Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1925 Nr. 14

Spalte:

332-334

Autor/Hrsg.:

Heinichen, Otto

Titel/Untertitel:

Driesch‘s Philosophie. Eine Einführung 1925

Rezensent:

Titius, Arthur

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

331

Theologische Literaturzeitung 1925 Nr. 14.

332

Erklärung wieder ,psychische Mächte' herangezogen
würden; die Dämonen seien eben ,böse, verworfene
Wünsche, Abkömmlinge abgewiesener, verdrängter
Triebregungen'. Gut, aber wie es kommt, daß aus verdrängten
Triebregungen bei den einen Neurosen und
neurotische Wahnvorstellungen entstehen, bei den andern
nicht, hat Fr. nicht erklärt. Wieviele haben schon
die Hilfe eines Vaters entbehren müssen, ohne daß aus
ihrer ,Vatersehnsucht' (S. 41) eine Teufelsneurose hervorgegangen
wäre! Zu einer seelischen Anlage aber
seine Zuflucht nehmen, hieße die Schmerzen aus den
dolores erklären. Also muß doch wohl eine (Somatische
' Voraussetzung vorhanden sein. Daß aber die
Wahnvorstellung der Besessenheit und der Teufelsbündnisse
wie ihre lichteren mystischen Gegenstücke im
Leben der Heiligen sich auf körperlich-geistigen Untergründen
, meist geschlechtlicher Art, aufgebaut haben
müssen, wußte man, ehe Freud und seine Schule daran
gingen, alles planmäßig aus dem einen Punkte zu erklären
und zu kurieren.

München. Hugo Koch.

Codicis Juris Canonici Supplementum Praecipua acta Summorum
Pontificum et Sacrarum Congregationum Codicem Juris Canonici
illustrantia, coli., digessit, notis instr. Nicolaus Hilling. Freiburg
i. Br.: J. Waibel 1925. (VIII, 215 S.) 8°. Rm. 4—.
Hilling, Nicolaus: Codicis Juris Canonici Interpretatio.
Responsioncs, Rcsolutiones et Decisiones Sanctae Sedis Codicem
Juris Canonici illustrantes, collegit, digessit, notis instruxit. Ebd.
1925. (XII, 123 S.) 8°. Rm. 3—.
Ders.: Die wichtigsten religions- und kirchenpolitischen
Gesetze des Deutschen Reiches und Preußens seit der Staatsumwälzung
im Jahre 1918. Ebd. 1925. (X, 91 S.) 8°. = Quellensammlung
für das geltende Kirchenrecht, Heft 15. Rm. 1.S0.
Die Entscheidungen der Commissio Pontificia, die für
die authentische Auslegung des Codex iuris canonici 1917
eingesetzt ist, und die Resolutionen der Kongregationen
und anderer römischer Gerichtshöfe werden in handlicher
Ausgabe zusammengestellt.

(Döttingen. Carl M i r b t.

Buchwald, Prof. Dr. Rudolph: Calendarium Germaniae.

Die Sonderfeste der deutschen Diözesen nach der letzten liturgischen
Reform. Mit den notwendigen geschieht!. Erläuterungen.
Breslau: G. P. Aderholz 1920. (147 S.) 8°. Rm. 2.50.

Buchwald bietet in diesem 1920 erschienenen Büchlein
, dessen verspätete Anzeige nicht mir zu Last fällt,
da es mir erst vor kurzem zugegangen ist, einen Kalender
der in den deutschen Diözesen nach der letzten
Reform (durch Pius X. i. J. 1914) noch gefeierten
eigenen Heiligenfeste. Er führt zu jedem Monatstage
die Heiligen und die Diözesen auf, in denen ihr Gedächtnis
liturgisch begangen wird. Dazu gibt er, unter
fortlaufender Zählung der Heiligen, knappe lebensgeschichtliche
Bemerkungen mit Hinweisen auf Quellen
und Literatur, d. h. für letztere wird zumeist eben auf
das kath. Kirchenlexikon und Stadlers Heiligenlexikon,
sowie auf die protest. R. E. verwiesen, ein paarmal
(z. B. S. 30 beim hl. Nepomuk, S. 68 bei der hl. Ursula
und ihren Gefährtinnen) auch auf das Kirchliche Handlexikon
. Die nachher erwachsene Literatur ist nicht erwähnt
, obwohl es da und dort, wie z. B. beim hl.
Bonifatius (S. 35), sehr am Platz gewesen wäre. Auch
sind nicht alle Bemerkungen gleich sorgfältig gearbeitet,
z. B. fehlt beim hl. Fidelis von Sigmaringen (S. 22) jede
Zeitangabe. In einem zweiten Teil (S. 79 ff.) werden
dann die ,Proprien' (die besondern Heiligenfeste) der
einzelnen Diözesen ,gesondert unter dem Gesichtspunkt
besprochen, inwieweit sie die Geschichte der Diözese
und ihr religiöses Leben widerspiegeln'. Aus den so
gewonnenen Einzelbildern sollen dann die für die religiöse
Geschichte des ganzen Volkes bedeutsamen Züge
heraustreten als Grundlage für ein bei der endgültigen
Brevierreform zu schaffendes Proprium Germaniae. Übrigens
hätte in der Einleitung auch das Datum der letzten

