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Ausgabe: | 1925 |
Spalte: | 93-94 |
Titel/Untertitel: | Handbuch der Inneren Mission 1925 |
Rezensent: | Schian, Martin |
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Standpunkt biblizistisch, pädagogisch schließt sich Jetter an Dörnfeld
und Hennigsdorf an. Die Beweisführung ist nicht immer stichhaltig
.
Frankfurt a. Main. W. Bornemann.
Braun, weil. Pfarrer, Dekan Gottfried: 450 Fragen für den Konfirmandenunterricht
. 6. Aufl. Rothenburg (Tauber): J. P. Peter
1924. (71 S.) kl. 8°. Gm. —40.
Diese 450 Fragen und Antworten, eine nicht überall einwandfreie
Erweiterung von Luthers kleinem Katechismus, sind zum wörtlichen
Auswendiglernen für die Konfirmanden bestimmt. Wo bleibt
dann Zeit zum eigentlichen Unterricht?
Frankfurt a. Main. W. Bornemann.
Zwischen den Bünden. Drei Vorträge aus dem Jugendring München.
München: Chr. Kaiser 1924. (64 S.) kl. 8°. Gm. 1—.
Der Titel soll besagen, daß die Vorträge keinen der
großen Jugendbünde zum Quellort haben, überhaupt
keinen bis ins Einzelne gleich denkenden Kreis. Das
Unternehmen, diese Stücke zusammenzufassen, ist kühn;
denn sie bilden nur von allerletzten Gesichtspunkten aus
eine Einheit. Rudolf S. W. M i r b t spricht vom „Laienspiel
", das scharf vom Dilettantenspiel geschieden wird;
es ist „Gemeinschaftsspiel im Sinne völkischer Gemeinschaft
beider, der Spieler und der Zuschauer". Ich
bekenne, daß mir für das, was M. meint, die Anschauung
fehlt, die wohl notwendige Voraussetzung für das
Urteil ist. Fritz Berber spricht „von der Gerechtigkeit
", genauer: von alter und neuer Politik. Er entwickelt
schöne und hohe Ziele; aber — „Politik" ist
das, was er will, nicht, viel eher Religion. Georg Merz
gibt einen „zunächst vor Pfarrern und Laien" gehaltenen
Vortrag „Vom Bildungsideal der Jugendbewegung",
in dem er sich mit Nietzsche, de Lagarde, Wyneken
auseinandersetzt und die Jugend gegen die Ideologie der
Jugend aufruft, ihr Jesus Christus verkündigend. Das
Heft bietet viel Tiefernstes, freilich in Formulierungen,,
die oft (zumal bei Nr. 2) der Kritik bedürfen, und oft
in einer Sprache (zumal Nr. 1), die ich nicht anders
nennen kann als gesucht, unnatürlich, schwülstig. Diese
Kreise müssen erst noch den Weg zur Einfachheit
finden; nach dieser Richtung muß die Krise noch über
sie kommen.
Breslau. M. Sc Iii an.
Handbuch der Inneren Mission. Hrsg. vom Zentralausschuß für
die Innere Mission der deutschen evangelischen Kirche. Berlin-
Dahlem: Wichern-Verlag 1922. (VII, 284 S.) 8°. geb. Gm. 3—.
Eine Statistik der Inneren Mission war 1899 erschienen
. Daß nach einem Vierteljahrhundert das Bedürfnis
nach einer neuen Ausgabe dringend war, versteht
sich. Der Zentralausschuß für IM. sammelte und
ordnete das Material. Die Anlage wurde ganz anders als
1899: weniger zahlenmäßige Übersichten, mehr sachliche
Daten. Die einzelnen Arbeiten kommen jetzt viel
besser zu ihrem Recht. Die Summen von Mitgliederzahlen
usw. waren ohnehin kein ganz zuverlässiges
Material. Gruppiert sind die Einzelarbeiten nach der
Ordnung des 1920 gegründeten Zcntralverbandes:
8 geographische, 8 Fachgruppen. Alle wesentlichen
Angaben, insbesondere Adressen, Literatur, sind zuverlässig
gegeben. In einem Abschnitt „Allgemeines" finden
sich geschichtliche Daten über „Väter der IM.",
Mitteilungen über IM. und Diakonie im Ausland, eine
Zusammenstellung allgemeiner Literatur, ein Namen-
und Sachregister, ein Ortsverzeichnis, u. a. Natürlich
kann man immer darüber streiten, ob die Abgrenzung
richtig getroffen ist. Die Sonntagsschulsache ist aufgenommen
, im Zusammenhang damit ist auch von den
Kindergottesdiensten die Rede, die sicher nicht zur IM.
gehören. Der deutsch-evangelische Frauenbund ist behandelt
(hier oft verdruckt: P(astor) Müller statt P(aula)
Müller); man kann seine Einreihung in die IM. ebenso
beanstanden, wie die des Vereins für religiöse Kunst in
der ev. Kirche. Daß die Brüder-Unität als solche hier
erscheint, ist zweifellos verfehlt; sie ist eine Freikirche,
«eine Sache der IM. Schließlich mag man von anderen,
rein praktischen Gesichtspunkten aus die Zusammentragung
von Daten über ein möglichst weit gespanntes
Gebiet doch wieder begrüßen. Auf alle Fälle ist das
Buch jedem kirchlich Arbeitenden unentbehrlich. Zu wünschen
wäre, daß es mindestens alle 10 Jahre neu aufgelegt
werden könnte; nicht wenige seiner Angaben veralten
rasch.
