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Ausgabe:

1925 Nr. 4

Spalte:

78-79

Autor/Hrsg.:

Lutz, Henry F.

Titel/Untertitel:

Viticulture and Brewing in the Ancient Orient 1925

Rezensent:

Galling, Kurt

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Theologische Literaturzeitung 1925 Nr. 4.

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Gleichzeitig mit der Neuauflage von Hennecke ist
auch in England, zum ersten Male, ein wissenschaftlich
vollwertiges, umfassendes Textbuch der neutestamentl.
Apokryphen herausgekommen, das — mit Ausnahme j
eines kleinen Beitrages von F. C. Burkitt zu Acta
Thomae c. 27 — ganz und gar das Werk des ausgezeichneten
Apokryphenforschers M. R. James ist. Seine
Eigenart besteht, wie schon der Titel zum Ausdruck
bringt, in der Beschränkung auf die eigentlichen neutestamentl
. Apokryphen (Evangelien, Apostelgeschichten,
Briefe und Apokalypsen) ohne Rücksicht auf Entstehungszeit
und Wert, in der neuen und vollständigen englischen
Wiedergabe aller wichtigen Texte auf Grund
der besten Zeugen mit kurzen einleitenden Bemerkungen
und in dem Verzicht auf allen entbehrlichen gelehrten
Ballast. Das allgemein verständlich gehaltene Buch
trägt doch den Stempel zuverlässiger Wissenschaftlichkeit
, Übersetzung und kritische Urteile ruhen auf dem
soliden Grunde der Jahrzehnte langen Spezialstudien
des Verfassers. Das Vorwort gibt u. a. Rechenschaft
über die Schriften, die J. nicht aufgenommen hat, vor
allem christliche oder christianisierte Bücher unter alt-
testamentlichen Namen, die Apostolischen Väter, gno-
stische Apokryphen, Kirchenordnungen und Liturgien,
pseudoklementinische und pseudodionysische Literatur,
rabbinische und mohammedanische Überlieferungen über
Jesus Von apokryphen Evangelien hat J. über Hennecke
hinaus vor allem Fragmente des Philippusev., des
Thomasev., ausführlichere Texte der Kindheitserzählung
des Thomas und Referate über die jüngeren Kindheitsevangelien
(bis zu den modernen Fälschungen von
Catulle Mendes, Benanbrief usw.), Texte oder Inhaltsangaben
des Nikodemusev. (Acta Pilati) und der anschließenden
Machwerke, des Bartholomäusev., des
Transitus beatae Mariae in mannigfachen Überlieferungs-
formen. An „verlorenen häretischen Büchern" erscheinen
in kleinen Bruchstücken die „Geburt der Maria",
die „Aufstiege des Jakobus", die Memoria apostolorum,
dagegen nicht das Evangelium der Eva (vgl. Hennecke
S. 69). Die Fragmente des Hebräerev., als dessen Ursprache
ihm Hebräisch oder Aramäisch gilt, gibt J. nach
der neuesten gründlichen Untersuchung des Materials
von Lagrange (Revue Biblique 1922) und fügt noch
zwei weitere eventuelle Bruchstücke oder Nachklänge
des Evangeliums hinzu. Den Text der älteren apokryphen
Apostelgeschichten bietet J. vollständig, schöpft
dabei z. T. aus reicherer, wenn auch nicht immer
besserer Überlieferung als Henneckes Ausgabe, so bei
den Andreasakten, wo er in der Gefolgschaft von Flamion
der Epitome Gregors von Tours zu viel Vertrauen
schenkt. Bei den Acta Johannis verzichtet J. darauf,
das Bruchstück aus den Oxyrhynchus Pap. (und andere
Sonderuberlieferungen) wie Hennecke in den griechischen
Text einzuordnen, teilt sie vielmehr anhangsweise
mit. In dem 1. Stuck des koptischen Textes der Paulus-
akten emendiert er glaubhaft den Namen Ancharcs in
Panchares, wie der Name in den Zenas zugeschriebenen
griechischen Titusakten lautet, der vom koptischen Übersetzer
mißverstanden sein wird. Von den Petrusakten
wird außer dem koptischen Fragment des Berliner
Papyrus und der Episode von der Gärtnertochter nur
ein kritischer Text der — vollständigen — Actus Ver-
cellenses abgedruckt. Über die jüngeren Apostelgeschichten
(Philippus-, Andreas- und Matthäus-, Petrus- und
Andreasakten, Martyrium des Matthäus, apostolische Geschichte
des Abdias, Barnabasakten, die jüngeren Johannesakten
, die Petrus- und Paulus-Passionen des
Linus und des Marcellus usw. bis zu den slavischen
Petrusakten) wird im allgemeinen nur charakterisierend
berichtet und eine Übersetzung der interessanten Stücke
gegeben. Der Abschnitt „Briefe" umfaßt den Briefwechsel
Jesu mit Abgar von Edessa, den Lentulusbrief,
den pseudopaulinischen Brief an die Laodicener (Har-
nacks neue These über den Brief bleibt unerwähnt),
den Briefwechsel zwischen Paulus und Seneca und die

