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Ausgabe:

1925 Nr. 8

Spalte:

190-191

Autor/Hrsg.:

Martensen-Larsen, H.

Titel/Untertitel:

Das Blendwerk des Spiritismus und die Rätsel der Seele 1925

Rezensent:

Steinmann, Theophil

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189

Theologische Literaturzeitung 1925 Nr. 8.

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mit des Verfassers geschichtsphilosophischem Versuch,
„die Ursachen den Deutschenhasses" 1916 zu ver-
gleichen.

Die Aufsätze über Bevölkerungsprobleme und
Weltanschauungsfragen, nämlich: 1.) „Christliche
Weltanschauung und Fortpflanzungswille
", 2.) „Weltanschauung des Liberalismus
", 3.) „Die Stellung des Sozialismus
und der Sozialdemokratie" sind aus dem Eröffnungsvortrag
hervorgewachsen, den Sch. gelegentlich
des bevölkerungspolitischen Kongresses in Cöln
1921 in seiner Eigenschaft als Direktor am Cölner
Forschungsinstitut für Sozialwissenschaften Abt. Soziologie
gehalten hat. Auch hier wirkt der weltanschaulich
deskriptive Gesichtspunkt vor. Diese Aufsätze sind zu
vergleichen mit Schelers „Wesen und Form der Sympathie
", 2. Aufl. Bonn 1922, worin sie auch ihre Ergänzung
finden.

Beide anscheinend verschiedene Gedankenreihen des
vorliegenden Halbbandes werden durch das Interesse
an der Auswertungsmöglichkeit religiöser Ideen und religiöser
Energien für die Gestaltung gesellschaftlichen Daseins
verbunden. Denn einmal sind sie entstanden
aus der Not der Zeit, die Sch. von seinen eigentlichen
Arbeiten an den rein theoretischen Problemen der
Philosophie (moderne katholische phänomenologische
Religionsphilosophie) abführten, zum anderen aber auch
aus seiner damaligen noch vorhandenen stärkeren
„Gleichsinnigkeit" der katholischen Form des Christentums
und seiner eigenen philosophischen Gedankenentwicklung
, wie sie uns in ausgesprochener Weise in seinen
Ausführungen entgegentritt. Wenn Sch. sich nun
auch weiter von dem Glaubenssystem seiner katholischen
Kirche entfernt hat (vgl. seine Schrift „Das Ewige im
Menschen", bislang Bd. 1 erschienen), so ist es dennoch
seine Überzeugung, daß von allen religiösen und geisti- j
gen Kollektivkräften der römische Katholizismus doch |
die Form sei, der er am meisten wertvolle praktische |
und erzieherische Kraft und Heilsamkeit für die Not der
Zeit zuschreibe.

Kleinfreden. Paul Graf f.

Cannegieter, Prof. Dr. T.: Geloofsverzekerdheid. Haarlem:
H. D. Tjeenk Willink & Zoon. (23 S.) gr. 8°.

Mit einer Exegese von Hebr. 11, 1 einsetzend, fährt
Verf. mit einer dogmatisch-polemischen Entgegensetzung
von protestantischer Glaubensgewißheit und katho- j
lischem Zweifel fort und schließt mit einer erbaulichen j
Betrachtung über den sittlichen Ernst des Lebens und
die Heilsamkeit sonntäglichen Gottesdienstes. Ohne
Glaubensgewißheit kann der Mensch nicht leben. Wie
lange es auch dauert, einmal führt ihn ernste Besinnung
ewiß dazu. Sie kennt ihrem Wesen nach keine Grade,
eine Abstriche. Wo sie vorhanden ist, kann sie verdunkelt
werden, aber nie verloren gehen. Begründung
oder systematische Verarbeitung dieser Thesen gibt Verf.
nicht. Die letzte ist deutlich calvinistisch. Aber anstelle
des decretum aeternum tritt die sittliche Aufgabe des
Menschen, die ihn bei ernster Besinnung zur Glaubensgewißheit
führt. Glaube ist Vertrauen und zwar —
nur so ist überhaupt Zusammenhang in die Ausführungen
des Verfassers zu bringen — auf sittliche Vervollkommnung
durch sittlichen Ernst. Letzter Gegenstand
des Glaubens ist die Gottesebenbildlichkeit des
Menschen.

Cannegieter gehört zu den Führern der sogenannten
modernen Richtung in Holland. Als Hegelianer forderte
er einst eine philosophische Begründung der Religion. '
Das vorliegende Schriftchen weist mit seiner scharfen j
Betonung der Immanenz Gottes im Menschen ebenfalls
auf Hegel zurück. Es ist freilich hier nicht Idealismus,
sondern nur ein schlechterdings unproblematischer Optimismus
zu entdecken.

