Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1924

Spalte:

33-34

Autor/Hrsg.:

Staerk, Willy

Titel/Untertitel:

Die jüdische Gemeinde des Neuen Bundes in Damaskus 1924

Rezensent:

Beer, Georg

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

33

wert geschmackvolle poetische Form hat den Versen
nicht Sch. selbst, sondern Frau Justizrat Dr. Ziese in
Rendsburg gegeben. In ihrer Masse sind die Hymnen
etwas eintönig, und man darf wohl fragen, ob nicht
eine kurze Auswahl genügt hätte und für die geplanten
Fortsetzungen genügen würde. Die Schreibung bezw. der
Druck sanskritischer Worte und Namen könnte, zum
Nutzen der eventuellen Neuauflagen sei es gesagt, etwas
sorgfältiger sein, z. B. ist nicht i ii ä n a , sondern jnana,
nicht ivara, sondern jvara zu drucken. Entweder
„der Ganges" oder „die Ganga" ist richtig, nicht aber
„die Ganges". Auch die Diktion ist nicht ganz frei von
kleinen Flüchtigkeiten. Ein paar Nummern von Anmerkungen
sind nachzutragen und zu berichtigen.

Königsberg i. Pr. R- otto Franke.

Staerk, W.: Die jüdische Gemeinde des Neuen Bundes in
Damaskus. Übersetzung der von Scbechter veröffentlichten Geniza-
Texte mit Noten. Gütersloh: C. Bertelsmann 1922. (98 S.) 8° =
Beiträge z. Förderung ehristl. Theologie, 27,3. Gz. 3—.

Von der wichtigen, 1910 erstmals durch Sch echter
im hebräischen Original veröffentlichten sogenannten
„Sadokidenschrift" aus Damaskus besaßen
wir — soviel mir bekannt — bis jetzt keine vollständige
deutsche Obersetzung. In dankenswerter Weise
wird nun die Lücke durch die Arbeit von W. Staerk
ausgefüllt. Gute Vorarbeit leisteten ihm dabei Charles
und G i n s b e r g. An letzteren hat sich St.
besonders bei vielen Emendationen angeschlossen. Denn
bekanntlich ist der hebräische Text an nicht wenigen
Stellen dunkel oder verderbt, ganz abgesehen von größeren
Beschädigungen am Schluß.

Im Ganzen ist die Übersetzung gut lesbar und verständlich. Text-
unsicherheiten sind durch Lücken oder Fragezeichen gekennzeichnet.

11,17 ist wohl nur durch ein- Versehen ^^H^ statt „mit einem
Stricke" — „mit einem Steine" übersetzt. 12,3 fehlt in der Übersetzung

^lyTiT „Wahrsager", denn Dlrs!"! =• Totenbeschwörer. 19, 15 ist

mUT ausgelassen. 20, 1.14. 32 würde ich für ""TP die Wiedergabe
mit „einzigartig" vorziehen statt ,.vorzüglich-'. Bestechend für den
ersten Moment ist 7,19f. die Übersetzung des Zitates aus Num.
24, 17 1022? (parallel zu mit „Komet". Aber (Levy)

oder WD$ (D » 1 in a n) woher hat S t a e r k ?/^2E? neben ?
ist nach den Lexicis ein bestimmter Stern, nicht allgemein „Komet".
nOyn1 S. 35 U. "OlONH S. 71. sind bloße übersehene Druckfehler.

9, 1 folgt St. ganz unnötig dem gern und rasch mit Emendationen
aufwartenden Ginsberg. Der Text berücksichtigt Lcv. 27, 29, ist übersetzbar
und verständlich und paßt in den Zusammenhang. „Jedermann,
der den Bann über irgend Jemanden von den Menschen nach den Oesetzen
der Heiden ausspricht, ist zu töten." Dichterische Abschnitte
hätten auch von St. durch Druck kenntlich gemacht sein können. Hier
konnte St. dem Beispiel von Charles folgen!

Der Kommentar beschränkt sich auf Noten philologischen
und religionsgeschichtlichen Inhalts. Recht
wertvoll ist S. 10—14 die eingehende Stoffgliederung
und Inhaltsangabe. Das ganze Dokument zerfällt in einen
paränetischen und einen halachischen (gesetzlichen) Teil
1—8 und 9—16 (S. 14 muß es heißen 8. Über den Eid ...
XV, 1—XVI, 12 — nicht XV, 1—12 und dann 9. Über Gelübde
.. XVI 13—16 — nicht XV 13—16!). Der Schluß
des paränetischen Teiles ist noch in einer 2. Handschrift I
erhalten, die zahlreiche Varianten und eine große Erweiterung
bietet.

