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Ausgabe:

1925

Spalte:

300-301

Autor/Hrsg.:

Brandt, Otto H. (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Berthold von Regensburg: Deutsche Predigten 1925

Rezensent:

Clemen, Otto

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carnatione unigeniti. Das Schlußheft bringt auch die
Vorrede des Herausgebers, der er in den Sitzber. d. bayr.
Akad. d. Wiss. Philosoph.-philol. u. hist. Kl. 1922.
1. Abh. vorgearbeitet hatte. Er handelt darin zuerst über
den die Sammlung bietenden cod. Palat. 234 der vatikanischen
Bibliothek und seine Schreibeigentümlichkeiten,
sowie über den von Garnier und Baluze im 17. Jahrhundert
noch benutzten, inzwischen verloren gegangenen
Codex der Kapitelsbibliothek von Beauvais, der aber
nach einer Beobachtung Schwartzens lediglich eine Abschrift
des cod. Palat. gewesen sein muß. Die besagte
Beobachtung ist so schlagend und so lehrrreich, daß sie
im philologischen Unterricht über Handschriftenkunde
verwendet zu werden verdient. Was die bisherigen Ausgaben
(cap. II) betrifft, so wimmelt die erste, vom
Jesuiten Garnier besorgte (1673) von willkürlichen
Änderungen, Umstellungen und Einschüben, und während
einige Stücke zweimal abgedruckt sind, fehlen die
Gesta Ephesena. Diese Fehler konnte man auf die
Rechnung des von ihm benützten codex Bellovacensis
setzen, bevor erkannt war, daß diese Handschrift vollständig
auf dem cod. Pal. beruhte. Nunmehr fallen sie
Garnier selber, dem ,homo /anus et futtilis', zur Last.
Unglücklicherweise wurde gerade diese Ausgabe in
Mignes Patr. Lat. (Bd. 48) aufgenommen, nicht die
zweite, bessere, freilich immer noch ungenügende von
Baluze (1684). Die Sammlung als Ganzes stammt nicht,
wie die ersten Herausgeber angenommen haben, von
Marius Mercator, sondern, wie Schwartz überzeugend
darlegt, aus der Zeit des Dreikapitelstreits und aus den
Kreisen der auf Justinians Seite stehenden skythischen
(gothischen) Mönche, die mit Johannes Maxentius an
der Spitze ebenso für Augustinus wie gegen die Nesto-
rianer und gegen Theodor von Mopsuestia kämpften.
Im Bischof Johannes von Tomi, dessen ,sermones' der
Sammler nach seiner Ankündigung am Schluß (p. 181,6)
vorlegen will — Bardenhewer (Gesch. der altkirchl.
Lit. IV. 1924, 529) nennt ihn ,sonst unbekannt' — erblickt
Schw. eben den Johannes Maxentius. (Die von G.
Morin im Journ. of Theol. Stud. 1906, 74 ff. aus einer
Würzburger Handschrift veröffentlichte ,brevissima uti-
lissimaque instructio de duabus haeresibus Nestoriano-
rum et Eutychianistarum' eines Johannes von Tomi ist
nicht berücksichtigt). In diesem Falle ist die Sammlung
vor d. J. 550, aus dem ein Brief des Papstes Vigilius
an Bischof Valentinian von Tomi erhalten ist, hergestellt
worden, womit auch der Umstand stimmt, daß sich in
ihr weder von den damaligen Origenisten noch von
Vigilius und seinen Gegnern eine Spur findet. Auch die
Ausführungen über Marius Mercator (c. IV) sind sehr
lehrreich. Schw. macht darauf aufmerksam, daß die
Behauptung Mercators, er habe die Ausweisung des
Julian und des Cälestius aus Konstantinopel herbeigeführt
—so auch bei Bardenhewer IV,'526 — durch die
Briefe des Nestorius an Papst Cölestin und an Cälestius
(429 und 430) widerlegt wird, ferner auf seine Nachahmung
des Hieronymus und dessen Streitweise, die
ihn ebenfalls zu falschen Angaben verleitete, ebenso auf
die Abweichungen der lateinischen Fassung des Cyrill-
schen Briefes an Nestorius, die darauf schließen lassen,
daß dem Mercator von den Klerikern Cyrills in Konstantinopel
ein absichtlich verändertes Exemplar in die Hand
gespielt wurde. Mercator war aber damals nicht in
Konstantinopel, auch nicht in Rom, sondern in einem
Kloster Thraziens, wohin er sich nach seiner Abreise
von Rom gewandt haben muß. Dort müssen seine
Schriften mehr als hundert Jahre im Verborgenen geruht
haben und dort muß sie der gothische Mönch gefunden
und seiner Sammlung einverleibt haben, worin er
ebenso die Nestorianer und die Pelagianer bekämpfte
wie es Mercator getan hatte. Der erste nachweisbare
Benützer der Sammlung scheint Papst Pelagius II. zu
sein, in ep. 3 an die Bischöfe Istriens (zwischen 585
und 590). Daß wir nicht die ursprüngliche Sammlung
vor uns haben, ergibt sich aus dem Wegfall der am

