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Ausgabe:

1925 Nr. 18

Spalte:

411-413

Autor/Hrsg.:

Brockhaus, Heinrich

Titel/Untertitel:

Die Kunst in den Athos-Klöstern. 2. Aufl 1925

Rezensent:

Meyer, Philipp

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Theologische Literaturzeitung 1925 Nr. 18.

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wird. Was an hebr. Kenntnissen hier wie auch schon auf der Schule
überhaupt mitgeteilt werden kann, das muß unveräußerliches Gut
sein und bleiben. Das aber ist eine gediegene Einsicht in Bau und
Bildungsweise der hebr. Sprache. Eine Schulgrammatik hat darum
nichts weiteres zu tun, als ein Nonnalschema des Hebr. vorzuführen
und nur die wichtigsten Abweichungen davon anzuführen.
Hier muß nun zu der vorliegenden Grammatik bemerkt werden, daß
sie die Darstellung mit einer viel zu großen Fülle von Gelegenheitsformen
belastet hat. Solche Fälle sind zwar hier immer nur der
Genesis entnommen; aber gerade sie konnten deshalb umso eher wegbleiben
, als eine genauere Beschäftigung mit der Gen. sozusagen in
den atl. Pflichtplan gehört. Unbedingt erforderlich wäre es aber gewesen
, wenn einem Anfänger auch gedruckt unter die Augen gehalten
würde, an welche größeren gramm. Werke er sich im Laufe seiner
atl. Beschäftigung wenden kann und muß (wo möglich noch mit einer
kurzen Skizzierung dieser Lit). In den Rahmen des hier geltend Gemachten
gehört auch ein Fall wie der in § 28 f., wo als Inf. Qal. v

]nj angegeben wird oder pp), ohne daß die erstere

Form irgendwie als die nur seltene kenntlich gemacht ist. — Es bedeutet
ferner erfahrungsgemäß eine nicht geringe Erleichterung für
die dauernde Aneignung des Sprachstoffes, wenn von vornherein die
hist. Vorstufen des Hebr. mitberücksichtigt werden. Die Verff. sind
nach ihrem Vorwort auch der gleichen Meinung. In der — übrigens
auch sonst trefflichen — 'Nominallehre machen sie von dieser Oberzeugung
den notwendigen Gebrauch; dagegen geschieht in dieser
Hinsicht bei der Darstellung des Verbums so gut wie nichts, obwohl
gerade hier eine sich auf das Wichtigste beschränkende histor. Behandlung
verdienstlich genug ist. Die überaus dankenswerte Zusammenstellung
„Ausgew. Sätze aus der Lautlehre" in § 11 steht
jetzt fast wie ein erratischer Block da. Zum mindesten wäre es angebracht
gewesen, das ursemit. Verbum in einer Übersicht den
Paradigmentafeln am Schluß vorzustellen, schon um zeitraubendes
Schreiben im Unterricht zu ersparen. Gerade das Hebr. hat doch die
Eigentümlichkeit, durch solche Mehrbelastung leichter zu werden.
Soll man sich denn etwa, wie das in § 24 geschieht, die Verba mit
Suffixen lediglich „eintrichtern"; soll das schwache Verbum, etwa
die Hip.-Bildung der )v2 u. ähnl., unverstanden bleiben? Nichts
wird doch leichter und schneller vergessen als das, was nur mechanisch
auswendig gelernt ist.

Über diese allgemeinen Wünsche hinaus hätte ich noch zahlreiche
einzelne. Nur einige seien der Kürze halber genannt: 1.) eine möglichst
gezeichnete Schrifttafel; § 5 genügt nicht; an das (bekannte!)
griech. Alphabet ist anzuknüpfen. 2.) Angabe der jeweiligen SS auf
dem oberen Rande. 3.) Eine schematische Übersicht über den Vokalbestand
. Recht sonderbar ist übrigens in § 4 die Behauptung, daß
das (in später Zeit zur Erzwingung möglichst korrekter Aussprache
eingesetzte) Patach furtivum Diphthonge bilde! 4.) Es fehlt (hinter
§ 11 f.) die Regel: Lautb. Schwa in 2 aufeinander folgenden offenen
Silben wird in der ersten zu ,,i". Das 2. wird aber nicht „elidiert",
wie gelegentlich in § 55 f. 2 gesagt wird. 5.) Auf die Determination
muß eingegangen werden, schon um den beliebten Anfängerfehlcr der
doppelten Determ. zu verhindern. 6.) Ungern vermißt man gerade in
einer Schulgrammatik die (absichtlich weggelassenen) deutschen
Übungsstücke zum (möglichst schriftlichen) Übersetzen ins Hebr.,
sowie ein zu jedem dieser Stücke mitgeteiltes Quantum an unbedingt
zu erlernenden Vokabeln. Die hebr. Schulgrammatik muß alles tun,
damit die Beschäftigung mit dem AT. nicht infolge zu mühsamen Prä-
parierens oberflächlich bleibt oder gar ganz, aufgegeben wird. 7.) Die
neue Terminologie in der Verballehre hat sowohl gewisse Vorzüge wie
auch Unrichtigkeiten. In einer Schuigrammatik muß sie aber solange
unterbleiben, bis sie weitgehend anerkannt ist. Damit sei's genug.
Auch auf die Notierung der Druckfehler verzichte ich.

Bonn a. Rh. F. Horst.

Brockhaus, Heinrich: Die Kunst in den Athos-Klöstern.

2. Aufl. (Hclioplandr. 1891.) Mit 25 Text-Abb., 1 Kte., 7 Steiudr.-
und 23 Lichtdr.-Taf. Leipzig: F.A. Brockhaus 1924. (XI, 335S.) 4°.

Lwd. Rm. 42—.

