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Ausgabe:

1924 Nr. 3

Spalte:

55-56

Autor/Hrsg.:

Grosheide, F. W.

Titel/Untertitel:

Het heilige Evangelie volgens Mattheus 1924

Rezensent:

Windisch, Hans

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Theologische Literaturzeitung 1924 Nr. 3.

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nlsche Erlösungsmysterjium" ausgeführt hat (s. im
Stellenregister unter Philo). Auf die Quellen der Anschauungen
Philos ist künftig energischer hinzuweisen,
die nicht sowohl in der griechischen Philosophie, als
vielmehr in der Mystik des Orients reichlich springen.

Es ist hier nicht Raum, die Anmerkungen in dem von mir angedeuteten
Sinne' zu ergänzen; nur einiges sei beliebig herausgegriffen
und hervorgekehrt: Wenn in der Einleitung zu de gig. und qd. d. sit
imm. bemerkt wird, das Thema der Unveränderlichkeit (und Affekt-
losigkeit) Gottes habe in der religiösen Spekulation der Griechen,
Juden und Christen eine große Bedeutung gehabt, so muß ergänzend
notiert werden, daß der Begriff der Unveränderlichkeit (und Ewigkeit
) Gottes der persischen Mystik entstammt (vgl. Reitzcnstein
a.a.O., Beig. I passim) und mit den Mysterien der syrischen Ba'alim
in das abendländische Heidentum eingedrungen ist (so Cümont in „Die
orientalischen Religionen im röm. Heidentum, 153 und die Anm. dazu
297 f.). — In diesem Zusammenhange erinnert man sich der weit
verbreiteten Vorstellung von Gott als dem Earwg. Für Philo hat die
Hauptstellen Bousset in seinem „Schulbetrieb", 112,1 (122,1) notiert.
Zur verwandten mandäischen Auffassung und Formel „Das Leben
steht fest in seiner skinä vgl. M. Lidzbarski, Mand. Liturgien XXIII, 5.
Und wie Gott, so kommt auch dem Weisen eine gewisse Unwandelbarkeit
zu: de somn. II § 227; ixjspta = fyrwUt macht sein Wesen
aus: de poster. Cai. § 28. Sic ist das Ziel des i'tv&Qomng TeXeiog, als
dessen Typus bei Philo bald Moses (qd. d. sit imm. i? 23 f. unter Berufung
auf Deut. 5,31), bald Abraham (de somn. II § 226 unter Hinweis
auf Gen. 18,22) erscheint.

Zu dem Gedanken von der Schöpfung durch das Wort verweise
ich in der Ergänzung der Anm. 2 auf S. 85 noch auf das Qolastä der
Mandäer; dort ist es der Manda d'Haije der Urmensch, der durch
sein Wort das Werden wirkt. — Die Mischna redet von den 10 Worten,
durch welche die Welt erschaffen wurde. Und wenn Philo oft von
zwei Grundkräften Gottes spricht (vgl. qd. d. sit imm. § 104ff.),
deren ältere die r'yad-ÖTrjs ist (daneben steht die »QX'l od. ttovola).
so kann man auf ein von Müller übersetztes manichäisches Fragment
hinweisen, das neben dem Licht als Wesenheiten Gottes die Kraft
und die Güte nennt (vgl. Abh. d. Berl. Akad. 1904, 74).

Mit den Deklamationen Philos über den Egoismus de poster. Cäi
§ 180 f., qd. d. sit imm. § 16—19 ist zu vergleichen die ruhig abwägende
Art Hillels: „Wenn ich nicht für mich bin, wer denn? Aber
wenn ich nur für mich bin, was bin ich dann?", P. Aboth I 14.

Zum Bilde von den Augen der Seele, das sich bei Philo häufig
finden läßt (vgl. qd. de po. § 22, de plant. § 22, de praem. et poen.
§ 37, leg. all. II § 81 (xmuhiv tpvaixMg!): de opif. m. § 71, spec
leg. I § 49) hätte hingewiesen werden können auf dessen Muster in
Piatons Politeia VII 519 B, 533 B. Es wurde wohl auch von Posei-
donios verwandt (vgl. Cicero, Tusc. I 45); an christl. Parallelen vermerke
ich: Eph. 1,18; I.Clem. 36,2, 59,3; Martyr. Polyc. 2,3;
auch verweise ich auf corp. Herrn. IV, 11; V,2; VII, 1; X, 4, 5;XIII, 17
Cyrill, c. Jul. I 549C.

