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Ausgabe: | 1925 |
Spalte: | 222-223 |
Autor/Hrsg.: | Preuschen , Erwin |
Titel/Untertitel: | Griechisch-Deutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments und der übrigen urchristlichen Literatur. 2. Aufl., vollst. neu bearb. v. Walter Bauer. 1. Lfg 1925 |
Rezensent: | Debrunner, Albert |
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mit dem Wein einen Sorgenbrecher für die Menschen
entdeckt, falsch und eine solche Bemerkung in J2 nicht
am Platze sei. — Am meisten wird man ja wohl gegen
solche und andere religionsgeschichtlichen Theorien von
Pr. einzuwenden haben. Es ist doch von der Auffassung
der Quellen über die Vorzeit Israels bis zu den
wirklichen Tatsachen noch ein großer Schritt. Und
diese Kluft, die zwischen diesen Zeiten liegt, tritt bei
Procksch nicht scharf genug hervor. Das aber hängt
wohl mit seiner Grundanschauung zusammen. Wie er
als Quelle von J u. E eine gemeinsame alte Überlieferung
(U genannt) annimmt und zu erweisen sucht, so
redet er denn vielfach von alter Tradition, wo man kaum
an Überlieferung im Sinne der Weitergabe geschichtlicher
Erinnerung denken kann. Ein Beispiel für viele:
Gen. 22 zeigt, daß wir „mit Abrahams Opfergang in
ein neues Stadium der Religionsgeschichte eintreten".
„Abraham hat dort wirklich eine neue Gottesanschauung
erlangt. Der deus revelatus, der den deus abscon-
ditus ablöst, ist ein Gott der Milde, der kein Menschenopfer
will." (S. 318 f.). Siehe auch wie Pr. sich windet
(S. 320) bei der Anerkennung des Menschenopfers |
in der altisraelitischen Religion. Man wird sagen kön-
nen, daß E. etwa Derartiges hat darstellen wollen, was
Procksch nun — meines Erachtens mit Unrecht — dem j
Abraham selbst ins Herz legt. Im Übrigen scheint er i
mir in der Annahme jahvistischer (J2) Bestandteile in j
der E-Erzählung K. 22 und in der Bestimmung Sichems
als der Opferstätte durchaus Recht zu haben. Der Name,
auf den die etymologische Erklärung zurückgeht, dürfte j
doch wohl ~yt2 b$ ( - 7S') sein, wobei dann TW mißverständlich
als Gott gefaßt und n*TlO von dem
Stamme rir>~l hergeleitet wird, sei es daß man an
HKT (so E vgl. V. 8,14a) oder (J 14b) HiTlÜ
zu denken hat. Jerusalem (Eißfeldt, Hexateuchsynopse
1922, S. 260) kommt weder für E noch für J in Frage.
Zu deren Zeit wußte man noch, daß erst unter David die
bis dahin heidnische Stätte Jahve geweiht war. Auch
hier zeigt sich dann wieder die Annahme von 3 vor-
exilischen Quellen als das Richtige. J1 redet Gen. 12, 6f.
von der Erscheinung (NTP) Jahves bei der DTK)
zu Sichern und dem Bau eines Jahve-Altars daselbst.
Es ist zu erwarten, daß auch in J2 u. E davon die Rede
war. Und das ist tatsächlich der Fall. Gen. 22 reden
sie von der Offenbarung „Elohims "(so wohl ursprl.
14 a E, Procksch), Jahves (J2 14 b) zu Sichern bei
rlj"to 7i$; Gen. 32, 20 von der Errichtung eines Altars
(J2), einer heiligen Massebe (E) ebenda. — Gegenüber
diesen 3 Quellen nun verhält sich Procksch ziemlich
ablehnend. Doch scheint mir der Beweis einer selbständigen
älteren jahvistischen Schrift (J1) neben und
vor der jüngeren (J2) nicht bloß für die Urgeschichte
(Budde), sondern auch weiterhin (Smend) erbracht. —
Interessant, wenn auch nicht überzeugend, ist der Versuch
Sievers' metrische Theoriecn in der Genesis anzuwenden
und auch textkritisch zu verwerten. — Die Darstellung
ist ruhig und sachlich. Selten verblüffen so starke Urteile
, daß Jahve sicher im Namen iTTirP enthalten
sei (S. 58. 573). Ob J 2 (29, 35) den Namen
Jahve darin fand, ist zweifelhaft, der Judaspruch in J 1
(49, 8.) tut es sicher nicht. Hier und da hätte man
Wechsel im Ausdruck gewünscht (so z. B. S. 46 „Schafe
und Ziegen pflegen im Frühjahr zu werfen Z. 11 v. u.
und ebenso Z. 5 u. 3 v. u.). Auffallend ist das Wort „das
nächste Geschlecht „verbricht" (sie!) sich im Brudermord
(S. 50). Es versteht sich von selbst, daß bei einem
so gewaltigen Stoff, wie ihn die Genesis bietet, bei der
ungeheuren Fülle von Fragen, die er stellt, die Meinungen
und Antworten sehr verschieden sind: aber das
kann man doch sagen, es ist den vereinten Kräften der
Forscher verschiedenster Richtung, verschiedensten
Interesses gelungen, uns hier ein gut Stück vorwärts zu
bringen. Und ein gut Teil des Verdienstes daran hat
auch Procksch. So kann man ihm für seine Gabe nur
herzlich danken.