Jena Theodor Siegfried.

Smith, Judith, F.: Faüh and Duty. A course of lessons on the
apostles' creed and the ten commandments for children of eight
to ten years. With a preface by the Rev. Stanislaus St. John,
S. J. London: Bums Oates & Washbourne 1020. (XV, 312 S.) kl. 8°.

sh. 6—.

Diese mit dem Vermerk des Zensors und dem Imprimatur
des Generalvikars versehene Publikation will
ein Handbuch für den Lehrer sein, um katholischen Kindern
von 8—10 Jahren das Apostolische Glaubensbekenntnis
und die Gebote nahezubringen. Die einzelnen
Lektionen sind mit gutem psychologischen Verständnis
nach den Grundsätzen der Herbartschen Pädagogik gearbeitet
und verstehen es, durch reiches Walten der
Phantasie den Unterricht zu interessanten Stunden für
die Kinder zu gestalten. Der Memorierstoff des römischen
Katechismus ist bei jeder Lektion kenntlich gemacht
. Das Buch wird seinen Zweck erfüllen.

Dortmund. H. Goetz.

j Metz, Friedrich: Freiheit und Autorität oder Über letzte
Probleme der Philosophie und der Pädagogik. Donauwörth :
Tagewerkvcrlag 1024. (61 S.) 4".

Der Verf. legt Bekenntnis ab für die wesentliche
Identität von Freiheit und Autorität in der unbedingten
S Hingabe an das lebendige Leben. Er gibt eine moderne
j Auslegung der als Gewißheit erlebten romantischen
Sehnsucht nach dem Absoluten, ohne sich Rechenschaft
zu geben über die tiefe Unzulänglichkeit, in der gerade
der „lebendige" Mensch über dem Begegnis des Absoluten
sich betroffen sieht. „Halten wir uns fest an
die Führung des Lebens, fassen wir seine Hände, freuen
wir uns, es mitten im Jammer und Elend und trotz alles
Jammers und Elends begrüßen zu können. Wir sind
das große Geschlecht, das die Welt für neue Feste des
Lebens schmücken soll."
Bremen. Hinrich Knittermeyer.

Martensen-Larsen, H.: Das Blendwerk des Spiritismus
und die Rätsel der Seele. Aus dem Däu. mit Kürzungen u.
Zusätzen des Verfassers übers, v. A. M a r t i u s. 1. Buch: Zwischen
Endor und Tabor. Eine Umschau. 1.—3. Tausend. Hamburg:
Agentur des Rauhen Hauses 1024. (200 S.) 8°. geb. Gm. 3.50.

Der Verf. unterscheidet mit Recht zwischen den
spiritistischen Phänomenen und der auf ihnen aufbauenden
„spiritistischen Religion". Seine Absicht ist, auf
Grund umfassenden Studiums der einschlägigen Literatur
christlichen Lesern beidem gegenüber zu einer klaren
und begründeten Stellungnahme zu verhelfen, nicht
aber zur wissenschaftlichen Erörterung jener Erscheinungen
einen eigenen Beitrag zu liefern. Dabei wird die
spiritistische Religion vortrefflich charakterisiert und mit
guten Gründen vom Standpunkt christlicher Gewißheit
und Gewißheitsbegründung aus abgelehnt. Und die verblüffenden
Phänomene, auf welche der Spiritismus sich
stützt, sind ebensowenig ohne weiteres eine Garantie für
die Richtigkeit seiner Theorien, wie die Phänomene der
Himmelsbewegung dem auf diesen Augenschein unmittelbar
eingestellten ptolemäischen Weltbild Recht
geben. Vor der dilettantischen Beschäftigung mit spiritistischen
Experimenten wird darum ernstlich gewarnt.
Die Phänomene selbst aber werden in vollem Umfang
anerkannt. Nur tritt an Stelle der spiritistischen Deutung
diejenige der psychischen Forschung. Diese bedeutet
gerade das Ende der spiritistischen Phantasien. Hier
handelt es sich um wirkliche Erweiterung unserer Erkenntnis
und ernstliche Umgestaltung unserer Vorstellungen
. Und so, von der spiritistischen Theorie gelöst
, können diese Dinge gerade unserer christlichen
Weltanschauung dienen. Wohl ist die einfache Um-
deutung der alttestamentlichen Propheten in spiritistische
Medien eine Gewaltsamkeit; auch die mediumistische
Deutung wunderbarer Ereignisse der neutestamentlichen
Berichterstattung und in besondern der Auferstehung als
eines spiritistischen Materialisationsphänomens wird mit
guten Gründen abgelehnt. Dagegen eröffnet uns die
durch das Beachten jener wunderbaren Phänomene ver-

E