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Ausgabe:

1925

Spalte:

561-563

Autor/Hrsg.:

Pearson, A. F. Scott

Titel/Untertitel:

Thomas Cartwright and Elizabethan Puritanism 1535-1603 1925

Rezensent:

Hirsch, Emanuel

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achten, in welchen Gegenden solche Stiftungen fehlen
oder selten sitid. Merkwürdig ist, daß die Grafen von
Württemberg nie als Stifter erscheinen und all ihr Gut
fein zusammenhalten, während z. B. die Pfalzgrafen
von Tübingen nach ihren verschiedenen Klosterstif-
tungcn verarmen und als arme Besitzer kleiner Güter
enden, wie später auch die Grafen von Montfort. Wertvoll
ist die Bereicherung unserer Kenntnis der Heiligen
von Kirchen und Altären, wobei sich auch der Geschmack
der verschiedenen Zeiten beobachten läßt.
Ebenso beachtenswert ist der Drang der Gemeinden und

detcn Lehrer an der Genfer hohen Schule; Ende Jan. 1572 reist er,von
den l'uritanern für den auf die Parlamentseröffnung berechneten Kampf
zurückberufen, aus Genf ab, unterwegs in Rotten bleibend, Ende April
etwa im England wieder eintreffend; hier kommt er in dem Augenblick,
wo die Puritaner durch die AdmonlUon to the Pariiament und die
Second Admonition (beide von 1572, und auelt die zweite nicht von
Cartwight) die öffentliche Meinung aufs leidenschaftlichste erregen und
Whitgift mit seiner Answer (Nov. 1572) die gegebene kirchliche
Ordnung verteidigt. Er greift mit der Replye to An Answcre (Frühjahr
1573) zum ersten Mal literarisch in den Kampf ein, und damit
hat das berühmte literarische Duell mit Whitgift begonnen, aus welchem
die Schriften T. C.s dem Preshyterianismus lange als die klassi-

ihrer Opfer, um selbständige Pfarreien ZU werden und Darlegung ihres Ideals gegolten haben. Dez. 1573 ergeht der

die Pfarrer der Mutterkirche zu entschädigen. Eine | "««Wd»1 gegen ihn, und er muß aus England fliehen

Tätigkeit der Bischöfe in dieser Richtung ist nicht wahrzunehmen
, sie bestätigen nur hinterher, was die Gemeinden
geleistet haben. Sehr merkwürdig ist, wie dieser
ganze kirchliche Eifer nach wenigen Jahrzehnten umschlug
in die Reformation.
Stuttgart. G. Bosse rt.

Pearson, Rev. A. F. Scott, M. A., B. D.: Thomas Cartwright
and Elizabethan Puritanism 1535-1603. Cambridge: Uni-
versity Press 1025. (XVI, 511 S. m. e. Bildnis.) gr. 8°.

geb. sh. 25—.

Diesem Werke liegen umfassende Archivsttidien in
England wie auf dem Festlande zugrunde. Es ist P.s Absicht
gewesen, jede irgendwo zugängliche Nachricht
über T. C. zu verarbeiten, um sämtliche das Leben und
die Schriften des Manns betreffenden Data noch einmal
von grund auf nachzuprüfen, etwa vorhandene
Fehler der gelehrten Tradition zu verbessern und
die zahlreichen Lücken auszufüllen. Dabei ist ihm keine
Kleinarbeit zu verdrießlich gewesen, und Schritt für
Schritt mit den bisherigen Darstellern diskutierend bahnt
er sich seinen Weg. Nicht ohne die bekannte englische
Breite: ungezählte Male, auch an unwichtigen Punkten,
stehn Inhaltsangabc und weitläufiges Exzerpt nebeneinander
, und beide im Haupttext; Wichtiges und Unwichtiges
wird überall mit gleicher Liebe und Ausführlichkeit
behandelt. Und nicht ohne die ausschließende
Hinwendung des philologisch eingestellten Historikers
auf die engsten Zusammenhänge: es kommt dem Verf.
auf die peinlichste Genauigkeit jeder Aussage an, und
von Ausblicken und Überschauen ist er kein Freund. So
hat das Ganze nicht den Stil dessen, was wir in Deutschland
eine Biographie nennen, sondern den der gelehrten
Monographie. Aber das Ergebnis zeigt, daß der Gegenstand
eine solche Behandlung nötig hatte. Nicht nur für
T. C, sondern überhaupt für die Geschichte des Elisa-
bethanischen Puritanismus legt P.s Darstellung in vielem
einen neuen festen Grund. Und in manchem ist durch sie
selbst das Bild, das unsere kirchiengeschichtlichen Gesamtdarstellungen
von der puritanischen Bewegung zeichnen
, verändert worden. Der folgende Bericht wird sich
auf die unter diesem Gesichtspunkt wichtigen Tatsachen
beschränken.

