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Ausgabe:

1924

Spalte:

95

Titel/Untertitel:

Beschreibung des Oberamts Riedlingen 1924

Rezensent:

Bossert, Gustav

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95

Theologische Literaturzeitung 1924 Nr. 4/5.

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Stimmung einzelner gebrauchter Begriffe erleichtert
würde. Rückhaltlos wird man aber der Unterscheidung
zwischen dein, was geschieht oder geschehen muß, und
dem, was geschehen soll, selbstverständlich zustimmen.
Ebenso der daraus folgenden These, daß die Wissenschaft
als solche den „Wert" nicht zu „begründen" imstande
sei, und damit auch dem, seinerzeit von Harald
Höffding so nachdrücklich betonten Gedanken, daß eine
Ethik als Wissenschaft nur möglich wird, wenn
ihr von anders woher ein geltender oder, wie Höffding
sich ausdrückt, „herrschender" Wert gegeben ist. Im übrigen
sind wohl die instruktivsten Partieen des Buchs
nicht so sehr die thetischen Abschnitte als vielmehr die
vortrefflichen eingeflochtenen historischen Darstellungen
mitsamt den entsprechenden Würdigungen; Partieen,
deren erfolgreiche Benutzung durch ein Personen- und
Sachregister erheblich gefördert würde.
Gießen. E. W. Mayer (Straßburg).

Beschreibung des Oberamts Riedlingen. Hrsg. vom Württ.
Statist. Landesamt. 2. Bearb. Stuttgart: W. Kohlhammer 1923.
(VIII, 968 S. m. Abb., 1 färb. KL, 2 Orundr., 1 PI.) 8°. Gz. 10—.

Was die neueren Oberamtsbeschreibungen bieten,
ist außerhalb Württembergs so gut wie unbekannt. Es
sei erlaubt, auf das hinzuweisen, was die neueste, die
des O. A. Riedlingen, für die Geschichte der Kirche und
die kirchliche Kunst zu sagen hat.

Die geschichtlichen Abschnitte hat Prof. Dr. V.
Ernst bearbeitet. Wie die Kirche die Entwicklung des
Bezirks mitbestimmt hat, deuten schon die Ortsnamen
Dieterskirch, Seekirch, Zell u. a. an. Der Patrozinien-
forscher wird sich für das interessieren, was über die
hl. Utta, Adelindis und Lupus mitgeteilt ist. Für die Entstehung
der Pfarreien gibt V. sonst beachtenswerte Winke.
Ausgedehntere Pfarreien führt er auf Stiftungen des im
Bezirk auffallend stark vertretenen Hochadels, kleinere
auf solche der Ortsherren zurück. Mit diesen bringt
Ernst die fast in allen Orten nachweisbaren Maierhöfe
in Zusammenhang. Sie nahmen das Kirchengut oft als
Eigentum in Anspruch. Die Trennung desselben in
Heiligengut und Pfarrpfründe, die zu Ausbeutung bezw.
Inkorporation reizt, tritt zu Tage. Diese Feststellungen
fordern Nachprüfung auch in anderen Gegenden. Von
den acht klösterlichen Anstalten erhält das Damenstift
Buchau endlich seine Geschichte. Beachtung verdient
das Augustinerkloster Uttenweiler, in dem der von
Wittenberg ausgehende Sturm im 16. Jahrh. starke Wellen
warf. Spuren der Reformation finden sich in dem
heute fast ganz katholischen Bezirk auch sonst, selbst inl
kleinen Orten. Für die kirchliche Kunst waren Augsburg
und Ulm maßgebend. Heute erinnern die meisten
Kirchen an die rege Bautätigkeit des Barock. Auch heute
ist der Aufwand für Paramente und kirchliche Geräte
in fast allen Gemeinden ein sehr beträchtlicher. Die Ausstattung
auch kleinster Orte unter 200 Seelen mit Pfarreien
hat ihren Grund in der Abgelegenheit der Alborte.

Horb. G. Bosser t.

Brockhaus: Handbuch des Wissens in 4 Bdn. 6., gänzlich
umgearb. u. wesentl. verm. Aufl. v. Brockhaus' kleinem Konversations
-Lexikon. Mit 7500 Abb. u. Karten im Text u. a. 160 einfarb.
u. 80 bunt. Tafel- u. Kartenseiten u. m. 70 (eingedruckten) Obersichten
u. Zeittaf. Leipzig: F. A. Brockhaus 1923. 4°.