Bonn. J. Meinhold.
Preuschen, Erwin : Griechisch-Deutsches Wörterbuch zu den
Schriften des Neuen Testaments und der übrigen urchristlichen
Literatur. 2. Aufl., vollst, neu bearb. v. Prof.
Walter Bauer. !, Lfg. A bis ttllttvyttOfiut, Gießen: A. Töpelmann
1025. (VII S. u. 128 Spalten.) 4°. Subskr.-Preis Rm. 2.40.
Das Wörterbuch von Preuschen, dessen erste Auflage
1910 abgeschlossen war und hier im selben Jahr
(S. 330f.) besprochen worden ist, hat sich über Erwarten
rasch durchgesetzt. Schon nach 8 Jahren war die große
Auflage trotz dem Krieg vergriffen. Auch die schweren
Einwendungen der Kritik, namentlich Ad. Deißmanns
(Deutsche Lit.-Ztg. 1908, 1879ff.), die sich auf die
Nichterfüllung anfänglicher weitgehender Versprechungen
und auf die sehr zahlreichen Fehler des Buchs
stützten, haben offenbar seinem Absatz wenig Eintrag
getan. Der Grund ist einfach: es war das bequemste,
weil andere in fremder Sprache (Wilke-Grimm und Zo-
rell [1911] lateinisch, Moulton-Milligan englisch) geschrieben
oder unvollständig (Cremer-Kögel, Moulton-
Milligan) oder ungenießbar (Ebeling) sind, und doch
war es nicht so elementar wie der alte Schirlitz (und
neuerdings der „kleine" Preuschen [1919] und wohl
auch A. Schulte [1918]). Aber trotz diesem glatten
Absatz mußte sich schon Preuschen überzeugen, daß
eine zweite Auflage den Wünschen der Wissenschaft in
weitestem Umfang Rechnung tragen müsse, und der
Bearbeiter, der nach Preuschens Tod (1920) in die
Lücke trat, hatte erst recht die Pflicht und das Recht,
das Werk umzugestalten. Walter Bauer, der Ordinarius
für neutestamentliche Theologie in Göttingen, war durch
seine stark sprachlich orientierten Kommentare zum Johannesevangelium
und zu den Ignatiusbriefen für diese
Aufgabe wohl vorbereitet und ausgewiesen.
Der Hauptmangel an Preuschens Buch war der,
daß es zwar die neuen Forschungen auf dem Gebiet der
hellenistischen Sprachforschung für die Ansetzung
der neutestamentlichen Bedeutungen verwendete, aber
grundsätzlich vom einschlägigen Material nichts an-
j führte. Es ist eine unverlierbare Errungenschaft der
letzten Jahrzehnte, daß die Sprache des N. T. in den
lebendigen Zusammenhang der zeitgenössischen profanen
und religiösen Sprache hineingestellt wird, und ein
Wörterbuch, das irgendwie auf Wissenschaftlichkeit Anspruch
macht, muß unbedingt die Belege für diese Beziehungen
dem Benützer zur Belehrung und Nachprüfung
vorlegen. Bauer war sich dieser Notwendigkeit
voll bewußt und hat diese Hauptaufgabe in völlig befriedigender
Weise gelöst. Freilich hatte er es erheblich
leichter als Preuschen vor 15—20 Jahren; denn seither
ist das für den nt. Lexikographen wichtigste lexikalische
und grammatische Material in bequemer Form zugänglich
geworden, vor allem durch die Wörterbücher
von Moulton-Milligan (seit 1914, bis Auw), von Prei-
sigke (seit 1924, bis t/w) und von Pass'ow-Crönert
(bis ava) und durch die Septuagintagrammatik von
Thackeray (I 1909) und meine Neubearbeitung der nt.
Grammatik von Blass (1913. 1921).
Allein Bauers Tätigkeit erschöpft sich nicht mit
der Heranziehung der zeitgenössischen Parallelen, sondern
jede beliebige Stichprobe zeigt, wie er überall verbessert
und ergänzt hat. Geblieben ist im allgemeinen
die Disposition der Artikel, geblieben vor allem der
Hauptvorzug, durch den sich Preuschens Buch von allen
andern nt. Wörterbüchern unterschied, die Einbeziehung
„der übrigen urchristlichen Literatur". Dagegen sind die
viel angefochtenen „hebräischen Äquivalente", mit denen
niemand etwas anfangen konnte, gefallen, ohne daß da-