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Ausgabe:

1925 Nr. 7

Spalte:

161-162

Autor/Hrsg.:

Minges, Parthenius

Titel/Untertitel:

Compendium theologiae dogmaticae generalis. Editio secunda emendata et augmentata 1925

Rezensent:

Koch, Hugo

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161

Theologische Literaturzeitung 1925 Nr. 7.

162

1. Minges, D. Dr. P. Parthenius O. F. M.: Compendium theo-
logiae dogmatlcae generalis. Editio secunda eniendata et aug-
menUta. Kegensburg: J. Kösel & Fr. Pustet 1623. (XVI, 384 S.) 8».

Gm. 4—; geb. 5—.

2. Ders. Compendium theologiae dogmaticae specialis. Pars
prior: Continens doctrinam de deo, creatione, redemptiöne bbicctiva.
Pars posterior: Continens doctrinam de gratia, de ss. sacramentis
ecclesiae, de iiovissimis. Editio secunda emendata et augmentata.
Ebd. 1021 u. 1022. (XI, 367 u. VIII, 350 S.) 8°.

I.: Gm. 3.80; geb. 4.80. II.: 3.60; geb. 4.60.

1. Unter .allgemeiner Dogmatik' versteht Minges
das, was man sonst als .Apologetik' oder .Fundamental-
theologie' bezeichnet. Er hält aber jene Bezeichnung für
richtiger, namentlich auch deswegen, weil darin allem
.Indifferentismus, Latitudinarismus und Modernismus'
gegenüber sofort zum Ausdruck komme, daß es sich
auch hier um die Darlegung und Verteidigung formeller
Dogmen handle, die in dem Sinne zu nehmen seien, den
die Kirche festhält, die darum auch nicht bloß nach
philosophisch - geschichtlicher, sondern zugleich nach
dogmatischer Methode zu behandeln und aus Schrift,
Oberlieferung und kirchlichen Entscheidungen zu beweisen
seien. Nach diesen Gesichtspunkten handelt M.
im 1. Teil über Religion und Offenbarung im allgemeinen
, im zweiten über die nichtchristlichen Religionen
(die Religion der Patriarchen, die vorchristliche
israelitische R., die heidnischen R. im allgemeinen,
Buddhismus und Islam im besonderen, die nachchristliche
jüdische R.), im dritten über die christliche R.
(demonstratio christiana), im vierten über die katholische
Religion und Kirche, im fünften über den Glauben der
katholischen Kirche (die regula fidei d. h. Überlieferung,
Schrift, kirchliches Lehramt, dann die fides quae creditur
und die fides qua creditur, endlich Verhältnis von
Glauben und Vernunft). Das Latein ist natürlich nicht
klassisch, aber gewandt, klar und flüssig. Es werden
auch die neueren und neuesten Streitfragen erörtert.
Ebenso wird die neueste katholische und ,akatholische'
Literatur herangezogen, letztere natürlich in zweckbewußter
Auswahl, teils um die .Irrtümer' und die Zerfahrenheit
der nichtkatholischen Religionsgemeinschaften
aufzuzeigen, teils um Zeugnisse für die Vorzüge
der katholischen Religion zu gewinnen. Die Urteile
protestantischer Gelehrten sind ja bekanntlich überall da
verständig und zuständig, wo sie Katholisches anerkennen
und loben, und sie werden in dem Augenblick
unverständig und unzuständig, wo sie ablehnen. S. 205
wird gesagt, daß es zwar auch unter den Protestanten
religiöse, fromme und tugendhafte Personen gebe, daß
aber eine außerordentliche Heiligkeit, wie sie im Katholizismus
so häufig sei, sich dort nicht finde. Zudem —
.Protestantes vere virtuosi non facti sunt boni qua Prote-
stantes, sed ob laudabilem inconsequentiam adversus
prineipia suae religionis, eo quod appropinquabant
Catholicismo'. Auch wunderbare Erscheinungen, Heilungen
wie in Lourdes u. dergl. gibt es nur in der katholischen
Kirche, und diese Tatsache läßt sich nicht auf
natürliche Weise erklären (S. 195). Nun wird man begreifen
, wie .unbefangen' katholisene Dogmatiker einem
Sadhu Sundar Singh gegenüberstehen! Die Ausführungen
über den Primat Petri und seiner Nachfolger
(S. 225 ff.) entsprechen selbst den strengsten römischen
Ansprüchen und zeigen, daß auch im Franziskanerorden
occamistische Neigungen längst erloschen sind. Wenn
aber M. meiner Wenigkeit die Behauptung unterstellt,
daß Cyprian in seiner Schrift de unitate den Primat des
Papstes ,e professo bekämpfe' (S. 232 nota I), so hat er
offenbar meine Untersuchung nicht selber eingesehen,
es müßte ihm denn nur beim Primat ein Nichtkennen
schon ein Bekämpfen sein. Zu einer Bekämpfung des
päpstlichen Primats hatte Cyprian in de unitate gar
keinen Anlaß. Im Ketzertaufstreit allerdings hat er jeden
Primatsanspruch abgelehnt.

