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Ausgabe:

1926 Nr. 11

Spalte:

296-297

Autor/Hrsg.:

Boethi, Anici Manli Severini

Titel/Untertitel:

De Consolatione Philosophiae 1926

Rezensent:

Krüger, Gerhard

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Theologische Literaturzeitung 1926 Nr. 11.

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sönlich bewegten Protest eines Theologen der älteren
Generation dar, gerichtet gegen die neue dem Historismus
feindliche theologische Lehre, als deren Vertreter
hier nur Brunner genannt wird und auch dieser nur in
den Anmerkungen. Es ist ein Protest und keine Auseinandersetzung
. Im ersten Teil wird allerdings in einer
mit glücklich gewählten Zitaten unterbauten Darstellung
die Entstehung des Historismus aus der Aufklärung und
die besondere Bedeutung des Historismus für die Bibel
aufgezeigt: Descartes' Worte über die Wahrheitserkenntnis
der Philosophie bedeuten die Geburt der modernen
Weltbetrachtung, und Spinozas „Theologisch-politischer
Traktat" enthält die Keime der modernen Bibelwissenschaft
. Aber nachdem die relativ eindeutige Stellung des
Katholizismus zu diesen Dingen und die problematische
des Protestantismus, für den der Historismus eine gegebene
Tatsache bedeutet, in Beispielen angedeutet ist.
geht Krüger zu einer Charakteristik der gegenwärtigen
Lage über: für die Bibelgläubigen sans phrase wie für
alle, denen der Offenbarungswert der Bibel gleichgiltig
ist, kommt das Problem nicht in Frage, dem älteren Geschlecht
hat „der Höhenweg, den uns der deutsche Idealismus
geführt hat", Lösung der Problematik gebracht,
die jüngsten sind demgegenüber von der Unzulänglichkeit
jedes anthropozentrischen Standpunktes überzeugt
und suchen im Glauben an das Wort, also in einer Art
neuem Biblizismus, die Entscheidung der Frage, die
durch das Gegenüber von Historismus und Bibel gestellt
ist. Die Gefahr, die eine etwaige Verknöcherung dieses
Standpunktes bei der Gefolgschaft der neuen Theologen
für die Theologischen Fakultäten bedeuten würde, wird
eindrucksvoll geschildert, ein wirklich lebensvolles Bild
der jüngsten Richtung aber kommt nicht zustande. Ich
meine, der bekämpfte Gegner hätte eigentlich Anspruch
darauf, gerade von dem Sprecher des Historismus etwas
— historischer genommen zu werden. Denn die ganze
Bewegung, um die es sich handelt, ist doch zutiefst in
unserer geistigen Lage gegründet, und es würde gerade
als Kritik ihrer Ansprüche eine historisierende Darstellung
willkommen sein, die das Zeitverhaftete dieser
Zeit- und Geschichtsverächter nachwiese. Zugleich aber
ergäbe sich daraus natürlich auch eine beträchtlich starke
Rechtfertigung der Neologen, da was sie sagen, wirklich
Ausdruck geistiger Notwendigkeiten ist. Endlich würde
der Verf. auf die angedeutete Weise auch den Bedürfnissen
seiner Hörer wahrscheinlich gedient haben, denn
ich zweifle, ob das Bild der neuen Theologie den Unkundigen
unter ihnen deutlich geworden ist.

Nachdem diese grundsätzlichen Bedenken betont
sind, kann ich mir nicht nur sehr viele Ausführungen
des Verf. zu eigen machen, sondern ich kann vor allem
dem charaktervollen Ethos der Rede, dem Mut zur Un-
modernität, der Treue zu geistigen Erkenntnissen, die
uns wahrhaftig als Offenbarungen aufgegangen sind,
meine lebhafte Zustimmung aussprechen.

Heidelberg. Martin Di bei ins.

Acta Conciliorum Oecumenlcorutn. Jussu atque mandato Societatis
scientariarum Argentoratensis ed. Eduardus Schwärt z. Tomus 1:
Concilütm universale Ephesenum vol. V. Pars prior. Fase. IV u. V.
Berlin: W. de Gruyter cV Co. 1024—1025. (VII, XVIII, S. 232—41b.)
4°. Rm. 34—.

