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Ausgabe:

1925

Spalte:

149-150

Autor/Hrsg.:

Nikel, Johannes

Titel/Untertitel:

Grundriß der Einleitung in das Alte Testament 1925

Rezensent:

Eissfeldt, Otto

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14!)

Theologische Literaturzeitung 1925 Nr. 7.

160

Grünberg, Dr. S.: Exegetische Beiträge. Berlin: B. Harz
1924. (56 S.) gr. 8°.

Der Verf. bietet Erörterungen zu Jos. 24, 26; Jes.
2, 20; 7, 8 f. 13; 30, 6; Hiob 15, 4. 8; 18, 2; 19, 3,
20, 19; 21, 10; 36, 7. 27; 38, 36. Die Grundlage, auf
der sie beruhen, zeigt besonders die erste, welche davon
ausgeht, daß nach Jos. 24, 26 ein von Josua anerkanntes
Heiligtum Gottes in Sichern gewesen wäre. Da das
offizielle Heiligtum damals in Silo war und außerdem
das Gesetz verbietet, beim Altar Gottes einen Baum zu
pflanzen, während hier eine Eiche im Heiligtum zu
stehen scheint, muß dieser Widerspruch aufgelöst werden
, und dies geschieht, wenn man die auf die Eiche
bezüglichen Worte „welche im Heiligtum Gottes war",
hinter die Erwähnung des Gesetzbuches schiebt, sodaß
dieses seinen Platz im Heiligtum, natürlich von Silo,
erhält, woher man es nach Sichern geholt hatte. Daraus
folgt nicht, daß nicht bei anderen Stellen die Lösung von
Problemen gesucht wird, welche die Texte eher wirklich
an die Hand geben. Worin besteht Jes. 7, 13 das
„Ermüden" von Menschen und Gott, wenn doch der
König kein Zeichen fordern will? Nach dem assyrischen
habe hil'ä hier die Bedeutung „schänden", die
auch Mal. 1,13 vorausgesetzt sei. Die Nichtannahme
des angebotenen Zeichens sei Schändung. Mir will
scheinen, daß man mit Ermüden, d. h. auf die Probe
stellen, der Geduld des Propheten wie Gottes, wenn er
durch Anbieten eines Zeichens dem Könige entgegenkommt
, der Sachlage besser gerecht wird.

Greifswald. G. Da Im an.

Nikel, Dompropst Prof. Dr. Johannes: Grundriß der Einleitung
in das Alte Testament. Mit e. Vorwort von Dr. Paul Heinisch.
Münster i. W.: Aschendorff 1924. (XV, 407 S.) 8°. = Lehrbücher
zum Gebrauch beim theolog. Studium. Om. 6,60; geb. 8.—.

Die Anlage des Buches ist die bei den ev.-theol.
Einl.-Büchern übliche: Zuerst wird nach einer kurzen
Obersicht über die Aufgabe der Einl.-Wissenschaft und
über ihre Geschichte die spezielle Einleitung in die (erzählenden
, prophet. u. lyrisch-didakt.) Schriften des A. T..
gegeben, dann die allgemeine, d. h. die Behandlung von
Kanon, Text und Übersetzungen. Dabei beansprucht die
spez. Einl. 3/4 des Buches; das übrige 1/4 wird zu
5,6 durch die Behandlung von Text und Übersetzungen,
zu 1/6 durch die der Kanon-Bildung ausgefüllt.

In der spez. Einl. wird der Inhalt der einzelnen
Bücher ausführlich angegeben und dann über Entstehungszeit
, Verfasser, Werdegang gesprochen, bei den erzählenden
Schriften auch die Frage der Glaubwürdigkeit
erörtert. Die synagogal-kirchliche Tradition wird hier
mitgeteilt, aber ebenso ausgiebig kommen die Thesen
der historisch-kritischen Analyse zu Worte, und sie
werden mit anerkennenswerter Objektivität vorgetragen.
Dabei behält jedoch in allen entscheidenden Fragen die
Tradition die Oberhand. Der Verf. sagt in seinem Überblick
über die Geschichte der Pentateuchfrage, daß sich
die kathol. Exegese bei ihrer Auffassung von der heil.
Schrift als Glaubensquelle den religions- und kultgeschichtlichen
Aufstellungen der Wellhausenschen Schule
gegenüber ablehnend verhalten mußte, referierend und
apologetisch. Eine referierende und apologetische Haltung
nimmt auch der Verf. der Kritik, und zwar nicht nur
der am Pentateuch, gegenüber ein. Seine Darstellung
erhält so etwas Schillerndes und Zwiespältiges: hier
freie Aufgeschlossenheit der wissenschaftlichen Fragestellung
gegenüber, dort ängstliche Gebundenheit an
Tradition und Dekrete der päpstlichen Bibelkommission.

