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Ausgabe:

1925 Nr. 1

Spalte:

7-9

Titel/Untertitel:

The Cambridge Ancient History ; 2.The Egyptian and Hittite Empires to c. 1000 B. C. 1925

Rezensent:

Gressmann, Hugo

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Theologische Literaturzeitung 1925 Nr. 1.

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Religion in dem Maße als sie in I n d i v i d u a 1 formen auftrete. Ein
zweiter Aufsatz, von Francesco Dal-Monte untersucht L'inti-
mitä del Divino in Bonaventura, hauptsächlich nach dem Itinera-
rium mentis in Deum. Die ausführlichste Studie ist diesmal die dritte
von Bruno Bruneiii: „L'elemento religioso nel teatro di Paul
Claudel", bei dem Franzosen, den man (und nicht nur Franzosen) als
„den größten katholischen Dichter unter den lebenden" nennt (ein
Franzose feiert ihn als „so groß wie Dante", das „größte Genie der
Gegenwart"). Ich habe keins der Dramen Claudels gelesen, weiß
überhaupt nichts genaueres über ihn, vermag es also auch nicht zu
beurteilen, ob Bruneiii zu recht oder unrecht seine Größe als Dichter
sehr begrenzt, speziell auch vom religiösen Gesichtspunkt aus. Er
findet bei ihm einen überstiegenen, oft kaum verständlichen Symbolismus
und bezeichnet ihn als wenig „dramatisch", eher „malerisch"
(in den Szenen) und „musikalisch" (in den Worten), mehr orthodoxkatholisch
, am Ceremonialwesen der Kirche sich nährend, als von
wirklich religiösen Ideen und Empfindungen erfüllt, „myste-
risch", nicht „mystisch". Dennoch scheint er es zu begrüßen,
daß Claudel die Bühne benutze, um Propaganda für den „Glauben"
zu machen.

In dem Abschnitt „Per la cultura dell' anima" finden wir einen
stimmungsvollen Bericht über einen Besuch in Assisi (M. della
Isola „Intermezzo Francescano"). Folgen „Chronache" (von Mario
Vinciguerra), über die politische Lage in Italien und Elsaß-
Lothringen (diese ziemlich eingehenden Chroniken gehen nur abwechselnd
auf außeritalienischc Verhältnisse oder Vorgänge ein). Des
Weiteren treffen wir die Rubrik „Note e commenti", darin zuerst
einen Bericht über II V congresso internazionale di filosofia (im
Mai in Neapel), der seine Sondersignatur darin hatte, daß ein K a n t-
Gedächtnis (geb. 1724) und eines an Thomas von Aquino
(gest. 1274) zugleich begangen wurde, auch deutsche Philosophen
zuerst wieder teilnahmen, sodann über die Gründung einer
Scuola libera politechnica in Mailand. Reiche „Rassegne" (Kritische
Referate) über theologische (alttestamentliche, neutestament-
liche, patristische) Werke (begreiflicherweise etwas zufällig aufgegriffene
bzw. eben „eingesandte") schließen sich an und noch allerhand
kleinere Mitteilungen, meist über direkt religiöse Fragen, dürfen
auch nicht übersehen werden. Im Grunde ist immer Mystik
Trumpf.

Das Heft zeigt die Bilychnis durchaus auf ihrer Höhe; ja sie ist
eher noch innerlich reifer und bedeutender geworden als sie war,
da ich sie das vorige Mal hier besprach.

Halle a. S. F. Kattenbusch.

The Cambridge Ancient History edited by J. B. Bury, S. A. Cook
and F. E. Adcock. Vol. II: The Egyptian and Hittite Empires
to c. 1000 B. C. Cambridge: University Press 1924. (XXV,
751 S.) gr. 8°. 35 sh.
Band II umfaßt die Zeit von 10-00 — 1000 v. Chr. Aus dem
überreichen Inhalt nenne ich P. Giles, Die kleinasiatischen und
europäischen Völker; Breasted und Peet, Ägyptens Geschichte
und Kultur; C. Thompson, Assyrien; Hogarth, Die Hethiter;
Hall, Die Keftiu, Philister und andere Ievantinische Völker; S. A.
Cook, Syrien und Palästina; Wace, Kreta und Mykcnae; Bury,
Achäer, Der trojanische Krieg und Homer; Wade-Gery, Die
Dorier; Hogarth, Hellenische Niederlassung in Kleinasien; Peet
und Genossen, Das westliche Mittelmcergebiet; Halliday, Religion
und Mythologie der Griechen. Dazu kommen fast 100 Seiten
Bibliographie, synchronistische Tafeln, Königslisten, Register, Verzeichnis
der biblischen Stellen, 15 Karten und 6 Pläne.