Gelegentliche temperamentvolle Ausfälle gegen Ed.
Meyer wären besser unterblieben. Denn erst durch
Ed. Meyer ist die Diskussion über die Damaskusschrift
wieder in größeren Fluß gebracht worden. Staerk hat
ganz Recht, wenn er zur Datierungsfrage unseres Textes
die Halacha herangezogen haben will. Das tut aber auch
schon Ed. Meyer. Denn M. konstatiert bereits z. B. bei
dem Abschnitt über den Sabbat 10,14—11,18, daß der
Text über die Sabbatperikopen des Jubiläenbuches
2, 17 ff. 50, 6 ff. in Einzelheiten hinausgeht und sich der
Mischna annähert, ohne z. B. die reiche Kasuistik des

Traktates „Sabbat" zu erreichen. Der religiöse Standpunkt
der Dokumente ist ganz der pharisäische, das betont
St., aber ebenso auch Meyer. Der Einwand Hölschers
(Geschichte der israel. und jüd. Religion 1922
S. 189), daß gegen eine vormischnische Ansetzung der
Schrift u. a. die Zitierung des masoretischen Textes
spreche, besagt nicht viel. Denn dann müßte aus dem
gleichen Grunde auch Jes. Sirach 44—49 nicht in die
alte Zeit gehören!

Staerk hat uns durch seine Übersetzung und Erklärung
in vielen Einzelheiten gefördert, wenn auch gar
manche Stelle noch zweifelhaft oder unerledigt bleibt.
Aus der Literaturübersicht S. 97 8 ergibt sich, daß bereits
eine kleine Bibliothek über unser Werk zusammengeschrieben
worden ist.

Warum ist übrigens der Gewährsmann Staerk's S. 8 Ginzberg u.
S. 97 üinsberg geschrieben?

Heidelberg. Georg Beer.

Staerk, W. und A. Lei tz mann: Die Jüdisch - Deutschen
Bibelübersetzungen von den Anfängen bis zum Ausgang des
18. Jahrh. Nach Handschriften und alten Drucken dargestellt. Mit
einem Glossar v. Dr. Fr. Braun, Jena. Frankfurt a. M.: J. Kauff-
mann 1923. (XXXIX, 336 S.) gr. 8° — Schriften hrsg. v. d. Ge-
Seilschaft z. Förderung der Wissenschaft des Judentums. Gz. 15—.

Die vorliegende, tüchtige und verdienstvolle Arbeit
ist nur ein Ausschnitt aus einem größeren Werke, dessen
vollständiges Erscheinen durch die Ungunst der Zeiten
verhindert wurde und das die gesamte jüdisch-deutsche
Literatur von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart behandeln
sollte. Die hier gegebene Musterung und Untersuchung
der jüdisch-deutschen Bibelübersetzung vor
Mendelssohn ist von hohem Werte nicht bloß für die
Kulturgeschichte des jüdischen Volkes, sondern auch
für die Kenntnis der älteren deutschen Sprache (wie sie
sich in der oft wunderlichen und schwer zu deutenden
Transkription der hebräisch geschriebenen Texte darstellt
), weiter aber für die Wechselbeziehungen zwischen
jüdischem und deutschem Geiste, und nicht zuletzt für
die siegende Macht der deutschen Dichtung des Mittelalters
. In allen diesen Fragen hat sich Staerk der Hüte
des Jenaer Germanisten Leitzmann erfreuen dürfen, der
denn auch die verschiedenen Denkmäler der Sprache
zeitlich und örtlich festgestellt und hierbei sicher
in allem Wesentlichen das Rechte getroffen hat. Die
eigentlich, literaturgeschichtliche Bewertung und die
reichhaltige Erklärung der handschriftlichen und gedruckten
Texte vom hebräistischen Standpunkte aus ist
natürlich Staerks eignes Werk. Über die sprachliche Be-
j deutung dieser durchwegs transkribierten Textproben
wird erst nach der Veröffentlichung des von Fr. Braun
in Jena bearbeiteten, aber noch nicht veröffentlichten
Registers geurteilt werden können. Die hohe Bedeutung
der jüdisch-deutschen Bibelübersetzung nach der kultu-
j rellen und allgemein-literarischen Seite aber tritt heute
: schon in geradezu überraschender Weise hervor.

Der Inhalt des stattlichen Bandes gliedert sich in
zwei ungleiche Hälften. Der erste, kleinere Teil umfaßt
„Bibelglossare" sehr verschiedener Art. Neben der gelegentlichen
Erläuterung des Bibelwortes durch
sprach- und kulturgeschichtliche Parallelen (oft genug
profaner Art) aus dem gegenwärtigen Leben bildet sich
eine andre Methode aus, die sich in selbständigen Bibelglossaren
auslebt, die Glossierung in der betr. Landessprache
zum Selbstzweck macht und dazu soviel Stoff
als möglich umfaßt, auch wenn das Verständnis auf
keine besonderen Schwierigkeiten stößt. Solche „Bibelglossare
", die zuerst in Nordfrankreich aufgekommen
sein dürften (und dort etwa seit dem 13. Jahrhundert bestanden
), dienten zunächst den Zwecken des gelehrten
Unterrichts. Von ihnen ist kein weiter Schritt zu der zusammenhängenden
Ubersetzung der biblischen Texte; tatsächlich
scheinen diese Übersetzungen und Paraphrasen,
denen der zweite, weit größere Teil des Buches gewidmet
ist, auf die Arbeit der Exegeten zurückzugehen; immer-