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Ausgabe:

1925 Nr. 26

Spalte:

623-624

Autor/Hrsg.:

Dryander, Ernst von

Titel/Untertitel:

Deutsche Predigten aus den Jahren vaterländischer Not, zusammengestellt von Carl Grüneisen 1925

Rezensent:

Goltz, Eduard Alexander

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623

Theologische Literaturzeitung 1925 Nr. 26.

624

Flynn, Rev. Thomas: Preaching made Easy. London: Bums
Oates & Washbourne 1923. (X, 211 S.) 8°. geb. sh. 5—.

Dieses katholische Gegenstück zu Spurgeons Vorlesungen in
seinem Predigerseminar beweist, wie ernst auch in der englischen katholischen
Kirche, gleich der deutschen das Predigen genommen wird.
Ohne den wissenschaftlichen Anstrich unserer Homiletik bespricht in
je zehn Kap. F. allgemeine Grundsätze der Predigtarbeit, dann leicht
anzuwendende Methoden, dann die Theorie und die Kunst des Vortrags
. Energisch tritt er für die Predigt als wirkliche volkstümliche
Rede ein, im Gegensatz zu aller oratorischen oder poetisch bedingten
Redekunst. Darum verwirft er die übliche Weise, Geschriebenes vorzutragen
, als unnatürlich. Wenn jemand etwas zu sagen hat, was
ihn beschäftigt, dann kann er es auch in der Predigt zum Ausdruck
bringen, wie er an einer bezeichnenden Anekdote beweist. Darin ist
F. durchaus zuzustimmen; denn wir haben uns durch die Rezitation
von unserrt ,.Schreiben" weithin um Eindruck und Kredit gebracht.
Wir müssen die „entferntere" Vorbereitung mehr pflegen, die uns
instand setzt, frischer zu reden als sonst. Ähnliche Stimmen werden
auch immer mehr in Deutschland laut. — Auch in vielem andern
kann man F. zustimmen. Was er über die Bibel als Predigtquelle und
über das Gebet als Predigtkraft sagt, könnte in jeder protestantischen
Homiletik stehen. Nur wenn er z. B. über Predigten zu Ehren der h.
Jungfrau spricht, wird man an seine Konfession erinnert.

Marburg (Lahn). F. Nieberg all.

Dryander, Oberhof- u. Dompred. D. Ernst von: Das Evangelium
Marc! in Predigten und Homilien ausgelegt. 1. u. 2. Hälfte.
6. Aufl. Halle a.S.: C. Ed. Müller 1922. (XI, 363 u. XII, 339 S. m.
einem Bildnis.) 8°. = Die vier Evangelien, in Predigten und
Homilien ausgelegt. geb. Rm. 5—.

Ders.: Deutsche Predigten aus den Jahren vaterländischer Not,
zusammengestellt von Lic. Carl Grüneisen. Ebd. 1923. (VIII,
(107 S. m. 1 Bild) 8°.

Predigten von Dryander brauchen längst keine besondere
Empfehlung mehr, kaum eine neue Charakteristik
: denn jeder kennt sie. Die Auslegung des
Evangeliums Marci gehört zu dem von Rud. Kögel begonnenen
Predigtwerk. Diese Dryanderschen Predigten
lagen schon 1892 vor. Jetzt erscheinen sie — ein gewiß
seltener Erfolg — in 6. Auflage. Die erste Hälfte
dieser Neuauflage ist noch von Dryander selbst besorgt.
Er hat aber nichts verändert. Die zweite Hälfte ist mit
dem Bild des ehrwürdigen Homileten geschmückt und
von D. Lahusen mit einem Vorwort versehen, das besonderer
Beachtung empfohlen wird. Die Hauptfrage
ist: haben diese Predigten, vor mehr als 30 Jahren gehalten
und gedruckt, noch Wert für die Gegenwart und
worin besteht dieser Wert? sie werden noch lange Wert
behalten, weil sie auf einer sehr feinen und gewissenhaften
historischen Auslegung beruhen, die von D. Dry-
anders Freund Bernhard Weiß beeinflußt, aber durch des
Homileten besondere Gabe psychologisch vertieft ist.
Es ist grade in der Gegenwart nötig, darauf hinzuweisen
, daß wir uns unter keinen Umständen von der
sorgfältigen historischen Exegese entfernen dürfen. Dr.
belästigt den Zuhörer nie mit wissenschaftlichem Laboratoriumsgeruch
, aber er führt ihn in das Sehen der
geschichtlichen Bilder hinein. Dabei vermeidet er —
wenigstens ist das sein ernster Wille — jede moderne
Eintragung in das geschichtliche Bild. Ein Meister ist
er in der praktischen Bibelverwertung, in der Erhebung
des Goldgehaltes der Schrift für das innere Leben des
Christen in der Gegenwart. Man könnte das mit Girgen-
sohn „pneumatische Exegese" nennen — ich ziehe es
vor von Anwendung der Grundgedanken der Schrift
auf das, was uns heute bewegt, zu sprechen. Hier grade
liegt die bleibende Bedeutung von Dryanders Predigten.
Er kennt die Menschen der Gegenwart in ihren praktischen
Nöten und sittlichen Gefahren, vielleicht weniger
in ihren heutigen intellektuellen Problemen. Die
Menschen bleiben sich im Grunde gleich. Deßhalb wird
Dryander auch späteren Generationen immer noch etwas
zu sagen haben. Der moderne Prediger kann lernen,
daß besondere Kunstmittel und Sensationen, ein gewollt
moderner Sprachstil, garnicht notwendig sind. Die höchste
Einfachheit ist die höchste Kunst. Daß Dr. die
Disposition angibt, hat seine großen Vorzüge — jedenfalls
lernt man hier, daß es nicht schulmeisterlich zu
sein braucht. Es ist jetzt auch beim Lesen der Predigten
eine Erleichterung.

