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Ausgabe:

1925

Spalte:

193-197

Autor/Hrsg.:

Sellin, Ernst

Titel/Untertitel:

Geschichte des israelitisch-jüdischen Volkes. 1. Teil: Von den Anfängen bis zum babylonischen Exil 1925

Rezensent:

Meinhold, Johannes

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Seite 1, Seite 2, Seite 3

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Theologische JJteraturzeitung

Begründet von Emil Schfirer und Adolf von Harnack

Herausgegeben von Professor D. Emanuel HfFSCh unter Mitwirkung von

Prof. D. Wilh. Heitmüller, Prof. D. Dr. 0. Hölscher, Prof. D. Arthur Titius, Prof. D. Dr. 0. Wobbermln

Mit Bibliographischem Beiblatt, bearbeitet von Priv.-Doz. Lic. theol. Kurt Dietrich Schmidt, Göttingen
Jährlich 26 Nrn. — Bezugspreis: vierteljährlich Rm. 8.—. — Verlag: J. C. Hinrichs'sche Buchhandlung, Leipzig.

5rt l.hm V- O Manuskripte und gelehrte Mitteilungen sind ausschließlich an Professor D. Hirsch in Göttingen, 2. Mai 1925.

ÖU. Jahrg. NT. 9. Bauratgefberstr. 19, zu senden, Rezensionsexemplare ausschließlich an den Verlag. *" ,,,t"

Sellin, Geschichte des israelitisch-jüdischen

Volkes (Meinhold).
Kittel, Geschichte des Volkes Israel (Staerck).
Z i e g 1 e r, Die sittliche Welt des Judentums(Beer).
Nowack, Schahbat (Sabbat) (Ders.).
Schulte, Die Psalmen und Cantica (Duensing).
Fiebig, Jesu Bergpredigt (Dibelius).
Faye, Origene, sa vic, sou oeuvre, sa pensee.

(v. Soden).

Hessen , Augustinus und seine Bedeutung für

die Gegenwart (Ders.).
Caspar, Hermann von Salza und die

Gründung des Deutschordensstaats in Preußen

(Grützmacher).

Grubb, Das Wesen des Quäkcrtums (Sippell). I Haymann, Kants Kritizismus u. die natur

Troeltsch , Christian thought, its histoi y and
application (Mayer, Straßburg).

B r e d t, Der Geist der Deutschen Reichsverfassung
(Schling).

Lenz, Die Bedeutung des Protestantismus für
den Aufbau einer allgemeinen Staatslehre
(Binder).

Die Verhandlungen des einunddreißigsten
Evangelisch-Sozialen Kongresses (Bomemann).
Starcke, Baruch de Spinoza (Joidan).
Moser, Thomas Hobbes (Ders.).
Störring, Was soll uns Kant sein? (Ders.).

rechtlichen Strömungen der Gegenwart (Lenz).
Weber, Das Geisteserbe der Gegenwart und

die Theologie (Haering d. Ä.).
Stange, Christliche und philosophische Weltanschauung
(Lüttge).
Wenzl, Das Verhältnis der Einsteinschen
Relativitätslehre zur Philosophie der Gegenwart
(Winkler).
Bau mann, Alte Prophetenstimmen in neuer

Zeit (Bussmann).
Conrad, Freude und Friede (Ders.).

Sellin, Prof. D. Dr. Emst: Geschichte des israelitisch-jüdischen
Volkes. 1. Teil: Von den Anfängen bis zum babylonischen Exil.
Leipzig: Quelle & Meyer 1924. (VIII, 328 S.) gr. 8°.

Rm. 10—; geb. 12—.
Dieser erste Band, dem Sellin in 2 Jahren den 2.
(von der babylonischen Verbannung an) folgen lassen
will, ordnet den Stoff in 4 Kapiteln ein (Kap. I: Israel
in der vorköniglichen Zeit; K. II: Israel unter einem
einheitlichen Königtum; K. III: Das Doppelkönigtum
Israels und Judas; K. IV: Das Königreich Juda.), und
es ist von vorneherein zu sagen, daß er das geschickt
macht, hier wie auch sonst anregend zu schreiben weiß,
sodaß jeder Leser, auch der Fachmann, seiner Ausführung
gern folgt, so sehr er auch im Einzelnen
dagegen einzuwenden hat, und — das wird ja nun vielen
so wie mir gehn — viel mehr Widerspruch und Ablehnung
als Zustimmung äußern wird.

Sellin ist der Meinung — und glaubt das noch aus
der Patriarchengeschichte herauslesen zu können — daß
eine erste hebräisch-aramäische Einwanderung in Palästina
(Habire) eine Gruppe B'ne Jisrael (noch nicht
das Volk Israel in späterem Sinne) mit sich führte,
die etwa bei Adam in der Richtung auf Sichern den
Jordan überschritt (vgl. Jakob daselbst. Gen. 33, 17 f.).

