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Ausgabe:

1925

Spalte:

355-356

Autor/Hrsg.:

Buchner, Eberhard

Titel/Untertitel:

Von den übersinnlichen Dingen. Ein Führer durch das Reich der okkulten Forschung 1925

Rezensent:

Mayer, Emil Walter

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Seite 1

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sehen Gefühle und der Charakterbildung wird diese
Methode anzuwenden versucht. Für die ethische Beurteilung
der Jugendlichen ist besonders wichtig die Erörterung
einzelner Ausnähmezüge: Selbstmord, Straf-
handlungen und des Geschlechtslebens der Jugendlichen
, dem ein ganzes Kapitel gewidmet ist; diese
Vorgänge sind erzieherisch von besonderer Bedeutung.

In seiner gedrängten Form bietet das kleine Buch
das wichtigste Tatsachenmaterial, welches dem Erzieher
das Verständnis für den Geisteszustand der Jugendlichen
erschließt und ihm auch ermöglicht, solchen Erscheinungen
gerecht zu werden, die — in der Pubertät nicht
allzuselten — schon in den Bereich des Pathologischen
gehören.

Chemnitz. Wilh. Weber.

Bu ebner, Eberhard: Von den übersinnlichen Dingen. Ein

Führer durch das Reich der okkulten Forschung. Leipzig: Fd.
Meiner 1924. (XVI, 324 S.) 8°. Rm. 5.50; geb. 7.50.

Vorliegendes Buch nimmt innerhalb der, immer
noch rasch anwachsenden Literaturgattung, der es angehört
, auf keinen Fall den untersten oder schlechtesten
Platz ein. Im Gegenteil!

Wie der Titel besagt, beschäftigt es sich mit Erscheinungen
und Problemen des Okkultismus. Die Fülle
der Themata, die es behandelt, möge hier nur ganz summarisch
durch die Überschriften einzelner wichtigerer
Abschnitte angedeutet werden: „Zauberei und Aberglaube
"; „Magische Heilkunde"; „Magnetismus und
Hypnose"; „Okkulte Künste und Wissenschaften" (Alchimie
, Astrologie, Wünschelrute, Siderisches Pendel,
Kristallomantie, Chirologie und Phrenologie, Die anderen
mantischen Künste, Psychometrie); „Telepathie";
„Hellsehen"; „Theosophie und Anthroposophie";
„Tischrücken"; „Trancemedien"; „Spuk"; „Materialisationen
". Der Verfasser beansprucht nicht alle angeführten
Erscheinungen zu erklären, aber doch eine ganz
beträchtliche Anzahl davon; inbezug auf andere befleißigt
er sich weiser btoy^. Die Haupterklärungsversuche
, die von ihm vorgetragen werden, stützen sich
teils auf die Lehre vom „Doppelten Ich", die neuerdings
auch innerhalb der Psychologie vielfach — man denke
etwa an gewisse Untersuchungen von Österreich — besondere
Beachtung findet; teils — um bei der Terminologie
des Autors zu bleiben — auf den „Animismus", der
scharf vom „Spiritismus" unterschieden wird. „Der Animismus
, heißt es wörtlich, leitet die magischen Erscheinungen
von den Lebenden her, der „Spiritismus"
von den Geistern, wobei er allerdings mit bedauerlicher
Voreiligkeit, meistens von vorn herein nur an die Geister
der Verstorbenen zu denken pflegt." Von der qualifiziert
spiritistischen Hypothese hält der Autor offenbar
nicht sehr viel, ohne sie deshalb schlechtweg leugnen
zu wollen; doch möchte er nur im äußersten Notfall
auf sie zurückgreifen. Einzelne spiritistische Sean-
cen, denen er selbst beigewohnt hat, schildert er in
höchst amüsanter Weise und mit gutem Witz.

Der Unterzeichnete kann sich dem beschämenden
Bekenntnis nicht entziehen, daß er der Kritikerpflicht,
all die älteren und neueren Berichte, aus denen Verfasser
sein Tatsachenmaterial geschöpft hat, auf ihre
Verläßlichkeit hin zu prüfen, nicht nachzukommen versucht
hat. Doch kann man gewiß dem allgemeinen
Grundsatz des Werks nur zustimmen, daß es nicht angängig
ist, eine von an sich glaubwürdigen Zeugen
berichtete Tatsache lediglich deshalb zu bestreiten,
weil sie zunächst befremdend und rätselhaft („okkult")
erscheint, sondern, daß es auf den Versuch ankommt,
sie in einen weiteren Zusammenhang zu stellen und so
auch einigermaßen wissenschaftlich begreifbar zu machen
. Hat doch die neuere Theologie gewissen biblischen
Heilungswundern gegenüber einen ähnlichen
Standpunkt eingenommen.

