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Ausgabe:

1926

Spalte:

15-17

Autor/Hrsg.:

Teutsch, Friedrich

Titel/Untertitel:

Die Siebenbürger Sachsen in Vergangenheit und Gegenwart. 2., verm. Aufl 1926

Rezensent:

Loofs, Friedrich

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Theologische Literaturzeitung 1926 Nr. X.

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sich in dem Abschnitt „Die Ordnung des Verkehrs". St. spricht
S. 95 von der Klausur, in der die Kandidaten u. Novizen gehalten
worden, als von einer scheinbar dauernden Einrichtung; S. 98 wird dagegen
in einer Klammer ihre Dauer auf vier bis fünf Tage angegeben.
— Vor allem fehlt aber eine Zusammenfassung. St. charakterisiert im
Schluß die von Ignatius getroffene Ordnung als einen bis in die
feinsten Einzelzüge gegliederten Plan, aber er überläßt es dem Leser,
dies Urteil sich selbst auf Grund der Einzeluntersuchung zu rechtfertigen
. Das aber ist um so schwerer, als sie dieser späteren Stellungnahme
des Verfassers nicht ausdrücklich vorarbeitet.

Döttingen. Kurt Dietrich Schmidt.

Gaß, J.: Studien zur Elsässischen Kirchengeschichte. (Neuzeit
.) (Mit 2 Portraits.) Straßburg: F. X. Le Roux & Co. 1924.
(235 S.) kl. 8°. fr. ö—.

I>er durch tüchtige Arbeiten bereits bekannte Verfasser hat in
diesem Bändchen eine Reihe von Studien zur Geschichte des katholischen
Elsaß vereinigt, die zuerst im „Elsässischen Volksboten" erschienen
waren. Für einen größern Leserkreis geschrieben, sind sie
soz. im Unterhaltungsstyl gehalten, ruhen aher, wie schon die beigegebenen
Anmerkungen zeigen, auf solider wissenschaftlicher Grundlage
. — Nr. 1 handelt von den Molsheimer Bruderschaften, heson-
ders von der Studentensodalität des dortigen Jesuitenkollegs und
bietet in Obersetzung aus einem Kopialbuch von Freiburg i. Ue. einige
von der Molsheimer Sodalität mit den Sodalitäten andrer Kollegien
gewechselte Briefe. — Es folgt e'ne sehr lehrreiche Abhandlung über
die Volksmissionen im Elsaß von der Zeit der Gegenreformation bis
zur Gegenwart, einst in der Hand der Jesuiten ein Hauplmittel der
Rekatholisierung wie der Neubelebung katholischer Frömmigkeit.
Wichtig ist hier besonders die Beobachtung, daß die planmäßigen
Volksmissionen im heutigen Sinn im Elsaß erst in der französischen
Periode einsetzen, und der Nachweis, daß im Jahrzehnt vor 1848,
wo die vormärzliche badische Regierung Missionen nicht duldete, in
elsässischen Landgemeinden planmäßig besondere Missionen für das
hierzu über den Rhein strömende badische Kirchenvolk veranstaltet
worden und daß gleich nach 48 elsässische Priester zur ersten Einrichtung
von Volksmissionen von den kirchlichen Obrigkeiten nach
Baden und Württemberg berufen worden sind: ein Kapitel aus der
Romanisierung des modernen deutschen Katholizismus. — Als längstes
Stück folgt eine Übersicht über die Konvertiten und die Konversionsbewegung
im Elsaß, die mit der deutschen Gegenreformation einsetzt
, um in der französischen Gegenreformation ihren Höhepunkt
zu erreichen. Daß hier Gewalt wie Motive sehr äußerer Art mitgewirkt
haben, letzteres besonders beim Adel und höheren Beamtentum,
wird nicht verschwiegen. — Nr. 4 geht aus Anlaß der neueren Veröffentlichungen
über den vermeint ichen Wundcrmann Prinzen Alexander
von Hohenlohe (f 1849 als Propst von Großwardein) den vielfachen
Beziehungen der Hohenlohe zum Elsaß nach, von den zahlreichen
Mitgliedern des Straßburger Domkapitels bis zu den beiden
Statthaltern, wobei besonders auf die Schicksale des Domkapitels in
der großen Revolution interessantes Licht fällt. — Den Schluß bildet
eine Cauiserie über Alban Stolz, die an der Hand der großen
Meyer'schen Biographie die auf das Elsaß bezüglichen Stellen seiner
Tagebücher zusammenstellt, wobei eine scharfe Verurteilung der
deutschen Politik im Elsaß zu Anfang der 70er Jahre mit Genugtuung
gebucht wird.

Tübingen. G. Anrieh.

Teutsch, Fr.: Die Siebenbürger Sachsen in Vergangenheit
und Gegenwart. 2., venu. Aufl. Hermannstadt: W. Krafft 1924.
(VII, 367 S.) 8°. Rm. 7—; geb. S—.

Die erste, im Jahre 1916 als Band I der „Schriften
zur Erforschung des Deutschtums im Auslande" erschienene
Auflage dieses vortrefflichen Buches hat I).
Georg Loesche im Jahrgang 1918 dieser Zeitung.
(Sp. 182 f.) besprochen. Sie ist in der neuen Auflage,
wie das Vorwort vom 16. August 1923 sagt, „neu
durchgesehen und verbessert, vor allem bis zur unmittelbaren
Gegenwart durchgeführt".

