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Ausgabe:

1925 Nr. 25

Spalte:

599-600

Autor/Hrsg.:

Riedel, Kurt

Titel/Untertitel:

Vom Schulrecht zum Recht der Schule 1925

Rezensent:

Niebergall, Friedrich

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599

Theologische Literaturzeitung 1925 Nr. 25.

600

nur das zu erfüllen, was angängig war, ohne über den
Rahmen des Buches hinauszugehen und seine Einheitlichkeit
zu stören. Dafür ist anderes geleistet. Es ist von
ihnen nicht zu viel gesagt, wenn sie in der Einführung
schreiben: „Wer sich Mühe gibt, nachzuprüfen, wird die
große Arbeit würdigen, die hier zu leisten war..." Das
gilt ganz besonders inbezug auf die Neubearbeitung der
Gebete. Seite für Seite steht man unter dem Eindruck
eines unermüdlichen gewissenhaften Feilens und
Besserns. Ob es immer gelungen ist? Gerade hier ist die
Beurteilung ja sehr schwierig und leicht zu persönlich.
Manche ziehe ich doch in der Fassung der 3. Aufl. vor,
z.B. S. 8; 13,2; 32 (Bußwort); 73,2; 266 (Bußwort);
279, 3.

Über den Gebrauch einer doppelten Anrede in Gebeten
gehen ja die Meinungen auseinander. In der
Passionszeit gänzlich von Halleluja abzusehen, ist alt-
ehrwürdiger Brauch. Daß Lücken im Übergang von alt-
zu neutestamentliehen Werken in den Eingangsworten
bleiben, ist wohl kaum zu vermeiden. Das Recht, das die
Verfasser hier für sich in Anspruch nehmen, hängt mit
ihrer ganzen Stellung vom liturgischen Gebrauch der
heiligen Schrift zusammen. Sie allein und nichts anderes
soll den ganzen Gottesdienst beherrschen, möglichst
auch in Luthers Sprache, die sie darum bisweilen der
Revision vorgezogen haben. Es ist erfreulich zu sehen und
aus ihrem eigenen Munde zu hören, wie die Herausgeber
selbst eben dieses als die Hauptsache in einem „Evangelischen
Kirchenbuch" ansehen: „Je tiefer eine Arbeit wie
die vorliegende in die Bibel hineinführt, umso mächtiger
und beglückender wird der Eindruck von ihrer Größe
und ihrem Reichtum gerade in der klassischen Gestalt,
die ihr für uns Deutsche Luther gegeben hat... Immer
wieder kann man von der königlichen Größe und Freiheit
lernen, mit welcher uns der Christenmensch Luther
die deutsche Bibel geschaffen hat. Alles, auch das alte
Testament, liest er mit den Augen, die ihm sein reformatorisches
Grunderlebnis aufgetan, und was seine Hand
berührt, wird ihm zum Gold des Evangeliums."

Der Druck ist sehr Leserlich. Papier und Einband
sind immer noch nicht so wie einst. Die Not der Zeit
„klingt" eben nicht nur aus dem Inhalt wieder. Hoffentlich
wird eine abermalige Auflage auch hier willkommenen
Fortschritt zeigen. Zu empfehlen wäre auch eine
in Leder gebundene Ausgabe.

Kleinfreden. Paul Gr äff.

Vogel, Prof. Dr. Paul: Die antiaomische Problematik des
pädagogischen Denkens. Leipzig: O. R. Reisland 1925. (56 S.)
gr. 8°. = Abhdlgn. z. Phi.los. u. Pädagogik, Heft 4. Rm. 2.10.
Diese ebenso knappe wie inhaltreiche Schrift reiht eine Anzahl
von grundlegenden pädagogischen Antinomien aneinander und
gliedert sie ein in große philosophische Probleme. So wird z. B. die
Schwierigkeit des gegenseitigen Verstehens zwischen Lehrer und
Schüler aufgenommen in das monadalogische Problem oder in das
metaphysische Ich-Nichtich Problem. Von der Strukturlehre in ihrem
Verhältnis zur Welt der Werte fällt dann auch ein Licht auf die
Schwierigkeit der Einwirkung in die Tiefenschichten des sittlichen
und religiösen Lebens. Überhaupt muß die Erziehung vor der dem
Leben innewohnenden Gegensatzfülle, einer Auswirkung der Lebensdämonie
, kapitulieren. Trotzdem setzen sich bleibende höchstwertige
Zielrichtungen im Geistesleben durch. — Die Lehre von der Erziehung
als ein auf schöpferisches geistiges Menschentum gerichtetes
Denken, strebt nach philosophischer Abrundung nach allen Seiten hin
und nach einer Fundamentierung in metaphysischen Regionen. —
Das sind ein paar leitende Gedanken aus der bedeutenden Schrift.
Marburg (Lahn). F. Niebergall.

