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Ausgabe:

1926 Nr. 1

Spalte:

283

Autor/Hrsg.:

Carolsfeld-Krausé, A.

Titel/Untertitel:

Bekenntnisse eines Spiritisten 1926

Rezensent:

Mayer, Emil Walter

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Seite 1

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283

Theologische Literaturzeitung 1926 Nr. 10.

Krankheitsfälle, Einzelheiten der Böhme-Auffassung u. a. zu bringen,
stärkeres Gewicht auf die menschlichen Züge zu legen. Hier hat er
sich sehr schöne Zeugnisse in Baaders Briefen unbegreiflicherweise
entgehen lassen. Trotzdem wird der Leser oft genug dankbar sein, von
Baader selbst einen Schlüssel zum Verständnis seines Denkens zu erhalten
(namentlich in den wichtigen Briefen an Pf. Sperl S, 139 ff.
und Emilie Linder S. 185 ff.) und hin und wieder einen Blick in diese
seltsame, lautere Manncsseele tun zu dürfen.

z. Zt. Gießen. Heinrich Born kämm.

Carolsfeld-Krause, A.: Bekenntnisse eines Spiritisten.

Ein Zeitbild. Nach Aufzeichn. v. A. Carolsfeld-Krause.

Hrsg. v. H. Ma rte n se n - Larsen. Aus d. Dan. m. Kürzungen d.

Hrsg. übers, v. A. Martius. Hamburg: Agentur d. Rauhen

Hauses 1925. (130 S.) 8°. Rm. 2.50; geb. 3.50.

Nachdem Domprobst H. Martensen - Larsen im
Herbst 1921 zu Roskilde einen Vortrag gehalten hatte
über das Thema „Von dem Blendwerk des Spiritismus
und den Rätseln der Seele", wandte sich einer seiner
Zuhörer an ihn und erzählte ihm von den eigenen Erfahrungen
auf „diesem Gebiet". Gleichzeitig überreichte
der Fremde, der sich als ein Photograph Carolsfeld-
Krause entpuppte und längere Zeit eine bedeutende Rolle
in dem Roskilder Spiritistenverein gespielt hatte, dem
Vortragenden „zu beliebigem Gebrauch" ein von ihm
ausgearbeitetes Manuskript, das einen Einblick in „die
geistige Werkstatt des Spiritismus" eröffnen und zeigen
sollte, wie die „Dämpfe aus diesem Hexenkessel eine
Menschenseele umnebeln, ja, vergiften, so daß sie dem
Tode nahe kommt", „wenn sie nicht aus dem Fangnetz
des Spiritismus befreit wird und den gesuchten Trost
und Frieden im evangelischen Christenglauben findet".
Dies Manuskript veröffentlicht nun hier Martensen-Lar-
sen als Ergänzung zu seiner Schrift von „dem Blend- j
werk des Spiritismus und von den Rätseln der Seele"
1924; nicht daß er die Realität spiritistischer Phänomene
schlechterdings leugnen oder gar von der wissenschaftlichen
oder psychologischen Erforschung des Spiritismus
abraten wollte, — ganz im Gegenteil —; sondern
lediglich als ein lehrreiches „docurnent humain", um
vor der Beschäftigung mit dem Spiritismus speziell solche
zu warnen, die darin religiöse Aufschlüsse oder
Kräftigung ihrer religiösen Überzeugung suchen möch-
1 on. Man wird kaum leugnen können, daß die Lektüre der
zunächst wohl seltsam erscheinenden Schrift zu solcher
Warnung dienen kann.

Gießen. E. W. Mayer (Straßburg).

PI es, Kanonikus Paul R.: Die Heilsfrage der Heiden. Aachen:
Xavecius-Verlagsbuchh. 1925. (195 S.) S°. = Abhandlungen aus
Alissiouskunde und Missionsgeschichte, Heft 40. Rm. 3.20.

