Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1924 Nr. 7

Spalte:

137

Autor/Hrsg.:

Contarini, Gasparo

Titel/Untertitel:

Gegenreformatorische Schriften (1530 - 1542). Hrsg. v. Friedrich Hünermann 1924

Rezensent:

Clemen, Otto

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

137

Theologische Literaturzeitung 1924 Nr. 7.

138

Eber, der in Ansbach theologische Händel schlichtete,
auch nach Nürnberg berief, ohne daß es ihm gelang,
nachhaltig Frieden zu stiften und der Rat schließlich den
Markgrafen Georg Friedrich von Brandenburg und
dessen Räte um Hilfe anging, und endlich die drei alten
Symbole, Luthers kleiner und großer Katechismus, die
Augsburgische Konfession und ihre Apologie, die
Schmalkaldischen Artikel, die Repetition der Augsburgischen
Konfession, die dem Konzil zu Trient ubergeben
wurde, die Loci communes, die Definitiones Appellatio-
num Melanchthons, die Responsiones Melanchthons auf
die bayrischen Artikel, die Responsion Melanchthons de
controversia Stancari, die Nürnbergische Kirchenordnung
als norma doctrinae von sämtlichen Kirchendienern unterschrieben
werden mußten. Ref. gibt Akten zu einem unbekannten
Stück aus dem Leben des Flacius, der sich
nach seiner Ausweisung aus Regensburg an den Herzog
Christoph von Württemberg um Anstellung im Kirchenoder
Schuldienst wandte. Sehr zu beachten ist das Gutachten
der zwei Melanchthonschüler Hier. Gerhard und
Hans Dieterich von Plieningen und Joh. Brenz über
Flacius Charakter und Verhalten gegen Melanchthon
und die Unterstützung, die Flacius bis 1569 mit 50 fl.
jährlich genoß. Einen Brief Joh. Aurifabers an Flacius
1549 teilt Friedensburg mit und weist auch zu den
Nachrichten K. Bauers in Z. K. 9. XLII S. 76 ff. über verschiedene
Träger des Namens Acontius im Reformationszeitalter
einen nach, der wahrscheinlich Bauers Melchior
Volz aus Oberursel in der Grafschaft Königstein ist.
Sehr zu beachten ist der offene Brief Wotschkes an
den Präsidenten des Augsburgischen Konsistoriums in
Warschau, J. Glaß, welcher sich auf den Geist gestützt
haben wollte, der in den Jahrbüchern des Posener
kirchengeschichtlichen Vereins herrsche, die in die
Lebensäußerungen des Protestantismus in Großpolen
immer und überall deutsche Anregungen und Einflüsse
sehen. Wotschke weist die völlige Unhaltbarkeit dieser
Behauptung und die große Unwissenheit des Herrn Glaß
nach und kann sich auf das Zeugnis der Krakauer Akademie
der Wissenschaft berufen über den Wert von
Wotschkes Veröffentlichungen.

Stuttgart. O. Bosse rt.

Co n tarin i, Qasparo: Gegenreformatorische Schriften (1530 c.
— 1542). Hrsg. von Friedrich Hünermann. Münster:
Aschendorffschc Verlagsbchh. 1923. (XXXIX, 76 S.) 4°. = Corpus
Catholicorum 7.

Sehr dankenswerter Neudruck folgender vier Schriften
Contarini's: 1. Confutatio articulorum seu quaestio-
num Lutheranorum (eine mild-versöhnliche Auseinandersetzung
mit der Confessio Augustana und deren Apo-
logia, verfaßt nach dem Augsburger Reichstag und vor
C.s Erhebung zum Kardinal i. J. 1535), 2. De pote-
state Pontificis (Beweis des göttlichen Rechts des Papsttums
aus der hl. Schrift, der Vernunft und der Geschichte
, verfaßt nach der Confutatio und vor 1535), 3.
Epistola de iustificatione vom 25. Mai 1541, 4. De
praedestinatione vom Juni 1542 (veranlaßt durch das
Eindringen der reformatorischen Bewegung in Modena;
die beiden letzteren Schriften sehr charakteristisch für
C.s Kompromißtheologie). Dem Abdruck der Epistola
de iustificatione ist zu Grunde gelegt eine Abschrift
der Zeitzer Stiftsbibliothek, die C. wohl dem als
Kollokutor am Regensburger Religionsgespräch beteiligten
Julius v. Pflugk überreicht hat, während De
pot. pont. nach dem Florentiner Druck von 1553, Con-
fut. u. De praedestinatione nach der Pariser Gesamtausgabe
von 1571 wiedergegeben werden. Die Edition
zeugt von der Sorgfalt, an die wir beim Corpus Catholicorum
gewöhnt sind. Nur ist das Personen- und Sachregister
in ein paar Punkten recht ungeschickt. Zu dem
Ubersetzer Stephan Agricola S. XXXVIII vgl. REM,
255 und Roth, Augsburgs Reformationsgesch. 4 (1911),
573 f. 594. >

Zwickau LS. O. Clemcn.

Werdermann, Hermann: Geschichte des Religionsunterrichts
an preußischen Gymnasien im neunzehnten Jahrhundert.

Gütersloh: C. Bertelsmann 1923. (155 S.) gr. 8». Oz. 5—.

