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Ausgabe:

1925

Spalte:

313-318

Autor/Hrsg.:

Fascher, Erich

Titel/Untertitel:

Die formgeschichtliche Methode. Eine Darstellung und Kritik 1925

Rezensent:

Bultmann, Rudolf

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Seite 1, Seite 2, Seite 3

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Theologische Literaturzeitung

Begründet von Emil Schürer und Adolf von Harnack

Herausgegeben von Professor D. EmatlUel HirSCh unter Mitwirkung von

Prof. D. Wilh. Heitmüller, Prof. D. Dr. G. Hölscher, Prof. D. Arthur Titius, Prof. D. Dr. G. Wobbermin

Mit Bibliographischem Beiblatt, bearbeitet von Priv.-Doz. Lic. theol. Kurt Dietrich Schmidt, Göttingen
Jährlich 26 Nrn. — Bezugspreis: vierteljährlich Rm. 9.—. — Verlag: J. C. Hinrichs'sche Buchhandlung, Leipzig.

CA I„l___ w« Ii Manuskripte und gelehrte Mitteilungen sind ausschließlich an Professor D. Hirse hin Güttingen, II. Juli 192.5

öü. Jahrg. INr. 14. Bauratgerberstr. 19, zu senden, Rezensionsexemplare ausschließlich an den Verlag. »• •»"»

Kurfess, Auswahl aus Augustins Oottesstaat
(Koch).

Archiv für die Geschichte des Hochstifts Augs-

Fascher, Die fonugeschiclitliche Methode

(Bultmann).
K e i t h , The Sämkhya System (Frauke).

Hackmann, Laien-Buddhismus inChina (Ders.). j bürg (Bossert)
Satomi, Ein neues Ficht aus Osten, der : S m i t h , Erasmus (Köhler).

Nitschirenismus (Haas).
Masani, The Conference of the Birds (Ders.).
Bruppacher, Die Beurteilung der Armut im

Alten Testament (Eilifeldt).
D r a g u e t, Julien d'Halicarnasse et sa controverse

avec Severe d'Antioche sur l'incorruptlHHW

du corps du Christ (Foofs).

D ahmen, Robert de Nobili S. J. (Schmidt).
Busch bell, Selbstbezeugungen des Kardinals

Bellarmin (Ders.).
Freud, Eine Teufelsneurose im siebzehnten

Jahrhundert (Koch).
Codicis Juris Canonici Supplementuni (Mirbt).

Mitling, Codicis Juris Canonici Interpretatio
(Mirbt).

- Die wichtigsten religions- und kirchenpolitischen
Gesetze des Deutschen Reiches und
Preußens (Ders.).

Buchwald, Calendarium Germaniae (Koch)-

Heinichen, Driesch's Philosophie (Titius).

Driesch, Metaphysik (Ders.).

Girgensohn, Grundriß der Dogmatik
(Mayer, Straßburg).

Niebergall, Der evangelische Gottesdienst
im Wandel der Zeiten (Schian).

Fascher, Fic. theol. Erich: Die formgeschichtliche Methode.

Eine Darstellung und Kritik. Zugleich ein Beitrag z. Geschichte
d. synoptischen Problems. Gießen: A. Töpelmann 1924. (IV, 236
S.) gr. 8°. «= Beihefte z. Zeitschr. f. d. neutestamentl. Wissensch. 2.

Rm. 7—.

Das etwas umständlich geschriebene Buch versucht
durch eine kritische Übersicht über die neueren formgeschichtlichen
Forschungen die Begriffe und die Methode
der Formgeschichte zu klären, ihre Ergebnisse
festzustellen, ihre Fehler abzuwehren und ihre Aufgaben
abzugrenzen. Als Erstlingsarbeit überrascht die Schrift
durch ihre Objektivität und Verständigkeit, ja sie macht
insofern einen zu reifen Eindruck, als der Verf. sich
eigentlich für gar keinen positiven Gedanken recht einsetzt
und jeden Schwung und energische Einseitigkeit,
die verheißungsvoll wäre, vermissen läßt. Statt dessen
prüfendes Abwägen, um einer im Entstehen begriffenen
Forschung vor der ihr drohenden Verwirrung zu helfen
(S. 3). Höchstens, wenn ein Forscher gar zu skeptisch
ist, gerät der Verf. in einige Erregung, die, wie es
scheint, auch vorhält; denn noch nachdem in c. II b der
Historiker Bultmann erledigt war, schreibt der Verf.
S. 172 ff. in der Polemik fast dauernd Bultmann statt
Bertram.