2. In der zweibändigen .speziellen Dogmatik', deren
zweite Auflage zwei Jahre vor der der allgemeinen
Dogmatik erschienen ist, handelt M. in Membrum I über

| Gott an sich (Dasein, Wesen, Dreipersönlichkeit Gottes)
in Membrum II über die Tätigkeit Gottes nach außen
(Schöpfung und Erlösung, Christologie, Mariologie,
Gnaden- und Sakramentenlehre, Eschatologie). Wie er
im Vorwort bemerkt, weicht die zweite Auflage erheblich
von der ersten ab. Es wurde ihm nämlich von verschiedenen
Seiten, nicht bloß von Franziskanern, sondern
auch von Theologen aus der thomistischen Schule nahegelegt
, das ganze Werk, nicht nur, wie in der ersten
Auflage einzelne Teile, im Sinne des Duns Scotus zu bearbeiten
. Dieser Aufforderung kam er um so lieber

I nach, als er seit mehr als zwanzig Jahren sich mit der

| scotistischen Lehre beschäftigt und in den wesentlichsten
Punkten ihr Anhänger, sowie ihr eifriger Verteidiger
gegen Mißverständnisse und Verdächtigungen ist. So
wurde auch dieses Werk zur fortlaufenden Apologie des

I Duns, aus dem immer wieder kürzere und längere Stellen
angeführt und erläutert werden. Außer ihm kommen

' aber auch andere Franziskaner, namentlich Alexander
von Haies und Bonaventura, zum Wort, ohne daß die

j neuesten Steitfragen und kirchlichen Entscheidungen

| außer acht gelassen wären. Die Väterstellen, die fast
durchweg lateinisch angeführt und nach Migne zitiert

I werden, scheinen, nach einigen Stichproben, zu stimmen.
Es ist aber ein Irrtum, wenn II, 222 die Worte im Pastor
Hermae Mand. IV, 3, 5 dem ,episcopus' in den Mund

I gelegt werden: der ,Hirte', der die Bußgewalt erhalten

| hat, ist nicht der Bischof. Auch sonst werden Väterstellen
oder kirchengeschichtliche Tatsachen, die mit der
späteren Dogmatik nicht stimmen, durch künstliche Deutung
unschädlich gemacht, und es ist merkwürdig, wie
rasch ein Kirchenvater zum ,Cicero pro domo' wird
(II, 271. Dogm. gen. p. 232 nota I), wenn ein Ausspruch
von ihm Schwierigkeiten bereitet. Zu II, 281 möchte
man hören, wie sich ein Dogmatiker mit der Tatsache
abfindet, daß Papst Bonifaz. IX. in der Bulle Sacrae religionis
vom 1. Febr. 1400, deren Echtheit außer Zweifel

' steht, dem Abt des Augustinerklosters von St. Osytha in
Essex, einem Priester, sowie seinen Nachfolgern, die
Befugnis erteilt, seinen Professen sämtliche Weihen, einschließlich
des Presbyterats, zu spenden. M. schweigt
darüber, wiewohl die Tatsache in dem von ihm sonst
angeführten Buche von Franz Gillmann, Die Lehre der
Scholastik vom Spender der Firmung und des Weihesakraments
1920, 137 zu lesen ist (vgl. auch Archiv f
kath. Kirchenrecht 1924, 57 ff.).

Die Dogmatik des P. Minges wird ohne Zweifel
i seinen Ordensbrüdern und andern gute Dienste leisten.
Sie wird aber auch von solchen mit Nutzen nachgeschlagen
werden, die sich darüber unterrichten wollen,
j wie katholische Dogmatik heutzutage von einem hervor-
I ragenden Franziskanertheologen vorgetragen und ver-
i treten wird.

Manchen. Hugo Koch.

Herwegen, Abt Dr. Ildefons: Lumen Christi. Gesammelte Aufsätze
. MOnchen: Theatiner-Verlag 1624. (160 S.) kl. 8°. = Der
katholische Gedanke, Bd. VIII. Gm. 2.10; geb. 2.60.

Dies Buch arbeitet die Grundlinien eines idealen Katholizismus
von der Liturgie her aus, zwar in gelegent-

1 liehen Aufsätzen (Vorträgen vor Akademikern), aber
gerade an Hauptpunkten. Die Begrüßung des neuen
Lichtes in der Osternacht als Lumen Christi gab den
Titel, und zwar in der Bedeutung: von dem Christus,
der in der Liturgie handelt und gehandelt wird, muß
die katholische Religion und Kultur Licht und Leben,
Tradition und Invention nehmen. Der wichtigste, vom
Verfasser selbst im Vorwort in die Mitte gerückte Auf-
satz ist der über das Thema: „Das Mysterium als die

i Seele des katholischen Wesens". Das Mysterium im
religionsgeschichtlichen Sinne definiert H.
als „das Nachleben eines göttlichen Lebens durch
eine Gemeinschaft und Übergabe dieses Lebens durch

' priesterliche Mittlerschaft an jedes einzelne Glied der
Gemeinschaft auf dem Wege des Symbols". Im Christ-