liturgischen Reform angegeben werden sollen. Nur gelegentlich
(S. 76 u. 121) ist das Jahr 1914 angegeben,
S. 115 aber durch einen Druckfehler 1915. Was der
Verf. unter ,Germania' versteht, sagt er nirgends ausdrücklich
. Tatsächlich berücksichtigt er sämtliche reichs-
deutsche Diözesen, wie sie vor dem für Deutschland so
unglücklichen Ausgang des Weltkriegs bestanden, dazu
die preußischen Anteile der Erzdiözesen Prag und 01-
mfitz. Daraus, daß die Einführung des Festes der
Patrona Bavariae nachträglich (S. 136) erwähnt wird,
geht hervor, daß die Arbeit schon vor April 1916 fertig
war. Erfreulicherweise sind aber bei ihrer Veröffentlichung
1920 die inzwischen dem deutschen Reiche geraubten
Gebiete beibehalten worden. Und noch erfreulicher
wäre es, wenn künftig überhaupt alle ganz oder
überwiegend deutschsprachigen Diözesen, sowie alle
einer fremdsprachigen Diözese zugeteilten deutschen
Minderheiten einbezogen würden. So würden es Franzosen
, Italiener und andere Völker, wenn sie in unserer
Lage wären, unbedingt halten, und es ist kein Grund einzusehen
, warum wir es nicht auch so machen sollen.
So erst ergäbe sich ein wirkliches ,Proprium totius
Germaniae' (S. 79), der Chor der Heiligen, die aus
deutschem Blute entsprossen in deutscher Zunge zu
ihrem Gott gebetet haben.
München. Hugo Koch.

H e i n i c h e n , Dr. Otto: Driesch's Philosophie. Eine Einführung.
Mit e. Bildnis v. Prof. Dr. H. Driesch II. e. Bibliographie seiner
Werke. Leipzig: E. Rcinicke 1924. (XIX, 187 S.) gr' 8°.

Rm. 4.50; geb. 6—,

Driesch, Hans: Metaphysik. Breslau: F. Hirt 1924. (100 S.)
8°. = Jedermanns Bücherei. Abt.: Philosophie. geb. Rm. 2.50.

Heinichen hat sich darauf beschränkt, aus den drei
Schriften von D. über Ordnungslehre, Wirklichkcitslehre,
Philosophie des Organischen die Hauptgedanken in
möglichst einfacher Form vorzuführen. Die Darstellung
folgt in der Hauptsache dem Gange der genannten
Schriften selbst, nur ist ein allgemeiner Teil vorangestellt
, der einen kurzen Überblick bietet, sowie eine
knappe Charakteristik am Schluß gegeben. Eine kritische
Darstellung ist nicht beabsichtigt, eine Einordnung
des Denkens von Driesch in die philosophische
Arbeit nicht einmal versucht, so daß alles als blanke
Originalität auch dort erscheint (z. B. in der Kritik
Kants), wo die Wege längst gebannt sind. Eine Kritik
D.s aus eignen Mitteln ist ebenfalls nirgends versucht
und nach den seltenen Versuchen eigner ergänzender Gedanken
zu urteilen, wird man das vielleicht kaum zu bedauern
haben. Leider ist auch eine Zeichnung der Entwicklung
von D.s Denken (abgesehn von ein paar Bemerkungen
in der Einleitung) nicht unternommen und
die naturwissenschaftlichen Arbeiten fallen so gut wie
ganz unter den Tisch, die Ausführungen aus der Philosophie
des Organischen sind sehr stark beschnitten.
Wer aber nur eine bequeme Orientierung über D.s
Grundgedanken sucht, der kommt auf seine Kosten.
Auch ein vortrefflich gelungenes Bild von Hans
Driesch und eine Dr. Schingnitz zu verdankende Bibliographie
sowie ein Register sind beigegeben.

Die Gedankenwelt D.s, die so vor dem Leser ausgebreitet
wird, reizt ebenso oft zu Widerspruch wie zu
lebhafter Zustimmung; nicht selten erweckt sie den
Eindruck des Problematischen und reizt zu weiterem
Nachdenken. Dem Anreiz zu einer Auseinandersetzung,
die natürlich auf D.s Schriften selbst zurückgehen muß,
widerstehe ich. Ein paar Bemerkungen zu seiner Theologie
will ich unten bei Besprechung seiner Metaphysik
machen. Hier sei nur auf die Begründung seiner bekannten
Entelechienlehre in den Ansätzen der „Ordnungslehre
" (Logik) hingewiesen. Von Wichtigkeit ist
zunächst die Annahme, daß Räumlichkeit nicht eine
notwendige Form alles Naturwirklichen ist, wie ja auch
nicht alle Sinneswahrnehmungen mit Lokalisierungszeichen
versehen sind; ferner die Annahme, daß der
Kausalzusammenhang nicht zu lückenloser Einheit des