Bei den geringen Veränderungen, die der alte Text
für die Zeit bis 1914 erfahren hat, würde ich nicht
verweilen, wenn nicht ausgesprochen werden müßte,
daß für eine abermalige neue Auflage hie und da eine
etwas tiefer greifende Umgestaltung des ersten Entwurfs
zweckmäßig sein dürfte. Es hat nämlich dies zu der
siebenbürgisch-sächsischen Kirchen geschichte des Verfassers
(vgl. Jahrgang 1924 dieser Zeitung, Sp. 217ff.)
wie ein Gesamtbild zu der genauen Zeichnung eines
seiner Teilstücke sich verhaltende Buch „Die Siebenbürger
Sachsen" vor der dreibändigen „Geschichte der

Siebenbürger Sachsen" des Verfassers und seines Vaters
(vgl. Jahrgang 1924, Sp. 217f.) für uns Reichsdeutsche
nicht nur die geschlossenere Kürze voraus. Es rechnet
ganz ausdrücklich mit uns, insofern in ihm im Unterschied
von jenem „für das sächsische Volk" bestimmten
großen Werke „die Geschichte des sächsischen Volksstammes
in Siebenbürgen deutschen Lesern erzählt
werden soll" (Vorwort zur 1. Aufl.). Für diesen
Zweck aber setzte das Buch in seiner ersten Auflage
mannigfach zuviel voraus. Die neue Auflage hat daran
nichts geändert. Wie störend das sein kann, dafür gibt
die Besprechung der Jahre 1848 und 1849 ein besonders
deutliches Beispiel. Wer Kossuth war, wird ein
geschichtlich interessierter Reichsdeutscher allenfalls
wohl wissen. Daß dieser ultramagyarische Führer der

I ungarschen Revolution wie eine allgemein bekannte Per-

I sönlichkeit behandelt wird, mag deshalb hingehen. Aber
sehr wenige deutsche Leser werden im Bilde sein, wenn
von dem am 11. Mai 1849 erschossenen sächsischen
Volkshclden Stefan L. Roth erzählt wird, er sei, „a 1 s
Bern das Land eingenommen, mit einem Schutzbrief
von ihm" auf seine Pfarre zurückgekehrt, und wenn
dann fortgefahren wird: „da benützte Berns Abwesen-

| heit der Regierungskommissär C. .., ihn gefangen
nehmen zu lassen". Zwar ist schon S. 212 „General
B e m" als einer der fünf Männer genannt, die „aus jenen
Jahren der Not und des Kampfes in der Erinnerung des
Volkes lebendig geblieben" seien, und S. 214 folgt
abermals die Bemerkung, die Erinnerung der Sieben-
bürger Sachsen stelle neben die (damals ruhmvoll hervorgetretenen
) Volksgenossen „d e n K o m m a n d i e -
renden des Feindes, General Bern", und ein
rühmender Hinweis auf seine Feldherrngaben und seine
Milde und Gerechtigkeit gegenüber den Besiegten wird
angeschlossen. Dennoch wird die Rolle, die dieser „Pole
von Geburt, der Deutsch nur schlecht sprach" (S. 214),
damals in Siebenbürgen spielte, der Mehrzahl der deutschen
Leser ganz undurchsichtig bleiben. Ebensowenig
können der nur so erwähnte „Kommandierende
Baron Puchner" (S. 213) und „der russische
Einmarsch" (S. 212) anderweitig nicht unterrichteten
deutschen Lesern deutliche Größen werden. Gleich vertrauensvoll
, wie hier, steht der Verfasser dem Wissen
seiner deutschen Leser sonst allerdings nicht gegenüber;
doch würde seine Darstellung auch an einigen andern
Stellen gewonnen haben, wenn er überall bedacht hätte,
wie viel besser, als die Reichsdeutschen, seine Landsleute
über die politische Geschichte der Gebiete unterrichtet
sind, die für uns, wenn auch nicht, wie in der
Zeit des Dr. Faust, „hinten weit in der Türkei", so
doch unmittelbar an ihren alten Grenzen liegen. Inbe-
zug auf die geographischen Kenntnisse der deut-

1 sehen Leser stand die erste Auflage dieses Buches mehr
auf dem Boden der Wirklichkeit: sie gab eine Karte bei.
Daß diese Karte Siebenbürgens weggefallen ist, paßt
zu der „2. vermehrten Auflage" nicht! Es wäre ihr
dienlicher gewesen, wenn eine zweite Karte, eine Karte

I von Großrumänien, h i n z u g e k o m m e n wäre. Auch

j ein Register (wenigstens der Personen) hätte eine dankenswerte
„Vermehrung" der 1. Auflage dargestellt;

I denn sein „Fehlen" ist an dieser — nicht zu ihrem Lobe!
hervorgehoben worden.

Die Ergänzung bis zur Gegenwart (1923) hat an die
Stelle des 11. und 12. „Kapitels" der 1. Auflage (11:
„Unter dem Dualismus. Von 1868 an", 12: „Ergebnisse
") drei „Abschnitte" treten lassen: „11. Unter
dem Dualismus, 1868—1918", „12. Nach dem Zu-
| sammenbruch, 1918—1923", „13. Ergebnisse". In den
! 11. Abschnitt ist hineingenommen, was in dem Kapitel
; „Ergebnisse" der 1. Auflage (S. 281—345) über die
erste Zeit des Weltkriegs und über das neue Wahlgesetz
gesagt war, das 1915 ins Leben treten sollte. Dadurch
und durch den Wegfall zweier „Bilder aus der [Zeit
der] Mobilisierung" (1. Aufl. S. 333—343) hat der
letzte Abschnitt der neuen Auflage (S. 313—360) eine