Es kann nach ihm keinem Zweifel (?!) unterliegen,
daß diese Hebräer in der Stadt Sichern bald nach 1400
mit offenen Armen aufgenommen wurden. (S. 25.):
Gen. 34, das Blutbad in Sichern, von den Israeliten angerichtet
, spricht nicht dagegen — es bezieht sich ja auf
Abimelech! (S. 115 Rieht. 9, 1 ff.). Eine 2. Einwanderung
erfolgte dann durch Mose. Dieser ward der Führer
einer Handvoll semitischer in Ägypten eingewanderter
Hirten, die unter Mernephtah Ägypten wieder verließen.
Sie wandten sich nach der Errettung am Schilfmeer,
das in dem später versandeten Meeresarm zwischen Elat
und Eseon-geber (S. 65) zu suchen ist, zunächst nach
Qadesch. Der Versuch von hier aus in Kanaan einzudringen
, wird durch Amaleq verhindert. So zieht Mose
mit einer Schar von Getreuen zu dem in Midian d. h. an
der N.W. Küste Arabiens gelegenen Sinaj, wo er unter
Veröffentlichung der 10 Gebote Ex. 20. einen Bund
zwischen Jahwe und diesen Hebräern vermittelte, also eine
Jahwe-Liga gründete (S. 85). Er selbst aber ward ein
Märtyrer seines Glaubens (S. 94), zu Schittim von seinen
eigenen Volksgenossen hingemordet. Sein Nachfolger
Josua zog mit seiner Schar, dem „Haus Joseph" nach
spaterer genealogischer Bezeichnung, über den Jordan,

'loa

setzte sich auf dem Gebirge Ephraim fest — von
dem diese Schar dann den Stammesnamen Ephraim bekam
. Josua gelang es durch seine Siege, die zugleich
Jahwes Siege waren, die vorher eingewanderten und der
El-Religion anhängenden „Israeliten" zum Anschluß an
Jahwe zu gewinnen und also in Sichern (s. Josua 24)
einen Bund zustande zu bringen. Der Gedanke und
Glaube: „Jahwe der Gott Israels, Israel das Volk Jahwes
" geht also nicht auf Mose, sondern auf Josua zurück
. Hier in diesem Sichein kommt es denn in weiterer
Folge noch einmal zu einer blutigen Auseinandersetzung
zwischen dem älteren kanaan.-hebräischen und jüngeren
israelitisch-manassischen Elemente wie aus Rieht. 9 zu
ersehn. Abimelech, ein Sohn des Jerubbaal und einer
sichemitischen Kanaanäerin, wirft sich zum Alleinherrscher
in Sichern auf. Er tötet die 70 „Oligarchien"*
Charnorsöhne (vgl. Gen. 34) in Sichern auf einem Stein.
Ein letzter, der übrig blieb (im Text irrig Jotham
Sohn des Gideon genannt) floh nach dem chivvitischen
(?) Beer, nachdem er Abimelech und die Sichemiten
durch seine Fabel erregte. Gaal aber aus Aruma (vielleicht
doch auch ein entkommener Chamoriter?) stiftet
Sichern zum Aufruhr an. Das führt zum Kampf zwischen
Abimelech und Sichern, zur Vernichtung dieser Stadt
und weiterhin auch zum Tode des Abimelech vor Tebes.
Die Folge dieser Ereignisse war sehr bedeutungsvoll.
Sichern — aus dem die heilige Lade vielleicht vor Ausbruch
des 2. Aufstandes nach Silo übersiedelte [wo
steht etwas von der heiligen Lade in Sichern?!] —
die letzte Burg der Kanaanäer in Zentralpalästina war
gefallen [war es denn nicht unter Josua zur Hochburg
des Jahwismus geworden?!]; das vor der Stadt gelegene
Gilgalheiligtum wuchs an Bedeutung (S. 113) usw. —
Es ist nicht die Absicht, weiter eine Inhaltsangabe
des Werkes vorzuführen. Aber weil hier im Anfang gerade
die Art Sellins besonders deutlich heraustritt, ist
es das Gegebene, bei diesem etwas zu verweilen. Sellin
hat sich ja über diese Dinge in Sonderabhandlungen
ausgelassen, so über die Einwanderungsfrage in ,GilgaF
1917, über Mose in seinem „Mose" 1922, über Abimelech
in seinem „wie wurde Sichern eine israelitische
Stadt" 1922. Er kann sich deshalb überall auf eigene
Arbeit berufen und tut das zur Genüge. Doch kann man
nicht sagen, daß ihm das einmal Gedruckte zur Last
und Gefahr wird, was ja oft zu geschehen pflegt. Wie
er in dem Knecht Jahwes einst Serubabel, dann Jo-
jachin fand, jetzt aber den Moses redivivus sieht, so

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