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Ausgabe:

1926 Nr. 1

Spalte:

346-351

Autor/Hrsg.:

Loofs, Friedrich

Titel/Untertitel:

Paulus von Samosata. Eine Untersuchung zur altkirchlichen Literatur- und Dogmengeschichte 1926

Rezensent:

Koch, Hugo

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Theologische Literaturzeitung 1926 Nr. 13.

Paris (t 570), sondern 1 — IV2 Jahrhunderte später verfaßt (siehe
meine Darlegungen in der Theol. Qu.-Sehr. iq00, 525ff. und jetzt
Wilmart im Dict. d'arch. et de liturg. fasc. LX—LXI Paris 1924,
1049ff., vgl. Ztschr. f. Kg. 1925, (>3ff). — Zu v/treTr (S. Höf.) vgl.
auch meinen Ps.-Dionysius 1900, 46 f.;) zu den .nocturnae conr
vocationes' bei Tertullian (S. 118f.) meinen Aufsatz in Z.N.W.
1915, 130 ff., Schermann im .Katholik' 96. 1 (1916) 238f. u.
(gegen ihn und gegen mich) Esser ebenda S. 388 ff. — Mit seiner
Erklärung von ,secum invicem' im Briefe des Plinius und der von
Casel herangezogenen Wendung .partieipato invicem nobiscum con-
silio' bei Cypr. ep. 57, 1 ist D. (S. 128) durchaus im Rechte. Entspricht
doch diese Wendung bei Cyprian dem .communicato et librato
de omnium conlatione consilio' in ep. 55, 4 (626, 13) u. dem
.scripturis ex utraque parte prolatis' in ep. 55, 6 (627, 16).
Man vergleiche auch das .discordantibus adversus sc invicem'
(de dorn. or. c. 16. 278, 13), ,ab invicem separari' (364, 17. 476, 9
u. ö.). — Zum Todestag als Geburtstag (S. 144 f.) vgl. Seneca ep.
102, 26: dies istc, quem tamquam extremum reformidas, aeterni
natalis est. — Die S. 175 A. 2 angezogene Fassung des can. 43 non
Elvira lautet: ut cuneti diem Pentecostcs post Pascha celebremus,
non quadragesimam, nisi [= des] quinquagesimam: Siehe dazu
Salaville in den .Echos d'Orient' 1910, 65 ff. u. Ztschr. f. K. O.
1925, 481 ff. — Zu Epiphanie und Weihnachten (S. 176) siehe auch
K. Holl in den Sitz. Ber. d. preuß. Ak. d. Wiss. 1917. XXIX
S. 402ff. — Zu S. 213 ' (Auferstehung und Himmelfahrt) siehe jetzt
W. Michaelis in den ,Thcol. Blättern' 1925, 101 ff. u. Lyder
Brun, Die Auferstehung Christi in d. urchristl. Überlieferung 1925,
90ff. Zu S. 338 f.-fällt mir I Clcni. 5,7 ein: ini To re'p.un rrje

tiaewg TXitthi'.....(trir^Xctyri tov xöauov. Ob nicht auch

hier die Symbolik des Westens (Leiden und Tod) mitklingt? — Zu
S. 400 vgl. Cypr. ad Donat. c. 4 (6, 7): .lucere tenebrosa', und zum
Ganzen ldola c. 15 (31, 15): ,lucis auetorem', de dorn. or. c. 35
(293, 5): ,quia Christus sol verus est et dies verus'. — An Druckfehlern
ist mir nur ,dc idolotaria' (S. 410 Z. 4 v. 11.) aufgefallen.
Anführungen und Angaben der Fundorte sind musterhaft sorgfältig.
Die Ausstattung übertrifft noch die erste Auflage.

München. Hugo Koch.

Stuhlfauth, Prof. D. Dr. Georg: Die apokryphen Petrusgeschichten
in der altchristlichen Kunst. Mit 28 Abb. Berlin:
W. de Gruyter & Co. 1925. (IX, 139 S.) 4°. Rm. 10—.

In der Tat — „altchristliche Kunst und apokryphe
Literatur zusammenbringen heißt beiden Gewinn schaffen
und Aufhellung leisten" (Vorwort). Wer von beiden,
der Archäologe oder der Kirchenhistoriker, den größeren
Gewinn davon hat, ist bei St.'s Untersuchung schwer zu
entscheiden. 7 Petrusdarstellungen, die mehr oder weniger
häufig in der altchristlichen Plastik (fast ausschließlich
auf Sarkophagen) vorkommen, werden behandelt
: 1. Die Hundegeschichte des Petrus. 2. Der
Gang auf dem Meere. 3. Petri Verleugnung. 4. Zwei
Heilstatsachen an zwei Witwen? 5. Die Lehrscene.
6. Das Felsquellwunder des Petrus. 7. Verhaftung und
Hinrichtung. Die Vorlagen zu ihnen allen stammen aus
dem apokryphen Leben des Petrus, auch diejenigen
zu 2. und 3., da die Beurteilung dieser Ereignisse nicht
der der Evangelien, sondern der der Actus Petri Verc.
entspricht. Darüber, wieweit St. mit der Deutung in jedem
einzelnen Falle Recht hat, steht mir kein Urteil zu.
Der Gewinn, den der Kirchenhistoriker hat, besteht vor
allem darin, daß aus der Fülle der Darstellungen (über
250 werden erwähnt) zweierlei deutlich wird: 1) Welch
große Rolle die Apokryphen in der Vorstellungswelt
der Christen auch des 4. Jahrhunderts gespielt haben, und
2) daß es gerade die Person des Petrus ist, die so stark
im Vordergrund des allgemeinen Interesses steht — ohne
daß aber in den Darstellungen irgendetwas von einem
Primat des Petrus zu merken ist, wie gegen J. Wilpert
festgestellt wird. — Wertvoll ist auch die Deutung der
„Lehrscene" als Petrusdarstellung, da sie in den uns
überlieferten Petrusakten nicht enthalten ist; unsere
Kenntnis von apokryphen Apostelgeschichten kann also
vielleicht wie hier durch die Archäologie bereichert
werden. Hingewiesen sei endlich noch darauf, daß St.
in der „Hundegeschichte des Petrus" eine Stütze für die
Bestimmung Galliens als der Heimat Kommodians sieht,
da sich die Scene „nur im (cisalpinischen und transalpinischen
) Gallien" findet und Kommodian der erste

