Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1924 Nr. 25

Spalte:

532-533

Autor/Hrsg.:

Schroetter, Hermann

Titel/Untertitel:

Das Tote Meer. Beitrag zur physikalischen Geographie und Balneologie mit Bemerkungen zur Flora der Ufergelände 1924

Rezensent:

Dalman, Gustaf

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

531

Theologische Literaturzeitung 1924 Nr. 25.

532

Religion, sondern in Babylon, wo sich dieselbe Formel
rindet mit dem Sinn „auf das Kultbild schauen, um
Gnade und Hilfe bitten", sodaß bab. Herkunft wahrscheinlich
ist. Später nahm das Judentum an der anthro-
pomorphen Wendung Anstoß; LXX tilgte sie bei den
Visionen oder machte sie sonst unschädlich, die Masso-
reten ersetzten in der Kultformel das Qal durch das
Niphal. Aus kanaanäischem Bilderkult stammt die Wendung
miT "OD n?n die in Israel einen neuen geistigen
Gehalt bekam. Kap. IV. „Vor Jahwe". Aus der
räumlichen Beziehung auf den Tempel entstand die
„kausale", wo Jahwe Ursache oder Ziel ist: „vor Jahwe"
beten, essen, sich demütigen, wandeln. „Vor Jahwe"
schließlich = „durch Jahwes Gnade". Kap. V. Gott
schaut den Menschen an. Der Babylonier kennt das
zornige Blicken (nikilü) und das gnädige (naplusu),
das Leben wirkt. Im A. T. bedeutet letzteres allgemeiner
hilfreiche Gnade. Neben dem Zornesblick bezeichnet
das „Verwerfen von Jahwes Angesicht" den Entzug der
Gnade. „Gottes Angesicht suchen" entstammt dem Kultus
(Baudissin), wenn es auch an den einzelnen Stellen
„sich um Gottes Huld bemühen" bedeutet. Ebenso bezeichnen
„Erheben und Leuchten des Angesichts" Gottes
Huld; Böhmers solare Deutung wird abgelehnt. Kap. VI.
Mystisches Gottschauen. An Stellen wie ifi 23, 6 fallen
die Gegenwart Gottes im Tempel und seine Gnadengegenwart
zusammen. Das „Gottschauen" im letzteren
Sinne, wo der Tempelbesuch Mittel ist, um der göttlichen
Gnade teilhaft zu werden, ist nur noch insofern an
den Tempel gebunden, als es dort am unmittelbarsten
ist, und löst sich immer mehr von ihm. Hi. 19, 26, f.
xp 11, 7. 16, 11. 17, 15 handelt es sich um ein irgendwie
anders geartetes höheres Leben, von dem schwer auszumachen
ist, ob im Diesseits oder im Jenseits. Kap. VII.
Ein jenseitiges Gottschauen kennen jedenfalls Midrasch
und IV. Esra; im N.T. ist es ausschließliches Vorrecht
des jenseitigen Lebens. Kap. VIII. So durchzieht der
Zusammenhang zwischen Gottschauen und Leben die
gesamte Entwicklung.

Die Untersuchung ist sorgfältig und mit feinem
Sinn für all die subtilen Bedeutungsschattierungen geführt
. Kann man hier und da anderer Meinung sein —
gerade bei Wendungen, die erst wörtlich, später übertragen
und vergeistigt gebraucht sind, ist ja der Entscheid
für die einzelne Stelle oft gar nicht leicht — in
der Hauptsache verdient sie Zustimmung. Besonders
wertvoll ist die stete Heranziehung des babylonischen
Materials, das der Verf. völlig beherrscht — nur die
Amarnabriefe dürften noch besser ausgeschöpft sein.
Solche begriffsgeschichtliche Untersuchungen sind gerade
zur babylonischen Religion bis jetzt noch recht
selten. Um so mehr ist eine Arbeit wie die vorliegende
zu begrüßen, die auf beiden Gebieten die Forschung
fördert. Es ist eine gute religionsgeschichtliche Leistung
und eine schöne Ergänzung zu Baudissins feinem Aufsatz
über diesen Gegenstand (A.R.W. 1915, 173ff.).

Im einzelnen sei bemerkt: Jer. 1,13 wird mit dem „Angesicht"
des Kessels nicht seine obere (S. 8), sondern die vordere Seite gemeint
sein. — D^D möchte ich doch gegen S. 16 mit
Schwally ThLZ 1905, 613 und Dhorme aus dem Hofzeremoniell
erklären. — Zu S. 24: der Name des Berges Oen. 22, 14 b ist nach
v. 8 und 14a mit Qal statt mit Niphal zu lesen, vgl. Ounkel z. St.
— Zu S. 30: Baudissin wird doch damit recht haben, daß Theophanier,
nur an heiligen Stätten erfolgten. Das gilt jedenfalls für den
Sinai-Horeb ebenso wie für Jud. 13 (vgl. v. 19 f. mit 6, 11—24).
Daß für die Erzähler das Verhältnis zwischen der Heiligkeit einer
Stätte und dort erfolgten Theophanien das umgekehrte war, spricht
natürlich nicht dagegen. — S. 40 f. dürfte stärker betont sein (vgl.
Baudissin), daß die beiden Anschauungen — daß man die Gottheit
schauen könne, und daß, wer sie geschaut, sterben müsse — sich ausschließen
und auf verschiedenem Boden erwachsen sein müssen. Wie
N. sie vereinigen will (s. o.), ist doch bestenfalls jüngere Harmonisierung
. — S. 75 Z. 2 v. u. lies le'flj S. 140 Z. 9 v. u. lies „aaro-
nitischer Segen".