In der Anm. 4 auf S. 82 hätte hervorgehoben werden müssen,
daß die von Philo vorgetragene, rein naturhafte Anschauung von der
Seele als einem änüanaafia rov dUriqög obwohl wir sie in seinen
Schriften des öfteren antreffen, z. B. leg. all. III § 161 — nicht seine
eigene ist, wie die Polemik de plant. Noe § 18 deutlich zeigt (vgl.
Bousset, Schulbetrieb, 11 ff.) — Die Sterne hat bereits Anaximander
als göttliche Wesen gefeiert (vgl. Cicero, de nat. deorum I § 25) und
Piaton sprach von ihnen als von den 9-ela xai äy&agTcc xai a7ict^fj
am[j,aTit.

Ich breche hier ab und bemerke nur noch, daß der
Druck sorgfältig ausgeführt worden ist; an Fehlern ist
mir nur aufgefallen ev ocpd-alfMj) statt ev <> ■ S. 82, 2 Z. 1
und statt 13-?"b«: S. 76, 2 Z. 6.

Gera-Reuß. Georg H c I b i g.

Grosheide, F. w.: Het hellig Evangelie volgens Mattheus.

Amsterdam: v. Bonenburg 1922. (XV, 389 S.) "» Kommentaar op
het Nieuwe Testament aangevangen door S. Greydanus en F. W.
Grosheide I.

Dieser Kommentar, der erste Band einer in Vorbereitung befindlichen
Serie, entspricht insofern auch einem allgemeinen Bedürfnis,
als seit Baljon's Kommentar zu Matth. (1900) kei ne ausführlichere
wissenschaftliche Auslegung des Matth, in holländischer Sprache erschienen
ist. Er unterscheidet sich zu seinem Vorteil von Baljon's Buch
durch größere Selbständigkeit; das übliche exegetische Material und
eine Behandlung der kritischen Fragen findet man in ihm freilich nicht
oder nur in großer Beschränkung: insofern dient er nur zur Ergänzung
anderer rein wissenschaftlicher Auslegungen. Der streng reformierte
Gelehrte hat über viele Dinge seine eigenen Ansichten; auf mancher
Seite finden sich auch beachtenswerte apologetische Ausführungen
.

Die kurze Einleitung sagt manches Treffende oder Anregende
über Matth. Gr. faßt das Ev. als den letzten apostolischen Versuch,
das jüdische Volk zu gewinnen. Die Einteilung sucht den dramatischen
Charakter der Erzählung herauszuheben. Die Erklärung vermeidet
alle synoptischen Vergleiche; der Verf. ist übrigens Gegner der
Zweiquellentheorie. Auf das Grammatische wird Gewicht gelegt, doch
meist in der Form von Verweisungen nach Robertson-Grosheide, Be-
knopte grammatica op het Grieksche N.T. 1912. Am Schluß jeder
Perikope gibt der Verf. eine kurze Betrachtung über ihren Gehalt und
erbaulichen Wert, wie über die Bedeutung für den Entwicklungsgang
der ganzen Erzählung. Gelegentlich werden hier auch die Thesen
der Kritiker (mit ausführlichen Literaturnachweisen) kurz diskutiert.
Leiden. H. W indisch.

Hartmann, Hans: Jesus, das Dämonische und die Ethik.

2., völlig umgearb. Aufl. Berlin: Weiße Ritter-Verlag 1923
(134 S.) 8" Gz. 2,50; geb. 3,50.