Breslau. M. Schi an.
Kölln, Emst, u. Ulrich Alt mann. Pastoren • Erhebet eure Herzen.
Ein gottesdienstliches Handbuch. 2. u. 3. verb. u. verm. Aufi.
Breslau: Trewendt & Granier 1924. (XII, 332 S.) 4». = Kirchenbuch
f. evangelische Gemeinden v. U. Altmann u. E. Kölln, 1. Bd.
geb. Gm. 11—.
Das Buch, dessen 1. A. ich 1919 hier angezeigt
habe, ist an Umfang und Inhalt beträchtlich gewachsen,
hat jetzt 332 Seiten statt 160, und erscheint in großem
Agendenformat und -druck, sehr würdig und handlich
ausgestattet. Die 50 Liturgien für die Feste und Festzeiten
sind geblieben; von den 90 für die festlosen
Sonntage ist eine (Meister des Lebens) weggefallen;
dafür sind 5 hinzugekommen: Gott in der Natur (von
Pf. Dr. Blümel), Sünde und Schuld, Christliche Bildung
(Erziehung), Seelenpflege, Tod und Ewigkeit. 41 Liturgien
sind von Kölln, 51 von Altmann, 1 von beiden,
1 von Blümel bearbeitet. Neu ist der Abschnitt III:
Stimmen deutscher Frömmigkeit, nicht als Ersatz für
das Glaubensbekenntnis, sondern im Anschluß an die
Schriftverlesung oder nach einem Liedervers der Gemeinde
oder einem Chore gedacht. Es sind 83 Worte
von 17 Autoren (22 von Luther; nächst ihm am häufigsten
Fichte, Goethe, Claudius, Lagarde). Ebenso ist
neu Abschnitt IV: der Kindergottesdienst: Ordnung mit
und ohne Gruppensystem „unter dem Gesichtspunkt der
Einstellung auf die Kindesseele" und Stoff an Sprüchen,
Liedern und Gebeten; das Bekenntnis besteht in Glaubensspruch
, den ein Knabe, und Glaubenslied, das ein
Mädchen aufsagt, worauf dann die Kindergemeinde singend
antwortet. In den Liturgien (S. 1—264) sind
jetzt meist 3 Eingangsworte und 3 Sprüche nach der
Schriftverlesung geboten, Bußworte sehr oft 2, Gnadenworte
in der Regel 2, Eingangsgebete meist, Schlußgebete
vielfach 2, häufig aber dies und jenes Stück in
noch größerer Zahl. Vermehrt sind die Stellenangaben
zur Schriftverlesung (leider ohne Stichwort) und die
Predigttexte. — Aber auch inhaltlich ist das Buch erfreulich
gewachsen. Die Spruchauswahl ist geschickter
und reicher, die Gebete und die Liturgien überhaupt (zumal
der Passionszeit) sind durchgearbeitet und ergänzt,
aus den Gebeten viel „Papierenes", Gefühliges, Über-
stiegenes, Breites ausgeschieden, der Stil noch flüssiger
und ausgeglichener, die Sprache gebändigt. Freilich
müßte noch mehr geschehen sein. Es sind noch sehr
viel bloß klingende Synonymen da (besonders in den
Altmannschen Gebeten, bis zu 8!); verwickelte Sätze;
Pronomina und Partikeln, die Vorhergehendes nicht deutlich
genug oder zu deutlich aufnehmen; Auseinandersetzungen
, die nicht in Gebet aufgehen (dies mehr bei
Kölln). Die Abstrakta (Gemütsverhärtung, Seelenlosig-
keit) und substantivierten Infinitive sind noch zu zahlreich
, auch Wortbildungen in einem gewissen Predigtstil
(Ewigkeitsluft, Ewigkeitsart). Geschmacklosigkeiten
(Jesus der „Oberhirte" S. 82; das Oster- und das
Rogategebet in Versen; seltsam auch die „großen und
mächtigen Männer, die nach Gottes Zulassung die Völker
regieren" S. 86 und „der Minister der äußeren Dinge
und der Kolonien" im Missionsgebet S. 140, wenn auch
in Klammern), Superlative (nie mehr dem Fleisch den
Willen lassen S. 57; jeden Flecken tilgen S. 60; kann
man so einfach von allen Entschlafenen sagen: laß
uns ihrem Glauben nachfolgen S. 128? u.a.), über-
stiegene Gebetsziele (die neue Erde und das neue Friedensreich
der Nationen in dieser Welt S. 246. 63.
101; unser Volk eine große Familie u.a.), Zitate und
Anspielungen (sogar an das „Ganz andere" S. 159?)
fehlen nicht. Ich nenne noch ein paar Einzelheiten.