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Ausgabe:

1925

Spalte:

169-173

Autor/Hrsg.:

Reventlow, Chr.

Titel/Untertitel:

Breve fra Skaersilden (Briefe aus dem Fegfeuer) 1925

Rezensent:

Hirsch, Emanuel

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Theologische Literaturzeitung

Begründet von Emil Scnürer und Adolf von Harnack

Herausgegeben von Professor D. Emaniiel HirSCh unter Mitwirkung von

Prof. D. Wilh. Heitmüller, Prof. D. Dr. G. Hölscher, Prof. D. Arthur Titius, Prof. D. Dr. G. Wobbermin

Mit Bibliographischem Beiblatt, bearbeitet von Priv.-Doz. Lic. theol. Kurt Dietrich Schmidt, Göttingen
Jährlich 26 Nrn. Bezugspreis: vierteljährlich Gm. 8.—. - Verlag: J. C. Hinrichs'sche Buchhandlung, Leipzig.

sfl lohrrr Nr & Manuskripte und gelehrte Mitteilungen sind ausschließlich an Professor D. H irsch in Göttingen, IQ Anrj|

UV. Viturg. lir. O. Bauratgerberstr. 19, zu senden, Rezensionsexemplare ausschließlich an den Verlag. *w> "F1 "

Krarup , Kampen om Kristendommen (Hirsch), i Jecht, Jakob Böhme u. Görlitz (Bomkanim).

Reventlow, Breve fra Skaersilden (Ders.). ! Jakob Behme (Ders.).

Rode, Pladsen med de gronne Traer (Ders.). I Clauberg u. Dubislav, Systematisches

Kalt, Biblische Archäologie (Steuernagel). Wörterbuch der Philosophie (Kesseler).

Landersdorfer, Studien zum biblischen Ver- i R u s t, Das Zungenreden (Fleisch).

söhnungstag (Ders.). Berg, Die katholische Heidenmission als Ktil-

Herrraan n , Ezechiel (Duensmg). turtrWr (Richter)

B r u g s c h Arabisch-deutsches Handwörterbuch M „ * Einleitung in die Philosophie (Horten).
(Dalman).

Schissel, Katal. griech. Handschriften (Koch).
Rost, Die Wahrheit über das Mittelalter nach

protestantischen Urteilen (Ficker).
Michel, Humbert u. Kertillarios (Orützmacher).
I- ö h r, Die Teutonia im 15. Jahrhundert (deinen).
Franziskanische Studien (Lempp).

Fichte, Werke (Hirsch).

E u c k e n , Ethik als Grundlage des staatsbürgerlichen
Lebens (Thimme).

Scheler, Christentum und Gesellschaft (Graft).

Cannegieter, Geloofsverzekerdheid (Siegfried
).

Smith, Faith and Duty (Goetz).

Metz, Freiheit und Autorität oder Über letzte

Probleme der Philosophie und der Pädagogik

(Knittermeyer).

H a ss e , Schopenhauers Religionsphilosophie u. Ma r t en se n - La rsen , Das Blendwerk des
ihre Bedeutung für die Gegenwart (Adolph). Spiritismus und die Rätsel der Seele (Stein-

Voll rath, Vom Geist der Gegenwart in Kunst

und Leben (Thimme).
Schulze, Ethik der Dekadenz (Winkler).

mann).

S c h o r 1 e m in e r, Vom neuen Willen zur Kirche
(Thimme).

Krarup, F. C.: Kampen om Kristendommen. Belysning af det
religiöse Sporgsmaal. [Der Kampf um das Christentum. Beleuchtung
der religiösen Frage.] Kopenhagen: V. Pios Boghandel 1922.
248 S.) 8°.

Reventlow, Chr.: Breve fra Skaersilden. [Briefe aus dem
Fegfeuer.] Kopenhagen: H. Aschehoug & Co. 1924. (175 S.) gr. 8°.

Rode, Helge: Pladsen med de gronne Traer. Den religiöse
Stromning in Nutidens Aandsliv. [Der Platz mit den grünen
Bäumen. Die religiöse Strömung im Geistesleben der Gegenwart. |
Kopenhagen: Gyldendalske Boghandel 1925. (149 S.) kl. 8°.

Nicht bloß in Deutschland vollzieht sich ein Wandel
in der Weltanschauung, eine Abkehr vom 19. Jahrhundert
. Die drei hier angezeigten Kopenhagener
Bücher geben zusammen das Bild einer der auswärtigen
Pnrallelbewegungen. Dabei ist das Buch des wissenschaftlichen
Theologen (Krarup) im wesentlichen ein
Zeugnis der Lage vor dem Einsetzen des Wandels,