Marburg. W. Baumgartner.

Willing, Prof. Dr. Carl: Hebräisch. Brieflicher Sprach- und
Sprechunterricht für das Selbststudium Erwachsener. Kursus I.
Brief 1—18 mit zwei Beilagen. 1. Aufl. Als Manuskript gedruckt.
Berlin-Schöneberg: Langenscheidtsche Verlagsbuchh. (Prof. G. Langenscheidt
). (IV, 316, 15 u. 16 S.) 4°. = Methode Toussaint-
Langenscheidt. In Mappe 18—.
Ein Versuch, das Hebräische nach der bekannten Methode
Toussaint-Langenscheidt zum Selbstunterricht darzustellen und damit
„das Studium des AT. in der Ursprache den weitesten Kreisen des
deutschen Volkes zugänglich zu machen". Nach den einleitenden Bemerkungen
über die Schrift usw. beginnt gleich die 2. Lektion mit
Gen. 1,1, indem sie den Text hebräisch, in genauer Umschrift und
in wörtlicher Übersetzung mit den nötigen Erklärungen bietet. Letztere
nehmen immer mehr ab; die Briefe 10—18 bringen schon größere
zusammenhängende Texte aus den Psalmen und aus der Volksgeschichte
von Josua bis David, begleitet von Exkursen über Sprache und
Literatur des AT., Geschichte und Religion der Israeliten.

Die Briefe sind sorgfältig gearbeitet, und der Verf. zeigt sich mit
der einschlägigen Literatur vertraut. Trotz zahlreicher Stichproben sind
mir nur kleinere Fehler aufgefallen: könne nie sewa quiescens erhalten
(S. 22), sei Pausalform zu p-p (S. 50); iNj^T;

t : :

Ex. 20, 5 (S. 58) wäre als Umschreibung desGenetivs zu erklären gewesen
. Indes kann ich schwere Bedenken gegen die Methode nicht
unterdrücken, mag sie sich bei modernen Sprachen noch so bewährt
haben. Flier ist ja schon das Ziel ein anderes. Und wer aus langer
Unterrichtserfahrung weiß, welche Schwierigkeiten gerade die Anfänge
des Hebräischen, und dann namentlich die schwachen Verben
zu machen pflegen, kann sich diese Schwierigkeiten für den, der die
ersten Briefe mit ihrer Häufung von Erklärungen allein durcharbeiten
soll, nicht geringer, sondern nur sehr viel größer denken, zumal bei .
Autodidakten mit geringer sprachlicher Schulung. Ob die Praxis
diese Bedenken widerlegen wird?

Marburg. W. Baumgartner.

Benzinger, Prof. Dr. J.: Geschichte Israels bis auf die
griechische Zeit. 3., verb. Aufl. Berlin: W. de Gruyter
& Co. 1924. (148 S.) kl. 8°. = Sammlung Göschen 231. Gm. 1.25.

Es ist recht erfreulich, daß diese flott und anschaulich
geschriebene Geschichte Israels aus der Göschensammlung
in dritter Auflage hat erscheinen können.
Denn sie hebt das Wesentlichste aus Israels Geschichte
klar und scharf heraus und gibt dem Laien einen guten
Einblick in das Werden und Wachsen Israels und der
jüdischen Gemeinde. Daß der Fachgenosse neben vielfacher
Zustimmung doch auch mancherlei Dissensus
anzumelden hat, versteht sich ja von selbst. So ist mir ostjordanische
Herkunft Sauls (S. 36) ebenso unwahrscheinlich
wie eine Vasallenschaft Salomos oder Ahabs gegenüber
Tyrus (S. 51). Auch wird man fragen dürfen, ob
solche umstrittenen Fragen wie die von dem Schluß der
jahwistischen Schrift (nach Benzinger unter Hizkia) und
der elchistischen (angeblich unter Josia) in einer Form
an die Laienwelt gebracht werden darf, als ob die Meinung
des Verf. nun gewissermaßen fast allgemein angenommen
wäre (S. 80). Das Gegenteil ist der Fall.
Daß bei Ezechiel Vision und symbolische Handlung
nur literarische Einkleidung sei (S. 116), ist gewiß zu
viel gesagt. Ich könnte ja noch mancherlei anführen.
Aber das ist zwecklos. Denn in einer Reihe von Kleinigkeiten
wird immer Meinungsverschiedenheit unter
den Forschern sein. — Bemerkenswert ist, daß B.
gegen Hölscher sowohl an der deuteronomischen Reform
unter Josia als auch an der Esras unter Nehemia
festhält. — Daß Ninive schon 612 (nicht 606 S. 108)
fiel, ist erst neuerdings bekannt geworden. Das Büchlein
ist durchaus zu empfehlen.

Bonn. Johannes Mein ho ld.

Schroetter, Dr. phil. et med. Hermann: Das Tote Meer.
Beitrag zur physikalischen Geographie und Balneologie mit Bemerkungen
zur Flora der Ufergelände. Wien: Moritz Perles 1924.
(74 S.) gr. 8°. Gm. 2-.

Die Ergebnisse einer Umfahrung des Toten Meeres
am 15. und 16. Juli 1917, welche der Verfasser als
österr. Sanitätschef in offizieller Mission ausführte, werden
in Erörterungen mitgeteilt, welche in erster Linie
dem chemisch-physikalischen Charakter und der Tem-