c. 1 gibt einen nützlichen Überblick über die Vorläufer
der formgeschichtlichen Forschung, die sich seit
dem Beginn der Arbeit am synoptischen Problem in
verschiedenen Ansätzen geltend macht, seit Eichhorn,
Herder, Schleiermacher und Gieseler bis zu D. Fr.
Strauß und endlich bis zu Wellhausen und Gunkel,
Jülicher und J. Weiß. Die Bedeutung von Strauß, der
in methodischer Analyse wohl eigentlich der erste wirkliche
Vorläufer war, hätte dabei stärker gewürdigt
werden sollen; in § 4 wäre Heinrici wenigstens zu erwähnen
gewesen, und J. Weiß' erst viel später genannter
Artikel Literaturgeschichte des N.T. in RGG.
durfte nicht übergangen werden. Um den Gang der
Forschung und die eigentliche Aufgabe der Formgeschichte
zu verstehen, muß man aber vor allem darauf
hinweisen, daß die Ignorierung der mündlichen Tradition
in der Periode der Literarkritik kein Versäumnis ist,
w'e es beim Verf. erscheint, sondern methodisch geboten
War. Es mußte zunächst mit den bekannten Größen
gerechnet werden, soweit es ging; vor der Lösung des
synoptischen Problems konnte man sich nicht auf das
X der vorsynoptischen Tradition einlassen, und wo man
es doch tat, geriet man in Phantasien. Der Verf. hätte
—- !n. .c- 1 deutlich zeigen müssen, wieweit die literar-
ryv Ternsche Analyse führt und führen kann, und welches

die bestimmten Fragen sind, aus denen die Aufgabe der
Formgeschichte erwächst, und wieweit diese an die Literarkritik
gebunden bleibt. Der Verf. berührt diesen Sachverhalt
wohl, wenn er c. 1 mit der Frage schließt, ob nicht
Foringeschichte die Zweiquellentheorie sprengen muß,
und am Schluß kommt er darauf auch zurück. Da er aber
nicht den Charakter der Zweiquellentheorie, die Art
ihrer Begründung, ihre Tragweite und Begrenzung
untersucht, ist auch sein Schluß nicht einsichtig. Warum
soll denn jetzt an Stelle des alten Gegensatzes:
Mark-Q, der neue: Erzählungs- und Redenstoff treten,
und nicht einfach neben ihn? Inwiefern nötigt die
formgesch. Betrachtung, die guten Gründe, die zur Annahme
einer Quelle Q führten, preiszugeben und dafür
eine Schicht Q anzunehmen? ich wüßte nicht.
Daß che Quelle Q kein festgeschlossener literarischer
Organismus war, sondern in verschiedenen Stufen Gestalt
gewann, hat auch die Literarkritik schon gewußt.
Und die Tatsache, daß auch Mark. Logien bringt, die in
Q stehen, verwirrt die Quellenabgrenzung in keiner
Weise, sondern ruft nur die alte Frage nach dem Verhältnis
von Mark, und Q wach. Ich bin der Meinung,
daß nur die Zweiquellentheorie einen brauchbaren Ausgangspunkt
für die formgesch. Forschung gibt; aber
sei dem auch anders: nur auf Grund einer festen literar-
kritischen Position und auf der Einsicht in ihren Charakter
und ihre Problematik (z. B. in die Frage nach den
Quellen des Mark.) kann die Formgeschichte vor dem
Abirren in die Phantasie bewahrt bleiben.

In c. 2 werden die Untersuchungen von M. Dibelius
mir, Albertz und Bertram behandelt und dann in c. 3 die'
grundsätzliche Besinnung auf die Formgeschichte als
Methode angestellt, wobei nachträglich K. L. Schmidt
der als Zertrümmerer des Rahmens der Geschichte Jesu
schon in c. 1 eine Rolle spielte, mit seiner Arbeit über
die Stellung der Evangelien in der allgemeinen Literaturgeschichte
zu seinem Recht kommt.

c. 2 und c. 3 sind gemeinsam zu besprechen, und
dabei können nicht Einzelheiten, sondern nur grundsätzliche
Dinge erörtert werden. Gegen alle vier eingehend
behandelten Forscher bringt der Verf. begründete Bedenken
vor. Richtig erscheint mir die Kritik des konstruktiven
Verfahrens von Dibelius, soweit dieser nicht
aus der Analyse des gegebenen Materials, sondern aus
vorausgesetzten Gemeindebedürfnissen die Begriffe und
die Geschichte der Gattungen ableitet. Richtig ist auch
die Kritik an Albertz' verfehlter Einstellung der Streitgespräche
in die israelitisch-jüdische Entwicklung.

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