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Ausgabe:

1925 Nr. 10

Spalte:

219-222

Autor/Hrsg.:

Procksch, Otto

Titel/Untertitel:

Die Genesis, übersetzt und erklärt. 2. u. 3. Aufl 1925

Rezensent:

Meinhold, Johannes

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Theologische Literaturzeitung 1925 Nr. 10.

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wirkt jedenfalls in gewissen Ausdrücken noch jetzt nach. Außerdem
aber habe er sich mit dem einheimischen Kult verschmolzen, indem in
Armaz der hethitische Tesub, in Zaden der hethitische Vegctationsgott
Sandon und in andern Gottheiten noch andre autochthome Oottheiten
zu erkennen seien. Das ist naturgemäß weniger sicher, während v. W.
mit der Herleitung der Verehrung von fünf Sternen aus Babylonien
zweifellos recht hat. Daß in dem Kult des hl. Georg der Mond- und
Sonnenkult nachwirkt, will mir wieder weniger einleuchten, wie denn
auch v. W. selbst für die Darstellung des Heiligen als eines Reiters
auch noch andre mögliche Vorbilder angibt.

Aber in dem Hauptresultat, daß in Georgien wie in
anderen Außenbezirken des persischen Reiches, von
denen das Buch eben auch handelt, drei Schichten von
religiösen Vorstellungen zu unterscheiden sind, hat v. W.
gewiß recht; über Einzelheiten darf man zugleich deshalb
noch kein endgültiges Urteil abgeben, weil der
Verf. selbst diese Untersuchungen (in der Zeitschrift
Caucasica, wie er mir schreibt) fortsetzen will. Bei
seiner bewunderungswürdigen Fähigkeit, nicht nur die
sonst bekannte Literatur, sondern auch entlegene
Quellen heranzuziehen, die diese Arbeit wieder zeigt,
wird man ebenso weiterhin von ihm reichste Belehrung
erwarten dürfen.

Bonn. Carl C lernen.

Procksch, Prof. D. Otto: Die Genesis, übersetzt und erklärt
2. u. 3. Aufl. Leipzig: A. Deichert 1924. (X, 584 S.) 4°. =
Kommentar zum Alten Testament Bd. 1. Rm. 15.50; geb. 19—.

Daß der Genesiskommentar von Procksch aus der
Sellinschen Sammlung in 2. und 3. Auflage erschienen
ist (erste Auflage 1911), kann man nur mit Freuden
begrüßen. Denn das Werk von Procksch war eine
tüchtige Arbeit, von der zu wünschen war, daß sie in erneuter
Auflegung erscheine und dem Fortschritt der
Forschung entsprechend auf der Höhe gehalten werden
möchte. Das ist hiermit geschehen.

Die äußere Einrichtung ist im Wesentlichen dieselbe
geblieben, der Umfang nicht viel größer geworden
(1. Aufl. 530 S.). Auch hat der Verfasser an der gesonderten
Behandlung der Quellen (1. Jahvequelle S.
15—289; 2. Elohimquelle 290—432; 3. Priesterschrift
433—564.) durchaus festgehalten. Das hat ja seine
Unbequemlichkeiten, ist aber durchaus berechtigt, um
so mehr, als man neuerdings auch gegen diese Quellenscheidung
anrennen will. Da ist es gewiß gut, die Quellen
im Zusammenhang lesen und für sich sprechen zu lassen.
Daß „die Ostkönige'' (K. 14), in Auflage 1 als Anhang
zum Ganzen erscheinend, jetzt wenn auch mit Vorbehalt
in der Priesterschrift untergebracht wurden, halte
ich nicht für eine Verbesserung. Überhaupt scheint Pr.
mir bei diesem K. 14 keine besonders glückliche Hand
gehabt zu haben. Wenn er gegen Böhl u. a. a. daran
festhält, daß lyTZ' Gen. 14, 1 wie sonst in der Bibel

Babylonien, demnach SmON am wahrscheinlichsten
Hammurapi ist, so kann man ihm darin gewiß beistimmen
, ebenso auch darin, daß man in dem Kapitel ein
Produkt der nachexilischen Zeit zu sehen und ihm so wie
es vorliegt keinen historischen Quellenwert beizumessen
hat (S. 513.). Das gilt ja nun auch wohl von der ursprünglichen
Erzählung, wie sie nach Procksch dem
Ganzen zu Grunde lag. Es handelt sich ihm zufolge von
Haus aus um einen Kampf der Könige von Adma
und Seboim und Bela' gegen die von Sodom und Go-
morrha. In diesem Kampf, der für Sodom und Go-
morrha ungünstig verläuft, wird Lot gefangen fortgeführt
, was Abraham in Hebron Anlass zur Verfolgung
der Sieger und zur Befreiung Lots gibt. Bei seiner
Rückkehr wird er von Malkisedeq, dem Priester des
höchsten Gottes zu Salem, gesegnet und gibt ihm dafür
— seinen Nachkommen zur Nachachtung! — den Zehnten
. Auch dieses schöne Stück — kein Einsatz, vielmehr
Abschluß der Kernerzählung (S. 510) — ist (wie Ps.
110 mit seiner Erwähnung des Malkisedeq) in nach-
exilischer Zeit entstanden, womit Procksch gewiß durchaus
im Rechte ist. — Es würden also alle Verse, die es
mit den Ostkönigen zu tun haben, ebenso die von einer