Zunächst gebe ich T. C.s Lebensdaten, wie sie von P. festgestellt
sind, durch den Druck hervorhebend, wo sie den Bericht
lluddcnsieg's in der R. E.3 3, 733 ff. oder die Darstellung Karl Miiller's
(II, 2 S. 443 ff.) kritisch treffen. 1535 geb., seit 1547 in Cambridge,
1556—59 (also erst in der zweiten Hälfte von Marias Regiment
sein Studium unterbrechend) vorübergehend im Dienst eines Anwalts,
1562 Fellow im Trinity College, 1565/6 vorübergehend Hauskaplan
beim Erzbischof v. Armagh, 7567 eine Demonstration gegen die
Priestcrkleidung in seinem Colleg veranlassend, 1569 in die Lady
Margaret Professur zu Cambridge gewählt. Seine Vorlesungen über
die Apostelgeschichte seit 1569 werfen den Feuerbrand des presbyterianischen
Verfassungsideals in die Universität und in die puritanische
Bewegung, sodaß er der Vater des englischen Presbyterianismus ist;
seine Predigten vertiefen die Wirkung. Juni 1570 setzt die offizielle
Qegenwirkung ein, bei der bald Whitgift, der Master of Trinity, die
treibende Kraft ist. Er wird nicht zum Doktorat zugelassen, wird
suspendiert; neue Universitäts-Statuten (Sept. 1570) ermöglichen es,
die Opposition seiner Freunde in Cambridge lahmzulegen (Whitgift
Vizekanzler); Dez. 1570 geht er seiner Professur verlustig. Er hat
sein presbyterianisches Ideal mit seiner akademischen Carriere befahlt
. 757/ finden wir ihn in Genf, seit Juni als mit Beza befreun-

Die Aufhellung der nun beginnenden elf Jahre des Exils ist
vielleicht der mühsamste, aber auch der ergebnisreichste Teil von
P.s Arbeit. Jan. 7574 wird T. C. in Heidelberg immatrikuliert,
1576 weicht er mit den Heideiberger Calvinisten zusammen nach Basel;
seit 7577 ist er zunächst als Faktor in den Niederlanden, 75SO wird
er, erst als Stellvertreter, dann als Amtsinhaber Prediger der Gemeinde
englischer Kaufleute in Antwerpen, Herbst 1582 siedelt
er mit seiner Gemeinde nach Middelburg über, April 1585 ermöglicht
ihm Leicester die Rückkehr nach England; seit 1586 ist er Masler
des von Leicester in Warwick gestifteten Hospitals. Die ganzen Jahre
seines Exils hat er brieflich und literarisch an den Schicksalen der
puritanischen Bewegung in England Anteil genommen. Seine Rückkehr
bringt ihn gleich wieder an die Spitze.