Jeder Band in Halbl. Gm. 18—; in Halbperg. Gm. 25—.
Dies Werk ist mir vom Verlag zugegangen zu dem
Zwecke, die in ihm vorkommenden (an sich nur einen
Bruchteil der Fülle des Stoffs ausmachenden) Artikel
kirchlichen und theologischen Inhalts auf ihre Zuverlässigkeit
und Reichhaltigkeit hin zu prüfen. Das Ergebnis
dieser Prüfung ist überraschend günstig gewesen.
Das Werk enthält weit mehr an kirchlichem und religiösem
Stoff, als ich erwartete, und zwar bei aller Knappheit
in außerordentlich zuverlässiger Form. Gewiß ist es
meinem Bemühen gelungen, auch einige Mängel festzustellen
(z. B. im Artikel Russische Kirche); doch es handelt
sich dabei um seltene Ausnahmen. Besonders erfreulich
ist, wie der Benutzer überall auf die Literatur
verwiesen ist. Die Auswahl aus dieser ist meistens gut
und hat sich wichtige Neuerscheinungen bis in die der
letzten Zeit nicht entgehen lassen, ist also vollkommen
up to date. So bahnt der Artikel über Luther u. a.
einen Weg zu Böhmer, Scheel und Holl (letzterer freilich
— das ist der einzige Druckfehler, auf den ich gestoßen
bin — in Hell entstellt); der über Mysterien zu Reitzen-
stein und Cumont; der über die Russischen Sekten zu
dem Werke von Graß; der über Schleiermacher zu Dil-
they. Bedenkt man, daß die Tradition des 19. Jahrhunderts
in solchen Handbüchern den naturwissenschaftlichen
und technischen Stoff noch immer überwiegen
läßt, so wird man dem Geleisteten seine Anerkennung
nicht versagen.

Für eine spätere Neuauflage hätte ich den Wunsch, daß eine vollständige
Kirchenkunde der Gegenwart in das Handbuch eingearbeitet
würde. Eine große Übersicht (mit Karte) über die Religionen und vor
allem die christlichen Kirchen der Welt, ergänzt durch ausführliche
statistische Tabellen, eine systematische Beschreibung und Erklärung
der (gegenüber der katholischen zurücktretenden) deutsch-evangelischen
Kirchenverfassungen, die Einarbeitung von kirchlichen Statistiken in die
Artikel über die einzelnen Länder (besonders dringlich ist solche Bereicherung
im Artikel über die Vereinigten Staaten) würden einem
Handbuch des Wissens in einer kirchlicher werdenden Zeit gewiß nicht
schlecht anstehen, und es brauchte zur Erfüllung dieses Wunsches auch
nur eine schon vorhandene Tendenz fortgeführt zu werden. Die Grundlagen
dazu sind schon da.
Göttingen. E. Hirsch.

J. C. HINRICHS'sche BUCHHANDLUNG, LEIPZIG
Soeben erschien

Adolf von Harnack

Die Mission und Ausbreitung
des Christentums

in den ersten drei Jahrhunderten.

Vierte, verbesserte und vermehrte Auflage. Mit 11 Karten.

Erster Band: Die Mission in Wort und Tat.

Zweiter Band: Die Verbreitung.

Bisher gelangten Band I und die erste Hälfte des II. Bandes
zum Preise von zusammen Gm. 15.30 zur Ausgabe.

Die durchweg revidierte neue Auflage hat bedeutende
Zusätze erfahren, die zum Teil den Studien entnommen sind,
die der Verfasser in den Sitzungsberichten der Preußischen
Akademie veröffentlicht hat, zum Teil auf neuen Studien
beruhen. Inbezug auf die Geschichte der Ausbreitung des
Christentums sind die die Kirche des Orients und die
römische Kirche betreffenden Abschnitte teils umgestaltet,
teils erweitert worden.

Der Schlußteil des Werkes wird in Kürze folgen.

Die nächste Nummer der ThLZ erscheint am 22. März 1924.
Beiliegend Nr. 3—5 des Bibliographischen Beiblattes.

Verantwortlich: Prof. D. E. Hirsch in Göttingen, Nikolausberger Weg 31.
Verlag der J. C. Hinrichs'schen Buchhandlung in Leipzig, Blumengasse 2. - Druckerei Bauer in Marburg.