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Ausgabe: | 1925 Nr. 19 |
Spalte: | 456 |
Autor/Hrsg.: | Gutmann, Bruno |
Titel/Untertitel: | Das Dschaggaland und seine Christen 1925 |
Rezensent: | Richter, Julius |
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Theologische Literaturzeitung 1925 Nr. 19.
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frage von vornherein mit einer „Klammer". Sie begnügt
sich, die „Autonomie" der Religion „rein intentional"
vorauszusetzen (S. 26). Die Entscheidung über die
Autonomiefrage liegt bei der Religionsphilosophie. Die
[empirische] Religionswissenschaft hat die Religion
nach allen Seiten in ihrem Werden zu verfolgen (Religionsgeschichte
) und als objektive Sinnausprägung
oder als Erscheinungsweise des objektiven Geistes zu
verstehen. Solche Sinnerfassung führt zur Erkenntnis
des Typischen (Typenlehre) und zur Aufstellung von
Gesetzen der Entwicklung. Beides bildet den systematischen
Teil der Religionswissenschaft (Religions s y s t e-
m atik).
Bezüglich der Methode der Religionswissenschaft
wendet sich der Verf. vor allem gegen einen einseitigen
Psychologismus (vgl. Anhang S. 193 ff.). „Es
ist keine Frage, daß man über dem Studium der psychologischen
Momente die Erkenntnis der objektiven Faktoren
vernachlässigt hat". Um so stärker betont die Arbeit
in Anlehnung an die phänomenologische Schule,
bes. Max Scheler, die „gegenständliche" Orientierung.
Die Religionswissenschaft muß der Religion als Erscheinung
des objektiven Geistes ihre Prinzipien abfragen
(S. 205). Allerdings verhehlt sich Wach nicht, daß auch
die subjektiven Voraussetzungen eine Rolle spielen
(vgl. das 4. Kap.). Wenn auch streng unterschieden
wird zwischen„verstehen" und „nacherleben" — beides
fällt durchaus nicht zusammen — so soll doch nicht geleugnet
werden, daß zum „Verstehen" eine Affinität des
Forschers zu seinem Gegenstand, eine „Metexis", deren
Gesetze freilich nur zu ahnen sind (S. 1577), letzte
Voraussetzung bildet. Diese Affinität befähigt die Phantasie
zum Verstehen auch des Fremden, ja dessen, was
von eigenem Standpunkt aus bekämpft werden muß. In
diesem Sinne ist der Satz „Religion kann nur mit Religion
angeschaut werden" dem Verf. aus der Seele gesprochen
(S. 37).
Wachs prinzipielle Untersuchungen dienen sicherlich
zur Klärung des Urteils über Aufgabe und Grenzen
der religionswissenschaftlichen Forschung und zeichnen
sich überall durch große Umsicht und Besonnenheit
aus. Er verdient deshalb Dank für seine Veröffentlichung
, die angesichts der immer mächtiger fortschreite)]
psychologisch, nicht phänomenologisch — sondern allein
glaubensgemäß kann hier das Urteil sein. Das
hat die weittragendsten Konsequenzen für das Verständnis
„der Religion überhaupt". Ich komme deshalb nicht
um die Tatsache herum, daß wahrhaft fruchtbare
Religionswissenschaft immer von einem Standpunkt konkreter
religiöser Überzeugung aus getrieben werden muß.
Der große Religionswissenschaftler wird sich keine
„Klammern" anlegen lassen. Das hindert nicht, daß wir
dankbar alle Erkenntnisse verwerten, die eine möglichst
objektive Tatsachenerforschung der Religion uns vermittelt
. Und ganz einig bin ich mit dem Verfasser darin,
daß alle diejenigen sich nicht genug der „Einklammerung
" ihrer religionsgeschichtlichen Erkenntnisse bewußt
sein können, die im letzten Grunde von der glaubensgemäßen
Entscheidung in Sachen der Religion absehen
wollen.
Basel. Qerh. Heinzeln!«na.
Die deutsche evangelische Heidenmission. Jahrbuch der vereinigten
deutschen Missionskonferenzen 1925.
Das diesmalige Jahrbuch ist ganz besonders inhaltsreich und anregend
, zumal es einen erfreulichen Wandel der Stellung des Auslands
; zu den deutschen Missionsgesellschaften und ein Wiedererstarken
der deutschen Missionen anschaulich darstellen kann. Es tnthält
neben den üblichen Mitteilungen und Ubersichten (über Missions-
Literatur, Missions-Anschriften und Missions-Konferenzen) einen umfassenden
Berieht über die wichtigsten Missions-Ercignisse 1024. Abgedruckt
sind auch die wertvollen Vorträge, die Würz und Jhmels auf
der 8. Herrnhuter Missions-Woche gehalten haben, immer mehr den
Grundsätzen des Allg. ev. prot. Missions-Vereins sich annähernd, der
übrigens — abgesehen von seiner Adresse und einem Buchtitel — ganz
übergangen ist. Wichtig ist Westermanns Aufsatz über ,neue Missions-
Aufgaben in Mittelafrika.' Anmutig und herzerquickend sind die
,CharakterbiIder aus der Rheinischen Mission' von Kriele-Barmen und
die .Skizzen aus chinesischen Pfarrhäusern' von E. Ochler-Heimer-
dinger.
Frankfurt a. M. W. Bornemann.