S. 21 wird die scheinbar planlose Aneinanderreihung vieler Oe-
setze aus der Entstehung des Pentateuchs erklärt, der im Verlauf von
etwa 1000 Jahren organisch gewachsen ist. Aber S. 47 wird mit dem
Satze, daß Mose auch für die fernere Zukunft Israels ein Programm
aufgestellt habe, nicht bloß für den Wüstenzug, das Fundament eingerissen
, auf dem die These von der sukzessiven Entstehung der
Pentateuch-Gesctze beruht. S. 51 wird gesagt, daß die Annahme von
Doppelberichten im Pentateuch in den meisten Fällen eine einfachere
Erklärung des Textes bietet, als es bei den Harmonisierungsversuchen

der Fall ist, aber wenn es dann S. 52 heißt, daß der Pentateuch hinsichtlich
seiner geschichtlichen Berichte ebenso wie hinsichtlich seiner
Gesetze als unmittelbar oder mittelbar mosaisch bezeichnet werden
könne, so wird dem Zugeständnis von S. 51 die Spitze abgebrochen.
S. 92 wird konstatiert, daß zwischen den Ereignissen der Patriarchen
-Geschichte und ihrer ersten literarischen Fixierung 6 bis 7 Jahrhunderte
liegen, aber S. 93 fügt hinzu, „daß die Providenz, die dieses
Volk von Anfang an in besonderer Weise leitete, auch die Erinnerungen
an die Ahnen des Volkes und an die Großtaten Gottes in den
Anfängen der Volksgeschichte nicht untergehen ließ". S. 179—182
werden Jes. 40—66 behandelt. Die Gründe, warum diese Kapitel
Jesaja abgesprochen werden, werden dargelegt, und es wird auch für
den Fall, daß „der Abschnitt cc. 40—66 nicht von Isajas stammen
sollte, sondern von einem anonymen Propheten der Exilszeit" die Frage
erörtert, warum denn diese Kapitel an das Buch Jesaja angehängt
seien Aber alle Kritik wird im Keime erstickt durch die Feststellung
, „daß für den Blick des gotterleuchteten Propheten die gewöhnliche
Zeitenfolge nicht in Betracht kommt, daß vielmehr Fernes
als gegenwärtig oder nahe bevorstehend bezeichnet werden kann, und
daß im Verhältnis zu relativ späteren Dingen frühere, die auch noch
in der Zukunft liegen, als vergangen erscheinen können. Mit Recht verbietet
es daher eine Entscheidung der Bibelkommission vom 29. Juni
1908, die Schilderung nachexilischer Verhältnisse in Js. 40—66 als Beweismoment
dafür anzugeben, daß dieser Abschnitt nicht von Isajas
herrühren könne". Dabei findet der Verf. allerdings, daß „die Erwähnung
des 150 Jahre nach Isajas lebenden Cyrus mit seinem
Eigennamen" auffällig sei; aber es sei „nicht ganz unmöglich, daß
dieser Name spätere Zutat ist".

Die angeführten Beispiele, die sich sehr leicht vermehren
ließen, berechtigen zu dem Urteil, daß diese
Einleitung, wenigstens die spezielle, trotz ihrer vornehmen
Art der Berichterstattung evangelischen Studierenden
zum Gebrauch beim theologischen Studium
nicht empfohlen werden kann. Das Buch ist — das
würde der Verf. selbst am wenigsten leugnen — getragen
von dem Ethos einer pietätvollen Gebundenheit
an die katholisch-kirchliche Autorität, nicht von dem
Ethos autonomer, nur sich selbst verantwortlicher Forschung
, mit dem die evangelische Theologie ihre Jünger
erfüllen möchte.

Von den kurzen Ausführungen über den Kanon gilt
Ähnliches wie das über die spezielle Einleitung Gesagte.
Dagegen verdient die umfangreiche Behandlung von
Text und Übersetzungen rühmend hervorgehoben zu
werden. Hier besteht zwischen Tradition und freier
Forschung keine Spannung, und so vermag die katholische
Bibelwissenschaft auf diesem Gebiet Tüchtiges
zu leisten. Das zeigt sich auch in diesem Grundriß.
Die hier gebotene Behandlung von Text und Übersetzungen
kann den evang. Theologie-Studierenden nur
empfohlen werden, und auch der Fachgelehrte wird die
hier besonders reichlich gebotenen Literatur-Angaben
dankbar benutzen.

Johannes Nikel hat das vorliegende Buch mit
Ausnahme der Register verfaßt und auch die Korrektur
gelesen. Das Erscheinen des Buches hat er nicht mehr
erlebt; am 28. Juni 1924 ist er heimgegangen. So hat
Paul H e i n i s c h , der dem Entschlafenen als Schüler
und Kollege nahegestanden hat, dem Buch ein Vorwort
mit auf den Weg gegeben und in ihm von dem Menschen
und Gelehrten Nikel ein sympathisch berührendes
Bild gezeichnet.

Halle (Saale). Otto Eißfeldt.

Volz, Prof. D. Paul: Das Dämonische in Jahwe. Vortrag auf
dem Alttestamcntlertag in München. Tübingen: J.C.B. Mohr 1924.
(41 S.) gr. 8°. = Sammlung gemeinverständl. Vorträge u. Schriften
aus dem Gebiet d. Theologie u. Rel.-Gesch. 110.

Gm. 1 — ; Subskr.-Preis —90.
Das Dämonische ist ein wesentlicher Bestandteil
des atl. Gottesglaubens, von Mose und den Propheten
bis zu Hiob und Kohelet, es durchdringt auch den
Ritus, ja selbst die Diener Jahwes haben etwas Dämonisches
an sich. Es wurzelt in Jahwe als dem Wüsten-
vielleicht auch Vulkangott, in Moses schöpferischem Erlebnis
am Sinai und den Ereignissen, die das Volk beim
Auszug aus Ägypten, bei der Gesetzgebung und während
des Wüstenzuges religiös erschütterten, in Moses Werk,