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Ausgabe:

1925 Nr. 13

Spalte:

312

Autor/Hrsg.:

Ehrhard, Albert

Titel/Untertitel:

Weltkrieg und Nachkriegszeit in religiöser Beleuchtung. 4 akademische Predigten 1925

Rezensent:

Niebergall, Friedrich

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Seite 1

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811 Theologische Literaturzeitung 1925 Nr. 13. 312

„So bekommen wir einen Aufstieg, der nur sehr entfernt
mit dem vom A. T. zum N. T. zusammenfällt." Der religionspsychologischen
Analyse soll eine wertphilosophische
Erörterung und religionswissenschaftliche Verarbeitung
der Ergebnisse folgen, als breiter Unterbau für
die eigentliche religionspädagogische Aufgabe.

An dies zu Anfang aufgestellte Programm erinnert
der Verf. bei Beginn seines 4. (des religionspädagogischen
) Teiles: „Wir sind von einer religionspsychologisch
gefaßten biblischen Wissenschaft zu einer in
gleicher Weise behandelten systematischen aufgestiegen.
Wir wollen nun den letzten Schritt in die praktische
Theologie hinein tun". Ich muß nur leider gestehen,
daß ich diesen klaren Aufbau weder in den Überschriften
der 4 Teile (I. Religionspsychologische Analysen. II.
Christliche Frömmigkeit. III. Hilfe zur christlichen
Frömmigkeit. IV. Mittel und Wege) noch in ihrem
Inhalt deutlich innegehalten finde. Die einzelnen Abschnitte
haben sich mir nicht als Glieder eines organischen
Ganzen, sondern mehr als immer neue Anläufe,
das Problem der religiösen Wertung zu bewältigen, dargestellt
; als seien es selbständige Aufsätze, die erst
nachträglich auf einen Faden gereiht sind. Die Unterteile
: Wertung, das Numinose, das Passivgefühl, Vertrauen
, Glauben, Handeln, erscheinen in dieser Reihenfolge
fast alle zweimal im Inhaltsverzeichnis, in der

Dehn, Günther: Ich bin der Herr dein Gott! Zwölf Reden.

Berlin: Furche-Verlag 1925. (123 S.) 8°. Rm. 2.40; geb. 3.60.
Nithack-Stahn, Pfarrer Walter: Feiertage. Predigten. Leipzig :

J. C. Hinrichs 1924. (II, 109 S.) gr. 8°. Rm. 3—; geb. 4.20.
Ehrhard, Prof. Dr. Albert: Weltkrieg und Nachkriegszeit in

religiöser Beleuchtung. 4 akademische Predigten. Düsseldorf:

L. Schwann 1924. (105 S.) kl. 8°. Rm. 1.80; geb. 2.70.

Ganz verschiedene Gaben. Dehn bietet im Geist
der Theologie der Krisis ernste, tiefe Reden, geistvoll an
Texte und Textessplitter angelehnt; ein Beispiel: Das
Wort: Siehe, das ist Gottes Lamm! — ist der Halt
für eine sehr feine Rede über Christus, der in seiner
niedrigsten Gestalt Gott die Ehre gibt. Leider sind es
keine gehaltenen Gemeindepredigten, sondern Reden
zum Lesen für sehr ernste und gebildete Menschen.

Nithack-Stahn gibt nicht etwa Feierpredigten, wie
man sie im Unterschied von der gewöhnlichen Sonntagspredigt
erwarten sollte, sondern kurze, feine Reden
zu Fest- und andern besonderen Tagen, auch eine zur
Kantfeier und je eine über Kinder, Alter und über die
Tiere. In sehr kultivierter Sprache und mit leisem poetischen
Hauch gehen sie einher, mitunter auch einmal
in einer eindrucksvollen dramatischen Gestaltung; offen
und mit Takt wird die Vergeistigung der christlichen
Güter und Heilstaten angebahnt, ohne die man heute
kein gebildeter Christ sein kann.

Ehrhard fällt mit seinen Akademischen Predigten

Marburg. F. Nieberga IL.

Textausführung sogar drei- oder viermal. Auch sind j völlig aus allem, was wir Predigt, auch Akademische
schon die ersten Hauptteile von religionspädagogischen i nennen, heraus. Es sind nach Inhalt und Form VorErörterungen
durchzogen. So entsteht im Leser ein j träge mit apologetischer und lehrhafter Absicht. Das
Gefühl der Benommenheit infolge der Unklarheit über ; Erbauliche tritt ebenso wie der Hauptgedankenzug in
den Gedankenfortschritt und ein Gefühl der Ermüdung i sehr kathedermäßiger Blässe und Allgemeinheit auf.
durch wiederholende Breite. Darunter leidet auch die
Überzeugungskraft der wertvollen Hauptgedanken. Es
sind diese: das Unum Necessarium, das Summum Bo-
num, ist die Welt Gottes, die über Raum und Zeit erhaben
ist, weil sie in feinen und reinen Herzen sich aufbaut
. Es gilt nachzuweisen, was bewußte Religionspflege
des Pfarrers (als Prediger, Liturg, Seelsorger
usw.) wie des Religionslehrers tun kann, um diese Welt
Gottes in den Seelen der Menschen zu errichten.