Durch die Zusammenarbeit verschiedener Forscher
sind gewisse Wiederholungen und Widersprüche unvermeidlich
, obwohl die Herausgeber, wie die zahlreichen
Verweise lehren, sorgfältig über den ganzen Bau gewacht
haben und ihn auch verhältnismäßig gut zusammenhalten
; aber die innere Einheit, die Eduard
Meyer in seiner Geschichte des Altertums erreicht hat,
kann hier nicht in demselben Grade gewahrt sein. Dieser
Mangel indessen wird reichlich wieder gut gemacht
dadurch, daß man für jedes Gebiet einen besonderen
Fachmann hat heranziehen können, der seinen Stoff
beherrscht. Man muß für das Gebotene um so dankbarer
sein, als eine neue Zusammenfassung des hier behandelten
Zeitraums dringend erwünscht war, weil der
entsprechende zweite Band Eduard Meyers seit langem
vergriffen ist. Die Namen der Verfasser bürgen dafür,
daß hier ein gleichwertiges Werk vorliegt. Ich habe bisher
nur einen Teil lesen können und besitze ein selbständiges
Urteil nur in bescheidenem Umfang; aber was
ich gelesen habe und was ich beurteilen kann, ist nach
Form und Inhalt gleich ausgezeichnet. Das sind die

Abschnitte, die den Theologen besonders angehen. Die
Ausführungen von Hall über die Philister (ihre Herkunft
, ihre Wanderungen, ihre Beziehungen zu Kaph-
thor, ihr Verhältnis zu den Kretern, ihre Organisation,
Architektur und Kultur) sind kurz, klar, anregend und
überzeugend. In erfreulicher Weise wird hier endlich
einmal die Hypothese von der Herkunft der Philister
aus Kreta, die trotz der allgemeinen Zustimmung, die sie
gefunden hat, auch mir schon lange zweifelhaft geworden
war, mit sehr beachtenswerten Gründen abgelehnt
und in einer Weise modifiziert, die den überlieferten
Nachrichten und den archäologischen Entdeckungen
sehr viel besser entspricht: Die Philister sind
als Mittelmeervolk lykisch-karischen Ursprungs; vielleicht
hatten sie zeitweilig das östliche Kreta besetzt.
Als Teil einer regelrechten Völkerwanderung, die durch
die phrygische Invasion veranlaßt war, zogen sie später
an der Küste von Kleinasien entlang, bis sie Palästina
erreichten, wo sie sich nach ihrer Niederlage durch
Ramses III. im historischen Philistäa niederließen
(S. 295).

Stanley A. Cook behandelt seinen Stoff in zwei
Kapiteln. Zunächst beschreibt er (Kap. XIII S. 296
bis 352) die Zustände in „Syrien und Palästina im Licht
der äußeren Zeugnisse", indem er vor allem die
Amarnabriefe gründlich ausschöpft (Das Amarna-Zeit-
alter, Hethiter und Mitanni; Phönikien und Amurru;
die Libanons und Palästina; Abriß der Geschichte vom
14.—11. Jahrh.; Beziehungen zu Ägypten; Sprache und
Schrift; Stil und Gedanken; die Gottheiten, um nur die
Hauptüberschriften zu nennen). Besonders fesselnd ist
der Abschnitt über Stil und Gedanken (S. 336—345),
weil er mit Rücksicht auf alttestamentliche Parallelen
geschrieben ist; hier ist auf knappstem Raum eine geradezu
erstaunliche Fülle von Stoff aufgehäuft, die auch
für einen guten Kenner dieser Literaturen viel Neues
bringt und infolgedessen anregend wirkt. Ein Beispiel
statt vieler: „Der Fürst von Dor würde dem Wenamon
seinen Verlust ersetzt haben, wenn der Dieb zu seinen
eigenen Leuten gehört hätte, in Übereinstimmung mit
dem Rechtsbrauch, daß die Landesbehörden für den
Raub verantwortlich sind, der in ihrem Bereich begangen
wird, wie die Stadt oder der Landespräfekt nach
Cod. Hammurapi XXIII ff., die „Ältesten" in den primitiveren
Verhältnissen Israels Dtn. XXI oder heutzutage
der Scheich." In dieser Weise deckt fast jeder Satz auf
diesen Seiten eine neue Beziehung der Amarna-Literatur
zum A. T. auf, aber nicht nur der Amarna-Briefe, wie
gerade das angeführte Beispiel lehrt, sondern der zeitgenössischen
auswärtigen Literatur überhaupt. In einem
zweiten Kapitel (Kap. XIV S. 352—407) wird dann „der
Aufstieg Israels" geschildert von Möse bis Salomo; den
Schluß bildet die Darstellung „einiger zeitgenössischer
Gedanken", wo besonders über das verschieden ausgeprägte
Ideal der „Gerechtigkeit" oder des „Rechten"
(sedek, rita, maat) im vorderen Orient gesprochen wird.
Es liegt in der Natur der Überlieferung, daß für die
ganze hier behandelte Zeit die Probleme wichtiger sind
als die dürftigen „Tatsachen", deren Tatsächlichkeit
fast überall bestritten worden ist, und daß infolgedessen
die Meinungen der Forscher hier weiter auseinandergehen
als anderswo. Cook hat, wie mir scheint, die
schwere Aufgabe, die hier dem Historiker gestellt ist,
glänzend gelöst, indem er zunächst die Überlieferung
zu ihrem vollen Recht kommen läßt und die biblische
Darstellung wiedergibt; dann erst geht er zur Kritik
über. Seine Auffassung ist als Ganzes betrachtet durchaus
selbständig und darum von eigenartigem Reiz; obwohl
er im Einzelnen auf Schritt und Tritt von Vorläufern
abhängig ist, bringt er dennoch viel Neues, am
meisten wohl für den Beginn der Königszeit, die in
einem ungewohnten Licht erscheint. Abweichende Anschauungen
werden vielfach angedeutet; die eigene Position
wird ausführlich begründet, soweit dies möglich ist.
Denn niemals vergißt er den hypothetischen Charakter;