Zu dieser Studie veranlaßte den Verfasser die Lektüre
zweier französischen Werke von L. Caperan, Professor
am Grand Seminaire zu Agen: Le probleme du
salut des infideles, Essai historique und Essai theolo-
gique, Paris 1912, denen er einige deutsche Werke zur
Seite stellt, besonders W. Stockums, Das Los der ohne
Taufe sterbenden Kinder, Freiburg 1923, und F. Schmid,
Die außerordentlichen Heilswege für die gefallene
Menschheit, Brixen 1899. Eine eigene eingehende Lektüre
der Kirchenväter und Scholastiker scheint nicht
zugrunde zu liegen; ebenso hat es der Verfasser vermieden
, die evangelische Literatur zu der Frage einzusehen
, die z. B. Scheibe in Rel. in Gesch. u. Geg. II
2018f. aufzählt; aber auch den Pater W. Schmidt und
seine Theorie kennt er nur aus Esser und Mausbach
„Christentum und Kirche" I. Luther und Kalvin kommen
nicht eigentlich zu Worte, sie werden mit den in der
kath. Apologetik üblichen Gemeinplätzen abgetan; dem
Verfasser ist es zu sehr um Verteidigung und Verherr- ;
lichung des Katholizismus zu tun, das hindert ihn, das
Problem auch mit den Augen des Augustinus und
wiederum Luthers und Kalvins zu sehen. Mit diesen j
Einschränkungen aber ist das Buch wohl geeignet, !
einen Einblick in die katholische Arbeit an dem Problem
„Heidentum und Erlösung durch Christus" zu
geben.

