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Ausgabe: | 1926 Nr. 11 |
Spalte: | 304-305 |
Autor/Hrsg.: | Simon, Gottfried |
Titel/Untertitel: | Missionserfahrungen 1926 |
Rezensent: | Schomerus, Christoph |
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303 Theologische Literaturzeitung 1926 Nr. 11. 304
gewiesen sei. Im Übrigen ist dieses Buch wesentlich
für den Forscher bestimmt und setzt eine genaue Kenntnis
der oberösterreichischen Geschichte voraus. Erläuterungen
, Notizen zu Personen und Zuständen sind relativ
selten. Fragt man nach dem allgemeinen Eindruck der
Arbeit, so wird sie der Leser beim ersten Blick für Re-
gesten des oberösterreichischen Protestantismus halten.
Darum handelt es sich indessen nicht. Ein Vergleich
mit Loesches eigner Darstellung in seiner Geschichte
des österreichischen Protestantismus ergibt, daß eine
Anzahl von Urkunden fehlen. Ich nenne folgendes: Die
Geschichte des Protestantismus nennt als Jahre der
wiederholten Klagen der Evangelischen 1532, 1542,
1556 und 1562 (S. 49, dazu Anm. 330). Die neue Veröffentlichung
bringt Akten von 1531, 1541 und 1563.
Die Klage des Nuntius Varalla vom 10. Sept. 1541
(Gesch. S. 49) ist neuerdings nicht angeführt, ebensowenig
die „drohende Bitte der Stände" vom 1. Jan. 1566
und deren ungnädige Beantwortung (ebda.), der Landtagsbeschluß
vom Februar 1574 (Gesch. S. 50 Anm.
334), die oberösterreichische Kirchenordnung von 1576
(S. 50 Anm. 335), das „kleine Inzwischen" (ebda. Anm.
336), die Annahme der Kirchenordnung von 1671 (ebda.
Anm. 341), der Bescheid der Oberösterreicher nach
Prag vom 21. Dez. 1595 (S. 53 Anm. 376), die Versuche
vom 13. Februar und November 1598, öffentliche Religionsübung
durchzusetzen (S. 54 Anm. 382), das Schreiben
des Erzherzogs Matthias an Kaiser Rudolf II. vom
27. Januar 1600 (S. 55 Anm. 384), die Entschuldigung
der Stände vor der Reformationskommission vom 2. April
1635 (S. 65 Anm. 432), die Verhandlungsschrift vom
2. März 1752 (S. 70 Anm. 456), die Interzession des
corpus evangelium vom 2. Oktober 1752 (S. 71 Anm.
465) u. a. Es wäre Loesche ein leichtes gewesen, die
Fund- oder Veröffentlichungsorte dieser Urkunden anzugeben
, und dem nacharbeitenden Forscher wäre viel
erspart, denn diese Angaben fehlen auch in der „Geschichte
". Über Breite in der neuen Veröffentlichung
Wird man gewiß nicht klagen können, aber es wiederholen
sich die Vorgänge bei der Protestantenverfolgung
sehr häufig, und da hätte gekürzt werden können. Wäre
das geschehen, so hätte der ausgesparte Raum für
manche Ergänzung in der oben angedeuteten Weise verwandt
werden können, und wir besäßen ein vollständiges
Regestenbuch. So muß der Forscher doch immer wieder
die früheren Darstellungen Loesches und seiner Vorgänger
benutzen, um ein lückenloses Bild der Entwicke-
Iung zu gewinnen.
An Kleinigkeiten erwähne ich, daß Loesche vielfach
die altertümliche Sprache seiner Vorlagen, und zwar
ohne Anführungszeichen übernimmt. S. 82 lesen wir
z. B. den Satz: „In der Tat nehmen die Bauern Sachen
für, die nicht gut sind; aber sie werden auch viel dazu
geursacht". So lange es sich um ohne weiteres verständliche
Sätze handelt, wird das nicht weiter stören.
Aber nicht jeder reichsdeutsche Leser wird ohne weiteres
verstehen, was „Skalieren" heißt (S. 83 Z. 19 v. u.), was
die „obderennsischen Gesandten" sind (S. 91 Z. 16 v. u.),
was man unter „Krida" (S. 96 Z. 25 v. u.) oder „Quardi*
(S. 151 Z. 14 v. o.) zu verstehen hat, oder daß „viel
wenig" (S. 117 Z. 17 v. u.) „sehr wenig" bedeutet.
Über die mehrfach vorkommende Form „aufgewickelt"
statt aufgewiegelt (z. B. S. 118 Z. 13 v. u.) dürfte
mancher Leser stolpern. Ungeschickt formuliert ist folgender
Satz: „Die durch die Reformation bestehende
Gefahr eines neuen Aufstandes erachten die Stände für
ihre Pflicht, dem Kaiser vor Augen zu halten" (S. 85 Z.
18 v. u.), ebenso hätte die Abkürzung „Chur- und
Fürsten" (S. 90 Z. 24 v. u.) vermieden werden sollen.
Auch der Satz: „Berichtabforderung, wie . . . der . . .
