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Ausgabe:

1925

Spalte:

488-489

Autor/Hrsg.:

Olsson, Bror

Titel/Untertitel:

Papyrusbriefe aus der frühesten Römerzeit 1925

Rezensent:

Debrunner, Albert

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Theologische Literaturz.eitimg 1925 Nr. 21.

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den sich viel zu viele stereotype Züge, die in den Eingangsstücken
dieser Art von „Offenbarungsliteratur"
immer wiederkehren. Sodann ist aber zu betonen, daß
das o/.ii/.t(r mit dem durch Magie herbeigezwungenen
Gott mit „Mystik" nicht das Geringste zu tun hat und
also auch nichts für eine Ägyptische Tempelmystik beweist
. Es ist bedauerlich, daß C. so wenig in der Lage
ist, ganz verschiedene geistige Phänomene zu unterscheiden
. Thessalus bittet den Priester, er möge ihm
gestatten fiövog ngcg (tcvov d. h. mit Asklepios zu
reden (Gar. cod. astr. VIII 3 p. 136, 31 f.). Das ist die
bekannte Formel, die bei Plotin vorkommt. Ist aber
durch Thessalus bewiesen, daß sie aus dem Ägyptischen
Kult stammt? Sicher nicht. Bekanntlich gebraucht Nu-
menius schon vor Plotin diese Formel, und wahrscheinlich
stammt sie doch wohl aus der Sprache des Neu-
pythagoräismus. Daß Thessalus sie aus dem Neupytha-
goräismus entlehnt hat, hat nichts Verwunderliches, wenn
man an die enge Verbindung denkt, die Magie und Neu-
pythagoräismus mit einander eingegangen waren. Wenn
C. endlich zum Schluß als Beweis für den Einfluß des
Ägyptischen Kultus auf die „Mystik" Plotins darauf
hinweist, daß in Ennead. VI 9,9 und V 3, 17 von der
„mystischen" Erleuchtung in Ausdrücken aus der Mysteriensprache
die Rede sei, so fehlt in diesen Wendungen
grade alles das, was auf speziell Ägyptische Verhältnisse
hinwiese. C. scheint mir also seine These, daß „die
Mystik" Plotins aus dem Ägyptischen Kult stamme,
nicht bewiesen zu haben.

Bonn a. Rh. Erik Peter >ob.

Thilo, Piiv.-Doz. Lic. Dr. Martin: Das Buch Hiob. Neu übers,
u. aufgefaßt. Bonn: A. Marcus & E. Weber 1925. (144 S.) 8°.

Rm. 4—.

Der Zweck dieses Büchleins ist nicht in erster Linie
in einer Erörterung der sehr schwierigen textkritischen
Probleme des Buches Hiob zu suchen, sondern dem Verf.
kommt es in seiner Arbeit darauf an, „die im Buch Hiob
enthaltenen religionsgeschichtlich bedeutsamen Gedanken
systematisch darzustellen". So wird uns zunächst (S. 4
bis 73) eine neue, durchaus selbständige Übersetzung
des Buches geboten, begründet durch eine große Zahl
exegetischer Anmerkungen (S. 74—89), denen abschnittweise
unter Berücksichtigung des Zusammenhanges und
der „Einzelthemen" eine ausführliche und eingehende
Inhaltsangabe (S. 90—104) folgt. Bedauernswerter
Weise ist die Übersetzung nicht in strengem Rhythmus
und regelmäßiger Versabteilung, wie es der Urtext nahelegt
, gehalten; sondern der Verf. bedient sich für die
Wiedergabe einer „rhythmischen Prosa", weil er der
Ansicht ist, durch eine genaue Wiedergabe würden zu
viele Schranken auferlegt, und die anzustrebende Klarheit
und Anschaulichkeit des Ausdrucks könnte dann
nicht erreicht werden.

fck* Einzelheiten wird man des öfteren anderer Meinung sein. So
müßte meines Erachtens die gewollte Monotonie des Hebräischen
auch im Deutschen zum Ausdruck kommen (z. B. 1,6=2,1; 1,8 2,3):
auch ist dasselbe Wort trotz gleichen Sinnes mehrfach verschieden
wiedergegeben (wie 6,26; 7,1 f; 8,3), was besonders bei gleichen
Versanfängen dem Leser ein ungenaues Bild gibt (z. B. 6,9f.); für
9,12 f. würde ich des Oleichklangs wegen vorschlagen: „Er entreißt,
wer will ihm wehren? . . . Gott wehrt seinem Zorn nicht"; auch auf
Wortspiele wäre noch mehr Wert zu legen gewesen (z. B. 6,25 f., wo
Budde übersetzt: „Was beweist das Verweisen von Euch? Gedenkt ihr
Worte zu verweisen, . . ."). Auch hätte der Parallelismus ntetnbr.,
der doch nun einmal ein wichtiges < Charakteristikum der hehr. Poesie
bildet, mehr zum Ausdruck gebracht werden müssen (z. B. 5,9. 15;
6,23; 8,7). Ungenaue Übersetzungen finden sich des öfteren (z. B.
1,5 „er" statt „Hiob"; 2,8. 10; 5,19. 9. 20; 9,11; 17,10). Dagegen
sind hervorzuheben viele neue Auffassungen und glückliche Wiedergaben
z. B. 2,4; 3,6. 15; 5,3; 6,30 usw.; besonders zu 27,23, wo dem
,,säfaq" und „säraq" nicht Hohn und Schadenfreude zueignet, sondern
beide Ausdrücke sind aufzufassen als Gebärden des Beklagens und Entsetzens
. Auch die Anmerk. 352, 354 und 360 geben dankenswerte
Aufschlüsse über das „Gewitter", das in Pal. nur im Winter vorkommt
, und nach welchem die Luft sich nicht abkühlt, sondern es
warm wird.