Diese sorgfältig aus Erlassen, Programmen und Lebensbeschreibungen
herausgearbeitete Schrift bietet ein lehrreiches Museum zum
Studium des sog. höheren Religionsunterrichts dar. Von dem Rationalismus
an über die Reaktionszeit bis zur modernen wissenschaftlichen
Theologie; von Schleiermachers Stellung an über den Einfluß Hegels,
Altensteins, Mühlers bis zu dem Wiese's, der zum Ausgangspunkt
zurückkehrt; von rein staatlichen Zielbestimmungen an über kirchlicherbauliche
zu pädagogisch-kulturellen zeigt W. den Weg der Entwicklung
. Der Religionsunterricht im Gegensatz zum antiken Heidentum,
unter dem Einfluß des staatlichen Politismus, der Kirchenpolitik; Verstand
, Gedächtnis, Gemüt als sein Betätigungsfeld; die Methoden von
der „spielenden Erleichterungsmethode" an bis zur Selbstbetätigung
der Schüler; allerlei Lehrpläne mit überhohen Zielen, mit wechselnden
Stoff arten und Stoffmengen; und vor allem der Eigensinn der Behörden,
ohne Rücksicht auf die seelische Lage der Schüler an Stoffen wie der C. A.,
dem Römerhrief festzuhalten, aber — an der Aufklärungszeit (1912!)
vorüberzugehn — das alles tritt anschaulich und klar heraus. Aus allen
niederdrückenden Berichten, Anklagen und Erinnerungen hebt sich aber die
Wahrnehmung hervor, wie der Stand der Religionslehrer sich selbst allen
Widerständen gegenüber emporgearbeitet hat, eine Hoffnung, daß es
doch noch einmal mit dem Schmerzenskind der höheren Schulen und
damit auch mit dem Interesse der gebildeten Stände besser werde.
Marburg. F. Niebergall.

Beyer, Missiorisinspektor Georg: China als Missionsfeld. Berlin:
Buchh. d. Berk ev. Missionsgcsellschaft 1923. (VIII, 160 S.) 8°.

Gz. 1—; geb. 1.50.

Den Freunden Chinas als Handreichung zum Missionsstudiuin
und als Hilferuf zur Mitarbeit ist das Büchlein gewidmet. Es löst
seine Aufgabe mit einer Sachlichkeit, die doch Raum läßt für persönliche
Wärme, und mit einer Knappheit, bei der doch die Anschaulichkeit
nicht zu kurz, kommt. Die Religionen Chinas, die Geschichte
und Eigenart des Landes, das Anwachsen der ev. Mission, das wird
alles gefällig und gut erzählt. Wo die allerjüngste Vergangenheit zur
Sprache kommt (1900—1922), wird das Büchlein spannend. Indem die
engen Zusammenhänge zwischen Missionsarbeit und Heimat überzeugend
heraustreten, ergeht ein ungekünstelter, natürlicher Hilferuf
an das nationale und religiöse Gewissen der deutschen Protestanten.
Gießen. Heinrich Fr ick.

Unger, Rudolf: Herder, Novalis und Kleist. Studien über die
Entwicklung des Todesproblems in Denken und Dichten vom
Sturm und Drang zur Romantik. Mit einem ungedruckten Briefe
Herders. Frankfurt a. M.: Moritz Diesterweg 1922. (188 S.) 8°. =
Deutsche Forschungen. Hrsg. v. Friedr. Panzer u. Jul. Petersen
Heft 9.

Inhalt: Vorwort. 1. Herder u. d. Palingenesiegedanke. 2. Novalis
' Hymnen an die Nacht, Herder u. Goethe. 3. Zur Datierung
d. Hymnen an die Nacht. 4. Das Todesproblem bei H. v. Kleist.
5. Nachwort. Anhang. Anmerkungen.

Die Aufsätze, die in diesem Bande vereinigt sind, haben
sehr verschiedenes inneres und äußeres Ausmaß. Der
dritte datiert den ersten Entwurf von Novalis' Hymnen
auf den Spätherbst 1799, der zweite zeigt, daß sie
ihren gestaltenden Grundgedanken nach wie in manchen
literarischen Einzelheiten von Herder, insbesondre von
Herder's Paramythien abhängig sind; diese beiden Aufsätze
haben es also zunächst mit literarkritischen Einzelfragen
zu tun. Der erste, schon umfassender, sucht
Herder's mannigfaltige Äußerungen über Tod und ewiges
Leben von dem Gesichtspunkt der Palingenesie aus
einheitlich zu deuten und in ihrer Beziehung zu der
Lebensempfindung Herder's zu verstehen. Der vierte,
äußerlich wie innerlich bedeutendste, gibt eine großzügige
Deutung von H. v. Kleist's Leben, Denken und
poetischem Schaffen in seiner Verflochtenheit mit dem
Todesproblem, und zugleich damit eine Darlegung der
Beziehung von Dichtung und Weltanschauung an einem
leicht durchschaubaren Beispiele.

(iliichwohl schließen sich die vier Aufsätze zu
einem Ganzen zusammen. Nicht nur, daß sie alle, wie es
U.s Art entspricht, unter glücklicher Verbindung von
philologischer Akribie und geistesgeschichtlicher Ausschau
gearbeitet sind, — es ist in gewisser Weise ein
einziges großes Thema, das in ihnen durchgespielt wird.
U. ist gefesselt durch den merkwürdigen inneren Wandel