Riedel, Kurt: Vom Schulrecht zum Recht der Schule. Eine
Un.ersuchung über die treibenden Kräfte in der Entwicklung der
Schulverfassung. Leipzig: J. Klinkhardt 1924. (96 S.) gr. S°. Rm.2.40.
In diesem auf gründlichen geschichtlichen Studien beruhenden
Buch wird ausgeführt, wie die Schule stets „zwangsläufig" unter fremdem
Recht stand, das durch die Interessen der Besitzenden bestimmt
war. Wurde sie von der Herrschaft der Grundherren und der Kirche

durch den Staat befreit, so stellte dieser sie wieder nicht nur seinen
Machtansprüchen, sondern auch der in ihm herrschenden Macht-
und Interessengruppe zur Verfügung. Die Rettung liegt darum in der
auf dem Grundsatz der Selbstverwaltung beruhenden Organisation, die
die Schule wie die Kirche zu einem selbständigen Organismus mit
eigenem Rechte macht. Das deutschrechtliche Genossenschaftsrecht
gibt dazu die Form; der Staat verleiht es und macht so die Schule
zu einem mittelbaren Staatsorgan. — Werden dann keine Sonderinteressen
sich geltend machen? Wer wird die Wahlmaschine in die
Hand bekommen? Wo bleibt neben der Erziehung und dem Wissen
die Einführung aller Kinder des Volkes in die nationale Kultur? Stets
sehnt man sich nach einem Befreier, und wenn er da ist, wird er
auch wieder ein Tyrann!

Marburg (Lahn). F. Niebergall.

Cordier, Leopold: Evangelische Jugendkunde. 1. Band:
Quellenbuch z. Gesch. d. Evangel. Jugend. Mit e. Beilage.
Schwerin i. M.: F. Bahn 1925. (496 S.) 8°.
Als ersten Teil einer Evangelischen Jugendkunde veröffentlicht
der Elberfelder Pfarrer und Dozent der Praktischen Theologie in
Bonn Quellenstücke aus der Geschichte der Evangelischen Jugend.
Von der Reformationszeit an bis zur gegenwärtigen Krisis der
Jugendbewegung sind alle wichtigen Zeiten, Akte und Persönlichkeiten
vertreten: der Göttinger Hainbund, die deutsche Burschenschaft, der
Baseler Missionsjünglingsverein, der rheinisch-westfälische Jünglingsbund
, Bibelkränzchen, D. C. S.V., Bund deutscher Jugendvereine, Neuland
— um nur einige zu nennen. Wertvoll sind die Erlasse, die
von dem steigenden Interesse der Behörden in dem Werk an der Jugend
Zeugnis ablegen. Das Ganze ist also ein Urkundenbuch, das des zusammenfassenden
und gestaltenden Geschichtsschreibers wartet.
Marburg (Lahn). F. Niebergall.

Soeben erschien:

Der Erzählungsstil der Evangelien

im Lichte des rabbinischen Erzählungsstils
untersucht, zugleich ein Beitrag zum Streit
um die „Christusmythe"
von

Lic. theol. Paul FiebSg

Privatdozent an der Universität Leipzig.

Luthers Erkenntnis: .Ohne die ebräische Sprache kann
man die Schrift nimmermehr recht verstehen; auch das Neue
Testament ist voll von ebräischer Art zu reden" wird hier
an der Hand zahlreicher rabbinischer Texte im einzelnen
nachgewiesen. Das Buch ist sowohl für die Klärung der
.Formgeschichte" der Evangelien, als auch für weiteste
Kreise wichtig und so eingerichtet, daß es jedem Gebildeten
zugänglich ist. Sämtliche Texte sind ins Deutsche übersetzt
und gleichzeitig im Original dargeboten. Auch für den
.Streit um die Christusmythe" sind hier grundlegende Erkenntnisse
gewonnen.

Untersuchungen zum Neuen Testament

herausgegeben von H. Windisch, Heft 11,
XII, 162 Seiten, gr. 8°. Rm. 8.40; geb. 10.50.

J. C. HINRICHS'sche Buchhandlung
in Leipzig.

Die nächste Num mer der ThLZ erscheint am 24. Dezember 1925.
Beiliegend Nr. 25 und 26 des Bibliographischen Beiblattes.

Verantwortlich: Prof. D. E. Hirsch in Göttingen, Bauratgerberstr. 19.
Verlag der J. C. H i n r i c h s'schen Buchhandlung in Leipzig, Blumengasse 2. —- Druckerei Bauer in Marburg.