Gutmann, Bruno: Das Dschaggaland und seine Christen.
Mit färb. Titelbild u. 16 Abb. Leipzig: Vlg. d. Evang.-Iuther,
Mission 1925. (182 S.) 8°. Rm. 4—.
32 Skizzen verschiedener Art aus Natur und Stammesleben,
Christen- und Gemeindeleben der Dschagga aus Kilimandscharo.
Gutmann ist ein sinniger und inniger Missionar, der sich mit liebender
Seele in das Volkstum versenkt und mit dem Zauberstabe der Sympathie
überall Rosen und Veilchen am Wege zur Blüte bringt. Das
den rellgionsgeschichtlichen Arbeit durchaus an der Bucu wirbt um die verständnisvolle Teilnahme der heimatlichen
Zeit war. Trotzdem bleiben auch gegenüber Wachs Auf- Missionsgemeinde angesichts der gerade jetzt möglichen Wiederauf-
Stellungen Bedenken bestehen, die hier mir angedeutet j nähme der dortigen Arbeit durch die Leipziger Mission. Die ersten
sein mögen. Das Mittel, mit dem der Verf. Raum schafft
für eine empirische-verstehende Religionswissenschaft,
ist die „Einklammerung". Wahrheits- und Wesensfrage
gehören nicht in die Religionswissenschaft, sondern
in die Religions p h i 1 o s o p h i e. Aber befreit uns
dieser Kunstgriff — denn nichts anderes ist es — wirklich
von den Schwierigkeiten? Schließlich muß doch
auch Wach, um den allgemein-wissenschaftlichen Charakter
der Religionswissenschaft zu rechtfertigen, auf
einen religionsphilosophischen Lehrsatz zurückgreifen
„daß der Mensch seinem Wesen nach (sie!) angelegt
sei auf Religion" (S. 158). Darin liegt aber nicht nur
ein starkes Präjudiz über die zu erforschenden Erscheinungen
, sondern es fragt sich erst noch, ob überhaupt
mit dieser allgemeinen Voraussetzung das Phänomen der
Religion in allen seinen Formen verstanden werden
kann. Das führt auf ein Zweites. Die subjektiven Voraussetzungen
, die der Verf. zugesteht, reichen m. E. nicht
aus, um das Christentum wirklich zu verstehen. Der
Sinn dieser Religion erschließt sich letztlich nur unter
ganz bestimmten ethischen Voraussetzungen. Diese ethischen
Voraussetzungen sind aber erst dann gegeben,
wenn unter dem Eindruck der Offenbarung des Christentums
die Existenz des Forschers selbst in die Frage
hineingezogen wird. M. a. W.: Was Christentum ist,
wird uns nur der sagen können, dem Christus zur Ent-
16 Kapitel führen in das Dschaggavolkstum, die anderen 16 Kapitel
in das geistliche Leben, Denken und Fühlen der jungen Christen ein.
Berlin. J. Richter.
Mitteilung.
Folgendes Schreiben ist der Schriftleitung mit der Bitte um Veröffentlichung
zugegangen:
Die theologische Fakultät der Universität Basel plant als Festgabe
für das Basler Reformationsjubiläuni von 1929 eine vollständige
Edition der Briefe und Akten zum Leben Oekolampads.
Sie erlaubt sich daher, mit folgenden Fragen an Sic zu gelangen:
1. Befinden sich auf Ihrer Bibliothek oder Ihrem Archiv handschriftliche
Briefe in Original oder Abschrift, die von Oekolampad
oder an ihn geschrieben sind? Und wenn ja, welches sind diese
Briefe (Absender, Adressat, Datum.) 2. Befinden sich bei Ihnen
irgendwelche Urkunden, Akten (Ernennungen, Empfehlungen, Verhandlungen
über Stellenbesetzung, Aemterbüchcr, kirchliche Register,
Beschwerden, Gerichtsverhandlungen, Erlasse, Missiven, amtliche Erhebungen
, Rechnungen, Zinsbücher, Inventare usw.), Briefe und zeitgenössische
Berichte, die auf die Person oder das Lebenswerk Oekolampads
Bezug haben? Und wenn ja, was für welche? 3. Besitzen
Sie Manuskripte Oekolampads (in Original oder Abschrift), wie etwa
Väterübersetzungen, Predigten, Vorlesungen usw., oder Nachschriften
dieser beiden letzten Kategorien? Und wenn ja, was für welche? 4. Besitzen
Sie Dokumente über Oekolampad, wie sie sub 1—3 genannt
sind, gedruckt in seltenen Drucken des 16. Jahrhunderts oder in abgelegenen
und lokalen Publikationen der neueren Zeit? Und wenn ja,
welches sind diese Drucke und Publikationen? Ihre gütige Antwort
bitten wir zu richten an Herrn Prof. Lic. theol. Ernst Staehelin,
Scheidung seines Lebens geworden ist. Nicht ! Peter-Rot-Straße 16, Basel.
Die nächste Nummer der ThLZ erscheint am 3. Oktober 1925.
Beiliegend Nr. 19 des Bibliographischen Beiblattes und ein Prospekt des Verlags Felix Meiner in Leipzig.
Verantwortlich: Prof. D. E.Hirsch in Göttingen, Bauratgerberstr. 19.
Verlag der J. C. Hinrichs'schen Buchhandlung in Leipzig, Blumengasse 2. — Druckerei Bauer in Marburg.