Die beiden fasc. IV und V bilden den 2. Teil von
vol. V des Concilium Ephesenum, mit der Vorrede zu
diesem Teil und den Indices zu beiden Teilen (siehe
diese Ztg. 1925, 298 ff.). Der 2. Teil bringt zunächst
die Epistula synodica Cyrills an Nestorius in der Übersetzung
des Dionysius Exiguus, von der Schw. zeigt, daß
sie höchstwahrscheinlich i. J. 497 zu Rom angefertigt
wurde. In den verschiedenen Handschriften liegen aber
offenkundig zwei Rezensionen dieser Übersetzung vor,
von denen die zweite nicht bloß verdorbene Lesarten,
sondern die Übersetzung selbst, sogar an der Hand des
griechischen Textes, verbessert. Und da diese Rezension
(in den Capitula Cyrills) sich schon in dem libellus
fidei findet, den Johannes Maxentius i. J. 519 zu Konstantinopel
den römischen Legaten übergab, so wird sie
bald nach der ersten von Dionysius selber oder von
seinem Freunde Maxentius hergestellt worden sein. Die
erste, durch die Codices Bodleianus und Berolinensis vertretene
Textgestalt gibt auch der Abdruck in der Sammlung
des Basler Humanisten Joh. Sichard v. J. 1528
wieder. Sichard selber sagt nicht, woher er die Stücke
seiner Sammlung bezogen habe. Sie müssen aber aus
einer und derselben, dem cod. Berol. nahe verwandten
I Handschrift stammen. Darum veröffentlicht auch Schw.
I sie in derselben Reihenfolge und unter dem Titel
„Collectio Sichardiana": die sog. zwölf Kapitel des
Nestorius (die nicht von diesem selbst, sondern von
einem Anhänger verfaßt sind); die Schrift Cyrills an
Euoptius zur Verteidigung seiner zwölf Kapitel gegen die
Einwände Theodorets von Cyrus (die wörtlich wiedergegeben
sind), dazu aus Cyrills Verteidigung gegen die
j orientalischen Bischöfe die Ausführungen zu Kap. lü
j bis 12; das Dekret der Synode der Orientalen und das
Glaubensbekenntnis, das von ihren Abgesandten dem
Kaiser Theodosius IL vorgelegt wurde; die Widerlegung
der 12 cyrillischen Kapitel von einem Unbekannten; den
Brief des Dionysius Exiguus an Johannes und Leontius
und seine Übersetzung der Briefe Cyrills an Successus
und des zweiten Teils des Briefes an Acacius (eine Zu-
I sammenstellung, die Dionysius in einer griechischen
| Handschrift vorgefunden zu haben scheint); dazu fügt
| Schw. nach dem Fortgang im cod. Paris, die Ansprache
des Bischofs Paulus von Emesa an die Alexandriner
und die Antwort Cyrills darauf, einen Brief Johanns
von Antiochien an Cyrill betreffs Theodors von
Mopsuestia und die Antwort Cyrills darauf, endlich einen
Brief Theodorets von Cyrus an Dioskur von Alexandrien
. Es folgen aus der „Collectio Quesneliana" der
Brief des Athanasius an Epiktet, ein Brief Cyrills an
Johann von Antiochien und ein Brief Cyrills an Nestorius
. Diese Sammlung des Paschatius Quesnel geht auf
eine Sammlung zurück, die ein gallischer Kirchenrechts-
beflissener am Ende des 5. oder Anfang des 6. Jahrhunderts
unter Bevorzugung römischen Stoffes fertig gestellt
haben muß, da die Handschriften aus Gallien
j stammen, die Übersetzung der Briefstückc aber in dieser
Verbindung unter Leo I. ins Archiv des römischen
Stuhles gekommen sein muß. Den Schluß machen 25
Stücke der „Collectio Winteriana" (von Robert Winter,
Basel 1542), deren Übersetzer unbekannt ist. Übersetzung
und Reihenfolge berühren sich mit dem griechischen
cod. Athen. 9. Beigegeben sind vorzügliche
Indices zum vol. V: der Schriftstücke, der Stellen aus
der Hl. Schrift, der Anführungen aus andern Schriftstellern
, der Personennamen, der Orte, besonderer lateinischer
Wörter mit Angabe der entsprechenden griechischen
, der griechischen Wörter, die als solche belassen
sind, endlich einiger grammatischer Eigentümlichkeiten
.

München. Hugo Koch.

Boethi, Anici Manli Severini: De Consolatione Philosophiae.

Libri quinque. Quos dermo reoognivit adnotationihus illustravlt
adiectis apparatu critico bibliographia indieibus biblioo et ala-
gcriano Adrianus a Forti Scuto. Opus mortuo auetore, appositis
ad mentem ipsius praeuia dissertatione, appendieibus, indice generali
& c. edendum curauit Qeorgius D. Smith. London: Burru
Oates & Washbourne 1Q25. (XLVIII, 225 S.) 8°. sh. 12/0.

Der Verfasser dieser schönen Ausgabe des Meisterwerks
des Boethius ist kurz vor der Vollendung seiner
Arbeit gestorben. Was daran noch fehlte, konnte ein
treuer Freund aus hinterlassenen Notizen leicht und vollständig
ergänzen. Zugrunde gelegt ist der Text der
Peiperschen Ausgabe unter Heranziehung der Verbesserungsvorschläge
, die Engelbrecht bereit gestellt hat,
dessen zweiten Aufsatz in den Wiener Studien 39 (1917)
ich allerdings nicht erwähnt finde. Ein freilich nicht
bis in alle Einzelheiten dringender Vergleich berechtigt
zu der Annahme, daß wir es mit einem zuverlässig gearbeiteten
Text zu tun haben, so daß die neue Ausgabe