„Die Ungunst der Zeit gestattete keinen Neusatz"
des Werks. Die 2. Aufl. beschränkt sich vielmehr auf
eine Neubearbeitung des Schlusses von S. 287 an. Vielleicht
mit höherem Recht, als wir denken. Ajionoros
ist in eine neue Zeit eingetreten. Gott hat das Joch der
Ungläubigen zerbrochen, das fast 400 Jahre auf der
heil. Berggemeinde lag. Indes ist das Mönchtum unabhängig
von äußeren Verhältnissen. Sie sind allein die
Absoluten in der Welt. Aber wie, wenn die Heimatkirche
ganz neue Anforderungen an die Mönche stellen
sollte? Längst sind in der Kirche Stimmen laut geworden
, die eine Heranziehung der Arbeitskräfte, die

im Mönchtum stecken, dringend verlangen. Für dringende
Gemeindearbeit wären die Ajioriten sehr zu gebrauchen
. Oder, aufs Gebiet der Kirchenpolitik gesehen
, gäbe der Athos nicht die allein geeignete Stätte
für den Sitz des ökumenischen Patriarchen? Diese und
noch andere Aufgaben brächten auch eine neue Entwicklung
für die Kultur von Ajionoros. Dann wird die Zeit
für die dritte Auflage des vorliegenden Werkes kommen.

Aber auch die wenigen neubearbeiteten Seiten
bringen viel Interessantes. Zur allgemeinen Geschichte:
Eine Münze der Athos-stadt Uranopolis aus dem vierten
vorchristlichen Jahrhundert. Dem Namen entsprechend
die Hirnmelslichter im Wappen tragend. Also schon
damals die Verehrung des Lichtes von oben. Ebenso anziehend
ist der Versuch, die Insel Utopia des Thomas
Morus auf den Monte santo zu deuten. Bild und Inschriften
, sowie Vergleichung der Verfassung machen die
Sache nicht unwahrscheinlich. Den Nachträgen zur eigentlichen
Geschichte der Kunst in den Klöstern geht eine
Ergänzung der inzwischen, namentlich im Osten, erschienenen
Literatur voran, die ich dankbar begrüße.
Die Verbindungen des Herrn Verfassers reichen sehr
weit. Das Gefühl, das ich beim ersten Lesen der Kunstnachträge
hatte, daß heute das Bestreben herrsche, —
nicht gerade beim Verfasser — das einst für alt und
sehr alt gehaltene in jüngere Zeit zu versetzen, ist glücklicherweise
nur teilweise berechtigt. Für das Alter der
Kirchen der großen Klöster, der Lavra, Vatopädi und
Iviron bleibt doch das Jahr 1000 die Gränze, der berühmte
Weihebrunnen in der Lavra um 1080. Einige besondere
Goldschmiedearbeiten bleiben im 11. und 12.
Jahrhundert. Dagegen werden die Kirchenmalereien (zu
Kapitel 2) erst ins 16. Jahrhundert gesetzt. Die Kunstverständigen
müssen das ja wissen. Ich führe aber gegen
eine so späte Ansetzung an, daß im 16. Jahrhundert die
Verarmung und Verelendung der Klöster überhand
nahm. Sollte man gerade damals so große und kostspielige
Malereien haben leisten können? Mir unwahrscheinlich
. Die meisten berühmten Panajien-Bildcr
stammen von jetzt an aus dem 15.—17. Jahrhundert, so
muß der Verf. dem russischen Forscher Kondakov Recht
geben. Was werden die aus Iviron sagen, deren älteste
Muttergottes, die Portaitissa schon im Bilderstreit mitgewirkt
haben soll. Und wieder mein Einwurf: In den
Jahrhunderten der wirtschaftlichen Not gerade diese
Kunstentwicklung? Das berühmte Malerbuch stammt
aus dem ersten Drittel des 18. Jahrhunderts, was wohl
richtig sein wird. Übrigens werden die Miniaturen,
(dritter Abschnitt) nicht weiter herunter gesetzt. Beim
letzten (Kunst der neueren Zeit) hören wir von
den bekannten Holzschnitzereien, insonderheit den
Löffeln, sie seien für „Andenken" von „geduldigen
Mönchen" geschnitzt, das Muster die Schlangen und
Beeren anpickenden Vögel der Natur, namentlich dem „Ar-
butusbaum" entnommen. Ich besitze elf solcher Schnitzarbeiten
, aus drei verschiedenen Holzarten; darunter
einen kompakten Gebrauchslöffel mit byzantinischem
Doppeladler und Patriarchenkrone, einen überaus feinen
Senflöffel, am Stiel die segnende Hand Gottes mit der
Lichtscheibe Gottes, endlich eine prachtvolle Salatschere.
Mehrere von den andern, oder zur Not alle auch durchaus
für den Gebrauch bestimmt. Da ich nun selbst auf
dem Athos mit solchen Löffeln gegessen habe, auch gesehen
, wie Mönche sie gebrauchten, halte ich an der
Ansicht fest, daß das wirtschaftliche Bedürfnis namentlich
die unentbehrlichen Suppenlöffel forderte und hervorbrachte
. Wie sollten nur die vielen Hunderte in, den
Klöstern die Suppe aus den in die mächtigen Tische geschnittenen
Telleröffnungen schlürfen? Daß mannigfache
religiöse Motive die Löffel zierten, namentlich die
Lichtscheibe Gottes und die Schlangen, die ich vorn uralten
Schlangenkultus bisher ableitete, ist natürlich.
Endlich erwähnt Verf. auch die wundervollen Naturdenkmäler
, die kolossalen Cypressen, wie auch ich sie
nirgends im Orient gesehen. Mit Dankbarkeit nehme ich