In „okkultistischen" Kreisen, jedoch auch sonst,
wird das Buch selbstverständlich nicht auf restlose Zustimmung
stoßen. Aber auch solche, die für die Behandlung
der ganzen Materie nicht viel übrig haben —
und deren gibt es selbst heute nach der Kriegspsychose,
soll man sagen? „Gott sei Dank" noch viele — wird die
Lektüre stellenweise sehr interessieren können. Zum
Schluß noch einige für die Art des Ganzen charakteristische
Einzelheiten. Die Auffassung des Verfassers
berührt sich des öfteren mit derjenigen der bekannten
Society for psychical research. Was insbesondere die
Theosophie und Anthroposophie betrifft, so wird über
Steiner ein wenig günstiges, aber meines Erachtens nicht
ungerechtes Urteil gefällt. Sehr bezeichnend ist auch
folgender Ausspruch: „In den okkulten Wissenschaften
ist nun einmal mit Gelehrsamkeit nur wenig getan:
Intuition heißt das erste und vornehmste Erfordernis."
Endlich ein bescheidener Wunsch zur Terminologie!
Der Begriff des Animismus ist allmählich innerhalb der
Religionswissenschaft, namentlich infolge der Auseinandersetzung
mit dem „Animatismus", so vieldeutig geworden
, daß man gut tun würde, diese bequeme Münze
durch willkürliche Überprägungen nicht weiter abzunutzen
und für den Gebrauch zu entwerten.

Gießen. E. W. Mayer (Straßburg).

Wittmann, Michael: Ethik. Kempten: Kösel u. Pustet 1923.
(X, 398 S.) gr. 8°. Philosophische Handbibliothek, Bd.VII

Das vorliegende Werk ist eine Fortsetzung und
Erweiterung einer früheren Schrift des Verfassers
„Grundfragen der Ethik". Es nennt sich selbst eine
„Ethik", ist aber doch etwas anderes, als was man vielfach
unter einer solchen versteht. Es beabsichtigt nicht
sittliche Normen als geltende aufzustellen und damit
Zwecken der Praxis zu dienen. Es will sich vielmehr
auf eine rein theoretische Aufgabe der sogenannten
„ethischen Prinzipienlehre" beschränken. Es geht aus
von der „Tatsache", daß es überhaupt so etwas wie
Sittlichkeit gibt. Diese „unbestreitbare" Tatsache will
es ergründen und erklären, indem es Fragen gleich
folgenden aufwirft: wie kommt es, daß es Sittlichkeit
in der Welt gibt? worauf geht es zurück, daß sittliche
Forderungen in Geltung sind, als maßgebend und bindend
anerkennt werden? Damit unterscheidet sich das
Werk als „Moralphilosophie" zugleich von der „Moraltheologie
", die nicht „die Sittlichkeit im allgemeinen,
sondern eine besondere Form derselben zum Gegenstände
hat, nämlich jene Ausprägung, die sittliches
Denken und Leben im Christentum gefunden hat".

Die Erörterung des genannten Problems mündet
nun aus, um das gleich hier vorwegzunehmen, in eine
theistische Metaphysik. Das Endergebnis der Untersuchung
lautet etwa: die Sittlichkeit setzt eine natürliche
Ordnung voraus, ein Naturgesetz, das auf bestimmte
Zwecke abzielt, und einen göttlichen Gesetzgeber.

Das Ganze zerfällt in fünf einzelne Abschnitte.
Der erste hat es lediglich mit der Erscheinung der
Sittlichkeit zu tun. Diese erweist sich trotz aller
Mannigfaltigkeit als etwas einheitliches, als eine „Summe
von Normen, die den Anspruch erheben, dem menschlichen
Leben eine bindende Ordnung vorzuschreiben."
Der zweite Abschnitt handelt von der obersten
Norm der Sittlichkeit. Er setzt sich auseinander
mit dem „Moralpositivismus", der die sittlichen
Normen irgendwie auf Willkür zurückführt, und zwar
sowohl mit dem „modernen" als auch mit dem „theologischen
" Moralpositivismus des Mittelalters; ferner
mit dem „individuellen" und dem „sozialen" Eudämo-
nismus; ebenso mit der „intuitiven Moral"; mit der
„Kulturfortschrittsmoral" (W. Wundt); mit der „formalistischen
Ethik" (Kant, Herbart, Cohen, Natorp, Mehlis,
Krueger, Max Wentscher, Windelband); mit Max Sche-
lers „materialer Wertethik"; und findet schließlich die
„oberste Norm der Sittlichkeit" in einem teleologisch
gearteten Naturgesetz; genauer gesprochen,
in der „Menschennatur", die auf bestimmte zu verwirklichende
Zwecke hinweist. Den „P flichtcharak-