Im einzelnen hätte ich bei aller grundsätzlichen Zustimmung
manche Wünsche, ich beschränke mich auf 2.
Niebergall steht stark unter dem Einflüsse von Otto,
dessen gezierter Terminus, das Numinose, bis zur Er-

Faulhaber, Kardinal Michael: Deutsches Ehrgefühl und
katholisches Gewissen. München: Dr. F. A. Pfeiffer & Co. 1925.
(62 S.) 8°. = Zur religiösen Lage der Gegenwart, Heft 1.

Rm. 1.40.

Die aktuelle Schrift bringt 1. eine Rede des Kardinals in einer
Versammlung katholischer Akademiker am 15. Febr. 1924 mit dem
gleichen Zitat wie das ganze Heft; 51 S.); 2. den Fastenhirtenbrief
von 1924, 3. ein Nachwort des Herausgehers. Nr. 2 ist religiösethisch
gehalten. Nr. 1 greift tief in die gegenwärtigen Streitigkeiten
ein. Die Rede führt die Verteidigung des Katholizismus
gegen Angriffe von völkischer Seite in sehr temperamentvoller
Weise, fast mehr aggressiv als defensiv. Durch diesen Beitrag und
die Stellung seines Verfassers wird das Heft zu einem zeitgeschicht-

mudung wiederkehrt Er warnt wiederholt vor dem Uchen ^ummi von Rang. Es ist nicht angebracht, auf den

•Moralismus: Nicht Moral sondern Religion sei zu predigen
. Auf die Gefahr hin, als Moralist verkannt zu
werden, möchte ich hervorheben, daß unsere Religionspädagogik
wahrlich keinen schlechten Dienst tut, wenn
sie Kantische Moral fest im Gewissen und Herzen der
Jugend begründet. Wer im Guten lebt, lebt auch in
Gott, und der Glaube an das Gute ist Vielen der Weg
zum Gottesglauben. Es ist der Weg der Induktion, ein
Weg, den die Pädagogik nicht verachten soll. Die Gewißheit
, daß im Grunde alles Gnade ist, bedeutet eher
das Ende als den Anfang der Einsicht. Und ein zweites.
Auf Seite 137/8 will N. kurz zusammenstellen, was er
sich als den Kern aller Verkündigung denkt. Ich vermisse
hierbei ein Wort vom Kreuz (von dem er sonst
nicht schweigt). Es darf nicht fehlen, wenn man die
Summe des Christenglaubens zusammenfassen will. Es
erscheint mir als das Verhängnis des Christentums
unserer Tage, daß die einen das Wort vom Kreuz in
einer Form bringen, die ernsthaft denkende, fromme
Menschen abstößt, die anderen aber, durch diesen Mißbrauch
geärgert, es beiseite schieben. Daher wußte
unsere christliche Welt mit der Tragödie des Weltkrieges
nicht fertig zu werden, daher wissen unsere
Christen so selten, die Nöte ihres Lebens unter sich zu
bringen. Daher die beschämende Rede vom „Bankrott
des Christentums", der in Wahrheit nur unser Bankrott
ist, die wir den Kern des Christentums immer noch nicht
begriffen haben.

Hannover-Kleefeld. H. Schuster.

Inhalt hier einzugehen; sonst müßten namentlich die Urteile über
die Haltung des Papstes und das Fehlen von Seitenblicken auf den
nichthayrischen deutschen Katholizismus beanstandet werden. Daß
die Ausführungen, zumal in der Kernfrage (Katholizismus und
Nation), besonders tief gingen, läßt sich übrigens nicht behaupten.
Breslau. M. Schi an.

Vor kurzem erschien:

Der Prophet und sein Gott

Eine Studie zur vierten Ekloge Vergils

von Prof. Dr. Wilhelm Weber-Halle a. S.

Es wird hier Gestalt, Gehalt und Wirkung der vierten
Ekloge Vergils, in welcher der Dichter einen Weltheiland
und Friedensfürsten verkündet, untersucht. Um die Bedeutung
der Gedanken ganz zu verstehen, ist in viel weiterem Umfang,
als es bisher geschehen, des Dichters lebendiges Gefühl für
die Zustünde zu ergründen versucht worden. Erst von da
aus kann die Auseinandersetzung Vergils mit seinen Zeitverhältnissen
begriffen werden Die Schrift zeigt, bis zu
welchen Tiefen bereits der Geist des Orients in die römische
Welt eingedrungen ist: Vergil wird der Verkünder des Kaisergottes
als des Weltherrschers und Friedenbringers.
162 Seiten. Rm. 3.60; geb. Rm. 4.80
Beihefte zum ,Allen Orient'.
Heraasgeber: t'rof. Dr. Dr. Wilhelm Schubart-Berlin, 3. Heft

J. C. HINRICHS'sche Buchhandlung, LEIPZIG

Die nächste Nummer der ThLZ erscheint am 11. Juli 1925.
Beiliegend Nr. 13 des Bibliographischen Beiblattes.