Im letzten Abschnitt „Zur Gesamtauffassung" (S.
105—144) geht Verf. nach einem Überblick über die
Geschichte der Auslegung des Buches Hiob von dem
Satz aus, daß das Buch selbstverständlich eine schriftstellerische
Einheit ist trotz der noch so verschiedenartigen
Teile, die es in sich schließt (S. 107). Der entscheidende
Punkt für das Verständnis des Ganzen liegt
in Kap. 28, das mit seinem Weisheitsbegriff (Weisheit
j Gottesfurcht) die Grundvoraussetzung, das „Grttnd-
1 dogma" enthält, von dem die streitenden Parteien aus-
| gehen. Es ist der „Mutterschoß sämtlicher Probleme,
die das Buch behandelt" (S. 115); darum darf es nicht
! mit den übrigen Reden in eine Linie gestellt werden,
sondern ist der „Obergedanke, von dem alles andere
ausgeht". Von hier aus wertet Verf. dann den Prolog,
der einen Einzelfall auf Erden, eine Wirklichkeit ( die
inneren Erlebnisse des Dichters), durch ein Einzelereig-
j nis im Himmel motiviert. Der Dialog zeigt das Ringen
und Leiden eines Weisheitslehrers, eben des Dichters
selbst, der mit seinen drei Freunden, auch Weisheits-
I lehrern, auf gleichem Boden steht. Der Disput gipfelt
: darin, dem Gegner zu beweisen, daß er diesen Boden
I verlassen hat. Kap. 28—31 bilden einen Ruhepunkt der
| bisherigen Entwicklung, ihr Fazit. Elihu, im Gegensatz
! zu dem autoritativen Auftreten der drei Schulmänner",
will mit dem Gedanken des Läuterungsleidens dem
Dichter zurechthelfen, welcher dann in den Gottesreden
auf die Höhe des inneren Lebens geführt wird. Die
Darstellung ist doppelt; einmal nach ihrer zeitlichen
Aufeinanderfolge (das Gedicht), zum andern sub specle
aeternitatis (Prolog und Epilog). Der positive Lehrinhalt
läßt sich auf die Formel bringen: „Gottes Ehre
besteht nicht nur darin, daß er von den Frommen geliebt
wird, vielmehr auch darin, daß er sie liebt". Das
Endresultat lautet: es gibt ein Bewährungsleideu, ein
Leiden, dessen auch der Gerechteste zur Förderung seiner
Entwicklung bedarf.

An störenden Druckfehlern sind mir aufgefallen: S. 5 Vers 10
„bast" statt „bat"; S. 6 zu 1,21 im Text falscher Versanfang; S. 19
im Text lies 15 (nicht 25); ebenda Vers 16 ist statt des Punktes ein
Komma zu setzen; S. 20 Vers 2 statt des Kommas lies ein Kolon:
S. 107 Anm. 1 1 les Balla; Anmerkung 38 fehlt ganz; Anm. 100 ergänze
hinter „bekehrt" ein „werden". — Die Auffassung des Verf.
steht und fällt mit der Voraussetzung der literarischen Einheit des
Buches Hiob. Diese ist auch durch seine Untersuchung nicht evident
geworden. Es ist vor allem die Gestalt des Elihu, die mir Bedenken
bereitet. Auch wenn man mit Tb. in der Komposition der Elihurcdcn
„das jugendlich Stürmische des E." sieht, „der immer sich selbst
vorgreift, in der Angst, nicht schnell genug zum Ziel zu kommen", so
j genügt das m. E. noch nicht, um die parallelen Gedanken in Kap. 33
! und 36, die wiederholten Anfänge seiner Reden (34, 1; 35,1) zu
erklären; auch ist der Gedanke des Läuterimgsleidens schon 5,17 angeschlagen
; ferner bereitet die gewundene Prosaeinführung 32, 1—6 zu
große Bedenken, als daß Elihu einen sicheren Platz im Buch Hiob
haben könnte. Was Prolog und Epilog betrifft, so macht einmal
schon die Prosa, dann die anderen Voraussetzungen, von denen hier ausgegangen
wird, und die zum Teil in Widerspruch zum Gedicht stehen,
und nicht zuletzt der besondere, altertümliche Märchcnstil es mehr als
wahrscheinlich, daß hier eine besondere alte (wahrscheinlich später
weiter ausgestaltete) Erzählung vorliegt, die in sich ursprünglich voll
abgeschlossen war und mit dem (später eingefügten) Gedicht selbst
nichts zu tun hatte (vgl. Volz). Aber auch wenn man in der Gesamtauffassung
mit Th. nicht mitgehen kann, so ist doch durchaus anzuerkennen
, daß es ihm in nicht wenigen Fällen gelungen ist, erfreuliche
Beiträge zu einem besseren Verständnis des Buches Hiob zu
liefern.

Suhl i. Thür. Gurt Kuh 1.

Olsson, Brot : Papyrusbriefe aus der frühesten Römerzeit.

Diss. Uppsala: Almc|vist & Wiksell 1925. (XII, 240 S.) 4°.

Über die Wichtigkeit der Papyri, namentlich der
Briefe, für Sprache, Begriffsgeschichte und literarische
Stellung des N.T. braucht man heute glücklicherweise
kein Wort mehr zu verlieren. Nun bietet uns Olsson zu
Witkowskis Sammlung der Papyrusbriefe der ptolemä-
ischen Zeit (s. Th. L. Z. 1914, 314 f.) eine Ergänzung für
die früheste Römerzeit, d. h. von 30 v. Chr. bis 100 n.
Chr., also gerade für das Jahrhundert, in dem Paulus