Schluß angekündigten sermones des Bischofs Johannes
von Tomi, an deren Stelle die oben angeführten Zusätze
treten. Über sie berichtet Schw. in c. V seines Vorworts.
Die Bezugsquelle der epistula Nestorii ad Caelestinum
papam läßt sich nicht feststellen. Die epistula synodica
Cyrilli ad Nestorium gibt die Übersetzung des Dionysius
Exiguus wieder, aber mit einigen Änderungen nach dem
griechischen Text. Schw. wird sie im Eingang von
vol. V. 2 bringen. Die Übersetzung der Scholia Cyrills
de incarnatione unigeniti reicht über die ursprüngliche
Form der Collectio Palatina zurück, da nicht bloß
Facundus sie, sogar mit derselben falschen Kapitelzählung
, kennt, sondern auch Johannes Maxentius sie
schon in seiner, i. J. 519 den päpstlichen Legaten zu
Konstantinopel und nachher in Rom dem Papst Hor-
misdas selbst überreichten Schrift benützt hat, ja, wie
es scheint, schon Papst Leo I. in einem Schreiben an
Kaiser Leo v. J. 458. Sie findet sich außer dem cod.
Pal. auch in cod. Sangallensis 152 und fand sich in
einem diesem sehr ähnlichen, aber doch nicht aus ihm
abgeschriebenen codex, den seinerzeit R. Winter in
seinen Synodicae Constititiones (Basel 1542) benützt
hat und der jetzt verschollen ist. Die vom griechischen
Text der Scholia Cyrills erhaltenen Bruchstücke haben
die Herausgeber jeweils am betreffenden Ort der lateinischen
Übersetzung eingefügt. Schw. bietet nun zwar
keine neuen Bruchstücke, aber eine neue Rezension der
bisherigen, wobei er die von Conybeare 1907 (nebst
einer englischen Übersetzung) veröffentlichte armenische
Version, die die griechischen Worte getreuer wiedergibt
als die lateinische, sowie die von Pusey 1875 mitgeteilten
syrischen Stücke mit Nutzen zu Rate zog. Zugleich
gibt er ein klares und sicheres Bild ihrer Über-
I lieferung. Es kommen zuerst die Exzerpte aus zwei
I Handschriften der Pariser Nationalbibliothek, die Schw.
eingesehen hat; dann die, die man kurz nach Johannes
von Cäsarea benennt, zu denen Schw. ebenfalls die
Handschriften, darunter eine von ihm entdeckte (cod.
Par. 415), herangezogen hat; hierauf zwei Bruchstücke
aus einem Florilegium des cod. Vat. 1431, von denen
sich eines auch bei Johannes von Cäsarea findet; ferner
ein Bruchstück bei Leontius von Byzanz nach einer vatikanischen
Handschrift, eines aus der Doctrina Patriun
und zwei aus den Antirrhetica des Nicephorus von
Konstantinopel nach den Ausgaben, endlich zwei aus
der Johanneskatene des Niketas nach cod. Monac. 37.
Daß die ganze Ausgabe von vol. V, 1, wie die des
vol. IV, den höchsten Ansprüchen Genüge leistet,
braucht nicht wiederholt zu werden. Kirchen- und Literarhistoriker
werden dem mehr als ein Gebiet meisternden
Philologen dankbar sein für den festen Grund, den
er ihnen gelegt hat. Die Indices sollen dem 2. Teil beigegeben
werden. Schw. mahnt auch, bei Benützung des
Bandes die gelehrten Anmerkungen nicht zu übersehen,
die A. Jülich er in den Gotting. Gel. Anz. 1919,
216 ff. beigesteuert hat. Wie er im Vorwort erwähnt,
ermöglicht den Fortgang der Konzilsausgabe neben der
Notgemeinschaft deutscher Wissenschaft und dem Wagemut
der Verleger am meisten die ,generosa summi pon-
tificis Pii papae XL liberalitas quae in spissis tenebris
velut lux salutifera effulsit' (p. XVII). So werde in
vier Jahren der ganze tomus I mit dem Conciliuni
j Ephesenum, dem ersten und schwierigsten Teil des
ganzen Werkes, vollendet sein. Auch für hom. II, das
Konzil von Chalcedon, sei der Stoff schon gesammelt
und verglichen, sodaß die Rezension beginnen könne.
zitqfti iav ayalfav ivyav

München. Hugo Koch.

Berthold von Regensburg: Deutsche Predigten. Übertr.
u. eingcl. von Otto H. Brandt. Mit vier Beilagen. 1. u. 2.
Tausend. Jena: E. Diedcrichs 1924. (XLVII, 285 S.) 8°.

Rm. 7—; geb. 9—; Hpgt. 10.50.
Seinen Ausgaben von Meister Eckeharts Schriften und Predigten,
Heinrich Seuses deutschen Schriften, Johannes Taulers Predigten und
der Deutschen Theologie hat der Jenaer Verlag die vorliegende Aus-