T. C.s Anteil an dem Kampf der nächsten Jahre kann nur verstanden
werden bei einem Rückgriff auf die Entwicklung des engl.
Presbyterianismus. Die Verfassung der Gemeinde zu Wandsworth
von 1572 betrifft nur eine Einzelgemcinde; es handelt s'ch also hier
nur um taut fcirk Session (— Presbyterium Im deutschen Sinne) noch
nicht um etwas Übergreifendes (Presbyterium im engl. Sinne). Das
erste Be'spiel wirklich presbyterianischer Kirchenverfassung ist erst die
Ordnung der Gemeinden der Kanalinseln von 1577; an ihr ist T. C, da
sein Au/enthalt auf den Kanatinsetn in diesen JaJtrcn ins Reich der
Legende gehört, nicht als Urheber beteiligt. Während des Aufenthalts
von T. C. in den Niederlanden ist dann, in heimlichen „Konferenzen
" vor allem der Oeistlichcn der Keim zu einer umfassenden
presbyterianischen Kirchenverfassung für England entstanden. Die
durch den neuen Erzbischof Whitgift 1583 einsetzende Verfolgung hat
wohl zur Suspension einzelner Führer geführt, aber die „Konferenz-
Bewegung" ist trotz ihm gewachsen. Mit dieser Bewegung ist T. C.
brieflich in ständiger Fühlung gewesen, seit I5S5 steht er führend in
ihr. 1586 ist die Disciplina ecelestae sacru et synodica an deren
späteren Stadien neben Travers wahrscheinlich Anteil hat, von einer
Gcneralkonfcrcnz angenommen worden als künftige Ordnung der
englischen Nationalkirche; 1588 verpflichteten sich T. C. mit einer
großen Reihe anderer, an der Inkraftsetzung dieser Ordnung, doch
nicht wider die Gesetze zu arbeiten. Die 1588 f. wild aufflammenden
Marprelate Tracts, die von den verantwortlichen Führern der Bewegung
, vor allem von T. C. selbst, gemißbilligt wurden, geben (zusammen
mit dem Aufatmen des offiziellen England nach dem Untergang
der Armada und dem Tode des Gönners der Bewegung Leicester
1588) den Anlaß zum Durchgreifen. Rieh. Bancroft, damals
Kaplan, gelang es, mit Hilfe eines Verräters (John Johnson, Prediger
in Northampton), die ganze heimliche Organisation aufzudecken, das
nötige Beweismaterial an Drucksachen, Akten und Briefen zu beschaffen
, und so wanderten denn alle Führer ins Gefängnis, T. C. selbst
wohl Ende Oktober 1590. Die Bewegung war zerknickt. Als er,
etwa Mai 1792, freigelassen wuTde, war der Plan, die englische
Nationalkirche zur presbyterianischen nach dem schottischen Vorbild
umzubauen, verloren.

Das letzte Jahrzehnt seines Lebens bringt ihm die Möglichkeit,
als englischer Prediger auf der Kanalinsel Guernsey (1595—1601)
am Aufbau einer presbyterianischen Kirche zu arbeiten. Die Wiedervereinigung
der im Streit verfallenen Kanalgemeinden, und zum guten
Teil die Kirchenordnung von 1597 sind sein Werk. Seinen Lebensabend
bringt er dann am Hospital zu Warwick zu. An den Petitionen beim
Regierungsantritt Jakob I. hat er sich noch beteiligt. Er war zum
Mitglied der Konferenz von Hampton Court bestimmt, als der Tod
ihn ereilte.

Neben dem Leben T. C.s enthält das Werk eine unübersehbare
Fülle exakter Einzelnachrichten. Es muß für alle kirchengeschichtlich
überhaupt in Betracht kommenden Persönlichkeiten dieser Zeit
nachgeschlagen werden, ebenso für die Oeschichte des Buchwesens.
Bis in die letzten Verzweigungen hinein ist z. B. die Oeschichte der
puritanischen Winkelprcsse verfolgt.

In all den Einzelheiten lebt nun aber doch ein Gesamtbild
der Persönlichkeit, das für das Verständnis der
Bewegung wichtig ist. T. C. ist kein Kämpfer für Gewissensfreiheit
, sondern für das Recht der eigenen Über-