Ein Versuch, „das gesamte Leben Jesu in der Erscheinung auf
derartige dämonische Erlebnisse zurückzuführen, die schon jenseits von
Gut und Böse stehen oder nach jenseits von Gut und Böse führen"
(9). H. will die Betrachtungsweise Schweitzers auf die ethische Seite
bei Jesus und damit auf sein ganzes Leben ausdehnen (10). Er geht zu
diesem Zweck zunächst in 4 Abschnitten die geschichtliche Erscheinung
Jesu durch; die „Schau des Johannes" wird besonders behandelt.
Alle wichtigeren Worte, Handlungen und Erlebnisse Jesu finden eine
wenn auch knappe Deutung, sämtlich mit der Einstellung, daß für
Jesus „Leben" die entscheidende Sache ist (40), daß er aber durchaus
keine neue Moral oder Ethik gebracht, vielmehr ganz „unethisch"
gewesen ist. Ein zweiter Teil bespricht „die Gestalt Jesu"; hier wird
das historische Material benutzt, um den „Versuch eines Aufbaus der
Seele Jesu" (76) zu machen, dabei kommt das „Dämonische" zur Erörterung
; es wird bestimmt als „eine andere Art der Stellung zum
Leben, als sie der gewöhnliche Mensch hat" (95). Ein Exkurs prüft
die Auffassungen Jesu von Paulus an unter dem Gesichtspunkt des
Buchs; hier finden sich interessante Bemerkungen zu modernen und
modernsten Schriftstellern. Ein dritter Teil gruppiert die verschiedenen
Deutungen Christi (die ethische, kosmische, paradoxe, dämonische
); er schließt mit einem Hymnus auf Jesus, „der jenseits von gut
und böse war, jenseits von Oott und Welt, jenseits von Drang und Ziel,
jenseits von Glück und Unglück, jenseits von Unmittelbarkeit und
Maske, von Wesen und Erscheinung und doch auch wieder durch alles
hindurchgegangen und in allem lebend" (134). Zur Kritik wäre viel
zu sagen. Daß die Schrift ein Wahrheitsmoment gegenüber der sog.
„liberalen" Auffassung Jesu vertritt, ist zweifellos. Daß sie in der
Deutung der Reden und Handlungen Jesu manche anregende Bemerkung
bietet, zuweilen auch eine fruchtbare Beleuchtung gibt, sei
gern' anerkannt. Aber ihre Grundthese leidet an erschreckender Einseitigkeit
. H.'s Eifer in ihrer Vertretung ist so groß, daß er in zwei
Stellen je ein anderes Wort Jesu als das unethischste Wort, das je gesprochen
worden ist, bezeichnet (34 u. 43), daß er, entgegen der
eigenen Bestimmung der Begriffe Moral und Ethik (6), auch bei der
Ethik immer wieder an Gebot und Oesetz denkt und daß er vor Gewaltsamkeiten
krassester Art in der Exegese nicht zurückschrickt. Das
Liebesgebot ist ihm „nicht mehr Moral, sondern reiner Ausdruck eines
Zustandes"! (125). Auch bekenne ich, daß die Befürchtung, manchem
werde das anscheinend Negative in dem Buch so sehr überwiegen, daß
er den Blick für das Besondere, das hier ans Licht will, nicht findet,
mir begründet erscheint: das Negative beherrscht in scharfen Linien
die Darstellung, das Positive bleibt durchaus verschwommen; vergl.
den zitierten Schlußpassus.

Oießen. M. Schi an.

Moe, Prof. D.Olaf: Apostelen Paulus haus liv og gjerning.

Kristiania: H. Aschehoug & Co. 1923. (VIII, 488 S.) 8°
Der Verf. ist Lehrer an der sogenannten „Gemeindefakultät
" in Kristiania, einer privaten von dem altgläubigen
norwegischen Kirchenvolk gestifteten Pfarrerausbildungsanstalt,
die bisher in scharfem Gegensatz zur theologischen Fakultät
der Universität gestanden hat. Sein Buch ist denn auch
konservativ gehalten; alle den Namen des Paulus tragenden
Briefe gelten ihm als echt, und er sieht ebenfalls in der
Apostelgesch. eine Quelle ersten Ranges für die Missionstätigkeit
des Apostels; selbst die darin vorkommenden Paulus-
reden benutzt er als zuverlässige Referate paulinischer Gedanken
. Er ist deshalb im Stande, eine ziemlich lückenlose
Darstellung des Lebenslaufes des Heidenapostels von der Bekehrung
bis zu seinem Tode zu geben; zugleich wird die
Zeitgeschichte sorgfältig ausgenutzt, so daß wir auch eine
Schilderung des Elternhauses in Tarsus und der Schule
Gamaliels bekommen, und überhaupt wird der Hintergrund
des Auftretens des Apostels uns sehr lebendig vorgeführt.