altchristliche Schriftsteller ist, der die Geschichte berichtet
(S. 8 f.).

Heidelberg. Julius Wagen mann.

Loofs, Prof. D. Friedrich: Paulus von Samosata. Eine Untersuchung
zur altkirchlichen Literatur- und Dogmengeschichte. Leipzig
: J. C. Hinrichs 1924. (XX, 36 S.) gr. 8°. = Texte und Untersuchungen
z. Gesch. d. altchristl. Literatur 44,5.

Rm. 14.40; geb. 16.80.

Die Verspätung der Anzeige dieses hochbedeutenden
Werkes fällt nicht mir zur Last, da sie mir erst vor
kurzem übertragen wurde. — Nach dem herkömmlichen,
in die älteste Zeit zurückgehenden Urteil betrachtete Paul
von Samosata Jesus als einen, durch Einwirkung des

| Heiligen Geistes aus der Jungfrau Maria gezeugten,
Menschen, der durch Einwobnung des Logos in einem
besonderen Gnadenverhältnis zu Gott stand und wegen
seiner sittlichen Bewährung Erlöser und Herr der
Menschheit geworden ist: er huldigte also einem dyna-
mistischen (öder adoptianistischen) Monarchianismus.
Loofs aber reiht den Ketzerbischof von Antiochien —
neben dem Zugeständnis einer dynamistisch-monarchia-
nischen .Färbung' seiner Lehre — in eine aus Niederschlägen
bei den Abendländern Tertullian und Novatian,
in gewisser Abwandlung auch bei Irenäus, dann im
Morgenland bei Marcell von Ancyra und Eustathius von
Antiochien gewonnene Traditionslinie ein, die in die Zeit
vor den Apologeten zurückreiche und gegenüber der
mit Justin anhebenden, durch die origenistisch-neuplato-
nische Schule siegreich vordringenden und in die justinianische
Orthodoxie einmündenden ,pluralistisch-mono-
physitischen' Theologie an einer ökonomisch-trinita-
rischen Grundanschauung mit .monotheistisch-dyophysi-

I tischer' Prägung festhalte. Zu dieser Auffassung ist
Loofs nicht erst jetzt und nicht mit einem Schlage gekommen
. Wie er selbst im II. Band der von Stange
herausgegebenen Religionswissenschaft der Gegenwart
in Selbstdarstellungen' (S. 31 f.) angibt, läuft die Entwicklungslinie
seiner eigenen dogmengeschichtlichen

: Forschung in dieser Sache von seinem Akademie-Aufsatz

I über die Trinitätslehre Marcells (1902) zu der 4. Auflage
seines .Leitfadens z. Stud. d. Dogmengesch.' (1906), der

| Abhandlung über das Bekenntnis der Homousianer von

i Sardika (1909), seinem Buch über Nestorius (1914)
und schließlich zu seinem vorliegenden Werk über PvS,
wo er sie zu einem gewissen Abschluß gebracht hat.

Die bekannte Doppelung der Geschehnisse, die
auch in der wissenschaftlichen Forschung nicht selten
eine Rolle spielt, hat es gefügt, daß gleichzeitig mit

: Loofs der französische kath. Kirchen- und Dogmenhistoriker
Gustave Bardy — der Verfasser eines

| Buches über Didymus den Blinden (Paris 1910) — sich
mit PvS beschäftigte und die Früchte seiner Arbeit
1923 veröffentlichte. Loofs selbst hat das Buch in
dieser Zeitung 1924, Nr. 21, Sp. 457ff. besprochen
und die über seinen eigenen Bestand hinausgehenden
Bruchstücke der Lehre des PvS herausgestellt und gewürdigt
. Bardy wertet die Lehre Pauls in der bisher üblichen
Weise. Auch die seither erschienenen Besprechungen
des Loofs'schen Buches zeigen, wenn ich
mich nicht täusche, im allgemeinen eine große Zurückhaltung
gegenüber seinen dogmengeschichtlichen Ergebnissen
, soweit sie sie nicht geradezu ablehnen. Und
kein Geringerer als A. v. Harnack hat (in den Sitz.-
Ber. d. preuß. Akad. d. Wiss., Phil.-hist. Kl. 1924,
S. 120—151) an der Hand der unter dem Titel .Reden
an Sabinus' überlieferten Bruchstücke die alte Auffassung
nachdrücklichst verteidigt, wozu wiederum Loofs
in dieser Zeitung 1925, Nr .10, Sp. 227ff.) Stellung
genommen hat. Aus diesem Stand der Dinge ist es vielleicht
zu erklären, daß die Schriftleitung dieser Zeitung
die Anzeige des Loofs'schen Werkes schließlich einem
an der Erforschung der einschlägigen dogmengeschichtlichen
Fragen Unbeteiligten anheimstellte, der inmitten
solcher Schwerbewaffneter für alle Fälle auf überlegene
Nachsicht hoffen kann.