der Wissenschaft und das Instrument dieses Erklärerls, der „Begriff"
versagt; sie kann nur in innerlicher persönlicher Erfahrung „verstehen
" und ersetzt den Begriff darum durch die bildhafte Anschauung
. Die Eigenheit der religiösen Wirklichkeitsauffassung ist, daß
in ihr das Leben als Gabe eines Gebers verstanden wird: im Gebet
bat sie ihre gesammeltste Verwirklichung, im Verständnis Gottes als
der Liebe, die uns in sich hineinnimmt, unsern auf die idealen Ziele
gerichteten sittlichen Willen von seinen Hemmungen freimacht und
uns über die sich ständig in der Geschichte erhöhenden Werte
dieser Welt schließlich sogar noch hinausführt und vollendet, hat sie
ihre einzige wesentliche Aussage. Diese Liebe aber, die das mit
der Naturwissenschaft nicht in Widerspruch befindliche Wunder ist,
ist als uns befreiende Macht Wirklichkeit geworden in der einzigartigen
Persönlichkeit Jesu Christi, in der Gott darum so da ist, wie er für
das religiöse Bewußtsein überhaupt nur da sein kann. Es kann nicht
meine Aufgabe sein, hier durch Vertiefung ins einzelne die inneren
Brüche der ganzen Betrachtung herauszustellen; sollte es so geschehen,
daß die jmrtictila veri zur Geltung kommt, so brauchte ich viel

die der beiden freien Schriftsteller stehen schon mitten j Raum. Auffallend gegenüber verwandten Gedankengängen in der
in der Gäriino- drin. deutschen Theologie des letzten Menschenalters ist, daß — unter EinWenn
Krarup für das Christentum Zeugnis ablegt, fluß von Höffding - die agnostischen und pluralistischen Momente

in der Erkenntnislehre gesteigert sind, und daß die Gedanken der
göttlichen Allmacht und des göttlichen Gerichts noch gründlicher, als
das bei uns geschah, beseitigt sind. Das Schönste ist die Bestimmung
der religiösen Grundanschauung unter dem Gesichtspunkt, daß das
Leben Gabe ist; wie man aber von diesem Ausgangspunkt aus ohne

so tut ers mit dem Gefühl, das man in theologischen
Kreisen vor dem Offenbarwerden der Abkehr hatte:
so gut wie einsam zu stehen in einer Zeit, wo die Re-
£ me r an der Tagesordnung- ist. Und er

wendet, diesem Ubelstand abzuhelfen, noch ganz die 1 Selbstwiderspruch den Gedanken der Schöpfungsallmacht so in den

Mittel an, die vor einem Menschenalter oder kürzer bei
einem freien wissenschaftlichen Theologen üblich waren.
Unter dankbarer Quittierung jeder noch so mageren religiösen
Äußerung irgend eines Denkers wird eine Begründung
der Religion auf eine von der modernen
Wissenschaft nicht tangierte und sie nicht tangierende
Weise versucht, an diese Begründung dann eine gegen
die kirchlichen Dogmen wie gegen den dogmatistischen
Intellektualismus überhaupt scharf abgegrenzte Darstellung
der christlichen Religion angeschlossen (wobei
die Umdeutung des Wunders das entscheidende Einzelproblem
ist), bis gegen Ende Richtlinien für eine zeitgemäße
Form der christlichen Verkündigung herausspringen
.

Auch das Verfahren, das im einzelnen angewandt ist, ist uns aus
der eigenen Vergangenheit bekannt. Die philosophische Weltanschau-
"ng, die Kramp zugrunde legt, ist ein mit positivistischen' Elementen
stark gesättigter, agnostischer Kritizismus: das Absolute, unerkennbar,
ist für uns da in soviel auf eine Einheit nicht zurückführbaren, je auf
einen besondern Wert bezogenen Sphären, als der menschliche Geist
^t-^Vj,'86" lm ' ln inrem Grundgesetz verschiedene Auffassungsweisen
£ü ^ÖVlt21; eme di(-'s« Sphären ist die Religion. Ihr ist das „Erklären"

f N, rrl

Winkel steilen kann, werde ich niemals begreifen.

So spricht also in Krarup nur die letzte Vergangenheit
? Ja — bis auf das Schlußkapitel, das fast als nachträglich
gemachter Anhang wirkt. Da geht er auf die
Wendung zur Religion in der Gegenwart ein (ohne zu
bemerken, daß er damit die Fragestellung seines Buchs
gefährdet). Er sieht diese Wendung als in sich zwiespältig
an. Eine neu-idealistische religiöse Strömung,
die gegen Christentum und vollends Kirche lau, wo
nicht gleichgiltig bleibt, und eine nach fester kirchlicher
Gemeinschaft neu verlangende gehen neben einander
her. Die Gefahr ist, daß sie immer weiter auseinanderfahren
und schließlich als völlig getrennte Bewußtseinsschichten
ohne irgend eine Beziehung auch
nur polemischer Art nebeneinander her leben im gleichen
Volke. Damit — und das ist die feinsinnigste Bemerkung
in diesem ernsten Buche, dem ein Jüngerer
wohl kaum die volle Gerechtigkeit widerfahren lassen
kann — würde sich in den evangelischen Ländern die
gleiche innere Entwicklung vollenden, die den katholischen
schon längst zum Verhängnis geworden ist.