Begegnung mit dem doch nach V. 10 umgekommenen
König von Sodom melden (17. 21—24) als spätere
Zutat zu streichen sein. Aber nach V. 14, der ja dem
„Kernstück" angehört, folgt Abraham den abziehenden
Siegern bis Dan. Was wollten denn die Bewohner von
Adma und Seboim wie Soar, die der Lage nach (so
auch Procksch) im „Siddim"-tal, dem ursprl. Land des
toten Meeres wohnten, in aller Welt in Dan? „Sie zogen
j mit ihrer Beute heimwärts", das sollte man erwarten.
Der Zug über Dan hätte zur Not Sinn bei den Ostkönigen
, die ihren Weg ja über Dan zurücknehmen
konnten (doch siehe die Bemerkungen in meiner Schrift:
1. Mose 14. 1911 Univ. Progr. S. 7), ist aber bei der
„Kernerzählung" unverständlich. Zwar läßt Pr. schon
V. 14 die Sieger von Abraham bis Dan „verfolgt" wer-
: den, als ob er die Besiegten vor sich her getrieben hätte,
j Aber es heißt: er musterte seine Leute, folgte den
i Feinden bis Dan (p"I~] hier wie so oft nur „eilig
folgen") V. 14., bereitete, als er dort Fühlung mit ihnen
| genommen, die Schlacht vor und schlug und verfolgte
! sie (V. 15). Es geht nicht an, V. 15 der Erzählung zu
nehmen. Auch V. 17 nicht. An die Bemerkung, daß der
| König von Sodom dem von seinem Siege heimkehren-
I den Abraham bis zum Königstal (unweit Jerusalem)
entgegenzog, schließt sich sachgemäß und passend der
I Bericht von der Begegnung mit dem Priesterkönig
I von Salem. V. 18—20. Man Kommt doch über den Ein-
I druck nicht hinaus, daß die Malkisedeq-episode, sowohl
wenn man ihren Inhalt und Stil sowie ihre Tendenz und
I Stellung hier betrachtet, ein Einsatz ist — natürlich nun
j nicht gleich „uralter" Herkunft (etwa Gunkel), ebenso
! wenig aber wie Procksch will, messianischer Bedeutung.

Und wenn er in Hebr. 7 die klassische Auslegung der
i Malkisedeq-figur findet, so wird man das kaum gut
| heißen können. Der Priesterkönig von Salem hierselbst
hat mit dem aus Abrahams, aus Davids Stamm erwarte-
; ten Messias nichts gemein. Überhaupt wird man bei
! häufigen Reflexionen dieser Art sein Fragezeichen
J machen dürfen. Wenn wir z. B. bei Enos Gen. 4, 26
| hören (J), daß er zuerst die Gottheit mit dem Namen
Jahve anrief, so faßt das Pr. als Gebet und belehrt
uns, daß „das Gebet, in dem sich Gott und Mensch als
Ich und Du gegenübertreten, als älter gilt denn das
Opfer (8, 20), das aus dem Versöhnungsbedürfnis der
Menschheit entsprungen ist" S. 58, so ist zu bemerken,
daß die Entstehung des Opfers aus dem „Versöhnungsbedürfnis
" zu erklären vielleicht nicht ganz treffend ist,
daß weiter, der Enosfigur doch die der opfernden
Brüder Qajin und Abel voran gehen, deren Erzählung
nach Pr. dem gleichen Verfasser angehört,

und endlich, daß es kaum angängig ist, das □ SSQNlp

auf das Gebet zu beschränken. Es handelt sich hier
um „kultische Verehrung", bei der das Opfer gerade
einen wesentlichen Bestandteil bildet. Wenn Pr. demnach
(S. 71) betont (auf Grund des „Versöhnungsopfers
"), daß die neue, noachische Religion gegenüber
der früheren Stufe eine „Versöhnungsreligion" sei, so
wird man das dahingestellt sein lassen. Ebenso mag
I auch die Deutung des Noahspruches, daß i~D „uns

Ruhe schaffen wird (Pr. 1. nach LXX st. H:

IJOmT) von unserer Arbeit und Mühsal" usw. auf die

Beruhigung und Versöhnung durch sein Opfer gehe,

das für Jahve ein ,nrT}n ITH' war, auf sich be-

ruhn. Noah soll den Menschen Beruhigung und
Trost schaffen, das Opfer gibt Jahve Beruhigung! Daß
5, 29 aus Ja und nicht aus J1 (Budde, Gunkel, Smend)
stammt, aber nicht in Beziehung zu 9, 21ff. zu setzen ist,
darin hat Pr. meines Erachtens durchaus recht. Daraus
folgt aber gar nicht, daß das Verständnis, Noah habe