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Ausgabe:

1926 Nr. 12

Spalte:

318-319

Autor/Hrsg.:

Cook, Arthur Bernard

Titel/Untertitel:

Zeus. A study in Ancient Religion. Vol. II 1926

Rezensent:

Haas, Hans

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Theologische Literaturzeitung 1926 Nr. 12.

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des Allerhöchsten, nach dem er sich nicht zu greifen
traut, und was der Christenheit ganz abhanden gekommen
ist, der Ausdruck ist in den Tagebüchern
1849/50 stehend. Einen Mißbrauch dieses Wortes
konnte er nicht ertragen.

In der ersten Abteilung des 10. Bands tritt mehr der
persönliche Kampf hervor; in der zweiten, wo er in der
Ruhe der vorläufigen Entscheidung steht, mehr die
innere Durchreflektierung seiner Auffassung vom
Christentum. Nahezu siebzigmal findet sich in den
beiden Bänden eine Beziehung auf Luther. Kierkegaard
hat gut genug gewußt, daß die Auffassung vom
Christentum, die in der Krankheit zum Tode und in der
Einübung sich ausspricht, kein einfaches Verhältnis zur
im Sinne der Reformation verstandenen Gnade Gottes
hat. Er hat darum in jenen Jahren bewußter und
entscheidender mit Luther gerungen als sonst. Unter
den Erbauungsschriften, die er für sich persönlich liest,
sind doch Luthers Predigten in einer dänischen Ausgabe
der Postillen ihm am wichtigsten gewesen. Häufig
notiert er, und zwar mit Freude und Bewunderung, Predigtgedanken
Luthers. Aber gelegentlich kritisiert er
ihn auch, und zur Abstumpfung der sittlichen Forderung
in der Gegenwart, wie viele tun, darf Luthers
Evangelium nicht gebraucht werden. Was ihn danach
von Luther unterseneidet, ist ihm ein Gegensatz nicht
in der Sache, sondern in der geschichtlichen Lage und
der aus ihr erwachsenden Aufgabe. Das führt dann zur
Einzelauseinandersetzung. Und aus ihr ergibt sich als
eins der großen Hauptthemen von 1849 50 der Sinn
der göttlichen (in ade. Er wird in Bd. X 2 an über
dreißig Stellen erörtert, sei es in der Form „Gesetz und
Gnade" (z. B. X 2 A 239), sei es in der Form „Christus
als Vorbild und als Versöhner" (z.B. X2 A 170), sein
Tod als Gericht und als Barmherzigkeit (z. B. X 2
A 189). Ich gebe als Beispiel seiner Gedanken X 2
A 170 (gerade weil in dem Vergleiche ein dialektischer
Fehler steckt):

„Was da Qal. 2 steht: .Durch das Ocsetz bin ich dem Qesetze
gestorben' entspricht (tanz der Darstellung, die ich vom Verhalten des
.Vorbilds' zu geben pflege. Das .Vorbild' soll dargestellt werden als
die Forderung, Und dann zermalmt es dich. Dann verwandelt (ich das
Vorbild (welches ja Christus ist) in etwas andres, in die Onade und
das Erbarmen, und gerade Er greift nach dir, um dir zu helfen.
So bist du ja durch das Vorbild dem Vorbilde gestorben."

Mit dem allen ist der Reichtum der beiden Bände
natürlich nicht erschöpft. Aus Bd. X 1 notiere ich noch
an einzelnen Beispielen: über das Gewissen A 51, über
Gottes Erhabenheit A 60. 64., über Lessing und die
Wolfenbiitteler Fragmente A 363. 371. 373. 379. 401.
Aus Bd. X 2 notiere ich außer den zahlreichen Auseinandersetzungen
mit dem als tieferen Denker geschätzten
, ja als solcher mit Hegel und Daub fast in einem Atem
genannten (A 401) Julius Müller noch den klaren und
scharfen Gottesbegriff A 401. 426 („die unendlich zwingende
Subjektivität" oder „die Subjektivität im absoluten
Sinne"), die Abgrenzung des Paradox und des
Absurden gegen den Unsinn A 354, die Äußerungen über
Gnadenwahl und Wahlfreiheit A 301. 428. Die für sein
lebendiges Verhältnis zu Christus kennzeichnenden
Stellen lassen sich nicht so einzeln aussondern. Dafür
mag auf das Wort X 2 A 112 hingewiesen sein, das
die ganze Kindlichkeit des Gebetslebens dieses reflektierten
Menschen offenbart.

Soviel allein von diesen zwei Bänden. Es ist jeder
größeren öffentlichen theologischen Bibliothek in
Deutschland anzuraten, die Ausgabe der Papirer sich anzuschaffen
. Die Menschen, die um sie lesen zu können
dänisch lernen, werden sich immer finden; sie sind
gerade unter den jungen Theologen nicht so sehr selten.

Vielleicht darf ich anmerkungsweis einige Druckfehler zu Band
X 1 und X 2 notieren. X 1 S. 18 Z. I v. o. statt kun lies hun. —
X 1 S. 204 Z. 2 v. u. statt Gu lies Qud. — X 2 S. 303 Z. 18 v. o.
statt ska lies skal. — Zu X2A 521 muß Joh. 10,2 zitiert werden.