Der I. Teil („Heilsinöglichkeit") beginnt mit einer nicht ganz
Ungezwungenen Exegese alttestamentlicher und neutestamcntlicher
Stellen, die zeigen will, daß das A.T., Jesus, die Apostel den Heiden
die Heilsmöglichkeit eröffnen, sobald ein solcher Heide anerkennt, daß
es einen Gott gibt, der sich um den Menschen und sein Leben
kümmert (nach Hebr. 11, 5. 6). Von den Kirchenvätern sind
zweifellos Justin, Klemens von Alexandrien, Irenaus für das Heil der
Heiden, wenn sie ihnen eine Wirksamkeit des Logos vor der Inkarnation
zuweisen. Ebenso die Vertreter der auf die bekannten Stellen
des I. Petrusbriefes sich stützenden Ansicht, Christus habe nach seinem
Tode den Seelen der Unterwelt gepredigt und sie dadurch erst vor
die Entscheidung gestellt (Hermas, Klemens, Origenes). Diese Meinung
wurde im Orient von Chrysostomus, im Occident von Gregor
dem Großen abgetan, taucht aber bei Oekumenius und Theophylakt
(zu f. Tim. 2, 4) nochmal in der Form auf: „Christus hat diejenigen
in der Unterwelt befreit, die geglaubt hätten, wenn er ihnen zu
Lebzeiten gepredigt worden wäre". Sonst sind die Väter den Heiden
nicht sehr zugetan; denn die von Pies hochgeschätzte Verlegenheitsausrede
, es gehe keiner verloren anders als durch eigene Schuld
(Gregor v. Nyssa, Chrysostomus), rechnet ja mit dem Unheil. Augustinus
kennt nur das Heil in Christus; wer nicht ausdrücklich an
ihn glaubt, ist verloren. Pies sucht den Augustinus mit allen Mitteln
zu entschuldigen, er rede so, weil er noch nicht die fides implicita,
noch nicht die Unterscheidung der voluntas Dei absoluta und conditio-
nata (seit Jon. v. Damaskus) kenne — aber es hilft alles nichts. So
ist es ihm „geradezu erhebend", was das 2. Konzil von Oranges
sagt, den 22. Canon inbegriffen. Die Scholastik beginnt für die Zeit
vor Christus zu unterscheiden zwischen den majores, die an den
kommenden Erlöser glaubten und so gerettet wurden, und den
minores, die den majores irgendwie nacheiferten und so gerettet wurden
. Alexander v. Haies führt für die Zeit nach Christus als Beispiel
das von den Sarazenen geraubte Kind ein und läßt es zum Heil
kommen: si facit, quod in se est; dann wird Gott es erleuchten entweder
innerlich, oder durch einen Menschen, oder durch einen Engel.
Thomas von Aquin hält die Unterscheidung maiores—minores für die
Zeit vor Christus, ebenso den Engel für die Zeit nach Christus fest
und löst die Frage theologisch mit der Unterscheidung voluntas Dei
conditionalis (Gott will an sich das Heil aller, falls sie mit der
ihnen zuvorkommenden Gnade mitwirken) und voluntas Dei absoluta
(Gott will effektiv das Heil derer, die mitwirken, das Unheil derer,
die nicht mitwirken); zudem folgt Thomas dem Chrysostomus in der
Annahme, daß nunmehr das Evangelium von Christus überall verkündet
sei (Augustinus hatte Rom. 10, 18 als Prophezeiung
aufgefaßt!), also Gott, Vergelter, aber auch Erlöser, Trinität irgendwie
„inbegriffen", implicite, von allen geglaubt werden müsse; es
könne höchstens ganz, vereinzelte Ausnahmen geben, für die dann
jenes facerc, quod in se est wieder gilt. Den „inbegriffenen" Glauben,
die fides implicita, sieht auch Bonaventura als die Lösung an. Diesen
Gedanken, zu denen noch der andere vom Notersatz der Wassertaufe
durch die Begierdtaufe tritt, huldigt die ganze Scholastik (ausgenommen
Gottschalk, Abälard, Gregor v. Rimini, Trithemius). Seit der Entdeckung
Amerikas war aber „das unter Sarazenen aufgewachsene
Kind" kein Schulbeispiel mehr, da standen Millionen Indianer leibhaftig
draußen. Claudius Seyssel sah fmit Vorgängern) das Heil der
Vorfahren jener Heiden in einem limbus adultorum; Albert Pighius
billigte ihnen und ihren Vätern als Heilswcg den Glauben an Gott
und seine Vergeltung zu; Franz. von Vittoria nahm eine .unmittelbare
Beeinflussung dieser Wilden durch Gott an; Melchior Canus und die
Mehrheit der Trienter Konzilstheologen hielten aber nichts von all
dem, es genüge zum Heil nicht ein Vernunftakt, sondern wirklicher
übernatürlicher Glaube müsse es sein. Da kamen die Jesuiten den
Heiden zu Hilfe durch ihre Distinktion: ausdrücklicher Olaube an
Christus und ausdrückliche Begierde nach der Taufe sind notwendig,
aber nicht necessitate medii, sondern necessitate praeeepti, wo also
die Befolgung dieses praeeeptum nicht möglich ist, da gilt es nicht!
Gegen die Jesuiten erhob sich im Janscniismus nochmal die augusti-
nische „Härte". Gegen den Jansenismus siegte Lessius mit der
Distinktion gratia sufficiens — gratia efficax (aufgebracht nach
Capfran durch Heinrich v, Gorkum 1474, Tractatus de Praedestinatione
et Reprobatione, Köln 1474, propositio XV.) Nun verdächtigten die
Enzyklopädisten dennoch gerade den Katholizismus, als hätte er mit
dem Jansenismus die Heiden vom Heil ausgeschlossen, und brachten
die Rede auf: nach den Katholiken sei das Heil eine Sache der
Geographie! Oegen sie benützte der neuere Katholizismus nicht die
Thomas, Bonaventura, Suarez, Lugo, sondern La Mennais' Traditionalismus
in irgendeiner Form: in den religiösen Traditionen steckt
irgendwie die Uroffenbarung, der Glaube daran rettet. (Pies sieht
durch Andrew Lang den Urmonothcismus gesichert.) Hetlinger nahm
noch dazu die Offenbarung Gottes im Gewissen und in der sichtbaren
Schöpfung. De Broglie hieß dies Steckenbleiben im Vernünftigen.
Franzelia erklärte aber: es führt zum übernatürlichen Glauben.
Newman beschreibt den Obergang zum übernatürlichen Glauben so:
es ist ein Gott und Vergelter — ich aber bin ein Sünder — also
Schrei nach Offenbarung, Erlösungssehnsucht.

Im IL Teil (Heilsweg) wird zuerst das Facienti quod in se est.