Beschwerde betreffs unterlassen sein sollender christlicher
Lehr Und gewöhnlich gewesenen Segens abgeholfen
worden" ist ein Schönheitsfehler (S. 109 Z. 4 ff.
v. o.). Die Namen Geimann (S. 92 Z. 19 v. o. vgl. mit
S. 82 Z. 2 v. o.) und Kuefstein (S. 99 und 101) hätten
einheitlich geschrieben werden sollen. Seiten- oder Datumszahlen
bei Verweisungen hätten nicht fehlen dürfen
(z. B. S. 126 Z. 26 v. o.); beim Begriff „Rockenreisen
" (S. 130 Z. 25 v. o.) stört die falsche Verweisung
stark. Warum ist der gute Brauch, lateinische
Worte auch in lateinischer Schrift zu drucken, in der
zweiten Hälfte des Buches zugunsten des schlechteren,
lateinische Worte in gothischer Schrift sich nicht abheben
zu lassen, aufgegeben worden?
Der verdiente Erforscher des österreichischen Protestantismus
hat das seltene Glück, das Programm seiner
Lebensarbeit im besprochenen Buche bis dicht vor seinen
Abschluß geführt zu haben. Ein Band über den Protestantismus
in Tirol ist in Vorbereitung (S. 61 Anm. 1).
Möge es Loesche vergönnt sein, sich recht lange seines
großen und schönen Lebenswerkes freuen zu können!
Rostock. v. Walter.
Kirchliches Jahrbuch für die evangelischen Landeskirchen Deutschlands
1925. Ein Hilfsbuch zur Kirchenkunde der Gegenwart. In Verbind,
m. a. hrsg. von D. J. Schneider. 52. Jahrgang Gütersloh:
C. Bertelsmann 1925. (XI, 085 S.) S°. geb. Rm. 20—.
Nach den mancherlei Abwandlungen und Lücken
verursachenden Unruhezeiten ist das Jahrbuch zu einem
festen Stand gekommen: es bringt jedes Jahr die
gleichen Kapitel, und es weist 1925 die gleichen Mitarbeiter
auf wie 1924. Nur hat für den Herausgeber
Pfr. Troschke (Berlin) die, wenn auch nicht fehlerlose,
so doch sehr sorgfältige Bearbeitung des Personalstands
übernommen; und der einleitende Aufsatz bespricht die
Neuordnung der Kirchenverfassung in Preußen (Vf.
Karnatz; sehr sachkundig und weitblickend). Auch die
Stoffauswahl ist dieselbe; nur ist beim Kap. Innere
Mission ein Anhang über den Ev. Preßverband für
Deutschland beigegeben (Verf. Hinderer). Wie wertvoll
die Fortsetzung der Geschichte des kirchlichen
Lebens ist, das wird z. B. beim Kap. Heidenmission,
aber auch beim evang. Auslandsdeutschtum, das Schubert
wieder trefflich bearbeitet hat, infolge des raschen
Wechsels der Verhältnisse besonders deutlich. Die Kapp,
Kirchliche Statistik und Kirchliche Zeitlage nehmen einen
beträchtlichen Teil des Bandes ein; sie sind aber
auch hervorragend wichtig. Vermerkt sei, daß die
Kirchenaustritte zum „Atheismus" 1923 weiter gesunken
sind (für ganz Deutschland 1921: 246 302, 1922:
149,709, 1923: 116 866), daß sie aber im Vergleich
mit 1910 (vor der Austrittsbewegung: 12 297) immer
noch sehr hoch sind. Die Zahl der Theologiestudierenden
ist bis 1924/25 ständig im Sinken; seit 1878 ist sie
(nach Schneider) nicht so niedrig gewesen wie jetzt;
der Pfarrermangel stehe unmittelbar vor der Tür. Daß
die in Altpreußen gesammelte Kollekte für bedürftige
Theologiestudierende immer noch dem Ministerium
überwiesen werde (S. 127), trifft hoffentlich nur noch
für wenige Provinzen zu; für Schlesien stimmt es nicht.
Bei der Tabelle über die wahlfähigen Kandidaten (S.
131) müßten, soll sie nicht mißverstanden werden, erläuternde
Angaben beigefügt weiden; die Provinzial-
kirchen verfahren eben mit der Ordination nicht gleichmäßig
. Mit diesen wenigen Bemerkungen mag es genug
sein. Nur noch ein Wunsch: eine möglichst erschöpfende,
sachlich geordnete, sich auf die wichtigsten tatsächlichen
Angaben beschränkende Übersicht über alle
kirchlichen Vereine wäre von Zeit zu Zeit sehr wünschenswert
. Das unentbehrliche Handbuch wird sich
immer stärker durchsetzen.
Breslau. M. Schi an.
Simon, Gottfried: Missionserfahrungen. Bethel b. Bielefeld:
Verlagsbuchh. d. Anstalt Bethel 1925. (103 S.) gr. 8°. Rm. 1—,
In früheren Jahren gehaltene Vorträge hat der
Verfasser, ein ehemaliger Missionar der Rheinischen
Mission, jetzt Dozent für Missions- und Religionskunde
an der theologischen Schule zu Bethel, „durch Überarbeitung
in ein neuzeitliches Gewand gebracht" und