Die deutschen Predigten aus den Jahren
vaterländischer Not sind so recht ein Testament Dryanders
an das deutsche Volk. Wir dürfen dem Herausgeber
, einem Neffen Dryanders, herzlich danken, daß er
hier zusammengestellt hat, was der alte Dryander, der
doch immer jung blieb, seiner Gemeinde in schwerster
Zeit zu sagen wußte. Diese Predigten haben mehr Zeitfarbe
wie die früheren. Sie sind unnachahmlich, weil
nur ein Dryander so reden konnte, der ganz verflochten
war mit den Geschicken unsres Königshauses und der
doch immer frei geblieben war von den typischen
Fehlern eines „Hofpredigers". Die am Schluß angefügten
Reden vor der Abreise der Kaiserin nach Holland
und die an ihrem Sarge sind auch Worte der dankbaren
Liebe für die Frau, die auch unserer evangelischen
Kirche viel bedeutet hat. Hier verstummt das viel mißbrauchte
Wort von dem „Versagen" der evangelischen
Kirche in der schwersten Zeit des Vaterlandes.

Oreifswald. Ed. von der Goltz.

Krueger, f Bibl.-Rat Tic. theol. Theodor: Lebensrichtung. Eine
deutsche Predigt.' Königsberg i. Pr.: Gräfe & Unzer 1925. (16 S.)
gr. 8°. Rm. —60.

Thema: Joh. 6, 68. Die modernsten Antworten auf die große
Lebensfrage „Wohin?" (Spengler, völkischer Dcutschglaube, Rom,
Graf Keyserling u. a.) werden vorgeführt und abgelehnt. Jesus ist das
Ziel, das in neuprotestantischcr Art bestimmt wird. Eine sehr gedankenreiche
, etwas reichlich rhetorisch gehaltene Predigt.

Breslau. M. Schi an.

Soeben erschien:

Sigmund Feist

Stammeskunde der Juden

Die jüdischen Stämme der Erde
in alter und neuer Zeit

Historisch-anthropologische Skizzen

Es wird hier zum ersten Male der Versuch gemacht, in
großen Zügen einen Überblick zu geben über unser Wissen
von den zahlreichen über die Erde zerstreuten und erheblich
differenzierten Zweigen des jüdischen Volkes. Das Buch verwertet
alle für einen Gegenstand in Betracht kommendenQuellen:
geschichtliche Werke, Reisebeschreibungen, religiöse Literatur,
Volkskunde, bildliche Darstellungen. Es zeigt, in wie ferne
Gegenden zwar der Wandertrieb die Juden geführt hat, wie
sie aber stets den Zusammenhang mit ihren übrigen Glaubensbrüdern
aufrecht erhalten mußten, um ihre religiöse Eigenart
bewahren zu können. — Der Verfasser glaubt nicht nur eine
Zusammenfassung unseres heutigen Wissens von den jüdischen
Stämmen der Erde, sondern zugleich einen Merkstein für die
weitere Forschung zu bieten, die schon durch das Bestreben
, Palästina wieder in verstärktem Maße als Siedlungsland
aller Juden zu gewinnen, einen erhöhten Anreiz bekommen
hat.

Mit 89 Abbildungen im Text und auf 38 Tafeln.

Preis Rm. 9.-; geb. 10.80.

J. C. Hinrichs'sche Buchhandlung, Leipzig

Die nächste Nummer der ThlZ erscheint am 9. Januar 1926.
Beiliegend: Titel u. Register des Hauptblattes, Nr. 27 und 28 nebst Titel und Einleitungsübersicht des Bibliographischen Beiblattes
sowie ein Prospekt des Verlags Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen._

Verantwortlich: Prof. D. E. Hirsch in Oöttingen, Bauratgerberstr. 19.
Verlag der .1. C. Hinrichs'schen Buchhandlung in Leipzig, Blumengasse 2. — Druckerei Bauer in Marburg.

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