Epistula apostolorum, die hier zum ersten Mal, im Anschluß
an Schmidt und Guerrier, ins Englische übersetzt
erscheint. Von Apokalypsen gibt j. außer der
Petrusapokalypse die Paulusapokalypse und die Thomasapokalypse
, soweit erhalten, wieder und referiert kurz
über die Apokalypse der Jungfrau Maria und die sogen.
Stephanusapokalypse. Zur Petrusapokalypse, deren allmähliche
Wiederentdeckung die gesonderte Übersetzung
der patristischen Zitate, des Bruchstücks von Akhmirn,
des bodlejanischen Einzelblattes, des äthiopischen Textes
und des Textes von Sibyll. II, 190—338 nach einander
hübsch veranschaulicht, wiederholt J. seine früher eingehend
begründeten Thesen von der Zugehörigkeit des
Akhmimfragments zum Petrus e v a n g e 1 i u m und der
Abhängigkeit des 2. Buches des Sibyllinen und des
Hirten des Hermas von der Petrusapokalypse, gegen die
doch wohl nach wie vor Bedenken bestehen. Bei der
Paulusapokalypse, die nach dem von J. selbst 1893
herausgegebenen lateinischen Text unter Zuhilfenahme
der anderssprachigen Texte übersezt worden ist, macht
J. nebenbei durch Belege in Fußnoten auf ihre partielle
Abhängigkeit von der Elias- und der Zephanjaapoka-
lypse aufmerksam. Von der Thomasapokalypse, deren
Edition durch E. von Dobschütz noch aussteht, gibt J.s
Übersetzung nach den zwei Haupt-Textgruppen einen
guten vorläufigen Eindruck. Zu den jüngeren Apokalypsen
vergl. jetzt auch H. Weinel in EYXAPT2TIIPI0N
(Gunkel-Festschrift) 2 (1923), 146 ff. Durch die vorzügliche
Auswahl, die Einheitlichkeit der Bearbeitung
und die ausgezeichnete Methode der Behandlung und
Darbietung des z. T. schwer zugänglichen Stoffes ist
J.s Werk geeignet, der Wissenschaft wie der gebildeten
Leserwelt nicht minder gute Dienste zu leisten wie der
neue Hennecke, mit dem es leider nur auch den Fehler
eines reichlich kleinen, allzu kompressen Druckes teilt.
Qöttingen. J. Behm.

Lutz, Henry F., Ph. D., D. D.: Viticulture and Brewing in the

Ancient Orient. Leipzig: J. C. Hinrichs 1922. (VII, 166 S.)
KT. 8». Qm. 3_.

Für die Kulturkreise des Alten Orients mit Einschluß
des vorislamischen Arabien stellt der Verf. orientalische
und klassische Texte mit einer Reihe erläuternder
Abbildungen zusammen und gliedert den Stoff in
vier Kapitel: die Weinsorten des A. O. (1—45), Weingarten
, Weinlese und Weinbereitung im A. O. (46—71),
das Bier im A. O. (72—96) und Wein und Bier im täglichen
Leben und in der Religion des A. O. (97—156).

Die Studie würde gut sein, wenn sie in der Zusammenstellung
der Quellen von hinreichendem Umfang
und befriedigender Genauigkeit wäre, um wenigstens
als Nachschlagewerk zu dienen, und wenn sie im
vierten Abschnitt vom rein Archäologischen zum Kulturgeschichtlichen
vorgeschritten wäre. Beides ist aber
nicht voll erreicht, sodaß die Untersuchung bei aller
Anerkennung für den Fleiß des Verf. nur als Vorarbeit,
nicht als abschließende Behandlung des Themas angesehen
werden kann. Die Auswahl des Materials macht
im Ganzen den Eindruck des Zufälligen und nicht den
der begründeten Beschränkung auf das „Wichtigste",
obwohl.dies erstrebt ist. Die Übersetzungen gehen zum
Teil auf sekundäre Quellen zurück, was an sich bei dem
Umfang des Stoffes kaum anders verlangt werden
kann; da aber die Begründung im Einzelnen oft fehlt,
empfiehlt es sich, jedesmal sorgfältig nachzuprüfen. Für
das Ägyptische sei auf die Kritik an A. Schar ff in
O. L. Z. 1923, 11 verwiesen. Schwerwiegender noch
erscheint es mir, daß sich der Verf. in falscher Analogie
zu Kap. 1—3 auch in dem zusammenfassenden Abschnitt
(Kap. 4) mit einer Aneinanderreihung der Quellen begnügt
, sodaß wir kein lebendiges Bild von den Zusammenhängen
und der Eigenart der Kulturgebiete
erhalten. Aber daß die Behandlung eines archäologisch-
kulturgeschichtlichen Problems, wie das des Weinbaus,