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Ausgabe:

1926 Nr. 8

Spalte:

215-216

Autor/Hrsg.:

Löw, Immanuel

Titel/Untertitel:

Die Flora der Juden. III. Bd 1926

Rezensent:

Dalman, Gustaf

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215

Theologische Literaturzeitung 1926 Nr. 8.

216

Geschichtlichkeit Jesu erschüttert sei und seine Existenz
zweifelhaft werde, — ohne zu berücksichtigen, daß es
in jedem Fall sich nur um die Berichte von Jesus handeln
würde, daß die christliche Taufe sich ursprünglich
an die Johannestaufe, nicht die Proselytentaufe anschließt
, und daß nirgends hervorgeht, daß die 18 Artikel
von B. Sabb. 13 b etwas durchweg Neues verordneten
, sondern daß viel wahrscheinlicher ist, daß sie
zur allgemeinen Pflicht machten, was vorher nur gewisse
Kreise übten.

Die „Talmudischen Studien" umfassen Liturgisches
in dem vermuteten Sündenbekenntnisse des Samuel (3.
Jahrh.) (J. Abrahams), und in der Vergleichung des
Achtzehngebets mit Gebeten der' Apostolischen Konstitutionen
(K. Kohl er), Literarisches in einer Erörterung
der Einteilung der Mechilta (J. Z. Lauterb ach),
Dogmatisches in der Besprechung der rabbinischen Aussagen
über die Einheit Gottes in ihrem Gegensatz gegen
Heidentum und Christentum (A. M a r m o r s t e i n). Die
„Philosophischen Studien" behandeln die Philosophie
Saadjas (D. Neu mark) und die Gottesbeweise in der
jüd. Religionsphilosophie (H. A. Wolfson). Als
„Poetische Studien" gilt „Moses ibn Chiquitilla als Dichter
" (G. Poznanski), als „Historische Studien" Mitteilungen
über das Leben und ein Gutachten von David
ibn Jahja (A. Marx), als „Moderne Studien" ein
Überblick über die Geschichte der Jüdischen Reform mit
der Frage, ob sie Zerstörung oder Aufbau bedeute, und
der Antwort, daß die „Wissenschaft des Judentums"
ihr positiver Ertrag sei (J. El bogen).
Greifswald. _O. D alman.

Löw, Immanuel: Die Flora der Juden. III: Pedaliaceae
Zygophyllaceae. Wien: R. Löwit 1924. (XI, 522 S.) gr. 8°. =
Veröffentlichungen d. Alexander Kohut Memorial Foundation, Bd. 3

Rm. 18—; geb. 24—.

Dem zweiten Band ist rasch der dritte gefolgt,
sodaß nur der erste noch aussteht. Für die allgemeine
Anlage des wichtigen Werkes sei auf meine Anzeige des
2. Bandes, Jahrg. 1924, Sp. 389 f. verwiesen. Der neue
Band enthält von Baumarten die Koniferen, Platanen,
Christusdorn, Weiden, Pappeln, Tamarisken, Zürgelbäume
, Ulmen, aber auch die Äpfel, Birnen und Citronen,
also ein reiches Material, das für den Bibelforscher wie
für den Palästinafreund von Bedeutung ist. Neben den
hebräischen und aramäischen Lexikographen werden
auch die syrischen und griechischen sich mit ihm auseinanderzusetzen
haben, und die Palästiner erhalten die
Aufgabe zuzusehen, wie die Wirklichkeit ihres Landes
sich dazu verhält. Nehme ich da die Ulme vor, welche
Buhl nach de Lagarde für hebr. tidhär vorschlägt,
während das Targum mit mörän die Esche meint (nicht
Kornelkirsche, so Buhl), so findet sich bei Löw keine
Entscheidung in bezug auf die Bedeutung von tidhär,
das im modernen Palästina hebräisch für die Ulme festgelegt
sei. Aber wir hören, daß syr. daddarä die Ulme
bezeichne, die persisch dardär „Mückenbaum" heiße
nach der Mücke (Gallenmilbe), die auf ihr nistet. Nun
gibt es Gallenmilben in Palästina auf Eichen und Terc-
binthen, mit dardär wird, wie auch Löw erwähnt, hier
die Esche bezeichnet, während die Ulme Palästina fremd
ist, was Löw erwähnen sollte, und auch an den Jordan-
quellen trotz des Zitates bei Ritter nicht gesehen wird.
Nun ist es unwahrscheinlich, daß ein judäischer Prophet
Namen von Bäumen verwendet, die ihm und seinen
Hörern kaum vom Hörensagen bekannt waren, geschweige
, daß er eine Anschauung von ihrer schattenspendenden
Schönheit gehabt hätte. Selbst vom Libanon
ist nach Post die Ulme nicht erweisbar. Dann wird sie
für tidhär ausscheiden müssen, und die Rückkehr zur
Esche des Targums bleibt vorläufig doch das geratenste
. Dies nur ein Beispiel für die Erwägungen,
denen Löw so reiches Material spendet. Daß der Palästiner
auch sonst manches zu bemerken hätte, ist
selbstverständlich. Bei dem Sesam könnte beachtet sein,
daß das Produkt des Mahlens nicht das öl ist, sondern

ein dicker Brei (tehlne), aus welchem das Öl erst gewonnen
wird, bei den Granatäpfeln, daß die reife
Frucht niemals mehr Blütenblätter trägt (so S. 91), daß
sie nicht gewöhnlich ihre Schale sprengt (S. 95), und
I ihre Samenkörner nicht getrocknet werden (S. 96), daß
die Päonie auch in Palästina wächst (S. 124) und der
Keuschlammstrauch wirklich arab. rär heißt (S. 493).