Göttingen. E Hirsch.

The sacred Books of the East translated by various oriental
Scholars and edited by F. Max Müller, Vol. XXXV: The Questions
of King Milinda transl. from the Päli by T. W. Rhys Davids.
Impression of 1025, London: Humphrey Milford, Oxford Uni-
versity Press. (L u. 320 S.) gr. 8°.

Ein bloßer Neudruck des Originaldruckes von 1890
ohne irgendwelche Änderung, sodaß kritische Bemerkungen
sich erübrigen. Ehre dem Andenken des unvergeßlichen
Übersetzers dieser (angebl.) Disputation des
griechisch-indischen Königs Menander mit einem buddhistischen
Weisen.

Königsberg i. Pr. R. O. Franke.

Cook, Arthur Bernard : Zeus. A study in Ancient Religion. Vol. II:
Zeus god of the Dark Sky (Thunder and Lightning). Part I:
Text and Notes; Part II: Appendixes and Index. Cambridge: Uni-
versity Press 1925. (XLIII, IV u. 1397 S. m. 47 Taf. U. 1024 Abb.)
gr. t°. £ 8/8—.

Was wäre ich, als ich vor langen Jahren an meinem
literarischen Erstling „Der Zug zum Monotheismus in
den homerischen Epen und in den Dichtungen des He-
siod, Pindar und Äschylus" arbeitete, froh darum gewesen
, ein Werk nützen zu können wie das von A. B.
Cook „Zeus. A study in ancient religion"! Mir liegt
von ihm zur Anzeige nur Vol. II vor: Zeus god of the
dark sky (thunder and lightning), 1397 Seiten stattlichen
Formats (Schriftspiegel 19: 11 cm) mit einem Anmerkungsapparat
in Petit, der oft den größten Teil der einzelnen
Seiten einnimmt. Auch wenn man anderes nicht
zu tun hätte, ausreichende Lektüre für ein ganzes Jahr!
An Fleiß, Belesenheit, Gelehrsamkeit auf seinem Gebiete
hat der Autor doch kaum wohl seinesgleichen,
es sei denn etwa nur an einem jetzt dahingegangenen
deutschen Altphilologen, an O. Gruppe, an den man
angesichts dieser gigantischen Monographie darum erinnert
werden mag, weil auch er uns als eine seiner
letzten Abhandlungen eine Studie „Die Anfänge des
Zeuskultus" (Neue Jahrb. f. klass. Altertum, 1918)
hinterlassen hat. In Ansehung ihres Umfanges freilich
— sie nimmt a. a. O. nur die Seiten 289—302 ein —
kontrastiert gerade sie in grotesker Weise mit der ozeanischen
Ausdehnung dieser in die minutiösesten Einzelheiten
gehenden und über die Welt der Antike hinaus
zu allen Völkern schweifenden Untersuchung von Cook,
der als Fellow and Lecturer of Queen's College, Cambridge
, Reader in Classical Archaeology to the Univer-
sity of Cambridge doch, sollte man wohl meinen, nicht
dem Olympier einzig leben, ihm einzig sterben kann.
Eine Vorstellung von dem inhaltlichen Reichtum des
zweigeteilten 2. Bandes mag die Angabe vermitteln, daß
die beiden Indices (I. Persons, Places, Festivals; ILSub-
jects, Authorities), die der Verfasser sich ja keinesfalls
schenken konnte und an deren Herstellung er, sie wirklich
diensam zu machen, die entsagungsvolle Arbeit
eines Jahres gesetzt haben muß, mehr als 30 000 Einträge
enthalten. Nicht vergessen sei auch, zu erwähnen,
daß dieser 2. Band außer 47 ganzseitigen Bildtafeln nicht
weniger als 1025 Textabbildungen aufweist, nachdem
der 1. Band bereits 42 Tafeln und 569 Textbilder geboten
hatte. Vol. I: „Zeus god of the bright sky"
hatte von Zeus als dem Gott des leuchtenden
Himmels gehandelt, dessen Entwicklung von der
frühhellenischen bis zur hellenistischen Zeit da
verfolgt ist. Befaßt er daher die in der vorklassischen
Periode vor sich gegangene Wandlung von Zeus, dem
als belebt vorgestellten Lichthimmel, zu Zeus, dem
anthropomorphisch gedachten Himmelsgott, und die
nachklassische Verknüpfung des letzteren mit anderen
Manifestationen himmlischen Lichtglanzes, mit Sonne,
Mond und Sternen, so hat sich der Autor in diesem Fort-
setzungsbandc die Aufgabe gestellt, die Konzeption des
Zeus als des Donner- und Blitzgottes gleicheingehender
Untersuchung zu unterziehen. Was sich Cook nach dem
Vorwort darüber hinaus noch weiter vorgenommen hat,
ist: in einem 3. Bande („already planned and partly
written") den Beziehungen seines Zeus zu anderen Phänomenen
— Wolken und Regen, Wind und Tau, Erd-