
richtig zu stellen. Und wenn er nacheinander in den fünf Abschnitten
dieser Broschüre die Schriftstellen des A. T. und N. T. erörtert,
welche die EB für ihre chronologischen Berechnungen (I), gegen
die Unsterblichkeit der Seele und die ewige Verdammnis (II), gegen
die Dreieinigkeitslehre (III), zu gunsten der Nähe der Parusie, zu
gunsten ihrer Polemik gegen das „Babel" der Kirchen und zu
gunsten ihrer „Eliasklasse", „Brautklasse" usw. (IV), sowie für ihre
Anschauungen über Taufe und Abendmahl (V) vornehmlich geltend
machen, so wird man seiner Exegese im wesentlichen zustimmen
müssen. Man wird es auch der apologetisch-polemischen Abzwcckung
des Schriftchens zu gute halten, daß es auf die Schwierigkeiten nicht
eingeht, die der vorgetragenen Erklärung einzelner Bibelstellen oder
der Lehre, die sie decken sollen, entgegenstehen. Auch das wird mau
vorstehen können, daß der Verf. hier konservativer sich gibt, als in
andern, älteren Büchern (vgl. Jahrgang 1912, Sp. 518). Manchem
Geistlichen, der im Kampf mit den „Ernsten Bibelforschern" steht,
wird das Büchlein gute Dienste tun, ja es hat sie schon getan. —
Und doch hat, als ich es gelesen hatte, ein Gefühl des Unbefriedigtseins
mich nicht verlassen. Das wird daran liegen, daß man nicht
recht weiß, wem es dienen will. Den Theologen? Dafür sprechen die
vielen in deutschen Buchstaben eingestreuten hebräischen und griechischen
Wörter, zumal dann, wenn man z. B. sieht, daß die Argumentation
auf S. lö nur dem verständlich ist, der vom hebräischen
Status construetus etwas weiß, das „neschama" in „nischmath
chajjim" wieder erkennt. Aber die Theologen sollten der exegetischen
Belehrungen des Büchleins nicht bedürfen, und vieles, was
hier ausgeführt wird, braucht ihnen in der Tat nicht gesagt zu
werden. Also ist das Büchlein für Laien bestimmt, die in Gefahr
sind, von den EB betört zu werden? Aber über deren
Horizont geht vieles in der Broschüre hinaus. Was sollen diesen
Kreisen die griechischen und hebräischen Wörter nützen? Werden
sie es verstehen, was zur Erklärung von Matth. 8, 11 gesagt wird:
daß Jesus bei der Endvollendung „stets Jenseits und Diesseits eng
zusammendenkt" (S. 9)? Können sie unter den „Offenbarungsbüchern
der Zeit des Neuen Testaments, wie dem Buche Henocli"
(S. 24) oder den „Offenbarungsbüchern der römischen Kaiserzeit,
Buch Henoch, 4. Esra, Baruch usw." (S. 27) sich etwas Richtiges
vorstellen? Und berührt es nicht fast komisch, wenn Verf. S. lf)
u. S. 20 sagt: „Die Ernsten Bibelforscher sollten König, Theologie
des A.T.s (bezw. S. 20: Feine, Das Leben nach dem Tode)
studieren"? Dennoch ist die Broschüre, wie ihr ganzer Ton zeigt,
in der Tat zur Aufklärung von Laien bestimmt. Aber war es dann
richtig, die Schriftstellen einzeln so zu behandeln, als könnten sie
dicta probantia der EB sein, wenn sie richtig ausgelegt wären?
Genügt es, so und so oft im Vorbeigehen auf die Torheit der gesamten
Schriftbenutzung der EB hinzuweisen? Nicht einmal der
„Schluß" (S. 31 f.) schlägt den richtigen, tiefen Ton an! Er tut
so, als sei das der Hauptfehler der Schriftauslcgung der EB,
daß sie ohne Kenntnis der Ursprachen an die Bibelerklärung heran-