Greifswald. G. Da Im an.

Gr Isar, Prof. Hartmann, S. J.: Das Missale im Lichte römischer
Stadtgeschichte. Stationen, Perikopen, Gebräuche. Freiburg
i. Br.: Herder & Co. 1925. (VII, 120 S.) 4°. Rm. 7.50

Grisar stellt sich hier die Aufgabe, die Beziehung der
Formulare der Stationsmessen, insbesondere der Perikopen
, zum Stationsort und seiner Geschichte aufzusuchen;
und zwar richtet er sein Augenmerk auf Erklärungen aus
I den Orten der Stationen, den Heiligengeschichten der
Stationen und den weltlichen und geistlichen Gebräu-
! chen bei den Stationskirchen. Er betont ausdrücklich,
j daß vieles nur als problematisch hingestellt werden kann,
i will aber gerade mit dem Problematischen einen Hin-
! weis für neue Forschung geben. So soll das Studium der
Stationen und der Lesestücke im besonderen den Weg
zu den ungelösten Fragen bahnen, die das Werden des
j heutigen römischen Meßbuchs immer noch umhüllen.
Man mag sich zu Einzelheiten stellen, wie man will:
das geht jedenfalls aus Grisars Darlegungen hervor,
daß der Altardienst in Rom eng mit der stadtrömischen
j inneren Geschichte verbunden war, daß speziell die
:: Perikopen oft aus geschichtlichen und nicht aus Kirchenjahrsgründen
gewählt wurden, seit die lectio con-
tinua aufhörte, und daß man auch im Übrigen (z. B.
j im Antiphonar) besonderen geschichtlichen Anlässen
Einfluß gestattete, am wenigsten wohl in den Ora-
tionen. Eigentliche Vorgänger hat Grisar nicht; Ernst
i Ranke hat in seinem Buche „Das kirchliche Perikopen-
| System" (Berlin 1847) ein grundlegendes Werk geschaffen
, aber den historischen Problemen Grisars nicht
nachgehen können, da hiezu nur ein langjähriger Aufenthalt
in Rom befähigt. Die übrigen Autoren interessieren
sich mehr für die ideellen Beziehungen und den
aszetischen Inhalt; nur Ildefonso Schuster, der Abt des
Paulusklosters zu Rom, gibt Winke in der Art Grisars
I in seinem Werke „Liber sacramentorum. Note storiche
! e liturgiche sul Missale Romano" (bisher 4 Bändchen,
j Torino 1919 ff.).

Die Methode Grisars ist etwa folgende: die Pilgerin
i Etheria hat bei den Stationsgottesdiensten in Jerusalem
bestimmte „pronuntiationes" (= Andeutungen, Anspielungen
) in den Hymnen, Antiphonen, Lektionen, aber
| auch den Orationen des Bischofs, bemerkt, die sowohl
j auf den Festtag als auf den Ort der Feier gingen; in
: Rom hat man die jerusalemischen Stationsgottesdienste
i nachgemacht (siehe Grisars Nachweis in den Analecta
Romana I 1899, daß die römischen Kirchen S. Crux
in Hierusalem, S. Anastasia, S. Maria Maior der römische
| Ersatz für die Golgathakirche, die Anastasiskirche, die
bethlehemitische Kirche mit der Krippenhöhle sein sollten
— E. Langer's Hypothese von 3 weiteren Nach-
[ ahmungskirchen hält Grisar nicht für annehmbar, erwartet
aber Neues darüber von einer bevorstehenden Ver-
I öffentlichung A. Baumstarks aus neugefundenen orientalischen
Quellen); das läßt vermuten, daß auch Rom
jene pronuntiationes übte; in der Tat enthalten die Stationsmessen
des 6.-8. Jahrhunderts Anspielungen auf
die damalige Notzeit Roms; blickt man nun auf die
älteren Meßformulare, so stößt man immer wieder auf
bald deutlichere bald undeutlichere Zeichen des Zusammenhangs
mit den Stationsorten usw.; da etwa
mit Einführung der Stationsgottesdienste in Rom die
Zeit der Perikopenverteilung beginnt, ist es in der Ordnung
, die Perikopen der heutigen Stationsformulare
nach solchen pronuntiationes abzusuchen. Das Ergebnis
ist reicher für die Wochentage als für die Sonntage,
so daß der evangelische Leser weniger auf seine Kosten